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TEILDOKUMENT: 2. Stufen der Wirtschaftsförderung in der Region Ulm
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2.1 Klimaverbesserung für Existenzgründungen durch regionalspezifische Gründungshilfen
Idee und Zielsetzungen
Der Wettbewerb zwischen den Regionen um Arbeitsplätze wird durch Innovationen ausgetragen, die es im Rahmen der regionalen Wirtschaftsförderung zu fördern und zu stimulieren gilt. Mit der "Gründungsinitiative der Innovationsregion Ulm", abgekürzt G.I.U., haben die Städte Ulm und Neu-Ulm ein innovatives Projekt speziell zur Förderung potentieller Gründer entwickelt, über das der Professor der Fachhochschule Ulm (FHU) als Projektleiter des Vorhabens auf der Tagung berichtete. Das Projekt besteht aus der regionalspezifischen Planungshilfe für Gründer und einer aktiven Gründungsbegleitung. Das Ulmer Innovationsforum, dem Vertreter der Wissenschaft und Forschung angehören, hat sich u.a. damit beschäftigt, Kompetenzfelder in der Innovationsregion Ulm herauszuarbeiten. Dabei hat sich gezeigt, daß es für die Stimulierung nachhaltiger Innovationen der Unternehmen Querschnittskompetenzen, also über die Fachdisziplinen hinausgehende Kompetenzen, geben muß. Eine dieser Kompetenzen ist die Fähigkeit, ein positives Klima und konstruktives Umfeld für Existenzgründungen zu schaffen. Das Innovationsforum hat für die konkrete Projektbearbeitung Arbeitskreise gebildet, darunter den Arbeitskreis "Unternehmensgründungen in der Innovationsregion Ulm". Dieser Arbeitskreis hat insgesamt zwölf Projekte vorgeschlagen, von denen drei realisiert worden sind: Erstens ist untersucht worden, welche Barrieren für die Gründung einer selbständigen Existenz bei vorzeitig aus unselbständiger Tätigkeit entlassenen Mitarbeitern großer Unternehmen existieren. Zweitens [Seite der Druckausg.: 27] wurde ermittelt, welche Aktivitäten andere Regionen im Zusammenhang der Gründungsförderung unternehmen. Dazu ist ein Benchmarking (Lernen durch Vergleich mit den Besten) der Wirtschaftsförderung von 47 Regionen in der Bundesrepublik Deutschland durchgeführt und mit den Aktivitäten in der Region Ulm verglichen worden [Fn_1]. Dabei zeigte sich, daß es in Ulm/Neu-Ulm in manchen Bereichen einen Nachholbedarf gab. Schließlich ist drittens das Projekt G.l.U. durchgeführt worden, wobei die Erfahrungen der anderen Projekte, insbesondere des Benchmarkingprojekts, eingeflossen sind. Die Planungshilfe soll eine tatsächlich wirksame, konkrete Hilfe für Gründer sein. Sie soll die Recherche relevanter Informationen insbesondere in dieser Region erleichtern. Alle relevanten Ansprechpartner für Existenzgründer sollen mit allen zugehörigen Informationen bekannt und zugänglich werden. Der Überblick über und die Transparenz in das Gründungsgeschehen dieser Region und die Zusammenarbeit der relevanten Partner sollen verbessert werden, so daß die Parallelität mancher Existenzgründungsaktivitäten vermieden werden kann. Und letztlich soll das Regionalmarketing mit dem Namen "Spitze im Süden" eine weitere Legitimation der im Namen enthaltenen Behauptung bekommen. Zur Intention gehört auch, den entwickelten Prozeß der Gründungsbegleitung zu evaluieren und kontinuierlich zu verbessern. Ziel ist es, die Zahl der Existenzgründungen zu erhöhen, das Gründungspotential in der Region besser anzusprechen und externe Gründungsinteressenten auf die Wirtschaftsregion Ulm/Neu-Ulm aufmerksam zu machen und die Erfolgschancen von Gründern in der Region nachhaltig zu verbessern. Langfristiges Ziel dieser Fördermaßnahmen ist es natürlich, zusätzliche Arbeitsplätze zu schaffen und vorhandene Arbeitsplätze zu sichern.
