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TEILDOKUMENT:




Uma Ramaswamy und Sarath Darala
Frauen in der indischen Textil- und Bekleidungsindustrie


Als einer der ältesten und traditionsreichsten Gewerbezweige Indiens erzeugt die Textilindustrie rund 20 Prozent der gesamten industriellen Produktion und beschäftigt knapp 15 Millionen Menschen. Obwohl die Textilbranche über einen großen Binnenmarkt verfügt, hat Indien stets auch Anteil am Welttextilhandel gehabt. Mit dem Exportboom in den letzten Jahren wurde die Textilindustrie zugleich zur größten Exportbranche und zum wichtigsten Devisenbringer. Textilausfuhren haben erheblich zugenommen, wobei die Bekleidungsindustrie den größten Beitrag leistet.

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Großbetriebe, mechanische Webereien und Handwebereien

In ihrer Zusammensetzung und Struktur zeigt sich die Textilindustrie als äußerst komplex und vielfältig. Sie umfaßt das gesamte Spektrum der Branche, vom nicht registrierten Betrieb für handgesponnene und handgewebte Stoffe einschließlich Heimarbeit bis hin zum kapitalintensiven, organisierten Großindustriebetrieb. Der außerordentliche Zuwachs an mechanischen Kleinwebereien in den siebziger und achtziger Jahren hat noch weiter zur Vielseitigkeit dieser Industrie beigetragen. Über 80 Prozent der mechanischen Webereien gehören zum nicht registrierten Bereich und auf diesen entfallen mehr als die Hälfte der gesamten Stoffproduktion. Quantitative Daten über die genaue Anzahl von Betrieben im Handweb- und Maschinenwebsektor sind nicht vorhanden, da ein großer Teil der Produktionsanlagen nicht registriert ist. Während in Großbetrieben über eine Million Menschen arbeiten, sind in den mechanischen Webereien und in den Handwebereien sogar fünf bis sieben Mal so viele Menschen tätig. Ebenso ungewöhnlich ist die Produktionsverteilung innerhalb der Industrie: Ein Großteil der Garnherstellung entfällt auf die Großbetriebe. In den mechanischen- und Handwebereien finden jedoch 78 Prozent der Stoffproduktion statt. Der organisierte Großindustriesektor stellt lediglich 13 Prozent der gesamten Stoffproduktion. Alle drei Sektoren weisen komplexe Verflechtungen sowie komplementäre und wettbewerbsorientierte Merkmale auf. Die Wachstumstendenzen innerhalb dieser differenzierten und komplexen Industrie müssen vor dem Hintergrund der dazugehörigen Politik betrachtet werden.

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Rahmenbedingungen der Textilpolitik

Seit den 50er Jahren bemüht sich die Textilpolitik um einen Ausgleich zwischen dem Wachstum der Großbetriebe und dem des arbeitsintensiven, dezentralisierten und herkömmlichen Handwebsektors. Der Handwebbetrieb stellt für eine große Anzahl von Webern und Arbeitern eine wichtige Einkommensquelle und Existenzgrundlage dar. Aber eine Reihe von Faktoren, wie geringe Kapazitätsauslastung, niedrige Produktivität, überholte Technologie, schwankende und unzuverlässige Garnpreise, unzureichender Zugang zu Stranggarn und hohe Produktionskosten haben die Handwebereien gegenüber den Großbetrieben und mechanischen Webereien wettbewerbsunfähig gemacht. Um den Handwebsektor mit seinem Arbeitsbeschaffungspotential vor dem Ansturm der schnell wachsenden Produktion im modernen, kapitalintensiven Großindustriesektor zu schützen, wurden eine Reihe von industriepolitischen Maßnahmen zur Begrenzung der Expansion des großindustriellen Sektors ergriffen. Zu den zentralen Maßnahmen zählten die Einfrierung von Webstuhlkapazitäten im organisierten Industriesektor durch Festsetzung der Anzahl von Webstühlen pro Betriebseinheit und der Vorbehalt einer Reihe von Gewebekategorien für die Produktion im Handwebsektor. Genossenschaften wurden gefördert, damit die Weber vom Rohstoffangebot, von den Absatzmöglichkeiten und staatlichen Subventionen profitieren konnten.

