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Das Kreislaufwirtschaftsgesetz und seine Auswirkungen : Diskussionspapier / von Gerhard Kmoch ; Wilhelm-Josef Dewey ; Jochen Stemplewski. - Bonn, März 1998.
1. Einleitung
Der Umweltschutz und insbesondere das Teilgebiet der umweltverträglichen Abfallentsorgung standen in den letzten Jahren häufig im Mittelpunkt von Diskussionen in Politik und Wirtschaft. Dabei wurde die öffentliche und private Abfallwirtschaft bis vor kurzem konfrontiert mit Szenarien des Entsorgungsnotstandes und der Umweltvergiftung durch Müllverbrennung und Müllablagerung. Hinzu kam der Verdacht, daß viele Entsorgungsunternehmen an "Kartellen" zur illegalen Müllentsorgung weltweit beteiligt sind. Mit deutscher Gründlichkeit und einer Vielzahl von Gesetzen, Verordnungen und Richtlinien haben wir dann die Abfallwirtschaft reguliert, Standards für eine umweltverträgliche Abfallentsorgung geschaffen (17. BImSchV, TA Sonderabfall, TA Siedlungsabfall) und mit der Verpackungsverordnung (dem Grünen Punkt) das weltweit erste Projekt für das flächendeckende Sammeln und Recyceln von Verpackungsabfällen verwirklicht. Heute plagen wir uns mit Überkapazitäten in fast allen Bereichen der Abfallbeseitigung herum, Müllverbrennungsanlagen werden als "Dioxinsenken" bezeichnet und der Ruf nach neuen Verordnungen, mit denen endlich eine eindeutige Abgrenzung zwischen Abfallverwertung und Abfallbeseitigung möglich ist, wird laut. So ernst und schwierig die Probleme im Bereich der Abfallwirtschaft in der Vergangenheit waren und auch heute noch sein mögen, zeigt diese kurze Zusammenfassung wichtiger Themen der letzten Jahre doch, daß wir häufig dazu neigen, uns in Extrembetrachtungen zu ergehen. Mit der Einführung und Umsetzung des Kreislaufwirtschaftsgesetzes versprachen Vertreter der Abfallwirtschaft Neuinvestitionen in Höhe von 100 Milliarden DM und dementsprechend viele neue Arbeitsplätze, andere Fachleute befürchteten einen weiteren Anstieg der Entsorgungskosten, die Kommunen sahen das Ende der bezahlbaren staatlichen Daseinsvorsorge bei der Abfallentsorgung eingeleitet. Das vorgelegte Diskussionspapier soll dazu beitragen, die sicher weiterhin erforderlichen Überlegungen zu einer umweltgerechten Abfallwirtschaft, zum Stoffstrommanagement, zur Verstärkung des produktions- und produktintegrierten Umweltschutzes, zu Ökoabgaben usw. mit Blick auf die technischen, wirtschaftlichen und sozialen Randbedingungen einer Volkswirtschaft, die im globalen Wettbewerb steht, zu versachlichen. Dazu erfolgt eine kurze Bestandsaufnahme der bisherigen Auswirkungen des Kreislaufwirtschaftsgesetzes und eine Einschätzung der zukünftigen Entwicklung.
2. Zielsetzung und Entstehungsgeschichte des Kreislaufwirtschaftsgesetz-/Abfallgesetz
Das im Sommer 1994 von Bundestag und Bundesrat beschlossene Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz (Kreislaufwirtschaftsgesetz-/Abfallgesetz) ist am 07.10.1996 in Kraft getreten. Zielsetzung des neuen Gesetzes war es, die rechtlichen Grundlagen für die Umformung der bisherigen "Wegwerfgesellschaft" zu einer Gesellschaft in der Kreislaufwirtschaft zu schaffen. Insbesondere soll die überkommene Konzeption des privatrechtlichen Produzierens und des öffentlich-rechtlichen Entsorgens "zugunsten einer gesamthaften Verantwortung" der Wirtschaft für den Aufbau geschlossener Stoffkreisläufe revidiert werden [1,2]. Ein weiteres Motiv für diesen grundlegenden Wandel in der Zielsetzung der Abfallpolitik war sicher auch der Eindruck weiter steigender Abfallmengen zum Zeitpunkt der Erarbeitung und Beratung des Gesetzes und ein damit ggf. drohender Entsorgungsnotstand. Der Verabschiedung des Kreislaufwirtschaftsgesetz-/Abfallgesetz waren jahrelange Kontroversen zwischen Bundesregierung, Bundestag und Bundesrat vorausgegangen, die letztlich nur durch eine erhebliche Überarbeitung des Gesetzentwurfes im Vermittlungsausschuß beigelegt werden konnten. Das Kreislaufwirtschaftsgesetz-/Abfallgesetz soll die Grundlage für ein nachhaltiges Wirtschaften zur Schonung natürlicher Ressourcen bieten [3], d.h. Wirtschaft und Verbraucher sollen sich bereits bei ihren Entscheidungen über Produktion und Konsum mit der Frage der Entsorgung von möglicherweise anfallenden Abfällen beschäftigen. Durch die verstärkte Schaffung von Stoffkreisläufen soll die Vermeidung und Verwertung von Abfällen gefördert werden. Nicht zur Kreislaufwirtschaft ist die umweltverträgliche Abfallbeseitigung zu rechnen, obwohl auch bei der Abfallbeseitigung verwertbare Stoffe entstehen können (z.B. Schlacken aus Müllverbrennungsanlagen). Mit der Verabschiedung des Kreislaufwirtschaftsgesetz-/Abfallgesetz erfolgte gleichzeitig eine Anpassung des deutschen Abfallrechtes an entsprechende Beschlüsse und Richtlinien der Europäischen Union. Die Pflichten zur Vermeidung und Verwertung von Abfällen werden entsprechend dem Verursacherprinzip den Abfallbesitzern und den Abfallerzeugern auferlegt. Damit wird eine Prinzipienwende von der öffentlichen Daseinsvorsorge zur abfallrechtlichen Verursacherverantwortung vollzogen [2]. Entsorgungsaufgaben für Abfälle aus Industrie und Gewerbe werden demgemäß weitgehend auf die Privatwirtschaft verlagert, während die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger, d.h. die Kommunen oder deren Drittbeauftragte für die Entsorgung von Abfällen aus privaten Haushaltungen und die Beseitigung von Abfällen aus anderen Herkunftsbereichen zuständig bleiben.
