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Die Gewerkschaft "19. September" in Mexiko - eine Gewerkschaft der Lohnveredelungsindustrie im Bekleidungssektor

Das Erdbeben öffnete mir die Augen.

Meine Stimme fand eine Antwort.

Meine Arme streckten sich aus, um eine Kette zu bilden.

In Mexiko-Stadt, dem Zentrum der nationalen Bekleidungsindustrie, ergriffen 1985 die in der Lohnveredelungsindustrie (maquiladora) beschäftigten Näherinnen die Initiative zur Gründung der Gewerkschaft "19. September". Anlaß des gewerkschaftlichen Zusammenschlusses der Frauen war, daß nach dem Erdbeben vom 19. September 1985 viele Betriebe geschlossen blieben und die Arbeiterinnen vergeblich auf deren Wiederöffnung warteten. Über 3.000 Frauen verloren auf diese Weise ihre Arbeitspätze. Von den Besitzern wurden die vom Erdbeben zerstörten Gebäude nicht instandgesetzt; sie verlagerten die Produktionsstätten an andere Standorte. Nach einem Jahr hatten viele Frauen weder eine neue Arbeit gefunden noch die geforderten Entschädigungszahlungen erhalten.

Ein Jahr lang kämpften die Frauen um die Anerkennung ihrer Organisation als Gewerkschaft. Von der offiziellen Gewerkschaftsbewegung wurden alle rechtlichen Möglichkeiten ausgeschöpft, um die Registrierung der Gewerkschaft zu verhindern. Der soziale Kampf der Näherinnen spiegelt die Geschichte der Rebellion von Arbeiterinnen gegen die staatstragenden Gewerkschaften wider. Die offiziellen Gewerkschaften hatten die Interessen der Arbeiterinnen niemals berücksichtigt und sie so gut wie gar nicht in ihrem Kampf gegen Ausbeutung und Unterdrückung unterstützt.

In der Lohnveredelungsindustrie werden Frauen zu Bedingungen außerhalb der arbeits- und sozialrechtlichen Grundsicherung eingestellt und erhalten Löhne, die unterhalb des gesetzlichen Minimallohnes liegen. Die Forderungen der Näherinnengewerkschaft "19. September" reichen von der Durchsetzung der im mexikanischen Arbeitsgesetz formulierten Rechte und Sozialleistungen bis zu der Streichung der Auslandsschulden Mexikos:

Die Art und Weise wie wir in die Arbeitswelt integriert sind, wird nicht nur von unseren Bedürfnissen und Interessen beeinflußt, sondern auch von dem kapitalistischen System, das die Bedingungen für die wirtschaftliche Entwicklung des Landes bestimmt.

Die internationale Arbeitsteilung hat weltweit wirtschaftiche Disparitäten zwischen den verschiedenen Ländern erzeugt. Daher existieren reiche und mächtige Länder wie die Vereinigten Staaten und andere ärmere Länder wie Mexiko.

Der wirtschaftliche Erfolg der reichen Länder beruht auf dem Verkauf von Maschinen, Technologien, Waffen und Krediten an arme Länder. Den armen und abhängigen Ländern werden ungleiche Beziehungen aufgebürdet.

Die Tendenz, Mexiko in ein Land der Maquiladora-Industrie zu verwandeln, ist ein Beispiel für ungleiche Beziehungen. Diese Entwicklung hat negative Auswirkungen auf Frauen, da die Nachfrage nach weiblichen Arbeitskräften steigt, die unter Maquila-Bedingungen eingestellt werden. Die Arbeit ist schlecht bezahlt, es gibt keine Verträge, Pflichtleistungen werden ignoriert und die allgemeinen Arbeitsbedingungen sind menschenunwürdig.


© Friedrich Ebert Stiftung | technical support | net edition fes-bibliothek | 12.1. 1998

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