FES HOME MAIL SEARCH HELP NEW
[DIGITALE BIBLIOTHEK DER FES]
TITELINFO / UEBERSICHT



TEILDOKUMENT:


[Seite der Druckausgabe: 2]


1. Die volkswirtschaftliche Bedeutung junger Technologieunternehmen

Junge Technologieunternehmen (JTU) entwickeln und vermarkten anspruchsvolle, innovative Produkte, Verfahren oder Dienstleistungen. Charakteristisch für diese Unternehmen sind der hohe Bedarf nach langfristig und liquiditätsschonend zur Verfügung stehendem Kapital (bis zu mehreren Mio. DM für die Entwicklungsarbeiten, die Markteinführung, den Unternehmensaufbau, siehe hierzu Abbildung 1), die komplexen Managementanforderungen sowie die hohen technischen und marktseitigen Risiken. Dem stehen allerdings auch große Chancen gegenüber.

JTU wird eine besondere Bedeutung für den dauerhaften Strukturwandel und die internationale Wettbewerbsfähigkeit der Bundesrepublik zugemessen. [Fn. 1: Vgl. Bräunling (1993).] Von ihnen können wichtige Impulse für eine dynamische Wirtschaftsentwicklung ausgehen, dadurch, daß sie

  • den Innovationswettbewerb stärken, indem sie mit existierenden Unternehmen in Wettbewerb treten und diese dazu zwingen, ihre Innovationsanstrengungen zu verstärken.

  • die Nachfrage nach innovationsunterstützenden Dienstleistungen erhöhen bzw. erst schaffen. Diese Dienstleistungen sind u.a. ein wichtiger Faktor für die regionale Wettbewerbsfähigkeit.

  • durch "Ausgründung" (Spin-Off) die technologischen Entwicklungsergebnisse von Forschungseinrichtungen, z.B. auch früheren FuE-Einrichtungen der DDR, wirtschaftlich nutzen.

  • aufgrund ihrer geringen Fertigungstiefe ein wichtiger Nachfrager für regionale Zulieferbetriebe sind und dabei zum Teil hohe technische Qualitätsanforderungen haben. Auf diese Weise helfen sie, daß regionale Wertschöpfungsketten aufgebaut werden.

  • in den nächsten Jahren neue, hochqualifizierte Arbeitsplätze schaffen, wenn sie die in sie gesetzten Wachstumserwartungen erfüllen.

Schließlich sind JTU ein Symbol für ein wettbewerbsfähiges Wirtschaftssystem. Erfolgreiche Gründer haben eine Vorbildfunktion und motivieren andere technische Leistungsträ-,

[Seite der Druckausgabe: 3]

ger den Schritt in die Selbständigkeit zu wagen, was in den neuen Bundesländern (NBL) von besonderer Bedeutung ist.

Abb.1: Kapitalbedarf junger Technologieunternehmen [Höhe des Kapitals, das in JTU, die sich in der Markteinführungsphase befinden, seit ihrer Gründung geflossenen ist. Ohne in Anspruch genommene Kontokorrentkredite. Datenbasis: 33 JTU, die über den Modellversuch "Beteiligungskapital für junge Technologieunternehmen" (BJTU) gefördertes Beteiligungskapital erhalten haben.]

Abbildung 1: Kapitalbedarf junger TechnologieunternehmenBild vergrößern

Jedoch sind JTU in der Bundesrepublik auf wichtigen Feldern der Hochtechnologie nach Ansicht vieler Experten in Wissenschaft und Politik zu selten präsent. Die Hemmnisse für die Entstehung einer hinreichend großen Anzahl und einer erfolgreichen Entwicklung von JTU haben vor allem folgende Ursachen:

  • Begrenzte Verfügbarkeit von Kapital zur Finanzierung der Entwicklungsarbeiten, der Markteinführung und des Unternehmensaufbaus. So sind z.B. Banken kaum bereit, JTU zu finanzieren, wenn das Unternehmen noch keine Erfolge am Markt nachweisen kann und nicht über bankübliche Sicherheiten verfügt. Eine weitere Ursache für die Zurückhaltung bei der Finanzierung von JTU sind Schwierigkeiten der Kapitalgeber bei der Bewertung der technischen und marktseitigen Risiken von Innovationen.

  • Fehlende Managementqualifikation der Gründer der JTU. Die Gründer haben meist einen naturwissenschaftlich-technischen Erfahrungshintergrund und geringe kaufmännische und unternehmerische Kenntnisse. Neben generellen Managementproblemen resultieren hieraus auch Probleme bei der Kapitalbeschaffung, da z.B. Unternehmenskonzepte und Geschäftspläne wenig ausgereift sind. JTU haben deshalb in der Regel

[Seite der Druckausgabe: 4]

    einen hohen Bedarf nach Managementunterstützung und Vermittlung von Kontakten zu Vertriebspartnern, Kooperationspartnern, Lieferanten etc.

  • Markteintrittsbarrieren aufgrund geringer Marktkenntnis, Marketingqualifikation sowie von Vertriebs- und Imageproblemen der JTU.

  • Mangel an qualifiziertem und erfahrenem Managementpersonal. Trotz hoher Arbeitslosigkeit haben JTU vielfach Schwierigkeiten, qualifiziertes Personal zu finden, weil sie z.B. keine hohen Gehälter zahlen können oder erfahrene Manager nicht bereit sind, in einem sehr jungen und kleinen Unternehmen zu arbeiten.

Das Konzept einer Beteiligungsfinanzierung, das an diesen Engpässen der JTU ansetzt, könnte dazu beitragen, die Entwicklungshemmnisse zu überwinden. So stand vielen sehr erfolgreichen US-amerikanischen JTU zur Verwirklichung ihrer ambitionierten Wachstumspläne in den frühen Entwicklungsphasen Venture Capital zur Verfügung. Empirische Studien belegen darüber hinaus, daß Venture-Capital-Gesellschaften in den USA maßgeblich zur Entstehung und Entwicklung neuer Industriezweige und damit zur gesamten Wirtschaftsentwicklung beigetragen haben. [Fn. 3: Vgl. z.B. Schlosser (1990).] Die Bundesrepublik kann jedoch nicht auf eine langjährige Venture-Capital-Tradition zurückblicken. Erst seit Anfang der neunziger Jahre existiert ein sich entwickelnder Seed-Capital-Markt, d.h. ein Markt für Frühphasenbeteiligungen an JTU. Dieser entspricht jedoch noch nicht dem Kapitalbedarf von JTU. Vor diesem Hintergrund soll diese Ausarbeitung

  • die Entwicklungshemmnisse des deutschen Beteiligungskapitalmarktes aufzeigen und
  • Lösungsansätze zur Verbesserung der Rahmenbedingungen für den Beteiligungskapitalmarkt und JTU vorschlagen..

© Friedrich Ebert Stiftung | technical support | net edition fes-library | Januar 2001

Previous Page TOC Next Page