3. Das untergesetzliche Regelwerk zum Kreislaufwirtschaftsgesetz-/Abfallgesetz
Gleichzeitig mit dem Kreislaufwirtschaftsgesetz-/Abfallgesetz sind sieben Rechtsverordnungen (s. Tabelle 1, Teil 1 und Tabelle 1, Teil 2 ) und eine Richtlinie über die Tätigkeit und Anerkennung von Entsorgergemeinschaften beschlossen worden, durch die der Vollzug des Gesetzes erst möglich wurde. Mit den Rechtsverordnungen werden gleichzeitig verschiedene EU-Richtlinien bzw. EU-Entscheidungen in deutsches Recht umgesetzt. Allein das mit dem Kreislaufwirtschaftsgesetz-/Abfallgesetz vorgelegte untergesetzliche Regelwerk enthält wieder 100 Einzelbestimmungen [4], so daß für den richtigen Umgang mit diesen Verordnungen und Richtlinien von den einzelnen Bundesländern bzw. von der Länderarbeitsgemeinschaft Abfall (LAGA) und der Länderarbeitsgemeinschaft Immissionsschutz (LAI) Empfehlungen, Vollzugshilfen sowie Musterverwaltungsvorschriften erarbeitet werden mußten. Von den insgesamt 24 im Kreislaufwirtschaftsgesetz-/Abfallgesetz enthaltenen Verordnungsermächtigungen ist mit dem untergesetzlichen Regelwerk nur ein Teil ausgefüllt worden. Weitere Verordnungen, insbesondere zur Normierung oder Konkretisierung der materiellen Pflichten des Gesetzes sollen folgen [5]. In Vorbereitung bzw. verabschiedet sind bereits Altautoverordnung (Inkrafttreten am 01.04.1998), Kompostverordnung, Elektronikschrottverordnung, Novellierung der Verpackungsverordnung, Batterie-Verordnung. Mehrere Verordnungen bzw. Verwaltungsvorschriften, die auf der Grundlage des früheren Abfallgesetzes erlassen worden sind, sollen nach Vorstellung des Gesetzgebers weiterhin in Kraft bleiben. Hierzu gehören: Altölverordnung, Erste allgemeine Verwaltungsvorschrift über Anforderungen zum Schutz des Grundwassers bei der Lagerung und Ablagerung von Abfällen, Zweite allgemeine Verwaltungsvorschrift zum Abfallgesetz (TA Abfall), Dritte allgemeine Verwaltungsvorschrift zum Abfallgesetz (TA Siedlungsabfall), Verordnung über die grenzüberschreitende Verbringung von Abfällen, Verordnung über die Entsorgung gebrauchter halogenierter Lösemittel, Verordnung zum Verbot von bestimmten die Ozonschicht abbauenden Halogenkohlenwasserstoffen (FCKW-Halon-Verbots-Verordnung), Verpackungsverordnung, Klärschlammverordnung. Zusammenfassend kann man feststellen, daß das mit dem Kreislaufwirtschaftsgesetz-/Abfallgesetz zusammen vorgelegte untergesetzliche Regelwerk vor allem das Ziel verfolgt, die abfallrechtliche Überwachung durch die Behörden zu definieren. Dabei ist wichtig, daß durch die Einbeziehung der bisherigen Reststoffe als Abfälle zur Verwertung der Vollzugsaufwand durch die Behörden erheblich anwächst, weil sich möglicherweise die zu überwachende Abfallmenge deutlich erhöhen kann.
