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Zusammenfassung und Schlußfolgerungen

Der Instandsetzung und Modernisierung des Altbaubestandes in den neuen Bundesländern kommt aus zwei Gründen eine besondere Bedeutung zu: Zum einen liegt der Anteil der bis 1948 errichteten Altbauten mit 65 % weit über dem westdeutschen Vergleichswert. Dabei reichen die Quoten von 56 % in Mecklenburg-Vorpommern bis zu fast 70 % in Sachsen, ländliche Gebiete weisen wiederum einen höheren Anteil an Altbauten auf als Großstädte. Zum anderen sind die Altbauten durch einen wesentlich schlechteren Bauzustand und Ausstattungsgrad gekennzeichnet. Noch 1995 verfügten fast 40 % der Wohnungen, darunter insbesondere die Altbauwohnungen - nicht über die heute üblichen Ausstattungsstandards (alte Länder 18%). Fast drei Viertel der Altbauten zeigen geringe bis mittelschwere Schäden, und 6 % dieser Gebäude haben schwere Schäden bei mindestens einem Bauteil (gegenüber 50% bzw. 2% bei Neubauten). Der Bundesverband deutscher Wohnungsunternehmen GdW schätzt alleine für seine Mitgliedsunternehmen den Instandsetzungs- und Modernisierungsbedarf auf 100 Mrd. DM. Verschärft wird diese Problematik durch die Restitutionsbelastung vieler Altbauten, die der notwendigen Sanierung entgegensteht. Ende 1996 waren in über 300.000 Fällen bei GdW-Unternehmen die Eigentumsverhältnisse immer noch ungeklärt.

Für die Beseitigung baulicher Mängel im Altbaubestand ist in der Regel der Vermieter zuständig. Er hat bei der Vorbereitung und Durchführung der Arbeiten sowie bei der Umlage der Kosten auf die Miete die Vorschriften des Mietrechts zu beachten, das einen Ausgleich zwischen den Interessen beider Mietparteien herstellen soll. Das BGB knüpft an Instandhaltung, Instandsetzung und Modernisierungsmaßnahmen unterschiedliche Rechtsfolgen. Der Mieter muß rechtzeitig und umfassend vom Vermieter angezeigte Maßnahmen zwecks Wohnwertverbesserung, Energie- und Wassereinsparung sowie zur Schaffung neuen Wohnraums dulden, soweit hieraus keine nicht zu rechtfertigenden Härten - u.a. hinsichtlich Mietzins - resultieren. Nach einer Modernisierung sind an die formellen Anforderungen der Mieterhöhungserklärung nach § 3 MHG in den neuen Ländern besonders hohe Maßstäbe anzulegen, weil hier Modernisierungen oft mit Instandsetzungen verbunden sind und bei der neuen Mietberechnung nur die Modernisierungskosten in Ansatz gebracht werden dürfen. Mit der Einführung des Vergleichsmietensystems ab dem 1.1.1998 entfällt die bisherige Kappungsgrenze nach dem Mietenüberleitungsgesetz MÜG für die Modernisierungsumlage. Befürchtungen, Mieter könnten mit dem Mittel der Modernisierung aus ihren Wohnungen verdrängt werden, sind aufgrund der Marktsituation weitgehend unbegründet. Beleg dafür ist, daß während der Gültigkeit des MÜG die Mieterhöhungsspielräume nach Modernisierungen nur selten ausgeschöpft wurden. Gleichwohl bedarf es einer gesamt-

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deutschen Wohngeldreform, denn diese Individualförderung hat längst ihre sozialpolitische Entlastungsfunktion verloren.

Durch rechtzeitige und umfassende Information, durch Einbeziehung der Mieter in die Entscheidungen, durch konkrete Unterrichtung über spätere Mietanpassungen u.a.m. lassen sich Konflikte vermeiden und die Wohnzufriedenheit erhöhen. Erfolgversprechend erscheint auch eine verstärkte Berücksichtigung der spezifischen Mieterinteressen bei Modernisierungen und eine Verbesserung der Spielräume für Mietermodernisierungen. Hierdurch könnte der hohe Investitionsbedarf in den neuen Ländern leichter bewältigt werden. Dies setzt allerdings voraus, daß die miet- und förderungsrechtlichen Rahmenbedingungen neu festgelegt werden.