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Das Konzept der Gründungsinitiative
Das Konzept besteht im Kern aus drei Teilen: Erstens aus einer Öffentlichkeitsarbeit. Das sind insbesondere ein Flyer, der flächendeckend in der Region Ulm/Neu-Ulm verteilt worden ist, Plakataktionen sowie die Pressearbeit. Zweitens aus der regionalspezifischen Gründungshilfe in Form einer Box und drittens aus der aktiven Begleitung der Gründer während ihres Gründungsprozesses nach dem Erwerb der Planungshilfe. Öffentlichkeitsarbeit Abbildung 1: Wege der Information über die Planungshilfe
Auf die Gründungshilfe ist das Klientel auf unterschiedlichem Weg aufmerksam geworden, wie Abbildung 1 zeigt. Man sieht deutlich, daß die Pressearbeit einen dominanten, Flyer und Plakate einen nicht nachweisbaren Einfluß auf die Bekanntheit hatten. Dabei ist zu erwähnen, daß nicht nur die örtlichen Medien Interesse zeigten, sondern auch überregionale Zeitschriften, der Rundfunk und das Fernsehen über dieses Projekt berichteten. [Seite der Druckausg.: 29] Die regionale Planungshilfe "Box dich durch" und ihre Bausteine Der Kern des Konzepts ist eine Planungshilfe in Form einer Box mit dem Namen "Box dich durch", die in Abbildung 2 gezeigt ist. Diese Idee ist von den Abbildung 2: Die Planungshilfe "Box dich durch"
Entscheidungsträgern wegen der Form, der Gliederung und möglicherweise der Aufmachung als innovativ bezeichnet worden. Der Existenzgründer soll diese Box als das Herz seiner Gründungsplanung empfinden, als den Ort, an dem ein Gründer alles findet - und wiederfindet. Sie ist so gestaltet, daß weitere Materialien dort einsortiert werden können und sie ist so konzipiert, daß nur das Material herausgenommen werden muß, das aktuell für die Planung benötigt wird. [Seite der Druckausg.: 30] Die Box enthält Planungsmaterial in zehn Kapiteln, wie Abbildung 3 zeigt. Die Disposition dieser Kapitel zeigt dem Gründer den Gründungsprozeß als ein
Abbildung 3: Gliederung der Planungshilfe "Box dich durch"
Quelle: MfU Michelsberginstitut für Unternehmensführung, Ulm "roter Faden" auf. Es beginnt mit der Idee dieser Gründungshilfe. Dabei geht es darum, wie der potentielle Gründer mit Startgesprächen beginnen soll und welche Hilfe er in Anspruch nehmen kann. Hier sind die 13 Anlaufstellen ge- [Seite der Druckausg.: 31] nannt, bei denen es die Box gegen ein Entgelt von 20 Mark gibt [Fn_2] . Um sich auf diese ersten Gespräche vorzubereiten schließt dieser Teil, wie alle weiteren Kapitel ebenfalls, mit einer Checkliste ab. Es folgen spezielle Informationen über die Innovationsregion Ulm. Der in diesem Kapitel enthaltene Gründer-Städteplan ist eine Karte, in der alle für Gründer relevanten Institutionen eingezeichnet sind. In den folgenden Kapiteln sind alle für Gründer wichtigen Ansprechpartner zum jeweiligen Thema namentlich samt Telefon aufgeführt, so daß ein Gründer sofort mit der Kontaktaufnahme beginnen kann. In der betriebswirtschaftlichen Hilfe ist ein Hinweis auf die Planungssoftware UGS - UnternehmensGründungsSimulation enthalten. Es handelt sich um ein marktführendes Ulmer Produkt zur effizienten Gründungsplanung und Gründungsberatung [Fn_3]. Bezüglich der Finanzierungshilfen ist bemerkenswert, daß alle Kreditinstitute dieser Region auf das Konzept eingegangen sind und ihr jeweiliges Beratungsprofil für die Gründungsberatung mitgeteilt haben [Fn_4]. Am Schluß der Box ist das Begleitungskonzept beschrieben, um den potentiellen Gründern das Verfahren zu verdeutlichen und die Vorteile darzustellen. Ein Fragebogen zur Evaluation des Konzepts schließt den Inhalt der Planungshilfe ab. Der Prozeß der Gründungsbegleitung Der Prozeß der Gründungsbegleitung ist als Ablaufdiagramm in Abbildung 4 wiedergegeben. Zielgruppe sind die potentiellen Gründer, die angesprochen [Seite der Druckausg.: 32] werden sollen und die Kenntnis über die relevanten Ansprechpartner haben müssen. Dazu gehört auch die Kenntnis, daß es z.B. nicht nur die IHK, sondern auch noch andere potentielle Begleiter in der Region gibt. Durch die Öffentlichkeitsarbeit wird diese Prozeßphase unterstützt. Es gibt 13 Anlaufstellen in der Region, deren Vertreter alle an einem Tisch saßen und gemeinsam an diesem Projekt gearbeitet haben. Abbildung 4: Der Prpozeß der Gründungsbegleitung
Den "Runden Tisch" der beteiligten Institutionen zeigt Abbildung 5. Die Innovationsregion besteht bei diesem Projekt aus den beiden Städten Ulm und Neu- [Seite der Druckausg.: 33] Abbildung 5: Die Institutionen am Runden Risch der Gründungsinitiative
Ulm, also eine zwei Bundesländer betreffende Region. Die Institutionen haben unterschiedliche Aufgaben, aber sie haben eines gemeinsam: sie alle versuchen, aus unterschiedlichen Blickwinkeln, Existenzgründern Hilfen zu geben; jede auf ihre Art, zum Teil auch übergreifend und parallel. Die Idee dieses Runden Tisches bestand darin, Aktivitäten abzustimmen und gegebenenfalls zu bündeln, so daß Zusammenarbeit und gegenseitige Information verbessert werden.
