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[Seite der Druckausg.: 6 = Leerseite ]

[Seite der Druckausg.: 7 ]


1. Analyse des Altbaubestandes

Die folgende Bestandsanalyse umfaßt die Verteilung der Altbauten auf dem Territorium der neuen Länder, deren Ausstattung und Zustand sowie die Aspekte des Leerstandes und der Eigentumsverhältnisse. Dabei gelten - entsprechend den Ergebnissen der Gebäude- und Wohnungszählung des Statistischen Bundesamtes mit Stand vom 30.9.1995 - als Altbauten diejenigen Wohngebäude, die bis 1948 errichtet wurden.

1.1 Verteilung der Wohngebäude

In den neuen Ländern gab es Ende September 1995 2,5 Mio. Wohngebäude, von denen 65 % bis 1948 errichtet worden sind. Dabei liegt der Anteil der Altbauten am Gebäudebestand in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen bei ca. zwei Dritteln, in Berlin-Ost und Brandenburg bei mehr als 60 %. Die geringste Altbautenquote weist Mecklenburg-Vorpommern mit gut 55 % auf. Eine Differenzierung der Verteilung nach Stadt und Land zeigt, daß Altbauten vor allem in ländlichen Gebieten einen hohen Anteil stellen, während die entsprechende Quote in den Großstädten wesentlich niedriger ausfällt. Ursachen sind die geringere Zerstörung von kleineren Städten und Dörfern im Kriege und die Konzentration der Neubautätigkeit auf die Großstädte in der Nachkriegszeit.

Verteilung der Wohngebäude in den neuen Bundesländern





davon

Bundesland

Wohngebäude

bis 1948 errichtet

1 bis 2 Wohnungen

3 und mehr Wohnungen


Anzahl

Anzahl

%

Anzahl %


Anzahl

%

Berlin-Ost

95.244

58.286

61,2

28.766

30,2

29.436

30,9

Brandenburg

472.593

294.511

62,3

256.642

54,3

37.015

7,9

Mecklenburg-Vorpommern

294.559

163.591

55,6

134.909

45,8

27.982

9,5

Sachsen

692.853

476.514

68,8

340.354

49,2

133.935

19,4

Sachsen-Anhalt

502.572

341.778

68,0

284.036

56,5

56.183

11,2

Thüringen

462.118

303.833

65,7

255.680

55,3

46.757

10,2

Insgesamt

2.519.939

1.638.513

65,1

1.300.387

51,5

331.308

13,2

Quelle: Statistisches Bundesamt, Gebäude- und Wohnungszählung 1995

Die Unterteilung des Altbaubestandes in Gebäude mit ein und zwei Wohnungen sowie in Gebäude mit mindestens drei Wohnungen ergibt für die letztere

[Seite der Druckausg.: 8 ]

Gebäudeklasse eine Quote von ca. 10 % für die Länder Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg, Sachsen-Anhalt und Thüringen, von ca. 20 % für das Land Sachsen und von ca. 30 % für Berlin-Ost. Die beiden letzten Werte spiegeln das städtebauliche Erscheinungsbild wider - den Mietskasernenbau in Berlin sowie in den großen sächsischen Städten Leipzig, Dresden und Chemnitz.

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1.2 Ausstattung

Zwischen 1992 und 1996 wurden bei rund 30 % der Mietwohnungen die Fenster und bei 27 % der Wohnungen die Heizung erneuert. Modernisierungsmaßnahmen im Sanitärbereich wurden bei rund 16 % und im Küchenbereich bei rund 12 % der Wohnungen durchgeführt. Dennoch zeigt die Gebäude- und Wohnungszählung, daß 1995 nur 62 % der über 7 Mio. Wohnungen in den neuen Ländern den heute üblichen Ausstattungsstandard, d.h. Bad oder Dusche in der Wohnung, Innen-WC, Sammelheizung aufweisen. Weitere 22 % der Wohnungen verfügen zwar über derartige sanitäre Einrichtungen, wurden aber mit Einzel- oder Mehrraumöfen beheizt. Für die restlichen Wohnungen (17 %) sind erhebliche Ausstattungsmängel zu registrieren: Hier befanden sich WC und/oder Bad/Dusche entweder außerhalb der Wohnung oder waren gar nicht vorhanden.