Der erhebliche Instandsetzungs- und Modernisierungsstau in den neuen Ländern kann nur mit staatlicher Hilfe abgebaut werden. Auf Bundes- wie auf Landesebene werden deshalb der Förderung der Altbausanierung eine hohe Priorität eingeräumt. Das wichtigste Förderprogramm des Bundes ist das KfW-Wohnraummodernisierungsprogramm, das Instandsetzungs-, Modernisierungs- und Neubaumaßnahmen zur Schaffung von Wohnraum in bestehenden Gebäuden durch eine Zinsverbilligung subventioniert. Das KfW-Programm wurde für 1998 um 10 Mrd. DM aufgestockt und soll zu den gleichen Konditionen wie bisher fortgeführt werden. Die steuerliche Förderung nach dem Fördergebietsgesetz FöGG wird Anfang 1999 durch eine Investitionszulage abgelöst. Die staatliche Wohnungspolitik flankiert damit auch weiterhin die notwendige Sanierung des Wohnungsbestandes in den neuen Ländern; sie bremst damit zugleich den Abschwung der Baukonjunktur und sichert Arbeitsplätze.

Die indirekte Wohnungsbauförderung über das FöGG ist umstritten. Kritisiert wird, daß mit zweistelligen Milliardenbeträgen pro Jahr primär die Bezieher hoher Einkommen gefördert werden. Zudem kommt es zu Fehlallokationen, da durch die Subvention ein Angebot entsteht, das dem Bedarf nicht entspricht. Neue Wohnungen stehen in großer Zahl leer, während die Sanierung des Bestands nur schleppend vorankommt. Zu bemängeln ist weiter der erhebliche Rückgang der Finanzhilfen des Bundes im Sozialen Wohnungsbau, ohne daß es an anderer Stelle - beispielsweise beim Wohngeld - zu einer Stärkung der Wohnkaufkraft kam. Hierdurch wird eine kontinuierliche Wohnungspolitik konterkariert, die noch über viele Jahre zum Abbau der Instandsetzungs- und Modernisierungsdefizite in den neuen Ländern notwendig bleibt. Mit dem Rückzug des Bundes aus der sozialen Wohnungspolitik werden die finanziellen Lasten zunehmend auf die Länder und Kommunen abgewälzt. Es besteht die Gefahr, daß sich die Kommunen aus der Förderung verabschieden müssen, da sie den geforderten Eigenanteil nicht aufbringen können.

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Das Land Sachsen-Anhalt wird sein Engagement bei der Instandsetzung und Modernisierung der Wohnungsbestände fortsetzen. Dabei wird Wert auf eine kooperative und integrierte Wohnungspolitik und -förderung gelegt. Die Wohnungsunternehmen werden aufgefordert, ihr wohnungswirtschaftliches Instrumentarium auch zur Wohnungszusammenlegung und zur Umwidmung von Wohnungen zu einer städtebaulich sinnvollen Mischnutzung des Gebäudebestandes einzusetzen. Darüber hinaus sollen in einem dauerhaften Dialog zwischen wissenschaftlichen Instituten, wirtschaftlichen Akteuren und Ressorts der Landesregierung Ansätze für eine integrierte Wohnungspolitik entwickelt werden; Modellprojekte sind hier z.B. die energetische Sanierung des Wohnungsbestandes und Selbsthilfekonzepte zum Eigentumserwerb im Bestand.

Bei der Ausgestaltung eines Sanierungskonzeptes für Altbauten sind städtebauliche, architektonische, baukonstruktive, denkmalpflegerische und soziale Aspekte zu beachten.

  • Untersuchungsgegenstände unter städtebaulichen Gesichtspunkten sind die Auswirkungen der Modernisierung auf die Stadtreparatur, die Quartiersverbesserung und die Ansiedlung von Handel und Gewerbe. Dabei sollten die Grundsätze einer behutsamen Stadterneuerung als Leitlinien für die Erstellung eines Instandsetzungs- und Modernisierungskonzeptes dienen. Bei der Umsetzung dieser Grundsätze kann auf Erfahrungen bei der Sanierung westdeutscher, aber auch ausländischer Städte zurückgegriffen werden. Wichtig ist die Erschließung von Sanierungsgebieten in der Stadt, der ein Vorrang vor der Ausweisung von Neubaugebieten am Stadtrand einzuräumen ist.

