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TEILDOKUMENT:
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Zur Entwicklung des portugiesischen Hochschulwesens[Fn_1] Die erste portugiesische Universität wurde bereits im 13. Jahrhundert in Coimbra gegründet und war den seinerzeit in anderen europäischen Ländern bestehenden Universitäten ebenbürtig. Der allgemeine Entwicklungsrückstand, in den Portugal im 19. und 20. Jahrhundert geriet, schlug sich jedoch u. a. in einer Stagnation bzw. extrem langsamen Entwicklung des Hochschulwesens nieder. Diese Tendenz wurde verstärkt durch das autoritär-korporative Regime, das ein halbes Jahrhundert, von 1926 bis 1974, das Land beherrschte, zu einer intellektuellen Abkapselung führte und in den sechziger und frühen siebziger Jahren zudem einen Verschleiß durch die Kolonialkriege mit sich brachte. Unter diesen Umständen wurde im 19. Jahrhundert lediglich eine weitere Universität, in Lissabon, gegründet, im 20. Jahrhundert bis 1974 eine weitere in Porto und zwei zusätzliche in Lissabon. Erst letztere gingen über die traditionelle Beschränkung auf Medizin, Rechts- und Geisteswissenschaften hinaus. Alle Universitäten folgten seit dem 19. Jahrhundert dem "napoleonischen" Modell, und zwar einer stark verschulten Version. Forschung wurde insgesamt mit Unterschieden zwischen den Fachbereichen und Universitäten nur in recht begrenztem Maße getrieben. Ursache und Folge zugleich war eine im Schnitt geringe Qualifikation des Lehrkörpers, abzulesen etwa an der extrem geringen Zahl von Promotionen, die selbst für die Berufung zum Ordinarius nicht zwingende Voraussetzung waren. Ein Umstand, der übrigens einer stark hierarchischen Struktur und "Organisationskultur" nicht im Wege stand. Das Ende der Salazar-Diktatur im Jahre 1974 bedeutete im Universitätswesen wie in den meisten Bereichen einen tiefgehenden Einschnitt.
Die Laufbahn ist folgendermaßen strukturiert: Auf der Anfangsstufe steht der "assistente estagiário" (Assistent auf Probe), bei dem lediglich eine abgeschlossene "licenciatura" vorausgesetzt wird. Nach spätestens 2 Jahren muss entweder ein "mestrado" absolviert sein oder eine gleichrangige wissenschaftlich-pädagogische Befähigungsprüfung abgelegt werden. Beide Nachweise geben das Anrecht auf die Ernennung zum "assistente" (Hochschulassistent, mit Vorbehalt etwa C1); werden sie nicht fristgerecht erreicht, ist ein sofortiges Ausscheiden die Folge. Zunehmend werden Absolventen von "mestres" auch direkt auf Assistentenstellen rekrutiert, ohne die Vorstufe des "assistente estagiário" zu durchlaufen. Der "assistente" hat maximal 6 (in Ausnahmefällen 8) Jahre Zeit zur Promotion, die dann den Anspruch auf Ernennung zum "professor auxiliar" (etwa C2, Juniorprofessor) mit sich bringt; schafft er dies nicht, scheidet er aus. Für einen "professor auxiliar" besteht nach frühestens 4 Jahren die Möglichkeit, sich im Rahmen eines "concurso" (Ausschreibungsverfahrens) um eine Planstelle als "professor associado" (etwa C3) zu bewerben, wobei es vor allem auf Umfang und Qualität der Publikationen ankommt; finden seine Bewerbungen keine Berücksichtigung, kann er nach mehreren Jahren eine Anstellung auf Lebenszeit beantragen, die in der Regel gewährt wird; im Extremfall wird sie verweigert, und der Kandidat muss ausscheiden. Entweder als "professor auxiliar" oder als "professor associado" kann man eine "agregação" machen, die weder der deutschen Habilitation noch der französischen "agrégation" entspricht, sondern eine Art gehobenen wissenschaftlichen und pädagogischen Befähigungsnachweis darstellt, der zunächst mit einem substantiellen Gehaltszuschlag belohnt wird. Darüber hinaus ist die "agregação" eine Voraussetzung dafür, dass man sich nach frühestens 4 Jahren nach der Berufung zum "professor associado" bei einem "concurso" für eine Planstelle als "professor catedrático" melden kann; hat man dabei keinen Erfolg, kann man eine Anstellung als "professor associado" auf Lebenszeit beantragen, die bisher stets genehmigt wurde. Auch der "professor catedrático" kann nach