FES | ||
|
|
TEILDOKUMENT:
8. Das "Zentrum Hellersdorf" - Konzept und Durchführung Beim Zentrum Hellersdorf handelt es sich um ein neues Geschäfts-, Verwaltungs- und Kulturzentrum, das auf einer Stadtfläche von ca. 36 Hektar inmitten des Stadtbezirks Hellersdorf von der MEGA AG errichtet wird. Diese Fläche wurde schon vor 1989 von den damaligen Planern für eine städtische Mitte freigehalten. So entstehen zentral der Siedlung Einrichtungen der Bezirksverwaltung, Kultur-, Freizeit- und Bildungseinrichtungen, Warenhäuser, Hotels und Restaurants sowie ein Großkino und ein Ärztehaus. Das Zentrum rund um den U-Bahnhof Hellersdorf ist der Versuch, im nachhinein einen Stadtkern für die 130.000 Einwohner des Bezirks und der angrenzenden Gebiete zu schaffen. Der Entwurf des Stadtteilzentrums will sich nicht von der bestehenden Struktur abgrenzen, sondern die angrenzenden Quartiere miteinbeziehen. (Lautenschläger 1993) Durchgeführt wird das ca. 2,2 Milliarden teure Projekt von der Mega AG, einer Entwicklungsgesellschaft, die durch die Berliner Unternehmen Immobilientreuhand- und Vermögensanlage AG (ITAG), die Otremba Unternehmensgruppe, die Rentaco Unternehmensgruppe, die R&W Immobilien GmbH und das Emmissionshaus Dr. Görlich repräsentiert wird. Mit dem 1995 geschlossenen Durchführungs-, Erschließungs- und Kaufvertrag wurde die Mega AG Eigentümerin aller nicht öffentlichen Bauflächen. Zum besseren Verständnis dieses Projektes werden zuerst einige Informationen über die Entstehung, Größe und Lage von Hellersdorf gegeben.
8.1. Die Großsiedlung Hellersdorf
Der Stadtbezirk Hellersdorf wurde im Jahr 1986 gegründet und ist damit eine der jüngsten Berliner Großsiedlungen der ehemaligen DDR. Sie war die "Großbaustelle der Jugend", geplant für mehr als 100.000 Einwohner. (Lautenschläger 1993) Hellersdorf liegt an der östlichen Peripherie von Berlin, ca. 30 U-Bahn-Minuten vom Alexanderplatz entfernt. Der Stadtbezirk befindet sich in unmittelbarer Nähe zur weiten Landschaft des Landes Brandenburg. Zum Zeitpunkt des politischen Umbruchs im Jahr 1989 war Hellersdorf noch nicht fertiggestellt. Erst nachdem 1990 vom damaligen Berliner Magistrat beschlossen wurde, den Stadtbezirk durch die Sanierung der Plattenbauwohnungen, Wohnumfeldverbesserung und durch die Planung einer Stadtmitte weiterzuentwickeln, wurden die 1.600 im Rohbau erstellten Wohnungen zu Ende gebaut.
[Seite der Druckausgabe: 25]
8.2. Das Stadtteilzentrum - städtebauliches Konzept
Das Zentrum Hellersdorf ist ausdrücklich als Stadtteilzentrum geplant. Die Errichtung von städtischer Infrastruktur ist bereits in der Wettbewerbsauslobung festgelegt. Wie viele historische Städte ist auch das Zentrum Hellersdorf durch einen zentralen Platz geprägt. Die Haupterschließungsstraßen Hellersdorfs durchqueren diesen 120m x 120m großen Platz in Nordsüdrichtung und von Westen. Dadurch entstehen drei Teilplätze, die größenmäßig noch für urbane Aktivitäten ausreichend sind. Der Verkehr ist in zwölf Meter breite Fußgängergassen und ringförmig das Zentrum erschließende Nebenstraßen differenziert. Vier kleine, innerstädtisch lebendig gestaltete, grüne Plätze schaffen Abwechslung im Stadtraum. Die 24 Gebäudeblöcke nehmen mit vier bis sechs Geschossen die Höhe der bestehenden Baulandschaft auf, abgesehen von drei Bürohäusern, die mit 14 bis 22 Geschossen das Zentrum deutlich sichtbar markieren. Die Fläche aller geplanten Gebäude ergibt eine Bruttogeschoßfläche von 400.000 m2, die eine relativ hohe Verdichtung ergibt und die Mischung von Wohnen, Arbeiten, Einkaufen, von Freizeitangeboten und öffentlichen Einrichtungen erlaubt. Es entstehen ca. 1.000 Wohnungen, davon sind 850 mit öffentlichen Mitteln gefördert. Für Gastronomie, Handel und Freizeit stehen insgesamt 70.000 m2 Fläche zur Verfügung, davon sind rund 45.000 m2 Verkaufsfläche. Weitere 50.000 m2 Fläche werden für Büros, Praxen und Dienstleistungen errichtet. Doch das was das Zentrum Hellersdorf neben den Einrichtungen für Handel, Gewerbe und Freizeit zum tatsächlichen Stadtteilzentrum macht, ist die Übernahme von öffentlichen Funktionen. Zum einen entsteht die Fachhochschule für Sozialarbeit und Sozialpädagogik, das Rathaus und das für den Herbst 1997 geplante Oberstufenzentrum für Medizin. Ab Oktober wird ein Ärztehaus mit 21 Praxen die medizinische Versorgung für die Hellersdorfer gewährleisten. Die funktionale Dichte entsteht durch die vertikal geschichtete Nutzung von Handel, Wohnen und Büros in fast allen Gebäuden. In der Übersicht (Tabelle 4) sind die verschiedenen Einrichtungen noch einmal konkret aufgeführt. [Seite der Druckausgabe: 26] Tabelle 4: Übersicht Zentrum Hellersdorf
