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TEILDOKUMENT:
Expertisen (Inhaltliche Kurzbeschreibungen) Frauenpolitische Expertisen des Forschungsinstituts der Friedrich-Ebert-Stiftung:
1. Zur Aufhebung des Eheprivilegs im Grundgesetz
Die Grundpfeiler der Institution Ehe, deren besondere Bedeutung im Grundgesetz noch einmal verankert ist, verändern sich, die Geschlechterbeziehungen werden nicht mehr so traditionell gelebt. In vielen Fällen ist die Ehe nicht mehr eine Beziehung auf Lebenszeit, es fehlt immer mehr an der öffentlichen Deklaration, die eheliche Lebensgemeinschaft muß nicht mit der Wohngemeinschaft übereinstimmen, die sexuelle Treue wird anders verstanden als früher und immer häufiger ist die Ehe keine Basis für Elternschaft mehr. Aus der Analyse der Vielzahl heute gelebter Formen von Geschlechterbeziehungen werden staatliche Regelungen, die alle auf der traditionellen Ehevorstellung basieren, kritisch hinterfragt. Selbst für die Frauen, die sich auf die geschlechtsspezifische Arbeitsteilung einlassen, gibt es durch die traditionelle Ehe selten einen wirklichen Schutz. Für sie kumulieren vielmehr die Nachteile spätestens im Fall des Todes des Ehemannes oder der Scheidung. Angesichts dieser Veränderungen in der Lebenswirklichkeit von Paaren erscheint es angemessener, mit Privilegien und dem besonderen Schutz des Staates erst dort anzusetzen, wo Kinder oder Hilfsbedürftige zur Lebensgemeinschaft gehören.
2. Vom gesellschaftlichen Umgang mit der Qualifikation
Qualifikationskonzepte sind nicht geschlechtsneutral, sondern mit Geschlechterstereotypen verknüpft. Dabei ist immer die Unterlegenheit der Frau dem Manne gegenüber impliziert. Zunächst wird herausgearbeitet, daß Qualifikationskonzepte soziale Konstrukte sind und politisch gestaltet werden. Darüber hinaus werden die androzentrischen Elemente gängiger Qualifikationskonzepte identifiziert und Gegenkonzepte aus der Frauenforschung diskutiert. Herrschende Konzepte beziehen sich nur auf den Erwerbsarbeitsteil der Arbeitskraft und damit nur auf Fähigkeiten, die für marktförmig organisierte Arbeit gebraucht werden. Frauen arbeiten aber zusätzlich im Nichterwerbsbereich. Die dort erworbenen Fähigkeiten bekommen traditionell nicht den Rang von Qualifikationen. Das in der Frauenforschung entwickelte Konzept des weiblichen Arbeitsvermögens scheint nicht sehr geeignet, die speziellen Fähigkeiten von Frauen zu erfassen. Es folgt dem Muster einer Geschlechterpolarität und gerät in die Gefahr, die Differenz zwischen den Geschlechtern zu idealisieren und damit wiederum Festlegungen sowohl für Männer als auch für Frauen zu treffen. Das Konzept der Schlüsselqualifikationen scheint demgegenüber geeigneter, wenn es um die Fähigkeiten, die im Nichterwerbsarbeitsbereich erworben werden können, ergänzt wird.
3. Zur Zukunft der Hausarbeit
Die privat und von Frauen geleistete Arbeit in den Haushalten wird nicht nur in der Statistik verdrängt. Frauen leisten aber Zweidrittel der insgesamt gesellschaftlich anfallenden Arbeitsstunden, Männer dagegen nur das verbleibende Drittel. Ein Blick in die Geschichte zeigt, welche tiefgreifenden Veränderungen in den Arbeitsinhalten und in der Arbeitsorganisation der heute sogenannten Hausarbeiten" es immer schon gegeben hat. Die Frauenbewegung hat auf die Bedeutung dieser Hausarbeit immer wieder hingewiesen, die Debatte um den Lohn für Hausarbeit entfacht. Ein Blick auf Alternativen zur privaten Hausarbeit in anderen Ländern kann Anregungen geben, auch in der Bundesrepublik neue Formen dieser Arbeit zu entwickeln. Dabei ist es wichtig, politisch zu entscheiden, welche Arbeiten aus der Unbezahltheit herausgenommen und zum infrastrukturellen Angebot umgestaltet werden sollen, und wie eine egalitäre Verteilung der unbezahlt verbleibenden Arbeiten zwischen den Geschlechtern zu unterstützen ist.