Wohnungen in Alt- und Neubauten nach Ausstattung

(neue Länder und Berlin-Ost)


Wohnungen in Wohngebäuden




bis 1948 errichtet

nach 1948 errichtet

insgesamt

nachrichtlich alte Länder

a)


1.000

%

1.000

%

1.000

%

%

mit Bad/Dusche und WC in der Wohnung








- mit Sammelheizung

1.428

41,0

2.815

82,7

4.242

61,6

81.7

- ohne Sammelheizung

955

27,4

527

15,4

1.482

21,5

15,8

ohne Bad/Dusche in der Wohnung








- mit WC in der Wohnung

222

6.4

23

0.7

245

3,6

1,1

- ohne WC in der Wohnung

648

18,6

26

0.8

675

9,8

0,5

sonstige Ausstattung

230

6.6

12

0,4

242

3,5

0,8

Wohnungen Insgesamt

3.483

100,0

3.403

100,0

6.866

100,

100,0

a) Ergebnis der 1 %-Gebäude- und Wohnungsstichprobe 1993

Quelle: Statistisches Bundesamt, Gebäude- und Wohnungszahlung 30.9.1995; eigene Berechnungen

[Seite der Druckausg.: 9 ]

Für die einzelnen Bundesländer und Berlin-Ost kann bei der Ausstattung eine Reihe von Besonderheiten festgestellt werden. Dazu gehören:

  • In Brandenburg (67 %) und Mecklenburg-Vorpommern (70 %) gibt es nach der Gebäude- und Wohnungszählung 1995 überdurchschnittlich viele Wohnungen mit Dusche/Bad und WC in der Wohnung sowie Sammelheizung; dagegen liegt Sachsen (53 %) deutlich unter dem Durchschnitt (62 %).

  • Berlin-Ost weist mit 32 % überdurchschnittlich viele Wohnungen mit Bad/Dusche und WC in der Wohnung und Heizung mit Einzel- oder Mehrraumöfen auf; Sachsen (19%) liegt auch hier unter dem Durchschnitt (22 %).

  • In Sachsen gibt es eine hohe Quote von Wohnungen mit Bad/Dusche in der Wohnung, aber Außen-WC (4 %; Durchschnitt 2 %), von Wohnungen ohne Bad/Dusche und WC nur außerhalb der Wohnung (7 % gegenüber 4 %).

  • Während in Berlin-Ost, Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern nur relativ wenige Wohnungen mit Bad/Dusche und Trockentoilette ermittelt wurden, haben überdurchschnittlich viele Wohnungen in Sachsen auch dieses Ausstattungsdefizit (5 %; Durchschnitt 2 %). Diese Feststellung gilt auch für Wohnungen ohne Bad/Dusche und mit Trockentoilette (5 %; Durchschnitt 2 %).

Insgesamt schneidet also Sachsen bei der Ausstattung der Wohnungen sehr schlecht ab. Dies hängt vermutlich mit dem hohen Anteil von Wohnungen in alten Gebäuden zusammen: Während sich im Durchschnitt der neuen Länder 31 % aller Wohnungen in Gebäuden aus den Jahren vor 1919 befinden, lautet der entsprechende Wert für Sachsen 37 %.

Differenziert man die Wohnungsausstattung nach Alt- und Neubauten, dann zeigt sich, daß die Mängel stark auf die vor 1948 errichteten Gebäude konzentriert sind. So ist die Quote der Altbauwohnungen ohne Sammelheizungen erheblich höher als der entsprechende Wert für Neubauten (27 % gegenüber 15 %). Und Wohnungen ohne Bad/Dusche und ohne Innen-WC bzw. mit Innen-WC spielen mit 19 % bzw. 6 % nur in der Kategorie der Altbauten eine größere Rolle; für Neubauten liegen die entsprechenden Anteile unter 1 %.