Die Einführung einer Höchstgrenze für Webstühle in den Großbetrieben hatte zahlreiche Konsequenzen. Die Fabrikbesitzer begannen, die gesetzlichen Bestimmungen zu umgehen, indem sie die Webstühle zahlenmäßg streuten, wodurch die Anzahl der Spinnereien zunahm. Für die Fabrikanten war es einfacher und leichter, neue Anlagen zu errichten, als bestehende Kapazitäten auszubauen. Ebenfalls um industriepolitische Beschränkungen zu unterlaufen, Lohnkosten zu reduzieren und dem Angriff der Gewerkschaften zu begegnen, gingen die Fabrikanten dazu über, einen Großteil ihrer Produktion durch Zulieferungen über die mechanischen Webereien zu beziehen, was maßgeblich zum Wachstum dieser Webereien beitrug. Die zum dezentralisierten und nicht-organisierten Sektor gehörenden mechanischen Webereien beschäftigen die Arbeitskräfte außerhalb arbeitsgesetzlicher Regelungen. In diesem Sektor wird unter ausbeuterischen Verhältnissen produziert. Mit einer Belegschaft aus mithelfenden Familienangehörigen und Lohnarbeitern wird in den mechanischen Webereien bis zu zwölf Stunden täglich und auch in Nachtschichten gearbeitet. In Zeiten der Rezession und Arbeiterunruhen, wie zum Beispiel 1982 in Bombay während des ausgedehnten Textilstreiks, waren die mechanischen Webereien die Stütze des großindustriellen Sektors.

Bhiwandi, das größte Maschinenwebzentrum, befindet sich in Maharashtra, und ist exemplarisch für den ganzen Sektor: triste Arbeitsbedingungen, ungeschützte Arbeitsverhältnisse und die Unfähigkeit der Gewerkschaften, die Arbeiter zu organisieren. Bei einem Besuch in Bhiwandi wird man mit Szenen konfrontiert, die an die Anfänge der industriellen Revolution erinnern: Tausende von Menschen, die in unzähligen baufälligen Unterständen schlafen, in denen 24 Stunden am Tag der ohrenbetäubende Lärm der Webstühle zu hören ist - keine Belüftung, keine ausreichende Beleuchtung; Kinder, die endlos monotone Arbeit verrichten, überall Staub und Schmutz. Die genaue Anzahl der Maschinenwebstühle ist unbekannt, ebenso wie spezifische Angaben über ihre Produktion, über den Besitz der Webstühle und über die von den Großbetrieben in Auftrag gegebene Arbeit.

Das unkontrollierte Anwachsen der mechanischen Webereien ging in der Tat auf Kosten der Produktion in den Großbetrieben und sogar in den Handwebereien. Ein weiterer bedeutsamer Trend, der dramatische Folgen für die Herstellung von Baumwollgarnen hat, ist die zunehmende Präferenz und Nachfrage nach Misch- und Kunstgeweben. Dies hat zu einem weiteren Rückgang der Stoffherstellung im großindustriellen Sektor geführt, wobei der letztere gegenwärtig einen Produktionsanteil von nur 13 Prozent hat. Industriepolitische Beschränkungen, Konkurrenz von den mechanischen Webereien und bestehende Marktverhältnisse haben bei den Großbetrieben einen hohen Grad anhaltender Unrentabilität zur Folge. Das Ausmaß dieses Problems läßt sich an den im Verlauf der Jahrzehnte immer wieder durchgeführten Schließungen von Großbetrieben feststellen, die Millionen von Arbeitern in Mitleidenschaft zogen (vgl. Tabelle). Dies hat wiederum die wirtschaftliche Entwicklung von Städten mit einer hohen Konzentration von bankrotten Unternehmen, wie Ahmedabad, Bombay und Kanpur, stark beeinträchtigt.