einigen Jahren einen Antrag auf definitive Anstellung stellen, und auch dies ist bis heute immer genehmigt worden. Neben der regulären Laufbahn [Seite der Druckausg.: 157] existiert vom "assistente" an aufwärts auch eine Art Parallellaufbahn, die der "docentes convidados" (eingeladenen Hochschullehrer), in die aber nur eine recht begrenzte Zahl von Wissenschaftlern aufgenommen wird. Die Stufen sind hier dieselben, ebenso wie die Rechte und Pflichten (einschließlich Gehälter). Es werden jedoch beliebig erneuerbare Zeitverträge abgeschlossen (je 3 Jahre bei den Assistenten und je 5 Jahre bei den Professoren), immer mit anteilmäßiger Pensionsberechtigung. Die bei der regulären Karriere bestehenden "Laufbahnhürden" existieren formell nicht, werden jedoch nicht selten in der Praxis angewandt; hauptsächliches Kriterium ist in der Regel eine spezifische Qualifikation für einen bestimmten Wissenschaftsbereich, für den niemand aus der regulären Laufbahn zur Verfügung steht. Hier spielt auch herein, dass es in der regulären Hochschullehrerlaufbahn nur eine Vollzeitbeschäftigung gibt, bei den "docentes convidados" aber auch eine Teilzeitbeschäftigung. Relativ häufig gibt es aus durchaus unterschiedlichen Gründen Wechsel von der Parallellaufbahn in die reguläre Laufbahn und umgekehrt. Die Lektoren stehen außerhalb beider Stränge und nehmen eine Sonderstellung ein. Ende der achtziger Jahre setzte ein weiterer Entwicklungsschub ein, der auf zwei Ursachen zurückzuführen ist: einmal auf ein Wirtschaftswachstum, das lange deutlich über dem EU-Durchschnitt gelegen hat; zum anderen auf die Verwendung eines erheblichen Teils der Mittel aus den EU-Strukturfonds für Hochschulen und wissenschaftliche Forschung. Die wichtigsten Auswirkungen lassen sich wie folgt zusammenfassen:
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Es wäre sicher verfehlt, anzunehmen, diese rasante Entwicklung in den letzten 25 Jahren hätte alle gesteckten Ziele erreicht und zur Ausrottung sämtlicher "Erbübel" geführt. Der Grad der Verschultheit ist zwar spürbar gesunken, aber weiterhin recht hoch. Der geradezu inzestuöse Mangel an Mobilität der Hochschullehrer zwischen den Universitäten wird bisher erst punktuell und zaghaft überwunden; eine studentische Mobilität gibt es weiterhin nur marginal. Der Prozentsatz ausländischer Hochschullehrer dürfte erst bei gut 1 % liegen. Informelle Netzwerke und Seilschaften stellen nicht mehr einen dichten Filz dar, hemmen aber bis heute oft wenn auch mit abnehmender Tendenz die Bemühungen um Transparenz und Objektivität bei Promotionen, Beförderungen und Berufungen. Bei alledem herrschen bis heute außerordentlich große Unterschiede zwischen den einzelnen Fachbereichen, Fakultäten und Universitäten, ohne dass diese Unterschiede auf bestimmte Nenner gebracht werden könnten. Zur Lage der deutschen Wissenschaftler an portugiesischen Hochschulen In Portugal sind im gegenwärtig ca. 50 deutsche Wissenschaftler tätig vermutlich mehr als aus irgendeinem anderen Land. Etwa zwei Drittel von ihnen sind hier fest ansässig und meist beruflich wie gesellschaftlich integriert; bei den übrigen handelt es sich um zeitlich begrenzte Aufenthalte, oder ihr Verbleib ist nicht gesichert. Alle diese Kollegen wissen nur zum kleineren Teil voneinander oder haben [Seite der Druckausg.: 159] gar miteinander Kontakt. Mit Hilfe der deutschen Botschaft in Lissabon, vor allem aber durch eigene Recherchen konnten 51 deutsche Wissenschaftler ausgemacht und die meisten von ihnen befragt werden.