Die bisherigen Ergebnisse und Ausblick
Die Pilotphase ist im Sommer 1998 abgeschlossen worden und aus der begleitenden Erfolgskontrolle lassen sich folgende Ergebnisse ableiten: Die prozentuale Aufteilung der Box-dich-durch-Nutzer nach Regionen (Abbildung 6) zeigt, daß das Klientel der beiden Städte Ulm und Neu-Ulm mit insgesamt 54% erreicht worden ist. Daß der Alb-Donau-Kreis, der sich bisher diesem Projekt [Seite der Druckausg.: 34] nicht angeschlossen hat, stark vertreten ist, liegt an der Tatsache, daß Ulm eine kreisfreie Stadt ist und der Alb-Donau-Kreis wie ein Gürtel um die Stadt Ulm liegt. Analog gilt das auch für den Landkreis Neu-Ulm. Diese beiden Gebietskörperschaften werden sicherlich in einem weiterentwickelten Konzept der Planungshilfe als Partner vertreten sein. Abbildung 6: Prozentuale Aufteilung der Nutzer nach Regionen
Die Box als Planungshilfe ist jedem Interessenten gegen Entgelt ausgehändigt worden. Am Ende der einjährigen Pilotphase (Juni 1998) war etwa die Hälfte der 1000 Planungshilfen verkauft. Bei mehr als der Hälfte dieses Absatzes (270 Stück) wurde bei der Ausgabe der Planungshilfe eine Begleitung mit den potentiellen Gründern vereinbart. Die Branchen, in denen sich die Gründer selbständig gemacht haben, gehen aus Abbildung 7 hervor. Deutlich wird, daß sich der überwiegende Teil der Existenzgründungen im Dienstleistungssektor abspielt, darunter zehn Prozent im Bereich EDV/Software, sechs Prozent im Bereich Neue Medien (Internet) und [Seite der Druckausg.: 35] acht Prozent in der Ingenieurberatung. Aber auch der traditionelle Handwerkssektor ist mit 23% relativ stark vertreten. Abbildung 7: Prozentuale Aufteilung der Nutzer nach Branchen
Über den Rücklauf von Kontaktkarten, die bei der Zusammenkunft zwischen Gründer und Anlaufstelle oder jedem anderen Partner an die Informationszentrale G.l.U. weitergeleitet werden sollten, sind weitere Informationen über das Gründungsgeschehen akquiriert worden. Der Professor der FHU regte eine Weiterentwicklung dieses Konzepts an, bei der diese Informationen mit Hilfe neuer Medien zwischen den Ansprechpartnern ausgetauscht werden. Jede Anlaufstelle solle mit Einwilligung des Gründers alle anderen Ansprechstellen der Region informieren. Eine solche Idee zu realisieren setzt allerdings voraus, daß es Anreize für die Beteiligten gibt, sich aktiv am System zu beteiligen und vereinbarte Spielregeln zu akzeptieren. [Seite der Druckausg.: 36] Im Begleitungsprozeß gab es eine zweigeteilte Vorgehensweise: eine Pilotphase und eine aktuelle reguläre Phase. In der Pilotphase stand, wie Abbildung 8 zeigt, die Informationszentrale der Gründungsinitiative der Innovationsregion Ulm (IZ G.I.D.) im Mittelpunkt. Die 13 Anlaufstellen haben ihre Informationen dieser Zentrale weitergegeben, und sie wurden von hier aus allen anderen Partnern weitergereicht. Auf diese Weise ist ein Informationspool entstanden, so daß die Innovationsregion Ulm während dieser Pilotphase wahrscheinlich einen der tiefsten Einblicke in das Gründungsgeschehen gehabt hat, den eine Wirtschaftsregion bisher je hatte. Abbildung 8:
Die Unterscheidung nach der Reife bzw. dem Stadium der Gründung gibt Abbildung 9 wieder. Bei einer abschließenden Befragung hat sich gezeigt, daß einige Gründer abgebrochen oder aufgegeben haben bzw. noch nicht begon- [Seite der Druckausg.: 37] nen haben. Zum Teil ist die Planungshilfe ausschließlich aus Informationsgründen beschafft worden. In der Gründungsphase sind 26%, und die Gründungsphase beendet haben immerhin 41%.