[Seite der Druckausgabe: 27]
8.3. Die Umsetzung des Hellersdorfer Stadtteilzentrums
Die finanzielle und zeitliche Realisierung des Projektes liegt seit dem Abschluß des Durchführungs-, Erschließungs- und Kaufvertrages allein bei der Mega AG. Im Rahmenvertrag zwischen dem Berliner Senat und der Mega AG haben sich beide Vertragsparteien dazu verpflichtet, alles Notwendige zur Durchführung des Projektes zu unternehmen. Unter dem damaligen Senatsbaudirektor Herrn Dr. Stimmann wurde eine Steuerungsgruppe für das Vorhaben eingerichtet, die mit den Verantwortlichen in allen betroffenen Abteilungen des Berliner Senats, dem Stadtrat des Bezirks, den Planern und der Mega AG regelmäßig zusammentraf und Entscheidungen vorantrieb. Im Jahr 1993 wurde der Bebauungsplan beschlossen. Notwendig gewordene Abweichungen wurden mit Hilfe der Steuerungsgruppe und unter Abwägung von Planungsvorgaben, Nutzungsinteresse und wirtschaftlicher Realisierbarkeit geklärt. Die Festlegung eines Standortes für ein Multiplexkino ist nur ein Beispiel dafür: Im Bebauungsplan ist festgelegt, daß alle Gebäude eine Tiefe von 12 m nicht überschreiten dürfen. Für das Kino ist jedoch eine Gebäudetiefe von 36 m notwendig. Man einigte sich darauf, in dem mit 100 m längsten der Gebäude, eine solche Gebäudetiefe zuzulassen. Ein Beispiel für das politische Interesse am Entstehen eines Stadtzentrums für den Stadtteil Hellersdorf ist die Verlagerung der Fachhochschule für Sozialarbeit und Sozialpädagogik von Schöneberg nach Hellersdorf gegen den Willen des Rektorates und anderer Gremien der Fachhochschule.
8.4. Konkurrenz für das Zentrum Hellersdorf?
Bereits zum Zeitpunkt der Wettbewerbsausschreibung war bekannt, daß in ca. ein Kilometer Entfernung vom Zentrum Hellersdorf der Einkaufspark Eiche entstehen wird. Seit seiner Eröffnung zieht der Kaufpark Eiche ca. 40.000 Menschen täglich an. (Der Spiegel 26.4.94) Im Rahmen der länderübergreifenden Planung zwischen den Ländern Berlin und Brandenburg wurde eine rechtskräftige Vereinbarung geschlossen, die zum Ziel hatte, den Schwerpunkt im Kaufpark Eiche auf Fachmärkte zu legen und im Stadtzentrum Hellersdorf auf Fach- und Einzelhandel. Bei der Errichtung des Kaufparks Eiche wurde dieser Beschluß nicht in allen Teilen [Seite der Druckausgabe: 28] eingehalten, und es entstanden ca. 40 kleine Geschäfte, die das dortige Fachmarktangebot abrunden. Jedoch wurde die Verkaufsfläche des Kaufparks Eiche im Rahmen dieses Vergleichs durch den Investor, die Discounter Kette Lidl & Schwarz aus Neckarsulm, von den geplanten 110.000 m2 auf 45.000 m2 reduziert. Vor dem Hintergrund der so entstandenen Konkurrenzsituation entschied sich der Kaufhauskonzern Hertie gegen eine Ansiedlung im Zentrum Hellersdorf. (Der Spiegel 26.12.94) Trotz dieser ernstzunehmenden Konkurrenz im Handel ist das Einkaufscenter Eiche keine Bedrohung für die Realisierung des Stadtteilzentrums Hellersdorf. Das Zentrum Hellersdorf geht in seiner Bedeutung über ein Einkaufszentrum bzw. einen Standort von Fachmärkten und Verbrauchermärkten weit hinaus. Das Stadtteilzentrum Hellersdorf entsteht inmitten der Großwohnsiedlung Hellersdorf. Es gibt jedoch auch Großprojekte, die in der unmittelbaren Umgebung einer oder mehrerer Großwohnsiedlungen durchgeführt werden, um so neue städtische Strukturen zu bilden. In unmittelbarer Nähe der Großwohnsiedlungen Am Stern und Drewitz in Potsdam entstehen verschiedene Projekte wie z.B. das Einkaufszentrum Sterncenter und das Wohnquartier Kirchsteigfeld. © Friedrich Ebert Stiftung | technical support | net edition fes-library | Oktober 2000 |