4. In Zukunft wieder Reservearmee?
Wenn man glaubt, daß der zu erwartende Schrumpfungsprozeß der Bevölkerung zu erhöhten Chancen der Frauen führen wird, sich durch Erwerbsarbeit eine eigenständige Existenz bis ins Alter zu sichern, dann trügt diese Hoffnung. Eine automatische Entwicklung in dieser Richtung wird es nicht geben. Die Prognosen zur Entwicklung der Erwerbsarbeitsverhältnisse, der Erwerbsarbeitssegmente und der Arbeitsteilung zwischen den Geschlechtern zeigen, an welchen Stellen frauenpolitische Aktivitäten notwendig sind, um das Ziel der eigenständigen Existenz von Frauen durch Erwerbsarbeit zu erreichen. Insbesondere die im Moment zu beobachtende Tendenz der Privatisierung von Haus- und Sorgearbeit führt dazu, daß Frauen nicht nur ökonomisch unsicherer leben, sondern daß ihnen auch der Erwerbsarbeitsmarkt immer weiter verschlossen wird.
5. Die Doppelverdienerin
Erwerbstätige Frauen erhalten im Durchschnitt etwa ein Drittel weniger Entgelt als Männer, und die Schere im Verdienst zwischen den Geschlechtern wird noch weiter auseinanderklaffen, da die Übernahme der tariflichen Bestimmungen in Ostdeutschland noch nicht ganz vollzogen ist. Als Hauptgrund für die Lohndiskriminierung wird das Ernährermodell, auf dem auch tarifpolitische Entscheidungen basieren, herausgearbeitet. Solange die geschlechtshierarchische Arbeitsteilung besteht und das Einkommen des Mannes als Hauptverdienst für die Familie gilt, solange werden Frauen Schwierigkeiten haben, den gleichen Lohn für ihre gleichwertige Arbeit zu erhalten. Als Strategie zum Abbau der Lohndifferenz zwischen den Geschlechtern ist deswegen die private und unbezahlte Erziehungs- und Pflegearbeit in ihrer Struktur so zu verändern, daß sie allen, die sie leisten, eine ökonomische Grundsicherung bieten kann. Für die gewerkschaftliche Lohnpolitik zeigt das schwedische Beispiel, daß eine gezielte Frauenlohnpolitik als Lohnstrukturpolitik die Diskriminierung beheben kann.
6. Berufe brauchen kein Geschlecht
Ein diskriminierender Widerspruch zeigt sich, wenn einerseits soziale Kompetenzen im beruflichen Handeln immer stärker an Bedeutung gewinnen, andererseits diese Kompetenzen, wenn sie in Frauenberufen gebraucht werden, weiterhin unterbewertet bleiben. Als ein Grund für die weiter bestehende Abwertung wird die gesellschaftlich produzierte Vergeschlechtlichung der sozialen Fähigkeit herausgestellt. Diese Vergeschlechtlichung von Berufen und Handlungspotentialen führt dazu, daß die Hierarchie zwischen den Geschlechtern immer wieder und mit vielfältigen Mechanismen hergestellt wird. Dieser Prozeß kann durch eine Relativierung der Kategorie Geschlecht, durch eine Minderung ihrer Bedeutung unterbrochen werden. Dazu muß die Verknüpfung von Geschlecht und Beruf sowie von Geschlecht und Handlungspotentialen aufgelöst werden, und der Wert sozialer Fähigkeiten für berufliches Handeln so bestimmt werden, daß auch die in Frauenberufen erforderliche soziale Kompetenz als soziale Qualifikation anerkannt und entsprechend höher bewertet werden kann.