[GRAPHIK]

In den 70er Jahren faßte die indische Regierung in der Absicht, die Unternehmen zu sanieren und umzustrukturieren, eine Gruppe von ihnen zur National Textile Corporation (NTC) zusammen. Durch hohe Verluste schwer angeschlagen, hat die NTC kürzlich ein umfangreiches Rehabilitierungs- und Schließungsprogramm entwickelt, das die Sanierung einiger Unternehmen und die Stillegung 14 weiterer vorsieht. Schätzungsweise 75.000 Arbeiter werden davon betroffen sein. Damit wird deutlich, daß Verstaatlichung offenbar keine Antwort auf das Problem der Unwirtschaftlichkeit in der Textilindustrie ist.

Die mechanischen Webereien stellen auch für die Handwebereien eine Bedrohung dar. Praktiken wie die Vermarktung ihrer eigenen Produkte als handgewebte Ware oder auch von Handwebereien zugelieferter Ware haben den Handwebereien schwere Verluste bereitet. Es wird davon ausgegangen, daß jede neue Webmaschine sechs Handwebstühle ersetzt. Im Zeitraum von 1974 bis 1981, also innerhalb von sieben Jahren, sollen 231.000 Webmaschinen zur Vernichtung von 1.380.600 Handwebstühlen geführt haben.

Der Maschinenwebsektor ist aber seinerseits auch nicht von industriepolitischen Auflagen und Beschränkungen verschont geblieben. Am Anfang wurden die kleineren mechanischen Webereien mit den Handwebereien gleichgesetzt. Obwohl der Ausbau von größeren Anlagen bestimmten Auflagen bezüglich des Ankaufs von Webmaschinen und Registrierungen unterlag, wurden diese nie streng durchgeführt. Die mechanischen Webereien reagierten darauf, indem sie die größeren Anlagen in kleinere aufsplitterten. Dies eröffnete ihnen die Möglichkeit zur Steuerhinterziehung, zur Umgehung der Arbeitsgesetze und zur Inanspruchnahme der Vorzüge des dezentralisierten Sektors.

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Zur Entwicklung der Exportproduktion

Ein wesentliches Element der Textilpolitik, das eine weitere Zergliederung des Sektors verursachte, bezieht sich auf die Ausfuhr. Indiens Exporte werden von einer Reihe von Faktoren beherrscht, die allesamt weitreichende Konsequenzen haben: der Umfang der Baumwollernten, das Angebot an hochwertigen Garnen, die stetig wachsende Nachfrage nach Synthetikfasern und -geweben und vor allem die protektionistische Haltung der Industrieländer, die die Importe mittels Quotenregelungen und Zollschranken begrenzen. Auf den Binnenmarkt ausgerichtet, konnte die indische Textilindustrie lange Zeit die vorgesehenen Exportkontingente nicht einmal ausschöpfen. Zur Förderung der Textilausfuhr hat die indische Regierung 1959 ein Exportförderungsprogramm eingeführt, das die Einfuhr von Maschinen und Zubehör erleichterte. Die 1970 verkündete Resolution zur Exportpolitik (Export Policy Resolution) förderte ebenfalls den Ausbau von Exporten: Zum Beispiel durch Rückerstattung der Zölle auf Erzeugnisse für die Exportproduktion, direkte finanzielle Beihilfen und erleichterter Zugang zu Vorleistungen für die Exportproduktion.