Abbildung 9: Unterscheidung der Nutzer nach Gründungsreife
Die Ergebnisse in Abbildung 10 machen deutlich, daß die Planungshilfe ganz überwiegend als eine wirklich nützliche Information betrachtet wurde und daß das Urteil über die Box durchweg positiv ausfällt: Sieben Prozent der Befragten [Seite der Druckausg.: 38] haben gesagt, sie sei zu umfangreich, 20% sind der Meinung, daß der Umfang zu gering sei und zuwenig Informationen enthalte, und über 70% der Benutzer der Planungshilfe sind der Meinung, daß der Umfang und die Informationen gerade richtig sind. Die Pilotphase ist im Juni 1998 abgeschlossen worden. Das Resümee läßt sich wie folgt zusammenfassen:
Ob sich, wie in den anfangs genannten Zielsetzungen formuliert, die Zahl der Gründungen durch diese Hilfen erhöht hat oder sich die Arbeitsplätze vermehrt haben, läßt sich zu diesem Zeitpunkt noch nicht sagen und kann wohl auch in Zukunft nicht mit Sicherheit beantwortet werden, da hierzu Aussagen darüber notwendig wären, wie sich die Gründerszene ohne Fördermaßnahmen entwik- [Seite der Druckausg.: 39] kelt hätte (with- and without-Vergleich). Die obigen Ergebnisse und Plausibilitätsüberlegungen sprechen jedoch dafür, daß die Wirtschaftsförderung an Effizienz gewonnen hat, die sich letztlich auch in mehr Arbeitsplätzen niederschlagen dürfte. Während der Pilotphase hatten die Gründungspartner einen tiefen Einblick in das Gründungsgeschehen, und wenn, wie geplant, die Datenbank, mit deren Hilfe aktiv Gründer angesprochen werden können, weiter ausgebaut wird, so stellt dies für die Tätigkeit der wirtschaftspolitischen Akteure in der Region eine höchst effiziente Arbeitshilfe dar. Eine systematische Zusammenarbeit der beteiligten Partner hatte es vor diesem Projekt in dieser Form nicht gegeben. Während der Pilotphase ist diese Systematik durch die Meetings und die gegenseitigen Informationen entstanden. Hier ist zu empfehlen, stets Wirtschaftsförderungsprojekte zu entwickeln, die die Zusammenarbeit aller relevanten Partner in der Region weiterhin erfordern. Selbstverständlich soll das G.I.U.-Projekt kontinuierlich verbessert werden. Die erste Auflage ist aktuell so gut wie vergriffen, so daß nun über die künftige Form, etwa als CD-ROM mit Unterstützung via Internet, und über den künftigen Inhalt nachgedacht werden muß. Weiterhin müssen Überlegungen zur Messung der Leistungsfähigkeit von Gründungsunterstützungen angestellt werden. Die Infrastruktur in der Innovationsregion Ulm bietet Möglichkeiten einer Gründungsbegleitung, die bei der momentanen Form und dem derzeitigen Inhalt der Planungshilfe noch nicht voll genutzt werden. Über Intranet und Internet könnten online Gründer begleitet und ihnen aktuell notwendige Informationen übermittelt werden. Auch die Information aller relevanten Ansprechpartner untereinander kann heute online geschehen, wodurch zukünftig die Arbeit von Wirtschaftsförderern effizienter würde. [Seite der Druckausg.: 40]
2.2 Der Gründerverbund als Starthilfe