Ein Vergleich mit den westlichen Bundesländern, in denen fast 82 % der Wohnungen der höchsten Ausstattungsgruppe zugeordnet werden konnten, macht deutlich, daß im Osten Deutschlands ein hoher Nachholbedarf besteht. Während es in den neuen Ländern einschl. Berlin-Ost noch 17 % Wohnungen ohne Innen-WC und/oder ohne Bad/Dusche gab, hatten im früheren Bundesgebiet nur 2,4 % der Wohnungen solche Qualitätsdefizite. In den neuen Ländern sind also noch erhebliche Sanierungs- und Modernisierungsmaßnahmen notwendig,

[Seite der Druckausg.: 10 ]

wenn die Versäumnisse der ehemaligen DDR beim Erhalt der umfangreichen Altbaubestände aufgeholt werden sollen. Ein Verzicht auf Sanierungen würde hier bald zur Verringerung der nutzbaren Wohnfläche führen. Deshalb ist die Förderung der Modernisierung in den neuen Ländern fortzusetzen, denn sie dient der Erhaltung von Wohnsubstanz, die von akuter Entwertung bedroht ist. [ Fn.1: Unterschiedliche Positionen zur Förderung von Modernisierungsmaßnahmen im Wohnungsbestand enthält das Politik-Dossier Wohnungspolitik, hrsg. von der Stabsabteilung der Friedrich-Ebert-Stiftung, Bonn 1997, S. 18]

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1.3 Bauschäden

Zum Zustand der Gebäude ergibt die Zählung, daß 1995 nur ca. 30 % der Gebäude mit 28 % aller Wohnungen keine Schäden aufweisen, d. h. daß Reparaturarbeiten nicht unmittelbar erforderlich sind. Fast zwei Drittel der Gebäude haben geringe bis mittelschwere Schäden. 5 % der Gebäude mit 6 % der Wohnungen sind so schwer geschädigt, daß die Stand- und Funktionssicherheit gefährdet sind. Das Ausmaß der Bauschäden an der Altbausubstanz ist von Stadt zu Stadt unterschiedlich, wie Beispiele aus dem Land Sachsen-Anhalt zeigen. In Wittenberg sind 56 % des Altbaubestandes schadenfrei, in Magdeburg 20 %, in Halle 31 %, in Dessau dagegen nur 15 %. Die meisten schwerbeschädigten Wohnungen stehen in Dessau und Magdeburg mit jeweils 8 % des Bestandes.

Erhebliche Differenzen bestehen auch für den Erhaltungszustand von Alt- und Neubauten. Nach der Gebäude- und Wohnungszählung 1995 wies nur etwa jedes fünfte vor 1949 errichtete Wohngebäude keine Schäden auf, bei fast drei von vier dieser Gebäude waren geringe oder mittelschwere Schäden zu registrieren, und schwere Schäden an mindestens einem Bauteil wurden bei 6 % der Altbauten festgestellt. Wesentlich besser ist der Erhaltungszustand der jüngeren Wohngebäude: Nur knapp 2 % der nach 1948 errichteten Gebäude hatten schwere Schäden, für jedes zweite Gebäude waren geringe oder mittelschwere Schäden zu registrieren, und knapp die Hälfte dieser Gebäude (48 %) war schadenfrei. Der Teil der Wohnungsbaupolitik, der auf Erhaltungsmaßnahmen bei Wohngebäuden in den neuen Ländern zielt, sollte dementsprechend seinen Schwerpunkt in der Kategorie älterer Gebäude setzen.

Bemerkenswert ist, daß diese Zahlen den Zustand des Jahres 1995 beschreiben, also nach bereits mehreren Jahren intensiver Bautätigkeit. Der Bundesverband deutscher Wohnungsunternehmen (GdW) schätzt den Instandsetzungs- und Modernisierungsbedarf allein seiner Mitgliedsunternehmen noch auf über 100 Mrd. DM, obwohl seit 1990 bereits rd. 70 Mrd. DM investiert wurden.1.4 Mio. Wohnungen sind noch deutlich zu verbessern [ Fn.2: Vgl. GdW-Pressemitteilung 13/97 vom 1.7.97] .

[Seite der Druckausg.: 11 ]

Die Schäden im baukonstruktiven Bereich ergeben sich im einzelnen aus den Erhebungen, die im "Dritten Bericht über Schäden an Gebäuden" vergangenes Jahr vom Bundesbauministerium vorgelegt wurden. Danach besteht für den Altbaubestand der neuen Bundesländer ein erheblicher Instandsetzungsbedarf, da über Jahrzehnte die notwendige Instandhaltung und Instandsetzung weitgehend unterlassen wurde.