Die Industrie fordert eine Aufhebung der vom Welttextilabkommen verhängten Quotenbeschränkungen und die Einbeziehung des Textil- und Bekleidungssektors in den Geltungsbereich des allgemeinen GATT-Abkommens. Gegenwärtig beträgt der Marktanteil Indiens am Weltbekleidungsexport ca. 2,7 Prozent und bei Textilien liegt der Anteil bei 3,7 Prozent. Indien steht an sechster Stelle im WTA bei Fertigkleidung und an 17. bei Textilien. Angesichts der Verhängung von Einfuhrquoten seitens der importierenden Länder besteht die Notwendigkeit, Exporte verstärkt auf "Nicht-Quotenländer" auszurichten.

Der rapide Anstieg der Exporte im letzten Jahrzehnt hat wiederum das Wachstum des nichtorganisierten Sektors weiter vorangetrieben. Die Entstehung der Freihandelszonen ist Antwort und zugleich Ausdruck dieser Entwicklung. In den Freihandelszonen findet der größte Teil der Produktion unter ausbeuterischen Verhältnissen statt.

Um Verzerrungen entgegenzuwirken und einen besseren Ausgleich zu schaffen, hat die Textilpolitik 1985 aufgehört, die Industrie - auf jeweils unterschiedlicher Technologie-, Produktions- und Arbeitsbasis - in drei Sektoren einzuteilen, wobei jeder von diesen Sektoren auf einen bestimmten Teil des Marktes ausgerichtet ist. Unter besonderer Berücksichtigung des maroden Zustands der Industrie hat die Politik ein gewisses Maß an Liberalisierung bei der Einfuhr und Verwendung von Fasern und Maschinen eingeleitet. Die Textilpolitik hat zudem die Schließung unrentabler Unternehmen erleichtert. Es wurden Mittel für die Rehabilitation freigesetzter Arbeiter bereitgestellt. Bestimmte Produkte bleiben weiterhin dem Handwebsektor vorbehalten. Der Modernisierung der Handwebereien wurde höhere Priorität eingeräumt. Um das Wachstum der mechanischen Webereien einzudämmen, hat die Textilpolitik die für diesen Sektor geltenden Schutzvorschriften aufgehoben und die Registrierungspflicht eingeführt.

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Die Textilindustrie in Bombay: Eine Fallstudie

In den siebziger Jahren war die Textilindustrie in Bombay der zweitgrößte Arbeitgeber. Darüber hinaus haben die Textilbetriebe beträchtliche Beschäftigungsmöglichkeiten im Dienstleistungsbereich, u.a. im Handels-, Nahrungs- und Energiebereich geschaffen und waren im Industriesektor der Metropole stark präsent. Bezeichnenderweise bestand die Arbeiterschaft größtenteils aus Wanderarbeitern. Viele Wanderarbeiter wurden von Familien als Kostgänger aufgenommen. Die Textilindustrie erlebte einen ausgedehnten anderthalbjährigen Streik (1982 bis 1983), der die Metropole Bombay erschütterte und die Probleme in den Bereichen Produktion, Technologie und Arbeitsbedingungen ins Blickfeld rückte. Ausgelöst wurde der Streik durch eine Reihe von Faktoren: Veraltete Ausrüstung und eine geringe Auslastung behinderten die Produktion. Dazu wirkten sich die Textilpolitik und die geringe Investitionsneigung der Fabrikanten äußerst negativ auf die Produktion aus. Das ungehemmte Wachstum der mechanischen Webereien hatte verheerende Konsequenzen für den großindustriellen Sektor. Zur gleichen Zeit gerieten die indischen Textilexporte in starke Konkurrenz mit pakistanischen und chinesischen Erzeugnissen. Noch dazu steckte die Textilindustrie weltweit in einer Krise. Vor diesem Hintergrund lehnten die unzufriedenen Arbeiter ihre Gewerkschaftsführung RMMS (Rashtriya Mill Mazdoor Sangh) ab, wählten einen Außenseiter als Führer und stellten ihre Arbeit ein. Als Hauptursache des Streiks wird vor allem die mangelhafte Leistung der Gewerkschaft erwähnt. Als einzige anerkannte Vertretung der Arbeiterschaft in der Textilindustrie beherrschte RMMS jahrzehntelang die Textilszene.