Der Gründerverbund ist eine aktuelle Maßnahme, die in Ulm derzeit installiert wird. Ziel ist es, Gründer und Gründungsinteressierte aus den Hochschulen darin zu unterstützen, ihre Forschungsergebnisse wirtschaftlich zu verwerten. Der Leiter der Abteilung Forschung, Entwicklung und Wirtschaftskontakte der Universität Ulm skizzierte die möglichen Probleme von Gründen und den Handlungsbedarf wie folgt: Zum einen gäbe es Gründer, die zwar mit der Existenzgründung begännen, dann jedoch auf diverse Umsetzungsprobleme stießen, die sie veranlaßten, entweder nur zögerlich weiterzumachen oder aber ganz von ihrem Vorhaben Abstand zu nehmen. Andere steckten sehr viel Energie in ihre Planung, verzettelten sich jedoch in zu vielen Ideen und versäumten dadurch, zur richtigen Zeit einen Schlußpunkt zu setzen und die Entscheidung zu treffen, auf den Markt zu treten. Diejenigen, die den Sprung auf den Markt wagten, sähen sich mit Banken, Konkurrenten usw. konfrontiert, ohne hierauf vorbereitet und hierfür qualifiziert zu sein. Es mangele ihnen an Kenntnissen über den richtigen Umgang mit Banken und es fehle ihnen an Konzeptionen und Strategien für den Wettbewerb mit Konkurrenten. Die Unerfahrenheit könne auch in diesen Fällen schließlich dazu führen, die Existenzgründung ganz aufzugeben. Der Gründerverbund will hier Initiative ergreifen, indem die Gründer auf diese möglichen Gefahren auf dem Weg in die Selbständigkeit aufmerksam gemacht und bei ihrer Gründung umfassend betreut werden. Dazu sind als erster Schritt Initialveranstaltungen geplant, um Hochschulabsolventen zu motivieren, sich mit dem Thema Existenzgründung auseinanderzusetzen. Diejenigen, die daraufhin den Entschluß gefaßt haben, sich selbständig zu machen, sollen in einem zweiten Schritt die nötigen Qualifikationen für Ihr Vorhaben erwerben, so daß sie in der Lage sind, ihre Gründungsidee zu kon- [Seite der Druckausg.: 41] solidieren. In der dritten Phase erfährt der Gründer Unterstützung bei der Realisierung seines Konzepts. Die Betreuung soll von einem Team übernommen werden, in dem auch Personen aus der Wirtschaft vertreten sind. Geplant ist, Mentoren sowie Unternehmen zu gewinnen, die die Patenschaft für Produktideen übernehmen. Neben Seminaren soll ein regelmäßiges Controlling stattfinden. Abbildung 11: Die Organisationsstruktur des Gründerverbunds Ulm
Ziel des Gründerverbundes ist es demnach, die Mitarbeiter in Forschungseinrichtungen zur Vermarktung ihrer wissenschaftlichen Ergebnisse zu stimulieren. Man verspricht sich davon auch eine Beispielfunktion: Andere in den Forschungseinrichtungen tätige Personen sollen angeregt werden, sich ebenfalls Gedanken über die wirtschaftliche Verwertung ihrer wissenschaftlichen Arbeiten zu machen. Weiterhin soll eine marktnahe Betreuungs- und Beratungsinfrastruktur aufgebaut werden, Gründern aus den Hochschulen sollen Berater zur Verfügung stehen, die im täglichen wirtschaftlichen Leben stehen und somit praxisnahe Hilfen geben können. Die aufzubauende Organisationsstruktur (Abbildung 11) soll den Erfordernissen individueller Gründerbetreuung und effi- [Seite der Druckausg.: 42] zienter Ressourcennutzung angepaßt werden. Letztlich ist es Ziel, die Überlegungen in Richtung wirtschaftliche Verwertung von Forschungsergebnissen in den Hochschulen zu verstärken und somit vielversprechende Gründungsvorhaben aus diesen Institutionen mit hohem wirtschaftlichem Potential für die Region anzustoßen.