[Fn_4] Es wird vermutet, dass es einzelne Fälle gibt, die auf diese Weise nicht erfasst wurden, ohne dass sich dadurch das Gesamtbild wesentlich ändern würde. Die Wissenschaftler stammen fast ausschließlich aus den alten Bundesländern. Es handelt sich bei ihnen um 14 Frauen und 37 Männer. Soweit ersichtlich, sind 11 von ihnen unter 35 Jahre alt, 23 zwischen 35 und 50, und 17 über 50. Die langfristig Ansässigen gehören alle den beiden letztgenannten Gruppen an und weisen einen größeren Anteil von Männern auf; bei den "Migranten auf Zeit" ist es umgekehrt. Unter den dauerhaft in Portugal tätigen deutschen Wissenschaftlern ist die große Mehrheit aus persönlichen Gründen Ehe oder Partnerschaft mit Portugiesinnen/Portugiesen nach Portugal gekommen oder im Lande geblieben, zumindest waren solche Gründe mitentscheidend. Bei manchen lag die Ursache jedoch ausschließlich, vornehmlich oder zumindest zusätzlich in der Schwierigkeit, in Deutschland angemessene berufliche Möglichkeiten zu finden. Gelegentlich spielte hier herein, dass es in der gegenwärtigen Entwicklungsphase der portugiesischen Hochschulen als lohnender betrachtet wurde, hier, wenn auch unter bescheidenen Bedingungen, Aufbauarbeit zu leisten, als in Deutschland in eingefahrenen Bahnen weiter zu machen. Bei manchen Kollegen fiel auch die spezifische Lebensqualität Portugals ins Gewicht, nicht zuletzt das Klima. Von den 51 Kollegen war rund die Hälfte bei ihrer Ankunft in Portugal promoviert: 24 in Deutschland (davon 2 in der DDR), 1 in der Schweiz und 1 in den Niederlanden. Aus der Gruppe der Promovierten sind 19 in die portugiesische Hochschullehrerlaufbahn integriert. Die 7 übrigen Kollegen sind Lektoren (4), haben ein portugiesisches Forschungsstipendium (1) oder sind freiberuflich tätig, wenn auch mit lockerer Verbindung zu Universitäten (2). Die 27 nicht promovierten Kollegen sind überwiegend als Lektoren (16) oder Hochschulassistenten (6) tätig. Letztere haben in zwei Fällen in Portugal ein Diplomstudium ("licenciatura") absolviert; sie weisen alle ein "mestrado" auf und bereiten eine Promotion vor. Erstere sind in 7 Fällen vom DAAD entsandt und in 8 Fällen normal von der jeweiligen Universität angestellt.[Fn_5] Ein Kollege ist bei der Friedrich-Ebert-Stiftung in Lissabon beschäftigt und hat eine Anbindung an zwei wissenschaftliche Forschungsinstitutionen gefunden, ein weiterer ist heute höherer Beamter im portugiesischen Außenministerium. [Seite der Druckausg.: 160] Erwähnt werden sollte, dass über die gegenwärtigen DAAD-Lektoren hinaus in einer ganzen Reihe von Fällen deutsche Wissenschaftler durch den DAAD als Lektoren oder Langzeitdozenten, durch das Goethe-Institut als Dozenten oder aber durch Einrichtungen der deutschen Entwicklungshilfe (GTZ, CIM) entsandt wurden, punktuell auch über die DFG oder deutsche Stiftungen wie die VW-Stiftung. Dies hat oft eine längerfristige Eingliederung ermöglicht oder zumindest erleichtert. Alle 51 befragten Kollegen sind an staatlichen Universitäten oder Forschungsinstitutionen tätig oder tätig gewesen, zwei daneben an einer privaten Hochschule. 17 lehren und/oder forschen an den 4 staatlichen Universitäten und anderen Forschungsinstitutionen Lissabons, während weitere 17 in Porto und weiterer Umgebung arbeiten (allein in Braga 12, ansonsten in Viana do Castelo und Vila Real), 12 in Coimbra und weiterer Umgebung (Aveiro, Viseu), 5 auf Madeira und 1 in Faro/Algarve. Was die wissenschaftliche Fachrichtung betrifft, so lassen sich drei Kategorien unterscheiden:
Hierbei ergeben sich zwischen Germanistik und den beiden anderen Bereichen derartig einschneidende Unterschiede, dass die oben aufgelisteten Angaben viel von ihrer Aussagekraft verlieren.
[Seite der Druckausg.: 161] Hochschule an. Sie sind mit einer Ausnahme Männer und ganz überwiegend mit Portugiesinnen verheiratet. Ihr Alter liegt im Schnitt über dem der Germanisten. Sie arbeiten mehrheitlich in Lissabon (9), ansonsten im Raum Porto (6), auf Madeira (3) und im Raum Coimbra (4). Auf dem Hintergrund der oben zusammengetragenen Informationen lassen sich folgende Aussagen zu den Stichworten machen, die vom Herausgeber vorgegeben wurden: Bewerbungs- und Karrieremuster Beim Zugang zur gegenwärtigen Tätigkeit ergeben sich recht unterschiedliche Situationen:
Unabhängig von diesen Unterschieden ist festzuhalten, dass verschiedene deutsche Wissenschaftler, die in Portugal Professoren geworden sind, jüngere deutsche Kollegen sozusagen "nachgezogen" haben. Bei den Karrieremustern gibt es bei den deutschen Wissenschaftlern anscheinend keine nennenswerten Unterschiede zu ihren portugiesischen Kollegen.