Die folgende Übersicht stellt die Schadensschwerpunkte des Altbaubestandes unter Berücksichtigung der Dringlichkeit dar. Bei 83 % aller Gebäude verursachen Schäden an den Fassaden, wie Risse und Putzablösungen, und Schäden im Bereich der Fenster einen Instandsetzungsbedarf, der bei 16 % der Gebäude dringend ist. Im Bereich der Keller sind als Schäden durchfeuchtete Sockel und Kelleraußenwände sowie geschädigte Kellerfenster zu nennen, die bei rund zwei Dritteln aller Gebäude eine Instandsetzung notwendig machen, die bei 12 bis 13 % der Gebäude Dringlichkeit besitzt. In ähnlicher Größenordnung (48 bis 57 %) liegt die Häufigkeit der Schädigungen an den geneigten Dächern und Schornsteinen.

[Seite der Druckausg.: 12 ]

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1.4 Leerstand

Der erhebliche Nachholbedarf an Instandsetzungs-, Sanierungs- und Modernisierungsmaßnahmen in den neuen Ländern spiegelt sich nicht nur in dem zuvor skizzierten schlechten Bauzustand vieler Gebäude und Wohnungen, sondern auch im Leerstand. Letzterer ist weitgehend ein Problem der in der ehemaligen DDR über Jahrzehnte baupolitisch gezielt vernachlässigten Altbauten. Die Dimension dieses Problems zeigt die Gebäude- und Wohnungszählung 1995 deutlich. Hiernach standen in den neuen Ländern neben den etwa 170.000 leerstehenden Wohnungen in völlig leerstehenden Altbauten über 224.000 Wohnungen in bewohnten Altbauten leer. Letztere entsprechen einer Quote von 7 %, wobei die Werte in den einzelnen Bundesländern von 4,4 % im Land Brandenburg bis zu 9,3 % im Land Sachsen variieren. In Halle und Magdeburg bilden schwere Mängel am Gebäude mit 35 % bzw. 37 % den Hauptgrund für den Leerstand. 30 % des Leerstandes in Sachsen-Anhalt sind auf Umbau- und Modernisierungsmaßnahmen zurückzuführen. Im Landesdurchschnitt stehen 28 % der unbewohnten Altbauten aufgrund von Restitutionsansprüchen und ca. 11 % wegen eines bevorstehenden Wohnungswechsels leer. 2 % des Leerstandes entfällt auf noch nicht bezogene Neubauwohnungen und bei 3 % ist der Abriß vorgesehen. Die hohe Quote an leerstehenden Wohnungen relativiert sich also, wenn die Gründe für den Leerstand betrachtet werden. Trotzdem wird der Leerstand noch über viele Jahre eine Herausforderung für die staatliche Wohnungspolitik und die private Wohnungswirtschaft bleiben.

Dementsprechend fordert auch der Bundesverband deutscher Wohnungsunternehmen (GdW), daß die Fördermittel weiterhin verstärkt für die Erhaltung und Verbesserung des vorhandenen Bestandes und für Wohnumfeldmaßnahmen eingesetzt werden. [ Fn.1: Daten und Fakten 1996 der unternehmerischen Wohnungswirtschaft bei den neuen Ländern, Ergebnisse der Befragung des GdW per 31.12.1996, GdW Informationen 58, Berlin/Köln 1997, S. 7-9] Nur so könne ein deutlicher Abbau des Leerstandes und auch dessen weiterer Anstieg vermieden werden. Für Ende 1996 beziffert der Verband die Leerstandsquote insgesamt auf durchschnittlich 5 %. In dieser Quote sind auch die leerstehenden Wohnungen enthalten, die wegen umfangreicher Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen nur vorübergehend nicht vermietet werden können. Rechnet man diese fast 35.000 Wohnungen heraus, dann ergibt sich ein Leerstand von rund 127.000 längerfristig leerstehenden Wohnungen (Quote 4 %). Von diesen Wohnungen sind über 40 % restitutionsbehaftet. Die ungeklärten Eigentumsverhältnisse führen nach Einschätzung des GdW dazu, daß es sich bei diesen Leerständen z.T. um unzumutbare und damit nicht marktfähige Wohnungsbestände handelt. Bereinigt man den Leerstand um die restitutionsbehafteten Wohnungen, so kommt man zu einer realen Leerstandsquote von 2,4 %. Von diesem Durchschnittswert gibt es sehr stark regionale Abweichungen. Eine entscheidende Ursache hierfür