7. Ist die Verwaltungsreform geschlechtsneutral?
Die Expertise greift das Defizit des herrschenden Diskurses zur Verwaltungsreform auf und thematisiert die Geschlechterfrage. Sie zeigt, an welchen Stellen der Debatte und konkreter Reformprozesse insbesondere die Interessen von Frauen zu berücksichtigen sind und welche Konsequenzen dies für die Gestaltung der Reformen haben müßte.
8. Tarifpolitik gegen Lohndiskriminierung
Im Auftrag des DGB-Bundesvorstandes, Abteilung Frauenpolitik, wurde ein Gutachten erstellt, in dem der Frage nachgegangen wird, welchen Beitrag die Tarifpolitik zur Aufrechterhaltung, aber auch zum Abbau der geschlechtshierarchischen Lohndifferenz leistet. Dabei werden Bewertungskriterien für die Erwerbsarbeit, die Strukturen der Tarifverträge, sowie die herrschende Entgeltdifferenzierung kritisch überprüft und Veränderungen aufgezeigt. Es werden Strategien beschrieben, mit denen die Frauen selber die Tarifpolitik beeinflussen können: durch Diskussion zur solidarischen Lohnpolitik, durch eine Demokratisierung der Tarifpolitik sowie durch gezielte Aufwertungskampagnen für die den Frauen zugewiesenen Arbeiten.
9. Der Tauschwert sozialer Qualifikation
Mit dieser Expertise werden Ergebnisse eines empirischen Forschungsprojektes zu der Frage Was ist soziale Qualifikation?" so umgesetzt, daß sie für die Tarifpolitik nutzbar werden. Ausgangspunkt ist die empirisch erwiesene Erkenntnis, daß in jedem beruflichen Handeln Anforderungen an die soziale Qualifikation gestellt werden und daß diese Anforderungen immer mehr wachsen. Insbesondere in den unteren Lohngruppen würde die Aufnahme des Anforderungsmerkmales "Soziale Qualifikation" zu einer etwas gerechteren Entlohnung führen, die insbesondere den Frauen zugute käme.
10. Das Geschlecht als Bremse? Lebenswirklichkeit junger Frauen und gewerkschaftliche Organisation
In dieser Expertise wird der in der Frauenforschung heftig diskutierte Ansatz der Dekonstruktionstheorie auf die Frage angewendet, warum immer weniger junge Frauen sich gewerkschaftlich engagieren. Dabei werden zum einem die gängigen Adoleszenztheorien und die Befunde über "die" jungen Frauen kritisch aufgearbeitet, zum anderen aber auch die Faktoren bestimmt, die in den Strukturen und in der Politik der Gewerkschaften als Großorganisationen liegen und die dazu führen, daß die Geschlechterdifferenz auch von hier immer wieder aufs Neue reproduziert wird.
11. Das 654 Milliarden Paket
Aktuelle politische Bemühungen um die Veränderung der privat organisierten Hausarbeit (Stichwort Dienstmädchenprivileg") aus der Perspektive einer feministischen Arbeitstheorie werden diskutiert. Dabei wird deutlich, wie konservative Modellvorschläge die immer noch vorhandenen patriarchalen Strukturen der Familienbeziehungen weiter verstärken. Demgegenüber wird aufgezeigt, wie Modelle und Konzepte von Dienstleistungspools bzw. Agenturen aussehen müssen, um die Interessen der Frauen an einer eigenständigen ökonomischen Existenz besser zu verwirklichen. © Friedrich Ebert Stiftung | technical support | net edition fes-library | Juli 1998 |