FES HOME MAIL SEARCH HELP NEW
[DIGITALE BIBLIOTHEK DER FES]
TITELINFO / UEBERSICHT



TEILDOKUMENT:




[Seite der Druckausgabe: 46 / Fortsetzung]

7. Fazit: Mut zum Machbaren!

Für viele Städte ist es "überlebensnotwendig", möglichst schnell den nicht-motorisierten Verkehr massiv und nachhaltig zu fördern. Die Berechnungsbeispiele und eine Einschätzung zukünftiger Entwicklungen lassen als realistisches Ziel einen modal split des städtischen Binnenverkehrs von 25% ÖPNV, 20-22% Fußgängerverkehr, 25% Radverkehr und weiteren 28-30% motorisiertem Verkehr bei einer weiterhin fortschreitenden Motorisierung erscheinen.

Was man auf der kommunalen Ebene für eine Verlagerung des motorisierten Individualverkehrs auf das Fahrrad tun kann, haben die Beispiele Erlangen und Troisdorf gezeigt.

  • Im Bereich der infrastrukturellen Maßnahmen gibt es vielfältige und kreative Möglichkeiten, die sich innerhalb der gültigen Richtlinien bewegen, aber einen politischen Willen zur Durchsetzung benötigen.
  • Maßnahmen in der Verwaltung müssen sich an der Optimierung neuer Verkehrskonzepte orientieren und
  • ordnungspolitische Maßnahmen die Rahmenbedingungen für eine konsequente Verlagerung auf den Umweltverbund schaffen.

Die flankierenden Maßnahmen eines Fahrradverkehrskonzeptes können nicht ohne restriktive Maßnahmen gegen das Auto und damit zahlreiche Proteste auskommen. Dazu gehören beispielsweise die Beschränkung des Parkraumangebotes, die Parkraumbewirtschaftung, Parkdauerbeschränkungen, die Eingrenzung auf bestimmte Nutzergruppen (z.B. Anwohner oder Zulieferer) und eine intensivere Parkraumüberwachung (vgl. Blatter, 1994). An dieser Stelle setzt aber ein Kernproblem der Planung an: Neben die Restriktionen gegenüber dem Autoverkehr muß die Bestärkung einer

[Seite der Druckausgabe: 47]

Bewußtseinsänderung zugunsten eines umwelt- und sozialverträglicheren Verkehrsverhaltens treten, damit ein auf Akzeptanz basierendes fahrradfreundliches Konzept in vollem Maße greifen kann. Die "Mentalität" der Verkehrsteilnehmer spielt eine große Rolle, was über planerische Problemstellungen weit hinausgeht.

Im Mittelpunkt aller begleitenden Maßnahmen steht also die Information, das kommunale Marketing im Planungsbereich bzw. das "Vorleben" der möglichen Alternativen. Die Medien könnten viel stärker als bisher in die Informationsarbeit eingebunden werden. Es ist notwendig, daß auch Führungspersonen - wie beispielsweise Kommunalpolitiker - auf das Fahrrad steigen, um ihre Ziele glaubhaft zu machen. Die Bürger müssen stärker darüber informiert werden, wie die bestehende Umweltproblematik entstanden ist und welche Auswirkungen sie hat. Alternativszenarios können aufklären und die Frage "Was muß uns das wert sein?" beantworten helfen. Ein positives Beispiel in dieser Richtung ist die Förderung des ÖPNV. Gleichzeitig müssen in diesem Zusammenhang aber gerade die Betreibergesellschaften öffentlicher Verkehrsmittel ebenfalls umdenken und den Fahrgast nicht länger nur als "Beförderungsfall", sondern als Kunden sehen. In diesem Zusammenhang werden die genannten Überlegungen zu Fahrradstationen oder der sinnvollen Anlage und Ausgestaltung von Bike+Ride-Systemen interessant. Ein anderer Diskussionspunkt ist die Ausweitung und Vereinfachung von Mitnahmemöglichkeiten für das Fahrrad bis in die InterCity-Züge der DB.

Alle Ziele bei der Formulierung eines fahrradfreundlichen Verkehrskonzeptes der Zukunft sollten sich grundsätzlich an den Machbarkeiten, an der Realität orientieren. "Die Stadt der kurzen Wege" muß vor dem Hintergrund des Auto-Mißbrauchs für Kurzstreckenbereiche gesehen werden, das langfristige Ziel ist die Veränderung des modal split zugunsten des Fahrrades. Die Fallbeispiele Erlangen und Troisdorf sind aufgrund ihrer politischen und wirtschaftlichen Ausgangssituation sicherlich Sonderfälle. Übertragungen auf andere Kommunen wären aber in jedem Fall wün-

[Seite der Druckausgabe: 48]

schenswert, notwendig und mit den genannten Mitteln bzw. neuen Richtlinien auch ohne großen finanziellen Aufwand umsetzbar.

Ein kooperativer Ansprechpartner für Fragen der Fahrradverkehrsplanung ist der

ADFC
Postfach 10 77 47
D-28077 Bremen

mit seinen in den meisten Städten anzutreffenden Lokalbüros. Mittlerweile gibt es - hauptsächlich in Universitätsstädten - Planerbüros, die sich auf das Thema Fahrradverkehrsplanung spezialisiert haben. Schließlich seien für eine "Orientierung vor Ort" die dreizehn am Programm "Fahrradfreundliche Städte und Gemeinden in Nordrhein-Westfalen" teilnehmenden Kommunen genannt: Brühl, Gladbeck, Hamm, Herford, Köln, Krefeld, Lünen, Marl, Münster, Pulheim, Soest, Troisdorf und Unna (MSV, 1994).


© Friedrich Ebert Stiftung | technical support | net edition fes-library | Oktober 2000

Previous Page TOC Next Page