4. Auswirkungen des Gesetzes auf die produzierende Wirtschaft
Wenn von Stoffkreisläufen im Sinne des Kreislaufwirtschaftsgesetzes gesprochen wird, dann umfaßt dies alle bisher unter den Abfallbegriff fallende Stoffe sowie alle früher als Reststoffe, Rückstände, Wirtschaftsgüter usw. bezeichneten Stoffe. Nach Schätzungen des Bonner Umweltministeriums handelt es sich hier um einen Stoffstrom in der Größenordnung von ca. 700 Mio. Mg (t) pro Jahr, der infolge des erweiterten Abfallbegriffes in Deutschland als Abfall zu entsorgen ist (Stand 1993). Andere Quellen [6] gehen "nur" von einer 50 - 60 %igen Steigerung des Abfallstromes durch den erweiterten Abfallbegriff aus. Eine grobe Aufgliederung dieses Gesamtabfallstromes in die Bereiche Gewerbeabfall, Sonderabfall und Hausmüll zeigt ( Abb. 1 ), daß der vieldiskutierte Bereich der Hausmüllentsorgung in Müllverbrennungsanlagen und auf Deponien nur ca. 13 % des gesamten Stoffstromes ausmacht. Die im "Dualen System" verwerteten Mengen an Kunststoffen, Glas und Papier haben nur einen Anteil von 1,6 % (Basis Mengenstromnachweis 1996). Weiterhin stellt man fest, daß bereits vor Verabschiedung des Kreislaufwirtschaftsgesetzes erhebliche Stoffmengen im Kreislauf geführt wurden, insbesondere Produktionsrückstände, Bodenaushub und Bauschutt. Innerbetrieblich im Kreislauf geführte Stoffe die wiederverwertet werden, fallen im Sinne des Kreislaufwirtschaftsgesetz-/Abfallgesetz und der Abfallstatistik unter die Abfallvermeidung und sind in den Abfallbilanzen nicht erfaßt. Mit dem neuen Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz soll nun erreicht werden, daß ein noch höherer Anteil an Abfällen vermieden oder falls dies nicht möglich ist, verwertet wird. Dazu ist anzumerken, daß die in Abfallbeseitigungsanlagen zu entsorgenden Abfallmengen bereits seit einigen Jahren rückläufig sind, insbesondere wegen der seit Anfang der neunziger Jahre stark angestiegenen Entsorgungskosten. Stattdessen wurden viele Abfälle verwertet. Die verwerteten Abfallmengen, für die allerdings noch keine bundesweiten Mengenbilanzen vorliegen, haben bereits in den letzten Jahren erheblich zugenommen. Weitere Verminderungen der zu beseitigenden Abfälle ergeben sich, zunächst unabhängig von den Wirkungen des Kreislaufwirtschaftsgesetz-/Abfallgesetz, aus verschiedenen anderen Umweltschutz-Richtlinien bzw. -systemen. Zu nennen sind hier u.a.: das Öko-Audit, Umweltmanagement- und Qualitätsmanagementsysteme (UMS, QMS), das Vermeidungs- und Verwertungsgebot nach dem Bun- desimmissionsschutzgesetz (§ 5 Abs. 1 Nr. 3 BlmSchG), die verstärkte Berücksichtigung des produktionsintegrierten Umweltschutzes, insbesondere bei neuen Anlagen, die Nutzung neuer Vergleichsverfahren wie z.B. Ökobilanzen. Wirkungen aus dem Kreislaufwirtschaftsgesetz-/Abfallgesetz für die produzierende Wirtschaft können sich deshalb insbesondere durch die im dritten Teil des Gesetzes festgelegte umfassende Produktverantwortung ergeben. Hier wurden grundsätzliche Regeln für diejenigen aufgestellt, die Produkte entwickeln, herstellen, bearbeiten oder vertreiben. Es wird angestrebt, Produkte zu erreichen, die technisch langlebig, mehrfach verwendbar und nach Gebrauch schadlos verwertet oder umweltverträglich beseitigt werden können. Dabei sollen vorrangig verwertbare Abfälle oder Sekundärrohstoffe für die Produktion Berücksichtigung finden. Neben Pflichten zur Kennzeichnung von schadstoffhaltigen Erzeugnissen müssen Hinweise auf Rückgabe-, Wiederverwendungs- und Verwertungsmöglichkeiten gegeben werden. Letztlich sind Produzenten und Vertreiber für die Rücknahme nicht mehr gebrauchsfähiger Erzeugnisse und ggf. deren Abfälle sowie zu deren Verwertung oder Beseitigung verpflichtet. Kritiker merken zu den Regelungen der Produktverantwortung im Kreislaufwirtschaftsgesetz-/Abfallgesetz allerdings an, daß nur durch zusätzlich zu erlassende Rechtsverordnungen zur Konkretisierung der Produktveranwortung eine abfallwirtschaftliche Umsetzung durch die Produkthersteller erfolgen wird [7]. Hierzu ist festzustellen, daß Großunternehmen, insbesondere multinationale Konzerne, meistens bereits seit vielen Jahren interne Regelungen (Leitlinien) zur Produktverantwortung getroffen haben und diese auch, nicht zuletzt aus ökonomischen Gründen, umsetzen. Als Antriebskraft wirken u. a. die schon vorstehend genannten Umwelt- und Qualitätsmanagementsysteme, die weltweite Anwendung finden. Als Beispiel sind hier die Großunternehmen der chemischen Industrie zu nennen, die u.a. durch Ökobilanzen und vertiefte wissenschaftliche Untersuchungen ihre Kenntnisse über die toxikologischen und ökotoxikologischen Wirkungen der eingesetzten Stoffe bzw. hergestellten Produkte laufend erweitern, um daraus Schlußfolgerungen über zukünftige Produkte und Produktionsverfahren ziehen zu können. Weitergehende Wirkungen der Produktverantwortung des Kreislaufwirtschaftsgesetz-/Abfallgesetz sind tatsächlich in den Branchen festzustellen, für die produktbezogene Rechtsverordnungen bestehen bzw. in Vorbereitung sind. Besonders zu