[Seite der Druckausg.: 13 ]

sieht der Verband darin, daß in einigen Regionen in den letzten Jahren viele nicht wettbewerbsfähige Industriearbeitsplätze der DDR weggebrochen sind. Durch den so bedingten Wegzug vieler Familien kam es zu einem strukturellen Leerstand. Hiermit verbunden war der Verfall von Gebäuden und eine drohende Verslumung auch bei den Beständen, die nach wie vor für die Wohnraumversorgung der jeweiligen Region benötigt werden. Da der strukturelle Leerstand auf exogene Faktoren zurückzuführen ist, fordert der GdW staatliche Hilfen für die erforderlichen Gegenmaßnahmen - so z.B. Freistellung von Pflichten und Auflagen des Altschuldenhilfe-Gesetzes bei betroffenen Wohnungsbeständen.

Bewohnte Gebäude und Wohnungen sowie Leerstand in Altbauten

Bundesland

Gebäude insgesamt

bewohnte Gebäude

darin Wohnungen

davon





bewohnte Wohnungen

leerstehen. Wohnungen


Anzahl

Anzahl

Anzahl

Anzahl

Anzahl

%

Berlin

58.286

56.474

282.659

267.618

15.041

5,3

Brandenburg

294.511

281.420

474.510

453.626

20.884

4,4

Mecklenburg-Vorpommern

163.591

154.206

280.848

265.486

15.362

5,5

Sachsen

476.514

455.947

1.154.639

1.047.946

106.693

9,3

Sachsen-Anhalt

341.778

324.339

601.770

564.471

37.299

6,2

Thüringen

303.833

290.404

529.114

500.119

28.995

5,5

Insgesamt

1.638.513

1.562.790

3.323.540

3.099.266

224.274

6,8

Quelle: Statistisches Bundesamt, Gebäude- und Wohnungszählung 1995

Parallel zum Wohnungsleerstand erfolgt eine verstärkte Neubautätigkeit am Rand der Städte. Diese ist nicht zuletzt bedingt durch den Mangel an entsprechenden Einkaufsmöglichkeiten in den Innenstädten, wobei die Ausweisung innerstädtischer Neubauflächen und die Schaffung eines attraktiven Einzelhandels primär durch ungeklärte Eigentumsfragen blockiert werden. Das "Deutsche Seminar für Städtebau und Wirtschaft" spricht in diesem Zusammenhang von einem "Teufelskreis" der Abhängigkeiten zwischen Einzelhandel und Innenstädten. Nach der Wiedervereinigung führten unattraktive Innenstädte zur Nachfrage- und Angebotslenkung an den Stadtrand. Die Entstehung großflächiger attraktiver Einkaufszentren hatte wiederum zusätzliche Schwierigkeiten der Innenstädte bei der Lösung ihrer Strukturprobleme zur Folge, was deren Attraktivität zusätzlich beeinträchtigte. Alleine im Räume Erfurt-Weimar sind seit 1990 ca. 14 km2 Siedlungsfläche auf der „grünen Wiese" rechtskräftig genehmigt, erschlossen und schon in großen Teilen bebaut worden. Ein anderes Beispiel im Bereich des Handels und der Wirtschaft stellt die Verlagerung der Leipziger Messe von der Innenstadt an den Stadtrand dar.

[Seite der Druckausg.: 14 ]

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1.5 Eigentumsverhältnisse

Der im Einigungsvertrag und Vermögensgesetz festgeschriebene Grundsatz "Rückübertragung vor Entschädigung" führte insbesondere in den ersten Jahren nach deren Inkrafttreten zu erheblichen Verzögerungen und Rechtsproblemen auch bei der öffentlich geförderten Stadterneuerung. Die Problematik ungeklärter Eigentumsfragen wird gerade in Altbau-Wohnquartieren in zentrumsnaher Lage von einem hohen Aufwertungs-, Umstrukturierungs- und Verdrängungsdruck überlagert.

Eine statistische Umfrage des Forschungsbüros "Stadt + Land", Berlin, ergab, daß "ungeklärte Vermögensfragen" mit fast 50 % nach der Problematik „Verknappung der öffentlichen Mittel insgesamt" mit 66 % und "Fehlende Investitionsbereitschaft/-fähigkeit der Eigentümer" mit 59 % an dritter Stelle derjenigen Hemmnisfaktoren steht, die Durchführungsprobleme in der Sanierungspraxis der neuen Bundesländer verursachen.