2.3. Gründer- und Technologiezentren - Startrampe für innovative Unternehmen
Das primäre Ziel jeder Wirtschaftsförderung besteht darin, qualifizierte Arbeitsplätze zu schaffen. Um herauszufinden, wo in den letzten zehn Jahren tatsächlich Arbeitsplätze entstanden sind, hat die Unternehmensberatung McKinsey im Auftrag der bayerischen Staatsregierung 50 Technologieregionen weltweit untersucht. Das Ergebnis: Zwei Drittel aller Arbeitsplätze wurden durch Unternehmensgründungen geschaffen, rund 30% durch Wachstum bestehender Unternehmen und ca. drei Prozent durch Ansiedlung. Um die Erfolge beim Abbau der Arbeitslosigkeit zu erhöhen, sollten die Mittel der regionalen Wirtschaftsförderung deswegen auf Unternehmensgründungen fokussiert werden, folgert der Geschäftsführer der TechnologieFörderungsUnternehmen (TFU) GmbH in Ulm. Die Verantwortlichen in der Region Ulm haben dies bereits 1985 getan, indem sie die TFU GmbH als regionales Kompetenzzentrum für innovative Unternehmensgründungen geschaffen haben. Gesellschafter sind die Städte Ulm und Neu-Ulm, der Alb-Donau-Kreis und der Landkreis Neu-Ulm, die Wirtschaftskammern beider Städte, die Sparkasse und die Volksbank Ulm sowie die Universität Ulm. In diesem breiten Gesellschafterkreis in Form einer GmbH liegt einer der damals "neuen Wege" in der Wirtschaftsförderung, der in Ulm beschriften wurde. [Seite der Druckausg.: 43] Diese Institutionen fördern auch direkt Unternehmensgründungen auf unterschiedliche Art und Weise. Aufgabe der TFU GmbH ist das konkrete "Kümmern" um innovative Gründungsvorhaben, damit aus potentiellen Existenzgründern erfolgreiche Unternehmer werden. Das integrierte Gründungskonzept der TFU GmbH zeigt Abbildung 12. Die TFU GmbH betreibt Gründer- und Technologiezentren: die Technologiefabrik, das Biotechnologiezentrum und das Innovationszentrum in Ulm und seit einem Jahr das Gründerzentrum in Neu-Ulm. Außerhalb dieser Einrichtungen betreut die TFU GmbH assoziierte Mitglieder und kooperative Mitglieder. Abbildung 12: Das integrierte Gründungskonzept der TFU GmbH
Auch bei der Finanzierung sind "neue Wege" vertreten: Die Mittel der TFU GmbH stammen von Dritten, der EU beispielsweise oder den Ländern Baden-Württemberg und Bayern. Die laufenden Betriebskosten muß die TFU GmbH selbst erwirtschaften, was bedeutet, daß die Gründer letztlich ihre Förderung selbst bezahlen und dadurch die TFU GmbH eine hocheffiziente Einrichtung der Wirtschaftsförderung darstellt. Die TFU GmbH bietet mietgünstige Betriebsräume und gemeinschaftlich verfügbare Büro- und Infrastrukturräume in ihren Zentren an. Der Gründer kann sofort einziehen, hat keine Investitionen in Räume und benötigt durch die ge- [Seite der Druckausg.: 44] meinschaftliche Nutzung weniger Büro- und Kommunikationsinfrastruktur. Dadurch sind sein Kapitalbedarf bei Investitionen als auch die laufenden Kosten geringer. Infolge dessen sind Tilgung und Zinsen niedriger. Durch ein gemeinschaftlich nutzbares Servicebüro braucht der Gründer weniger Personal. Auch Management-, Beratungs- und Betreuungsdienstleistungen werden durch die TFU GmbH angeboten. Des weiteren bekommt ein Gründer durch Rahmenvereinbarungen günstigere Versicherungen und Kommunikationstarife und kann preiswert Büromaterial einkaufen. Unternehmen in Gründer- und Technologiezentren haben darüber hinaus Vorteile bei der Finanzierung ihres Vorhabens. Es gibt einige Förderprogramme, z.B. des bayerischen Staates, die nur diesen Unternehmen zur Verfügung stehen. Auch die Technologiebeteiligungsgesellschaft des Bundes, ein Tochterunternehmen der DtA, bietet Vorzüge für Unternehmen in Technologiezentren an. Einen Vorteil gilt es besonders herauszustellen: Der Kontakt zu den anderen im Technologiezentrum angesiedelten Unternehmen, der von der TFU GmbH beispielweise mit dem "Innovationsstammtisch" unterstützt wird. Man kann von denjenigen lernen, die bereits einige Schritte