nennen ist hier die Automobilindustrie, die zum einen eine freiwillige Selbstverpflichtung für die Rücknahme von Altautos abgegeben hat, die durch eine im Frühjahr 1998 in Kraft tretende Altautoverordnung ergänzt werden soll. Neben der Rücknahme von Altautos hat sich die Branche zum Aufbau von Stoffkreisläufen und zum schrittweisen Ersatz gefährlicher Werkstoffe verpflichtet. U.a. sollen bis zum Jahre 2015 95% der Materialien eines Autos wiederverwertet werden, nur noch 5% sollen auf Deponien abgelagert werden müssen. Auswirkungen des Kreislaufwirtschaftsgesetz-/Abfallgesetz auf kleine und mittlere Unternehmen (KMU) sind aus den in § 19 und § 20 festgelegten Pflichten zur Aufstellung von Abfallwirtschaftskonzepten und Abfallbilanzen zu erwarten. Außerdem führt der im Gesetz verankerte Vorrang der Verwertung dazu, daß die private Entsorgungswirtschaft bereits heute verstärkt preisgünstige externe Verwertungsmöglichkeiten für KMU anbietet. Die von diesen Unternehmen zu beseitigenden Abfallmengen werden deshalb weiter deutlich zurückgehen. Abfallvermeidungskonzepte bzw. eine verstärkte Verankerung des produktionsintegrierten Umweltschutzes sind auch nach Einführung des Kreislaufwirtschaftsgesetz-/Abfallgesetz bei kleinen und mittleren Unternehmen aus dem produzierenden Bereich nur schwer umzusetzen. Zum einen fehlt es hier häufig an dem erforderlichen Fachwissen, zum anderen zwingt der wirtschaftliche Druck des Marktes eher dazu, nach Rationalisierungspotentialen in anderen Bereichen zu suchen.
5. Konsequenzen aus dem Kreislaufwirtschaftsgesetz-/Abfallgesetz für die öffentliche Abfallentsorgung
Obwohl mit der Verabschiedung des Kreislaufwirtschaftsgesetz-/Abfallgesetz eine Prinzipienwende von der öffentlichen Daseinsvorsorge hin zur Verursacherverantwortung der Abfallerzeuger bezweckt wurde, bleibt trotzdem die Entsorgungszuständigkeit für die Beseitigung von Abfällen aus Gewerbebetrieben und privaten Haushalten bei der öffentlichen Hand (§ 13 Abs. 1 Kreislaufwirtschaftsgesetz-/Abfallgesetz). Nach den in vielen Landesabfallgesetzen üblichen Regelungen sollen die Kommunen die für die Entsorgung in ihrem Einzugsgebiet notwendigen Abfallbehandlungsanlagen errichten bzw. betreiben. Allerdings können die Kommunen von der Verpflichtung der Entsorgung von Abfällen aus anderen Herkunftsbereichen befreit werden, wenn Dritten oder privaten Entsorgungsträgern diese Pflichten, mit Zustimmung der Kommune, übertragen worden sind (§ 15 Abs. 2 Kreislaufwirtschaftsgesetz-/Abfallgesetz). Die Kommunen können wiederum bestimmte Abfälle von ihrer Entsorgungspflicht ausschließen, soweit dafür eine Rücknahmepflicht des Herstellers aufgrund einer Rechtsverordnung besteht oder wenn bestimmte Abfälle nicht nach Art, Menge oder Beschaffenheit gemeinsam mit den in Haushaltungen anfallenden Abfällen beseitigt werden können (§ 15 Abs. 3 u. Abs. 4 Kreislaufwirtschaftsgesetz-/Abfallgesetz). Von dieser letztgenannten Möglichkeit der Ausschlußpflicht haben die Kommunen auch bereits in der Vergangenheit Gebrauch gemacht, so daß sich die kommunale Entsorgung immer schon auf den Hausmüll und die hausmüllähnlichen Gewerbeabfälle sowie auf Bodenaushub und Bauschutt konzentrierte. Die Entsorgung der produktionsspezifischen Abfälle inklusive der besonders überwachungsbedürftigen Abfälle (der sog. Sonderabfälle) oblag auch schon vor Inkrafttreten des Kreislaufwirtschaftsgesetz-/Abfallgesetz der privaten Entsorgungswirtschaft, den eigenentsorgenden Produktionsunternehmen oder eigens für diese Zwecke gegründeten Landesgesellschaften. Seit einigen Jahren, verstärkt mit dem Inkrafttreten des Kreislaufwirtschaftsgesetz-/Abfallgesetz, sind die entsorgungspflichtigen Kommunen nun mit vielfältigen Problemen im Bereich der Abfallentsorgung konfrontiert: Nachrüstungen der vorhandenen Abfallentsorgungsanlagen mit Umweltschutzeinrichtungen haben teilweise zu erheblichen Steigerungen der Abfallgebühren geführt, die dem Bürger nur schwer zu vermitteln sind. Neugebaute Abfallentsorgungsanlagen sind, meist um eine höhere Akzeptanz bei den Anwohnern zu erreichen, mit höchstem technischen Standard ausgestattet worden. Die erhöhten Baukosten führen ebenfalls zu stark gestiegenen Entsorgungsgebühren. Wegen verstärkter Vermeidung und Verwertung (Duales System, Kompostierung) führen sinkende Hausmüll- und Gewerbeabfallmengen zu einer verringerten Auslastung der kommunalen Entsorgungsanlagen. Dadurch wurden weitere Gebührensteigerungen zur Abdeckung der Fixkosten, bei gleichbleibender Anlagenkapazität, nötig. Die bis zum Jahr 2005 zu erfolgende Umsetzung der TA Siedlungsabfall bewirkt eine Verlagerung von Abfallströmen auf Alt-Deponien, da man eine Restverfüllung und entsprechende Gebühreneinnahmen für die folgenden Rekultivierungsmaßnahmen erreichen möchte. Dies vermindert die Auslastung vorhandener Müllverbrennungsanlagen in erheblichem Umfang. Kommunen ohne eigene Verbrennungsanlagen beabsichtigen meist erst nach Verfüllung ihrer Deponien eine vertragliche Bindung mit Verbrennungsanlagenbetreibern einzugehen.