Die Absichten der Alteigentümer mit den Grundstücken und Gebäuden nach der Rückübertragung verteilen sich wie folgt: Etwa ein Viertel der Alteigentümer will das Grundstück "sicher behalten", "vielleicht behalten" wollen es 11 %. Ebenfalls ein Viertel will das Grundstück "sicher verkaufen", "vielleicht verkaufen" wollen knapp 6 % der Alteigentümer und 15 % wußten noch nicht, was sie mit ihrem Grundstück machen werden. "Schon verkauft" haben ihr Grundstück bzw. ihren Anspruch auf Rückübertragung 8 %. Fast jeder zehnte Alteigentümer äußerte sich nicht zu den künftigen Absichten mit dem Grundstück. Die Hälfte der Alteigentümer lebt in Berlin, davon etwa ein Viertel in den östlichen Bezirken. Nur 3 % der Betreffenden haben ihren Wohnsitz in den neuen, aber fast ein Drittel in den alten Bundesländern, knapp 15 % leben im Ausland.

Zum Ausmaß der Restitutionsansprüche macht der GdW folgende Angaben [ Fn.1: Daten und Fakten 1996, GdW Informationen 58, a.a.O., S. 5 f.] : Von den bislang bekannten 638.000 restitutionsbetroffenen Wohnungen, die fast ausschließlich von kommunalen Wohnungsunternehmen verwaltet werden, wurden 51 % bis Ende 1996 abschließend bearbeitet. In 313.000 Fällen - entsprechend etwa 10% der von GdW-Unternehmen bewirtschafteten Wohnungen - waren die Anträge auch sechs Jahre nach der Wiedervereinigung aber noch immer nicht entschieden. Die Mieter dieser Wohnungen leben nach Angaben des Verbandes z.T. unter unzumutbaren Verhältnissen. Da bislang in vielen dieser Wohnungen aufgrund der ungeklärten Eigentumsverhältnisse nicht investiert werden konnte, sind die Mieter zurecht nicht nur mit den schlechten Wohnverhältnissen unzufrieden. Offen ist vielmehr auch, was aus ihrem Mietverhältnis wird, da nicht feststeht, was der künftige Eigentümer mit ihrer Wohnung vorhat.

[Seite der Druckausg.: 15 ]

Der GdW stellt fest, daß sich der größte Teil der Restitutionsansprüche auf den Altbaubestand der Großstädte konzentriert. Die Hälfte der restitutionsbehafteten Wohnungen befindet sich in den Ballungszentren Berlin, Dresden, Leipzig, Chemnitz, Magdeburg und Halle. In diesen Städten bieten ganze Straßenzüge aufgrund der ungeklärten Eigentumsverhältnisse, die Investitionen in solche Bestände blockieren, ein Bild des Verfalls. Zur Überwindung dieser Zustände hat der Gesetzgeber mit dem Wohnraummodernisierungssicherungsgesetz von März 1997 auch Regelungen zur Verbesserung der Investitionstätigkeit in den restitutionsbehafteten Beständen beschlossen. Danach können im Rahmen der sog. „kleinen Modernisierungslösung" künftig bis zu 50.000 DM/Wohnung investiert werden, die der Alteigentümer nach dem Rückerhalt der Wohnung dem Investor erstatten muß.

Auch wenn einer Meldung der Berliner Zeitung vom 5.9.1997 zufolge mittlerweile 76 % der rund 2,2 Mio. Rückübertragungsanträge - das entspricht immer noch 528.000 offenstehender Anträge - abgearbeitet sind, dürften noch weitere 5 bis 10 Jahre vergehen, bis die Ämter zur Klärung offener Vermögensfragen in Ostdeutschland rechtskräftig über alle Rückübertragungsansprüche entschieden haben. Dabei spielt auch eine Rolle, daß immer noch neue Restitutionsanträge hinzukommen. Den Mitgliedsunternehmen des GdW sind allein 1996 für über 30.000 Wohnungen bisher nicht bekannte Restitutionsansprüche zur Kenntnis gelangt.


© Friedrich Ebert Stiftung | technical support | net edition fes-library | Januar 2001

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