Die Auswirkungen des Streiks waren dramatisch. Neben dem Verlust von Arbeitstagen, Löhnen und Produktionseinbußen waren weitere Folgen der Wegfall von Arbeitsplätzen und die Verringerung der Beschäftigten. Bei dieser Gelegenheit wurden Betriebe modernisiert, Arbeitsplätze wegrationalisiert, Kündigungen vollzogen und berechtigte Ansprüche auf Ruhestandsgelder nicht ausgezahlt. Im Zuge dieser Entlassungswelle im Textilsektor ging die Zahl der Arbeiter auf 135.000 zurück. Letztendlich waren es die Frauen, die die Hauptlast des Streiks tragen mußten. Sie nahmen jede sich bietende Tätigkeit als Gelegenheits-, Saison- und selbständige Arbeiterinnen auf, um das Überleben ihrer Familien zu sichern und ihren Männern eine Fortführung des Streiks zu ermöglichen. Die "Khanawalis", Frauen, die für das tägliche Essen der Arbeiter sorgten, waren schwer betroffen. Viele "Khanawalis" verloren ihre Haupterwerbsmöglichkeit und kehrten in ihre Dörfer zurück. Untersuchungen zeigen, daß die Frauen, entgegen einer weitverbreiteten Meinung, enormen Beistand leisteten und an Versammlungen, Sitzstreiks und Protestmärschen teilgenommen haben. Aber ihre Bemühungen konnten sich nicht zu einer Kraft entwickeln, die von den Gewerkschaften ernstgenommen worden wäre.

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Produktion und geschlechtliche Arbeitsteilung

Um das Auftreten und den Charakter von Frauenbeschäftigung in der Textilindustrie zu verstehen, muß man die Produktionsprozesse und die Tätigkeitsbereiche der Frauen darstellen. Was den großindustriellen Sektor angeht, so umfassen die Produktionsprozesse u.a. das Mischen von Baumwollballen, das Blasen und Entfernen von Unreinheiten aus der Rohbaumwolle, das Kardieren, bei dem die Fasern im Strang verarbeitet werden, und das Spinnen, wodurch das Garn hergestellt wird.

Frauen sind als Baumwollpflückerinnen auf den Feldern tätig. In den Textilbetrieben werden sie jedoch bei den nachgelagerten Produktionsstufen vornehmlich als Hasplerinnen und Packerinnen eingesetzt. Ein kleiner Anteil von Frauen ist auch in einigen Fabriken als Kehrerinnen tätig. Ein Bericht der "Kommission zur Lage der Frau in Indien - 1975" (Committee on the Status of Women in India - 1975) stellt fest, daß bei einer Gesamtzahl von rund 200 Tätigkeiten in der Textilindustrie Frauen in maximal vier bis fünf beschäftigt sind.

Die Hasplerinnen haben eine besonders mühselige Arbeit zu verrichten, die großes Geschick erfordert. Oftmals müssen die Arbeiterinnen mit schlechten Garnqualitäten arbeiten, was ihre Arbeit aufgrund des leichten Zerreißens des minderwertigen Garns weiter erschwert. Beim Spulverfahren werden sowohl Männer als auch Frauen eingesetzt. Im Laufe der Jahre wurden die Spulerinnen in den meisten Fabriken allmählich von Männern abgelöst. Der Anteil der beschäftigten Frauen im Textilbereich ist sukzessive zurückgegangen. Es bestehen jedoch regionale Unterschiede. Frauen sind in Südindien stärker vertreten als in den Textilzentren von Ahmedabad oder Bombay. Der prozentuale Anteil der Frauen ist jedoch auch dort rückläufig. In Bombay z.B. soll ihr Anteil im Zeitraum 1974-1981 auf 2,1 Prozent geschrumpft sein. Einer landesweiten Stichprobenerhebung zufolge stellen Frauen in allen Textilzweigen nur noch 2,87 Prozent der Gesamtbeschäftigten.