Die mit Inkrafttreten des Kreislaufwirtschaftsgesetz-/Abfallgesetz verstärkten Bemühungen der privaten Entsorger um produktionsspezifische Abfälle zur Verwertung und die bisher vom Gesetzgeber nicht klar vorgegebene Abgrenzung von Abfällen zur Verwertung und Abfällen zur Beseitigung führen auf lokaler Ebene zu einem Dauerstreit um Abfallmengen. Zunehmend werden Gerichte zur Auslegung des Kreislaufwirtschaftsgesetz-/Abfallgesetz angerufen. Ein besonderes Problem stellt die Scheinverwertung da. Eine Scheinverwertung liegt zum Beispiel vor, wenn ein Entsorger den Abfall, der verwertet werden müßte, gegen Entgeld auf kostengünstige Deponien ins Ausland oder andere Bundesländer schafft. Dies ist auch eine Ursache für die Unterauslastung kommunaler Entsorgungsanlagen. Unklar sind die Zuständigkeiten für die Festlegung von Abfall, der beseitigt oder verwertet werden muß. Die Begriffe Beseitigung" und Verwertung" sind im Gesetz nicht klar definiert. Zur Lösung dieser vielfältigen Probleme sind inzwischen von den Kommunen eine Reihe von Maßnahmen ergriffen worden: Durch Umorganisation (Ausgründung) der Abfallwirtschaftsämter in Eigenbetriebe oder privatrechtliche Gesellschaften soll eine bessere Ausrichtung auf marktwirtschaftliche Anforderungen möglich werden. Gleichzeitig werden Kostensenkungsmaßnahmen durchgeführt. Regionale und teilweise auch überregionale Kooperationen mit anderen Kommunen und mit Privatunternehmen sollen für eine bessere, langfristige Auslastung vorhandener bzw. geplanter Entsorgungsanlagen sorgen. Im Rahmen der von den Ländern nach Kreislaufwirtschaftsgesetz-/Abfallgesetz aufzustellenden Abfallwirtschaftspläne wird z.Z. in NRW versucht, die Auslastung von bestehenden Müllverbrennungsanlagen durch verbindliche Festlegung von Einzugsgebieten sicherzustellen. In einigen Bundesländern wird versucht, Müllverbrennungsanlagen für die energetische Verwertung von Gewerbeabfällen zu öffnen. Durch entsprechende Preisgestaltung könnte damit eine Restauslastung der Müllverbrennungsanlagen erreicht werden. Kommunale Entsorgungsgesellschaften sind zunehmend auch im Verwertungsmarkt tätig und konkurrieren dort mit den privaten Entsorgern. Überlagert werden die Probleme der Kommunen mit der Abfallwirtschaft durch die allgemeine Finanznot der öffentlichen Hand. Dies führte u.a. in einigen Kommunen dazu, daß bestehende Abfallentsorgungsanlagen als "Tafelsilber" an Privatunternehmen, insbesondere an Versorgungsunternehmen, verkauft werden bzw. verkauft werden sollen.
6. Veränderungen der Aufgaben der privaten Entsorgungswirtschaft
Das Kreislaufwirtschaftsgesetz-/Abfallgesetz verpflichtet Abfallerzeuger und -besitzer zu einer weitestgehenden, umweltverträglichen Verwertung ihrer Abfälle. Damit wird die Wirtschaft und hier insbesondere die Entsorgungswirtschaft verstärkt in die Verantwortung für die Herstellung von Sekundärrohstoffen aus Abfällen und den weiteren Aufbau von Stoffkreisläufen genommen. Die Entsorgungsaufgaben der Kommunen sollen demgegenüber auf das unumgängliche Maß der Daseinsvorsorge, insbesondere im Bereich der Entsorgung von Abfällen aus privaten Haushaltungen und der Beseitigung von Abfällen aus anderen Herkunftsbereichen beschränkt werden. Aus dieser Aufgabenverteilung des Kreislaufwirtschaftsgesetz-/Abfallgesetz kann geschlossen werden, daß sich die Tätigkeit der privaten Entsorgungswirtschaft in Zukunft noch ausweiten wird, vorrangig bei der Entwicklung und Nutzung von Verwertungsverfahren und der Vermarktung von Sekundärrohstoffen. Weiterhin zunehmen wird auch das Engagement der privaten Entsorger im Zuge der fortschreitenden Privatisierung kommunaler Entsorgungsaufgaben. Inzwischen beabsichtigen auch Großstädte wie Berlin und Bremen ihre Entsorgungsaufgaben an private Entsorgungsunternehmen zu übertragen. In Frankfurt erfolgte inzwischen eine Privatisierung der kommunalen Entsorgung unter Einbeziehung eines großen privaten Entsorgungsunternehmens. Bei weiter anhaltender Finanznot der Kommunen wird sich dieser Trend sicher noch ausweiten. Eine Betrachtung der gegenwärtigen Situation der Entsorgungsbranche zeigt allerdings eine erhebliche Verunsicherung über die Auswirkungen des Kreislaufwirtschaftsgesetz-/Abfallgesetz und die Wirkungen der z. Z. diskutierten stoffbezogenen Verordnungen. Aktuelle Umfragen der großen Entsorgerverbände [8] erbrachten Aussagen