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wie die portugiesischen Kollegen. Es gibt sie daher auf allen Stufen, mit Ausnahme der Assistenten auf Probe. In zwei weiteren Fällen liegt nur eine lose Anbindung an Hochschulen vor. Einer dieser Kollegen ist in eine andere Laufbahn übergewechselt. Ausstattung des Arbeitsplatzes Nur in einem Fünftel der Fälle scheint eine nach durchschnittlichen deutschen Kriterien gute bis hervorragende Ausstattung vorzuliegen, was Arbeitsraum, Geräte und Bücher anbetrifft. In etwa der Hälfte der Fälle wäre sie als befriedigend einzustufen, ansonsten als eher mangelhaft. Lehre Die deutschen Wissenschaftler, die in die reguläre Hochschullehrerlaufbahn eingegliedert sind, werden im Lehrbetrieb genau wie ihre portugiesischen Kollegen behandelt. Im Rahmen fester Lehrpläne für Diplom-, Aufbau- oder Promotionsstudiengänge werden ihnen Unterrichtsveranstaltungen mit vorgegebener Thematik und Stundenzahl zugeteilt. Auf diese Zuteilung haben sie wie ihre portugiesischen Kollegen jedoch erheblichen und oft, vor allem auf den Stufen des "Professor Associado" oder "Professor Catedrático", entscheidenden Einfluss; die inhaltliche wie die didaktische Ausgestaltung ist ihnen überlassen.. Die Zahl der Wochenstunden bewegt sich ganz überwiegend im gesetzlichen Rahmen: zwischen 6 und 9 Wochenstunden. Als Professor unterrichtet man überwiegend diplomierte Studenten. Die Lektoren befassen sich naturgemäß in erster Linie mit der deutschen Sprache, oft aber auch mit Literatur-, Kultur- und Landeskunde der deutschsprachigen Länder. Sie scheinen abgesehen von den Promovierten ausschließlich in Diplomstudiengängen zu unterrichten. Die Zahl der Wochenstunden ist anscheinend recht unterschiedlich und dürfte im Schnitt deutlich über dem oben erwähnten Maximum liegen. Zu unterstreichen ist, dass zu den Unterrichtsverpflichtungen in jedem Fall das Abhalten von Jahresexamen und Erteilen von Jahresnoten für jedes unterrichtete [Seite der Druckausg.: 163] Fach gehören; die häufigsten Formen sind Klausuren und Hausarbeiten. Dazu kommt die oft sehr zeitaufwendige Betreuung von Diplomarbeiten und/oder Dissertationen ("mestrado", "doutoramento"), in manchen Fällen auch die von Lehramtskandidaten (Referendaren). Recht stark fällt vielfach auch die Beteiligung an Gremien akademischer Selbstverwaltung bzw. die Belastung durch akademische Ämter ins Gewicht. Forschung und Veröffentlichungen In der einen Hälfte der Fälle, zu denen Angaben vorliegen, wird sehr viel geforscht; bei der anderen Hälfte liegt zu etwa gleichen Teilen wenig oder gar keine Forschung vor. Diese Situation ist aber nicht für die deutschen Kollegen spezifisch, sondern spiegelt die allgemeine Situation in Portugal und deren Heterogenität wider.