[GRAPHIK]

Weibliche Arbeitskräfte sind kaum noch im großindustriellen Sektor beschäftigt. Ihre zunehmende Marginalisierung ist auf verschiedene Gründe zurückzuführen. Die technologische Weiterentwicklung ist der weiblichen Arbeit nicht zugute gekommen. Schrittweise Bemühungen um die Rationalisierung und Modernisierung seitens der Fabriken haben die Zahl der weiblichen Arbeitskräfte nur verringert. Paradoxerweise haben Schutzvorschriften wie das Verbot von Nachtarbeit für Frauen, Leistungen bei Mutterschaft und Kinderbetreuung die Lage der Frau nicht verbessert. Bei den Fabrikanten gelten diese Maßnahmen als kostspielig und lästig und sie haben deshalb nach Wegen gesucht, um Sozialleistungen wie die Bereitstellung von Kinderkrippen und anderen Vergünstigungen zu umgehen. Eine indirekte Folge der gesetzlichen Schutzvorschriften ist, daß auch die wenigen Frauen, die beschäftigt sind, als Hilfs- und Gelegenheitsarbeiterinnen eingesetzt werden.

Die Produktionsprozesse in den mechanischen Webereien unterscheiden sich nicht wesentlich. Insgesamt gilt jedoch, daß die Beschäftigungsmöglichkeiten für Frauen in diesem Bereich größer sind, weil die Produktion im nicht registrierten Sektor stattfindet. Außerdem kombinieren die mechanischen Webereien in vielen Fällen die Arbeit von mithelfenden Familienangehörigen mit Lohnarbeit. Frauen stellen einen größeren Anteil der Arbeiterschaft in den Unternehmen, der zwischen 21 und 50 Prozent liegt. Im Vergleich zum großindustriellen Sektor ist die geschlechtliche Arbeitsteilung hier weniger ausgeprägt. Der Grund für die beträchtliche Anzahl von Arbeiterinnen in den mechanischen und Handwebereien ist die häusliche Basis der Produktion und der arbeitsintensive Charakter der Technologie. Aber auch hier gehört das Weben, mit wenigen Ausnahmen, nicht zum Tätigkeitsbereich der Arbeiterinnen.

Die Arbeitsteilung in den Handwebereien gleicht den oben beschriebenen Prozessen. Grundsätzlich ist der hohe Anteil von Arbeiterinnen in den mechanischen und Handwebereien weitgehend auf eine niedrige Technologiestufe zurückzuführen, die arbeitsintensive Produktionsprozesse zuläßt. Es gibt zahlreiche Beweise dafür, daß Frauen billige Arbeitskräfte sind und ihre Einstellung somit für die Arbeitgeber und die Zulieferanten vorteilhaft ist. Wo die Produktion auf Basis von mithelfenden Familienangehörigen erfolgt, werden die Frauen selten für ihre Arbeit entlohnt.

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Arbeitsbedingungen in der Bekleidungsindustrie