wie keine merkliche Deregulierung erzielt, kaum Belebung des Geschäftes, große Unsicherheit bei den Kunden, bürokratischer Mehraufwand, verwirrende Auslegung der Begriffe "Abfall zur Verwertung" und "Abfall zur Beseitigung". Viele Entsorger stellen überhaupt keinen Einfluß des Gesetzes auf ihr Geschäft fest, ein erheblicher Teil erkennt eher negative Einflüsse. Außerdem wird auf mangelnde Kenntnis der Behördenmitarbeiter sowie fehlenden Kooperationswillen bei den staatlichen Stellen hingewiesen. Weiterhin wird besonders von mittelständischen Entsorgern darüber geklagt, daß kommunale Unternehmen, vornehmlich als privatwirtschaftliche Gesellschaften organisiert, sich verstärkt im Bereich der Erfassung und Verwertung gewerblicher Abfälle betätigen. Neben den klassischen Abfallentsorgern lassen sich inzwischen auch viele "branchenfremde" Betriebe, wie z. B. Baufirmen, als Entsorgungsfachbetriebe im Sinne des Kreislaufwirtschaftsgesetz-/Abfallgesetz zertifizieren, was die Konkurrenz um die Abfallstoffe sicher weiter erhöhen wird. Probleme werden insbesondere bei der Umsetzung der TA Siedlungsabfall, bei der geplanten Änderung der Verpackungsverordnung und bei der Verabschiedung neuer stoffbezogener Verordnungen wie Kompostverordnung, Altautoverordnung, Elektronikschrottverordnung gesehen. Die Übergangsfrist für die vollständige Umsetzung der TA Siedlungsabfall (TASi) läuft im Jahr 2005 aus. Um die Anforderungen der TASi zu erfüllen, müssen in Zukunft alle Abfälle mit organischen Inhaltsstoffen vorbehandelt werden. Nach heutigem Stand der Technik können die Anforderungen der TASi nur durch eine thermische Vorbehandlung (Verbrennung, Vergasung, Pyrolyse) erfüllt werden. Nach Abschätzungen [9] über die im Jahre 2005 zu erwartenden Restmüllmengen müßten dann noch ca. 30 Müllverbrennungsanlagen für Hausmüll (maximale Schätzung) in Deutschland gebaut werden. Demgegenüber ist erkennbar, daß mehrere Bundesländer eine Änderung der TASi anstreben, um durch Absenkung der Anforderungen an den Restkohlenstoffgehalt des behandelten Abfalls bzw. durch Einführung neuer Beurteilungskriterien für eine umweltverträgliche Abfallablagerung auch den Einsatz mechanisch- biologischer Abfallbehandlungsverfahren zu ermöglichen. Weiterhin sind in einigen Bundesländern bereits Ausnahmegenehmigungen für bestehende Deponien erteilt worden, die eine Ablagerung von Abfällen, die den Anforderungen der TASi nicht entsprechen, über das Jahr 2005 hinaus erlauben. Schließlich vertreten große Entsorgungsunternehmen die Ansicht, daß die Verwertung der Hausmüllfraktionen noch erheblich ausgeweitet werden kann, und daß die zu behandelnde Restmüllmenge stärker als bisher prognostiziert zurückgehen wird. Unter Berücksichtigung dieser Unsicherheitsfaktoren werden in naher Zukunft sicher nur noch wenige thermische Abfallbehandlungsanlagen realisiert. Über die Änderung der Verpackungsverordnung wird seit längerer Zeit zwischen Bund, Ländern und Wirtschaft intensiv diskutiert. Mit dem im Frühjahr 1997 vorgelegten Novellierungsentwurf soll die notwendige Anpassung an das Kreislaufwirtschaftsgesetz vorgenommen werden. Außerdem finden Vorgaben der EU-Verpackungsrichtlinie Berücksichtigung. Eine Einigung zwischen Bund und Ländern über den Novellierungsentwurf steht noch aus. Für die Entsorgungswirtschaft sind insbesondere die geplanten Änderungen zur Verbesserung des Wettbewerbs auf dem Entsorgungsmarkt und die Absenkung der vorgeschriebenen Verwertungsquoten für die stoffliche Verwertung von großer Bedeutung. Wettbewerbsfördernd soll eine Regelung wirken, die anstelle einer Beteiligung am Dualen System Deutschland (DSD) auch die Möglichkeit einer Eigenentsorgung für Hersteller und Vertreiber von Verkaufsverpackungen vorsieht. Entsorgungsleistungen müssen vom DSD in Zukunft immer über ein Wettbewerbsverfahren ausgeschrieben werden. Die geplante Absenkung der Quoten für die stoffliche Verwertung wird als Anpassung an die EU-Verpackungsrichtlinie gesehen, in der die Anteile für die stoffliche Verwertung gebrauchter Verpackungen mit mindestens 25 % und höchstens 45 % festgelegt sind. Für die Entsorgungswirtschaft würde die Einführung reduzierter Verwertungsquoten einen erheblichen Auslastungsrückgang ihrer Sammel-, Sortier- und Verwertungsanlagen bedeuten. Ebenfalls heftig umstritten ist der zur Zeit diskutierte Entwurf einer