  • Aus der Gebäudekategorie ergeben sich unterschiedliche architektonische Gesichtspunkte für die Altbaumodernisierung. Die Fachwerksubstanz, die in den Klein- und Mittelstädten der neuen Länder noch in großer Zahl vorhanden ist, benötigt zwar einen hohen Sanierungsaufwand, bietet aber auch gute Möglichkeiten einer Nutzungsänderung. Mietskasernen der Gründerzeit haben meist eine schlechte Qualität und folglich einen hohen Sanierungsaufwand. Es kommt meist nur dann zu privaten Investitionen, wenn Fördermittel aus der Sanierungsplanung zur Verfügung gestellt werden. Gleichzeitig stellt die mit der Förderung verbundene Mietbindung ein Investitionshindernis dar. Die Bürgerhäuser der Gründerzeit und des Jugendstils haben eine bessere Bausubstanz und eine hohe Wertbeständigkeit. Es entstehen nur relativ geringe Modernisierungskosten. Kritisch zu beurteilen sind Versuche, solche Wohnungen in mehrere kleinere Wohneinheiten aufzuteilen. Bei den hochrepräsentativen Bürgerhäusern sind die Alteigentümer oft mit den hohen Sanierungskosten überfordert. Da es für diese Wohnungen nach der Modernisierung wegen der hohen Mieten zu wenige Interessenten gibt, wurde in verschiedenen Bereichen eine gewerbliche Nutzung zugelassen. Die

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    Stadterweiterungen der zwanziger Jahre weisen eine relativ hohe Qualität auf. Hier besteht allerdings erheblicher Sanierungsbedarf besonders im Bereich der Wärmedämmung. Bei allen Altbaukategorien erscheint es sinnvoll, daß vor der Vergabe von Fördermitteln fundierte Sanierungskonzepte vorgelegt werden müssen.

  • Im baukonstruktiven Bereich sind die spezifischen Baumängel zu erfassen und daraus die Grundsätze für eine altbaugerechte Planung sowie Konzepte zur Wohnwertverbesserung abzuleiten. Der hohe Stellenwert einer baukonstruktiven Untersuchung wird anhand von Fehlentwicklungen bei früheren Sanierungsvorhaben, wie etwa in Berlin-Kreuzberg, deutlich. Die Analyse darf sich nicht allein auf technische Aspekte beschränken, sondern muß auch gesellschaftliche Entwicklungen in die Betrachtung einbeziehen. So sollte alten- und behindertengerechtes Wohnen, Mehrgenerationen-Wohnen und familiengerechtes Wohnen durch Veränderungen der Grundrißgestaltung ermöglicht werden.

  • Bei der Sanierung der Altbauten müssen auch die Anforderungen des Denkmalschutzes beachtet werden. Hier scheinen sich die Fehler, die beim westdeutschen Stadtumbau in den sechziger und siebziger Jahren gemacht wurden, in den neuen Ländern zu wiederholen, wie sich an Beispielen aus Leipzig, Meißen, Stralsund und anderen Städten belegen läßt. Ursächlich ist der Zielkonflikt zwischen der Denkmalpflege und der Forderung nach der wirtschaftlichen Nutzung eines Gebäudes. Diese Problematik besteht nicht nur für den Investor, sondern auch für die Städte selbst. Einerseits kann es eine Stadt nicht zulassen, daß ihr Innenstadtbereich entvölkert wird, weil es dort statt Wohnungen nur noch Büros gibt. Andererseits ist mit Wohnungsmieten allein die Modernisierung der Innenstädte nicht zu finanzieren. Der Denkmalschutz und die Revitalisierung der historischen Stadtkerne ist für die Angleichung der Lebensverhältnisse in West- und Ostdeutschland von außerordentlicher Bedeutung. Die Rettung und Stabilisierung bedeutender städtebaulicher Werte wird allerdings noch viele Jahre gemeinsame Anstrengungen von Bund, Ländern, Gemeinden, privaten Investoren und Bürgern erfordern.