Vor allem die exportorientierte Bekleidungsindustrie ist bekannt für menschenunwürdige Arbeitsbedingungen. Die Herstellung von Fertigkleidung für den Export ist zwar über das ganze Land verteilt, konzentriert sich aber schwerpunktmäßig in den städtischen Gebieten. Delhi allein bestreitet einen Anteil von 60 Prozent an der gesamtindischen Ausfuhr. Die Bekleidungsindustrie besteht aus kleinen selbständigen Privatunternehmen und Zulieferbetrieben. Eine große Anzahl von Endfertigungsaufträgen wird auch an Heimarbeiterinnen vergeben. Die Produktionsmethoden und Arbeitsorganisation in dieser Industrie sind bezeichnenderweise heterogen geblieben. Der Produktionsprozeß ist in einzelne Arbeitsvorgänge aufgeteilt, die an verschiedenen Standorten vorgenommen und von verschiedenen Beteiligten wie Exportbeauftragten, Lieferanten und Zulieferfirmen ausgeführt werden. Die Herstellung von Fertigkleidung umfaßt im wesentlichen das Färben des Stoffes, den Entwurf, Zuschneiden, Nähen, Sticken und Verpacken. Kernprozesse wie das Design, das Schneidern und die Musterprüfung sind zentralisiert, während andere Vorgänge wie das Nähen, Knopfannähen, Fadenabschneiden, Sticken und Waschen als Lohnaufträge an Unterauftragsnehmer vergeben werden. Das umfassende Zulieferwesen hat die Industrie stark zersplittert, so daß Arbeitern feste Arbeitsverhältnisse vorenthalten werden. Der Großteil der zuliefernden Werkstattbetriebe sind Kleinunternehmen, die unregistriert weiterbestehen und ohne jeglichen rechtlichen Schutz funktionieren. Da die Arbeit saisonbedingt ist, ist es üblich, daß Produktionseinheiten bei einem Mangel an Aufträgen aufgelöst werden. In räumlicher Enge, in dichtbesiedelten Vierteln gelegen, bieten sie schlechte Arbeitsbedingungen mit dürftiger Beleuchtung und unzureichender Belüftung. Das Tätigkeitsprofil von Frauen in der Bekleidungsindustrie ist weitgehend heterogen. Diejenigen, die in den Großbetrieben arbeiten, sind entweder technisch ausgebildet, des Lesens und Schreibens kundig und haben Arbeitsstellen, die Fachkenntnisse erfordern oder sie sind als ungelernte Arbeiterinnen, als Prüferinnen und Gehilfinnen tätig. Aus einer Untersuchung der Bekleidungsindustrie Bombays geht hervor, daß von den ca. 2.000 in der Wirtschaftsstudie aufgelisteten Unternehmen lediglich 300 weibliche Arbeitskräfte beschäftigen. Eine große Anzahl der Frauen in der Bekleidungsindustrie ist als Heimarbeiterinnen "unsichtbar"; sie beziehen ihre Arbeit von den Lieferanten und Unterlieferanten und haben oft mit dem eigentlichen Auftraggeber wenig zu tun. Ein Großteil ihrer Arbeit besteht aus einfachen Arbeiten wie Nähen, Knopfannähen und Sticken. Mit Ausnahme der Großbetriebe wird nach Stückzahl bezahlt. Obwohl die Industriepolitik vorschreibt, daß alle Bekleidungsfabriken registriert werden und sich nach den Gesetzesvorschriften richten müssen, ist ein weitgehendes Ausweichen von seiten der Unternehmen feststellbar. Besonders problematisch ist die ständige Drohung einer Schließung. Jeder Versuch, die Arbeiter gewerkschaftlich zu organisieren, führt dazu, daß die Unternehmen geschlossen und verlagert werden. Häufige Schließungen haben außerdem zur Folge, daß sich die Arbeitsmobilität horizontal und nicht vertikal entwickelt. Eingebettet in einem Beschäftigungsrahmen, der an sich von Gelegenheits- und informeller Arbeit geprägt ist, besteht die Frauenarbeit in dieser Industriebranche zum großen Teil aus Akkordarbeit und nur sehr vereinzelt aus Facharbeit. Untersuchungen haben gezeigt, daß Frauen auch bei vergleichbarer Arbeit weniger Lohn bekommen als Männer. Folge der Heimarbeit ist das häufige Auftreten von Kinderarbeit in diesem Industriezweig.