Kompostverordnung. Wirtschaftsverbände befürchten, daß viele existierende Kompostanlagen die hohen Anforderungen dieser Verordnung nicht erfüllen können, und daß deshalb ein großer Teil des hergestellten Kompostes anschließend wieder auf Deponien oder in Verbrennungsanlagen entsorgt werden müßte. Für die Entsorger als Eigentümer und Betreiber von Kompostanlagen führt diese noch nicht abgeschlossene Diskussion um die zukünftigen Anforderungen an Komposte zu erheblicher Verunsicherung bei Neuinvestitionen und zu Problemen bei der Vermarktung von Kompost aus bestehenden Anlagen. Die bereits verabschiedete Altautoverordnung bietet für viele Entsorger keine eindeutige Regelung über die zu entsorgenden Mengen und die Kostenübernahme für die Verwertung, so daß verschiedene Entsorgungsunternehmen sich wieder aus diesem Markt zurückgezogen haben. Bei der Elektronikschrottverordnung wird kritisiert, daß hier nur eine Regelung für die Rücknahme und Verwertung von Geräten aus dem Bereich der Informationstechnik (Computer, Telefone usw.) getroffen werden soll. Die Verwertung von Haushaltsgeräten wie Waschmaschinen, Kühlschränke und der gesamte Bereich der Unterhaltungselektronik bleibt weiterhin ungeregelt.
7. Zukünftige Entwicklung des Entsorgungsmarktes unter den Rahmenbedingungen des Kreislaufwirtschaftsgesetz-/Abfallgesetz
Für den privaten Entsorgungsmarkt, einschließlich aller Recyclingaktivitäten (Stahlschrott, NE-Metalle usw.) wird für 1996 ein Umsatz von 75 Milliarden DM angegeben. Dieser Markt verteilt sich zu ca. 20 % auf 10 "Entsorgungs-Konzerne" mit einem Umsatz von 0,8 - 3,5 Mrd. DM, und zu ca. 40 % auf mittelständische Entsorgungsunternehmen. Der restliche Umsatz wird von über 6.000 Kleinunternehmen erzielt (Abb. 2 ). Für die kommunale Entsorgung liegen keine zusammengefaßten Umsatzzahlen vor. Für eine Großstadt mit ca. 450.000 Einwohnern wird z. B. für einen kommunalen Eigenbetrieb mit 1.500 Mitarbeitern ein Umsatz von 390 Mio. DM für das Jahr 1996 angegeben [10]. Daraus kann abgeschätzt werden, daß der kommunale Entsorgungsmarkt sich sicher auch in zweistelliger Milliardenhöhe bewegen dürfte. Neben der bereits angesprochenen Privatisierung kommunaler Entsorgungsleistungen sind weitere bedeutsame Veränderungen im Entsorgungsmarkt erkennbar. Ausgelöst oder zumindest unterstützt durch das Kreislaufwirtschaftsgesetz-/Abfallgesetz entsteht eine engere Zusammenarbeit zwischen Herstellern, Handel und Entsorgungswirtschaft, in vielen Fällen abgesichert durch Kooperationsverträge. Auch innerhalb der Entsorgungswirtschaft besteht ein anhaltender Trend zu Fusionen und zu Kooperationen in ausgesuchten Geschäftsfeldern, wobei gleichzeitig Rationalisierungspotentiale ausgeschöpft werden und häufig eine Konzentration auf Kernkompetenzen angestrebt wird. Während man in Deutschland von einer weiteren Marktkonsolidierung ausgeht, engagieren sich viele deutsche Entsorgungsunternehmen im Ausland, vorzugsweise in Mittel- und Osteuropa, aber auch in Österreich, Frankreich, Belgien, Großbritannien und sogar in Südostasien und Australien, wo noch erhebliche Wachstumspotentiale gesehen werden. Die beiden größten US-Entsorgungsunternehmen WMX Technologies Inc. und Browning-Ferris Industries Inc (BFI) sind seit eini-gen Jahren bereits auf dem deutschen Markt vertreten. WMX hat als Waste-Management Deutschland eine Gruppe mittelständischer Entsorgungsunternehmen aufgebaut, während BFI zu 50 % an der Kölner Otto-Gruppe (Umsatz 1996: 2,0 Mrd. DM) beteiligt war. Seit Anfang 1998 ist die Beteiligung von BFI auf das französische Entsorgungsunternehmen SITA übergegangen. Mit einem Umsatz von 6,5 Mrd. DM ist SITA das größte Entsorgungsunternehmen in Europa. BFI hat im Gegenzug eine Beteiligung an SITA erworben. In jüngster Zeit hat eine britische Entsorgergruppe ein mittelständisches deutsches Entsorgungsunternehmen übernommen, weitere französische Entsorger bemühen sich z. Z. auf dem deutschen Markt Fuß zu fassen. Mittelfristig ist daher von einem europäischen Entsorgungsmarkt mit regionalen Besonderheiten auszugehen. Eine weitere Besonderheit im deutschen Entsorgungsmarkt ist das anhaltende Engagement von Versorgungsunternehmen, die sich an Entsorgern beteiligen bzw. bestehende Müllverbrennungsanlagen und Deponien von den Kommunen übernehmen. An dieser Stelle sei noch einmal auf das schon angesprochene