Integration in Portugal und Rückgliederung in Deutschland In der Frage der Integration in Portugal muss sehr deutlich zwischen der wissenschaftlich-beruflichen und der gesellschaftlichen Ebene differenziert werden. Auf der wissenschaftlich-beruflichen Ebene geht die Integration insgesamt sehr weit und ist nicht selten vollständig. Die natürlich vorhandenen Unterschiede in der Teilhabe an Rechten und Pflichten in Berufsausübung und Laufbahn scheinen generell nicht von der Staatsangehörigkeit abzuhängen, sondern von der wissenschaftli- [Seite der Druckausg.: 164] chen und pädagogischen Leistung, aber auch von der persönlichen Durchsetzungsfähigkeit wobei zu letzterer allerdings auch gehört, dass man mit dem informellen Netzwerk von Beziehungen zurecht kommt, das oft die institutionellen Entscheidungen bestimmt. Es kann darauf hingewiesen werden, dass einer Reihe deutscher Kollegen z. T. recht weitreichende institutionelle Verantwortlichkeiten übertragen wurden, andere wiederum - genau wie viele portugiesische Kollegen - auf dieser Ebene nicht tätig werden bzw. eine eher passive Rolle spielen. Auf der gesellschaftlichen Ebene wirkt sich der Umstand aus, dass die Aufgeschlossenheit gegenüber Ausländern in Portugal traditionell geringer ist als in anderen westeuropäischen Ländern. Man verhält sich ihnen gegenüber zuvorkommend, "fremdelt" jedoch im Kontakt mit ihnen vergleichsweise stark. Dies gilt auch für die insgesamt natürlich stärker kosmopolitische Bildungselite, besonders außerhalb Lissabons. Ohne Zweifel ist hier im Zuge des gesellschaftlichen Wandels, der sich in Portugal seit 1974 vollzogen hat, vieles in Bewegung gekommen, doch sind Hemmnisse für die Integration von Ausländern weiterhin spürbar. Den deutschen Wissenschaftsmigranten in Portugal ist es in durchaus unterschiedlichem Masse gelungen, diese Hemmnisse zu überwinden. Es scheint hier eine Art Kontinuum zu geben: an dem einen Extrem stehen die, die sich durch die Verbindung mit portugiesischen Partnern sehr weitgehend integriert haben, am anderen Extrem einige wenige, die zu einer Art Außenseiter geworden sind; die meisten dürften irgendwo dazwischen zu verorten sein. Die Frage einer Rückgliederung in Deutschland scheint sich bei der großen Mehrzahl der Kollegen nicht oder nicht mehr zu stellen. Sie haben meist einen für sie befriedigenden Grad der beruflichen und gesellschaftlichen Integration in Portugal gefunden, sich in manchen Fällen trotz nicht wirklich befriedigender Integration entschlossen, im Lande zu bleiben. Gelegentlich ist eine prinzipielle Bereitschaft zur Rückkehr nach Deutschland anzutreffen, allerdings gepaart mit der Erwartung, dass sich angemessene berufliche Möglichkeiten doch nicht ergeben werden und sich daher entsprechende Bemühungen nicht lohnen. Im Grunde stellt sich das Problem einer beruflichen Zukunft in Deutschland also im wesentlichen für die DAAD-Lektoren und einige "Ortskräfte", bei denen jedoch nicht selten ein Verbleib in Portugal zumindest "angedacht" ist; ansonsten scheint es akute Rückkehrwünsche nur ganz vereinzelt zu geben. [Fußnoten] 1. - Hier werden lediglich die Universitäten und das ISCTE (s. u.), die einzige Hochschule von Universitätsrang, berücksichtigt, nicht aber die Fachhochschulen ("institutos politécnicos" u. a .m.). 2. - Gleichzeitig wurde ein ganzes Dutzend privater Universitäten mit einer Vielzahl von Zweigniederlassungen gegründet. Sie haben zeitweise bis zu zwei Drittel der Abiturienten aufgenommen, doch geht ihr Umfang aus demografischen Gründen und wegen des Ausbaus des staatlichen Hochschulwesens langsam wieder zurück. Die Qualität der privaten Hochschulen fällt generell gegenüber der der staatlichen Universitäten deutlich ab. 3. - Das Nettoeinkommen portugiesischer Hochschullehrer aus einer Vollzeitbeschäftigung betrug, gemessen an der realen Kaufkraft, vor 20 Jahren etwa ein Drittel des deutschen, dürfte aber inzwischen zwei Drittel erreicht haben. Es liegt damit über dem spanischen und gelegentlich wohl auch über dem britischen und französischen. Dabei spielt mit, dass seit einigen Jahren im Falle des Verzichts auf Nebenbeschäftigung ein Zuschlag von bis zu 60 % des Gehalts gezahlt wird. 4. - Die meisten von diesen haben auf eine Umfrage des Verfassers geantwortet. Eine Liste mit E-Mail-Adressen, Angaben zu Fachbereich und Status, eventueller deutscher Förderung und gegebenenfalls Absicht zum Verbleib ist verfügbar. 5. - Insgesamt gibt es also unter den Lektoren für Deutsch (außer einigen Portugiesen und Österreichern) vor allem 19 Deutsche, von denen 4 promoviert sind; 7 sind DAAD-Lektoren (keiner promoviert) und 12 "Ortskräfte". © Friedrich Ebert Stiftung | technical support | net edition fes-library | July 2003 |