  • Das besondere Dilemma in den Altbaugebieten ostdeutscher Großstädte besteht in der Divergenz zwischen Modernisierungserfordernissen und finanzieller Leistungsfähigkeit der Mieter. Deshalb ist bei Sanierungsmaßnahmen großer Wert auf eine sozialverträgliche Gestaltung zu legen. Modernisierungen sollten so durchgeführt werden, daß die Sozialstruktur der Wohngebiete möglichst erhalten, d.h. durchmischt bleibt. Die anschließenden Mietpreissteigerungen haben sich deshalb an den finanziellen Möglichkeiten der Bewohner zu orientieren. Wichtig erscheint in diesem Zusammenhang die Stärkung der kommunalen Stadtplanung. Diese kann bei Woh-

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    nungs-, Gebäude- und Stadtteilsanierungen neben fachlichen Aufgabenstellungen auch einen permanenten Dialog mit Bürgern, Bürgerinitiativen, Investoren und politischen Gremien sicherstellen.

Die Instandsetzung und Modernisierung des Wohnungsbestandes stellt derzeit die Hauptaufgabe der Wohnungswirtschaft der neuen Länder dar. So sahen sich z.B. die Mitgliedsunternehmen beider wohnungswirtschaftlicher Verbände in Sachsen-Anhalt 1990 mit einem Sanierungsstau von gut 25 Mrd. DM konfrontiert. Bis Ende 1996 wurden ca. 10 Mrd. DM in den Bestand investiert. Stärkere Verbesserungen der Eigenkapitalausstattung der Unternehmen durch weitere Mieterhöhungen sind nicht zu erwarten. Sanierungshemmnisse ergeben sich einmal aus den Mietschulden und Mietausfällen, die sich allein 1996 bei den Unternehmen beider Verbände auf 269 Mio. DM beliefen. Daneben behindern die zögerliche Bearbeitung von Förderanträgen und Genehmigungsverfahren sowie die Auflagen des Denkmalschutzes die Investitionstätigkeit der unternehmerischen Wohnungswirtschaft. Das Haupthindernis bei der Sanierung des Altbaubestandes stellen die Restitutionsansprüche dar. Auch das Investitionsvorrangverfahren konnte aufgrund seiner komplizierten Regelungen nur in wenigen Fällen zur Sanierung restitutionsbelasteter Häuser beitragen. Es wird auch nicht damit gerechnet, daß das Wohnraummodernisierungssicherungsgesetz mit seiner kleinen und großen Modernisierungslösung zu einer erheblichen Zunahme der Altbausanierung beitragen wird. Verschärfend wirkt in diesem Zusammenhang die Änderung des Vermögensgesetzes und die damit eröffnete Möglichkeit des doppelten Durchgriffs. Den Wohnungsunternehmen sind Investitionen in solchen Häusern mit unsicheren Eigentumsverhältnissen nicht zumutbar.

Durch die gute Baukonjunktur der vergangenen Jahre in Ostdeutschland konnte ein Teil des Beschäftigungsrückgangs insbesondere in der Schwerindustrie aufgefangen werden. Dabei gehen auch von der Sanierung des Altbaubestandes erhebliche Beschäftigungseffekte aus. Wegen der hohen Arbeitsintensität gerade im Altbaubereich entfalten dort eingesetzte Fördermittel eine hohe Beschäftigungswirksamkeit. Die Fördermittel des Jahres 1996 in Höhe von 320 Mio. DM führten zu schätzungsweise 60.000 Arbeitsplätzen im Bauhaupt- und Baunebengewerbe. Zusätzliche Beschäftigungseffekte läßt ein stärkeres Umschwenken auf ökologisches Bauen erwarten. Die öffentliche Hand ist aufgefordert, geeignete Rahmenbedingungen für ein günstiges Investitionsklima in der Bauwirtschaft zu setzen. Dies ist auch eine notwendige Voraussetzung für Modernisierungs- und Instandsetzungsmaßnahmen im Gebäudebestand. Angesichts der hohen Arbeitslosigkeit besonders in den neuen Ländern haben beschäftigungswirksame Investitionsanreize eine wichtige Bedeutung. Dabei sind Arbeitslose und Jugendliche ohne Lehrstellen verstärkt in Modernisierungs- und Sanierungsprojekte einzubeziehen. Arbeitsbeschaffung muß vor der Finanzierung von Arbeitslosigkeit stehen. Dagegen wirkt die derzeitige Sparpolitik der Bundesregierung kontraproduktiv, indem sie die Fördermittel für den sozialen Wohnungsbau und für Verbesserungen des Humankapitals kürzt.


© Friedrich Ebert Stiftung | technical support | net edition fes-library | Januar 2001

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