Während Frauen bei anspruchsloser, schlecht bezahlter Arbeit verkümmern und bei den Produktionsprozessen zur Gelegenheitsarbeit degradiert und marginalisiert werden, bieten die Vorstellungen der Betriebsführungen und sogar der Gewerkschaften gegenüber Frauenarbeit Anlaß zur Sorge. Es herrscht die allgemeine Vorstellung, daß abgesehen von ihrer Fingerfertigkeit, Frauen keine Geschicklichkeit für fachspezifische Arbeiten wie das Spinnen, Kardieren, Weben oder das Design und Schneidern in der Bekleidungsindustrie aufbringen. Die Arbeitsteilung unterliegt weiterhin den Beschränkungen traditioneller Vorstellungen. Obwohl Technologien viele Tätigkeiten für Frauen zugänglich gemacht haben, schlägt sich dies nicht in der Beschäftigung von Frauen nieder.

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Frauen und Gewerkschaften

Gewerkschaften sind nie bereit gewesen, sich mit Fragen der Frauenbeschäftigung und -rechte zu beschäftigen. Über Jahrzehnte hinweg haben sie sich zwar mit Lohn- und Produktionsverträgen und Sozialleistungen befaßt, jedoch nie mit Problemen der Arbeiterinnen ernsthaft auseinandergesetzt. Die Frauen selbst haben für die Sicherung ihrer Arbeitsplätze gekämpft. Selbst von Frauenaktivistinnen nehmen nur ganz wenige an der breiteren Gewerkschaftsbewegung teil. Diejenigen, die leitende Positionen übernehmen, greifen selten beschäftigungs- oder geschlechtsspezifische Fragen auf. Der Beitrag weiblicher Arbeitskräfte in den Gewerkschaften ist beklagenswert niedrig. Belastungen durch häusliche Pflichten und die öffentliche Meinung ermutigen Frauen nicht gerade zur aktiven Teilnahme an der Gewerkschaftsarbeit. Ein weiterer Grund für die geringe gewerkschaftliche Organisierung der Frauen liegt in der geringen Zahl weiblicher Arbeitskräfte. Von weitaus größerer Bedeutung ist die Tatsache, daß Frauen bei der Betriebsführung oder in den Gewerkschaften nicht das gleiche Durchsetzungsvermögen haben wie Spinner oder Weber. Denn die Arbeit der Hasplerinnen und Webgarnspulerinnen ist nicht nur körperlich anstrengend, sondern auch gering geschätzt.

Gelegentlich erscheinen Beschäftigungsquoten für Frauen im gewerkschaftlichen Forderungskatalog, welcher den Arbeitgebern vorgelegt wird, doch selten wird diese Frage in Verhandlungsgremien aufgegriffen. Während die Gewerkschaften dem Problem der schwindenden Zahl von Arbeiterinnen wenig Aufmerksamkeit schenken, haben einige Selbsthilfeorganisationen wie SEWA (Self-Employed-Women's Association) in Ahmedabad und Annapurna Mahila Mandal in Bombay Frauen organisiert, die ihre Arbeitsplätze verloren haben und seitdem selbständig als Heimarbeiterinnen tätig sind. Die gewerkschaftliche Organisierung der weiblichen Arbeitskräfte in der Bekleidungsindustrie und in den mechanischen- und Handwebereien ist äußerst schwierig. Durch die Verbindung von gewerkschaftlichen und genossenschaftlichen Vorstellungen und Erfahrungen ist es SEWA gelungen, Frauen in verschiedenen Branchen zu organisieren und sich für adäquate Arbeitsgesetze und -bedingungen selbständige Gewerbetreibende und Heimarbeiterinnen einzusetzen. Kürzlich hat SEWA sich der ITBLAV angeschlossen. SEWA hat Arbeiterbildungsprogramme zur Information ihrer Mitglieder über ihre Rechte entwickelt. Solche Bemühungen bleiben jedoch innovative Experimente und sind gegenüber den großen Herausforderungen ein Tropfen auf den heißen Stein. Nur wenige Initiativen versuchen, gewerkschaftliche und genossenschaftliche Organisationsprinzipien und Ideologien miteinander zu verbinden, um eine Änderung der bestehenden Verhältnisse im Interesse der Frauen herbeizuführen.


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