besondere Problem der Scheinverwertung hingewiesen. Weiterhin öffnen sich in zunehmenden Maße Industrieanlagen wie z. B. Zementwerke, Kalköfen, Industriekraftwerke, Hochöfen, NE-Metallhütten, Ziegeleien usw., um Abfälle zur Verwertung als Brennstoff bzw. als Rohstoffersatz aufzunehmen. Es ist erkennbar, daß in den Regionen, wo hohe Abfallbeseitigungskosten für gewerbliche Abfälle gefordert werden, die Recyclingaktivitäten der Entsorger verstärkt stattfinden. Grundsätzlich gilt aber, daß Stoffkreisläufe, die ökologisch vielleicht ge-wünscht werden, aber ökonomisch nicht immer selbsttragend sind, nur durch gesetzliche Verordnungen oder sonstige Finanzierungsanreize aufrecht erhalten werden können. Bestes Beispiel hierfür ist die Verwertung von Verpackungen, die nur durch die Verpackungsverordnung und durch die Finanzierung über den Grünen Punkt möglich wurde. Der zukünftige Schwerpunkt des Entsorgungsmarktes wird, begleitet durch das Kreislaufwirtschaftsgesetz-/Abfallgesetz, eindeutig bei der Verwertung von Abfällen und damit verbunden in der Herstellung von Sekundärrohstoffen liegen. Trotzdem muß im Sinne einer langfristigen Entsorgungssicherheit auch auf die Planung und Errichtung weiterer notwendiger Abfallbeseitigungsanlagen geachtet werden.
8. Schlußfolgerungen
Aus der Betrachtung der Vorgaben und der bisher erkennbaren Auswirkungen des Kreislaufwirtschaftsgesetz-/Abfallgesetz können verschiedene Grundsätze und Anforderungen für eine ökologisch und ökonomisch ausgewogene Kreislaufwirtschaft und für die Abfallbeseitigung in Deutschland abgeleitet werden: Die Umweltpolitik verursacht z. Z. eine Flut von Regeln und Vorschriften, die wirtschaftliches Handeln einengen und erschweren. Ziel der Umweltpolitik muß es sein, vorhandene ordnungspolitische Systeme zu stärken bzw. weitere, effiziente ordnungspolitische Verfahren (z. B. mit Konzentrationswirkung) zu entwickeln, die durch geeignete Kontrollmechanismen ein verantwortungsvolles, umweltgerechtes Wirtschaften begleiten und damit die Regelflut beenden können. Die Wirksamkeit vorhandener Überwachungsverfahren wie z. B. Qualitäts- und Umweltmanagementsysteme, Öko-Audit, Abfallwirtschaftskonzepte und -bilanzen wird u. a. dadurch begrenzt, daß staatliche bzw. kommunale Behörden inhaltlich und zeitlich überfordert sind, die Einhaltung dieser Verfahren zu überprüfen. Deutlich höhere Schadenersatzverpflichtungen im Rahmen der Umwelthaftung (bzw. der Handel mit Ökolizenzen), wie z. B. in den USA praktiziert, sollten als Alternative diskutiert werden. Überhöhte Verwertungs- und Beseitigungskosten müssen vom privaten Verbraucher und von der Wirtschaft bezahlt werden. Das reduziert die verfügbaren Finanzmittel für den Konsum und steigert die Produktionskosten. Die Kosten der Abfallbeseitigung müssen deshalb durch zweckoptimierte Entsorgungsanlagen und sinnvolle Einzugsbereiche auf niedrigem Niveau gehalten werden. Das Ziel der Kreislaufwirtschaft darf nicht Recycling um jeden Preis sondern maximale Ressourceneffizienz lauten. Ein staatlich gelenktes Stoffstrommanagement zur Steigerung der Kreislaufwirtschaft ist mit den Produktionsabläufen und Anforderungen eines modernen Industrielandes im globalen Wettbewerb nicht vereinbar. Anzustreben ist eine umfassende ökologische Produktverantwortung der Hersteller und des Handels. Ziel sind abfallarme Produkte und ressourcenschonende Herstellungsprozesse. Die Privatisierung von kommunalen Entsorgungsaufgaben wird sich weiter fortsetzen. Die Systemvielfalt von privatwirtschaftlicher und staatlicher Entsorgung wird aber in den einzelnen Bundesländern mit unterschiedlicher Gewichtung nebeneinander bestehen bleiben. Die Entscheidung über die jeweilige Ausgestaltung der Entsorgung sollte ausschließlich unter wirtschaftlichen Aspekten erfolgen. Entsorgungsverträge sollten grundsätzlich befristet abgeschlossen und öffentlich ausgeschrieben werden. In der Entsorgungswirtschaft muß der Wettbewerb gefördert und die Bildung von Monopolstellungen verhindert werden. Die von den Bundesländern angestrebte regionale Autarkie bei der Abfallbeseitigung muß mittelfristig aufgegeben werden oder ist zumindest durch Ausnahmeregelungen zu flexibilisieren.
9. Literaturhinweise
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©Friedrich Ebert Stiftung | technical support | net edition fes-library | Oktober 1998 |