weiter sind, Kunden und Lieferanten sind schon "im Haus" und es besteht beispielsweise die Möglichkeit gemeinsamer Kundenakquisition oder Messeauftritte. Zwischen der TFU GmbH und den Existenzgründern besteht Interessenidentität, denn die Unternehmen können die in Anspruch genommenen Leistungen nur bezahlen, wenn sie erfolgreich sind. Die Überlebenschancen von Existenzgründern in Technologiezentren sind deutlich höher als üblich: Sie scheitern zehnmal weniger und wachsen um zehn Prozent schneller als vergleichbare Unternehmen außerhalb von Zentren, hob der Geschäftsführer der TFU GmbH hervor. [Seite der Druckausg.: 45] Die TFU GmbH in Ulm betreut derzeit 50 Unternehmen, mehr als 30 sind bereits ausgezogen, keines davon hat Konkurs angemeldet. Das durchschnittliche Alter der Unternehmen beträgt deutlich weniger als fünf Jahre, die Hälfte der Unternehmen ist jünger als ein Jahr. Insgesamt sind 200 Arbeitsplätze durch diese Unternehmen entstanden. Ein Gründerzentrum muß in Baden-Württemberg mindestens 15, in Bayern sogar 25 Jahre existieren, um rentabel zu sein. Man kann deshalb davon ausgehen, daß es wenigstens über diese Zeitspanne betrieben wird. Für die TFU GmbH bedeutet dies, daß sich die Zahl der durch sie geschaffenen Arbeitsplätze noch mindestens verdreifachen wird. Es wurden 1 Mio. DM Stammkapital investiert sowie 5 Mio. DM für die drei Gebäude, die der TFU GmbH in Ulm und Neu-Ulm zur Verfügung stehen. Damit haben die Gesellschafter pro geschaffenem Arbeitsplatz ca. 2 TDM, EU und Länder rund 10 TDM investiert. Diese Zahlen liegen etwa um die Hälfte unter dem Bundesdurchschnitt. Grund dafür ist, daß die TFU GmbH alte Gebäude erworben hat, wogegen in anderen Regionen häufig neu gebaut wurde. Bundesweit gibt es mittlerweile etwa 100.000 Arbeitsplätze von ca. 10.000 Unternehmen in den etwa 200 Technologiezentren. Die Bedeutung von Gründer- und Technologiezentren wird, nach Einschätzung des Geschäftsführers der TFU GmbH, noch weiter wachsen, z.B. in Zusammenhang mit den Gründerverbunden. Erfahrungen aus dem Ausland zeigen, daß etwa 50% der Unternehmen aus Gründerverbunden sich in Technologiezentren niederlassen. Große Unternehmen verstärken ihre Anstrengungen, ihre Flexibilität durch kleine Unternehmen in ihrem Umfeld zu verstärken. Die Volkswagen AG beispielsweise unterstützt die Errichtung von Technologiezentren in der Stadt Wolfsburg. In Bayern sind als Reaktion auf die Untersuchung von McKinsey in den letzten zwölf Monaten 20 Gründerzentren entstanden. [Seite der Druckausg.: 46]
2.4. Kommunale Bodenvorratspolitik und Gewerbeflächenbörse als Mittel der Wirtschaftsförderung
Standortsicherung und -entwicklung besitzen für die Stadt Ulm höchste Priorität. Dieses Engagement wurde vor kurzem in Bonn mit dem Stadtwappen der Landesbausparkasse Schwäbisch Hall (LBS) zur Baulandpolitik prämiert. Von 60 Bewerbern erhielten mit Ulm sechs Städte und Kommunen diese Auszeichnung. In der Stadt Ulm können Betriebe zum einen Flächen aus Stadteigentum bekommen, die im Wege der Bodenvorratspolitik von der Stadt vorgehalten werden. Zum anderen vermittelt die Stadt Ulm im Rahmen ihrer Gewerbeflächenbörse Flächen, die ihr von Privateigentümern gemeldet werden. Der Abteilungsleiter für Liegenschaften und Wirtschaftsförderung der Stadt Ulm hob das wesentliche Element der langfristig angelegten Bodenvorratspolitik in Ulm hervor: Die Stadt erwirbt seit rund 100 Jahren Grundstücke für künftige Entwicklungsgebiete auf Vorrat. Grundprinzip ist, daß ein Bebauungsplan immer erst dann aufgestellt wird, wenn im jeweiligen Gebiet alle Grundstücke im Eigentum der Stadt sind. Sowohl im Wohnungsbau wie im gewerblichen Bereich stehen durch diese Vorratspolitik jederzeit Grundstücke zur Verfügung. Momentan sind dies im gewerblichen Bereich etwa 80 ha. Das neue Gewerbegebiet Ulm-Nord, in sehr günstiger Lage an der Schnittstelle von A8 und B10, bietet 32 ha für produzierendes Gewerbe, Handwerk und Logistik. Im Kern dieses Gewerbegebiets befindet sich ein Gewerbepark mit 3,5 ha für kleinere Betriebe. 