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TEILDOKUMENT: ANHANG: DOKUMENTE
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Redebericht, EV Nr. 292 v. 13.12.1932 Ausgehend von der Entwicklung der Machtverhältnisse, wie sie sich seit den Wahlen vom 6. November, dem Rücktritt der Regierung Papen, und der Bildung der Regierung Schleicher angebahnt hat, schildert Schumacher die neue Situation. Schleicher weiß, daß seine Regierung in ihrer heutigen Zusammensetzung nur ein Intermezzo sein kann, er braucht zum Regieren das Volk. Ohne offene reaktionäre und klassenpolitische Bindung an den Kapitalismus ist seit dem 6. November für die Nationalsozialisten aber eine Machtübernahme nicht mehr möglich. Schumacher schildert sarkastisch Hitlers Versuche, wenn nicht anders, so doch als parlamentarischer Kanzler zur Macht zu kommen, was ihm aber durch seine Unterführer unmöglich gemacht wurde, weil sie seine absolute Machtstellung verlangten. Damit geriet die NSDAP in ihre heutige Krise. Die Machtposition des Kanzlers Schleicher sei nicht zu unterschätzen, nicht nur wegen der Machtmittel, die ihm zur Verfügung stehen, sondern auch wegen der wohlwollenden Stimmung, die ihm weite Kreise des Bürgertums entgegenbringen. Die Hoffnung, daß die internationale Wirtschaftsschrumpfung ihrem Ende entgegengehe, spielt dabei mit. Doch spricht die Tatsache, daß manche Krisenerscheinungen fortdauern, gegen diese Auffassung. Eingehend schilderte der Referent die Rolle, die Schleicher bei früheren Regierungskrisen gespielt hat. Jetzt ist er aus dem Hintergrund hervorgetreten. Sein Bekenntnis zur Verfassung erklärt sich in erster Linie daraus, daß er aus dem Scheitern Papens etwas gelernt hat. Wir stehen zu Schleicher in hundertprozentiger Opposition, denn sein Kabinett bedeutet noch viel mehr als das Papens den Willen der Gegenrevolution, mit den Nationalsozialisten zusammenzuarbeiten. Dem Arbeitsbeschaffungsprogramm Schleichers hat die Sozialdemokratie mit ihren Anträgen ein eigenes Programm entgegengesetzt, bei dem der Gesichtspunkt maßgebend ist, daß jede Möglichkeit einer Inflation bekämpft werden muß. Redner ging ausführlich auf die letzten Verhandlungen des Reichstags ein und kennzeichnet dabei die verlogene Haltung der Kommunisten, die im Gegensatz zu ihrem Geschrei nach einer Einheitsfront der Sozialdemokratie beim Kampfe gegen die Reaktion in den Rücken fallen. Von besonderer Bedeutung ist die Durchführung der Amnestie: Gibt es doch in Deutschland über 10.000 politische Gefangene. Auch Hunderte von Reichsbannerkameraden schmachten in den Gefängnissen oder warten auf ihre Aburteilung. Dennoch wollen - davon zeugen viele Briefe - die meisten Reichsbannerkameraden ihre Begnadigung nicht um den Preis, daß nationalsozialistische Mörder begnadigt werden. Die Nationalsozialisten haben, indem sie die Vertagung des Reichstags herbeiführten ohne die Regierung Schleicher zu einer Entwicklung ihres Regierungsprogramms gezwungen zu haben, den Beweis erbracht, daß sie dieses Kabinett tolerieren. Sie tun das deshalb, weil sie eine Auflösung des Reichstags nach dem katastrophalen Ausgang der Thüringer Wahlen zu fürchten haben. Gegenüber dem kommunistischen Verratsgeschrei stellte Dr. Schumacher eindeutig die neue und klare Oppositionshaltung der Sozialdemokratie zum Kabinett Schleicher fest. Anders als früher, anders auch als in der Vorkriegszeit, stehen wir einem gegenrevolutionären Staat gegenüber, in dem die sozialdemokratischen Massen mit ihrem Glauben an den Sozialismus die geschichtlichen Gegenspieler der Reaktion sind. Wenn uns die Kommunisten dabei in den Rücken fallen, so besorgen sie damit die Geschäfte der Gegenrevolution. Bei den Entscheidungen, die noch bevorstehen, kommt alles auf die Kraft der Sozialdemokratie an. Wenn wir das Schicksal der arbeitenden Massen den Kommunisten anvertrauen wollten, dann wäre die deutsche Arbeiterschaft verloren. Die Sozialdemokratie ist jetzt das Schicksal der deutschen Arbeiterschaft. © Friedrich Ebert Stiftung | technical support | net edition fes-library | August 2000 |