20 ha stehen für Industriebetriebe im Industriegebiet Donautal zur Verfügung. Auf dem oberen Eselsberg, in der Wissenschaftsstadt im Science Park II, stellt die Stadt 7 ha für Forschung, Entwicklung [Seite der Druckausg.: 47] und Hochtechnologie bereit. Im Büropark Hörvelsinger Weg befinden sich 2,5 ha Gewerbeflächen für Dienstleistungsbetriebe. Darüber hinaus existieren Kleingewerbegebiete in einigen Ulmer Stadt- und Ortsteilen, insbesondere für die Ansiedlung ortsgebundener Betriebe. Hierdurch soll den Unternehmern die Möglichkeit gegeben werden, am Ort ihres Lebensmittelpunktes eine Existenz aufzubauen. Im Sinne einer aktiven Wirtschaftsförderung werden ansiedlungswilligen Betrieben Grundstücke auf Wunsch im Wege des Erbbaurechts zu einem günstigen Erbbauzins überlassen. Darüber hinaus werden Optionsflächen für später denkbare Erweiterungen von Unternehmen unentgeltlich vorgehalten. Die Vorteile der Ulmer Grundstückspolitik sind einerseits günstige Bodenpreise. Mit 100 bis 150 DM pro qm erschlossener Fläche liegt Ulm im süddeutschen Raum im unteren Skalenbereich. Andererseits wird Bodenspekulation vermieden und die Stadt kann die Vergabe der Bauflächen selbst steuern und sich dabei an sozialen und wirtschaftspolitischen Gesichtspunkten orientieren. In der Gewerbeflächenbörse der Stadt Ulm werden darüber hinaus gewerbliche Objekte aus Privateigentum vermittelt, die aktuell zur Anmietung oder zum Verkauf angeboten werden. Derzeit sind rund 40 Flächen, die teilweise unbebaut sind, für unterschiedliche Nutzungen zur Vermittlung frei. Die Gewerbeflächenbörse gewinnt zunehmend an Bedeutung, weil die Gewerbeflächen in den Industriegebieten, die ursprünglich alle im Besitz der Stadt Ulm waren, inzwischen weitgehend umgesetzt sind und sich nunmehr im Privateigentum befinden. Kommt eines dieser Objekte wieder an den Markt, steht die Stadt als Ansprechpartner zur Verfügung, um Angebot und Nachfrage zusammenzuführen. [Seite der Druckausg.: 48] Neben diesen beiden Arbeitsschwerpunkten, Bodenpolitik und Vermittlung von Objekten aus Privateigentum, bietet die Abteilung für Liegenschaften und Wirtschaftsförderung der Stadt Ulm eine ganzheitliche Betreuung für ansässige Unternehmer, Ansiedlungswillige und Existenzgründer. Man sieht sich als Lotse, der zu den richtigen Ansprechpartnern verweist, Kontakte knüpfen hilft, den Weg durch die Verwaltung erleichtern und Genehmigungsverfahren beschleunigen kann. Als organisatorisch vorteilhaft wird die Kombination des Liegenschaftsbereichs mit der Wirtschaftsförderung und die Zuordnung zur Verwaltungsspitze, zum Oberbürgermeister, angesehen, da hierdurch eine raschere und unbürokratischere Abwicklung vieler Vorgänge möglich wird. [Fußnoten] 1 Vgl. dazu Liebig, V., Benchmarking - Lernen durch Vergleich mit den Besten. Institutionen in 47 Regionen der Bundesrepublik Deutschland mit ihren Dienstleitungen für Unternehmensgründer im Vergleich, Bericht des Michelsberginstituts für Unternehmensführung (MfU), Ulm Juni 1997. 2 Informationen zur Wirtschaftsförderung in der Region Ulm im Internet: www.ulm.de. 3Vgl. dazu Liebig, V., Simulation von Unternehmensgründungen. Die Förderung von Existenzgründungen mit dem Softwarepaket UGS - UnternehmensGründungsSimulation, MfU-Materialien Nr. 6, Ulm Juni 1997. Weitere Informationen im Internet: www.ugs.de. 4Seit mehreren Jahren werden sowohl in Ulm als auch in anderen Regionen Banken und Sparkassen in ihrer Beratungsleistung für Gründer getestet. Vgl. dazu Liebig, V., Zehn Jahre Ulmer Bankentest. Ergebnisse der Feldstudien zur Bankenberatung von Unternehmensgründern, MfU-Materialien Nr. 2, Ulm Januar 1996. Weitere Informationen im Internet www.mfu.de. © Friedrich Ebert Stiftung | technical support | net edition fes-library | July 2003 |