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TEILDOKUMENT:
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V. Hilfen zur Förderung des wirtschaftlichen Zusammenwachsens mit den MOE-Staaten von Seiten der deutschen Wirtschaft und des deutschen Staates 5.1 Zum Unterstützungsbedarf Die ökonomische Integration der MOE-Staaten muß durch Hilfen der westlichen Partnerstaaten und der Europäischen Union unterstützt werden. Zur Förderung der arbeitsteiligen Kooperation auf der einzelbetrieblichen Ebene ist der Aufbau eines institutionellen Netzes, das vor allem der Information und Beratung der Unternehmen dient, unerläßlich. Gerade kleine und mittlere Unternehmen sind auf diese Hilfestellungen angewiesen, wenn sie auf den neuen Märkten in Mittel- und Osteuropa Fuß fassen wollen. Zugleich muß der wirtschaftliche Umstrukturierungsprozeß in den Reformstaaten durch den Zufluß von organisatorischem und technischem Wissen unterstützt werden. Der Technologietransfer darf jedoch nicht einseitig von West nach Ost erfolgen, sondern muß in beiden Richtungen forciert werden. So weist der Arbeitskreis Deutsch-Polnische Wirtschaftsförderung z.B. auf das erhebliche Reservoir wissenschaftlich-technischer Kompetenz auf hohem Niveau in polnischen Unternehmen hin. Wichtig erscheint eine gezielte Förderung einer von beiden Seiten gemeinsam durchgeführten Industrieforschung und Umsetzung in neue Technologien und Produkte, notwendig also sind grenzüberschreitende Technologie-Förderprogramme. Die Zusammenarbeit auf technologischem Gebiet trägt gleichzeitig dazu bei, die Annäherung der MOE-Länder an den EU-Binnenmarkt zu beschleunigen. Nicht zuletzt besteht in den ehemaligen Ostblockstaaten erheblicher Bedarf an juristischer Beratungshilfe beim Aufbau rechtsstaatlicher und marktwirtschaftlich ausgerichteter Strukturen. Für ausländische Investoren stellt das Maß an Rechtssicherheit in den einzelnen MOE-Staaten eine wichtige Rahmenbedingung dar. Juristische Beratungshilfe einzelner Staaten verfolgt jedoch nicht nur uneigennützige Ziele. Für die deutsche Wirtschaft bedeutet es einen nicht zu unterschätzenden Vorteil, wenn das deutsche und nicht etwa das amerikanische oder französische Rechtssystem in die MOE-Staaten transferiert wird. Eine sehr wichtige Verzahnungsfunktion kommt zudem der Infrastruktur zu und hier vor allem dem Ausbau "Transeuropäischer Netze". Ohne eine leistungsfähige Infrastruktur ist eine ökonomische Integration der MOE-Staaten nicht möglich. Die Bundesrepublik Deutschland ist hier in besonderem Maße gefordert, gilt sie doch als [Seite der Druckausgabe: 39] weltweit führender Systemanbieter von Infrastruktur. Ihr besonderes Interesse muß natürlich dem Ausbau von durch Ostdeutschland führenden Ost-West-Verkehrsverbindungen gelten. Nach Einschätzung eines SPD-Bundespolitikers ist von deutscher Seite auf diesen Gebieten bislang zu wenig bewegt und erreicht worden. Weit einflußreicher seien z.B. die Amerikaner, obwohl von amerikanischer Seite im gleichen Zeitraum nur ein Bruchteil des Geldes an die MOE-Staaten zur Unterstützung des Reformprozesses geflossen sei wie aus Deutschland. Auch ein EU-Politiker beklagte einen im Vergleich zu anderen Ländern erheblichen Mangel an institutionellen Hilfen, Informationssystemen und Förderprogrammen aus Deutschland. So würden z.B. deutsche Unternehmen weit weniger durch ihre diplomatischen Vertretungen oder durch sonstige Außenhandelsinstitutionen unterstützt als etwa amerikanische und japanische Unternehmen. Ob die Bundesrepublik Deutschland hier gegenüber anderen Ländern tatsächlich einen erheblichen Nachholbedarf hat, muß an dieser Stelle offenbleiben. Die folgende Darstellung zeigt, daß das Instrumentarium bereits recht vielfältig ist und eine Reihe wichtiger Institutionen geschaffen wurden oder sich im Aufbau befinden. Ein Vertreter des Ostausschusses/Kooperationsbüros der Deutschen Wirtschaft wies in diesem Zusammenhang darauf hin, daß allein in Berlin über 100 Institutionen ansässig sind, die sich mit der Ost-West-Kontaktanbahnung, der Beratung, Ausbildung und Förderung befassen. Das Problem bestehe daher eher darin, der Informationsflut Herr zu werden. 5.2. Unterstützung beim Aufbau einer marktwirtschaftlichen Infrastruktur und der Unternehmenskooperation Bevor Unternehmen eine konkrete Kooperation vereinbaren, bedarf es vieler vorausgehender Kontakte. Das Kennenlernen und Herstellen von Vertrauen in den Partner sind notwendige Voraussetzungen unternehmerischen Handelns. Für diese Kontaktpflege übernehmen neben den Unternehmen selbst die Industrie- und Handelskammern eine wichtige Funktion. Der Deutsche Industrie- und Handelstag (DIHT) hat gemeinsam mit seiner IHK- Gesellschaft zu Förderung der Außenwirtschaft und der Unternehmensführung ein Netz von Auslandshandelskammem und Delegierten der Deutschen Wirtschaft in Mittel- und Osteuropa aufgebaut. Eine wichtige Vermittlerfunktion nimmt außerdem das Kooperationsbüro der Deutschen Wirtschaft wahr, das vom Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) und dem [Seite der Druckausgabe: 40] DIHT getragen und durch das Bundeswirtschaftsministerium gefördert wird. In Budapest und Prag sind die Delegierten der Deutschen Wirtschaft in bilaterale Auslandshandelskammern umgewandelt worden. Das Delegiertenbüro in Warschau steht kurz vor seiner Umwandlung. Delegiertenbüros sind auch in St. Petersburg, Moskau und Kiew eingerichtet worden. In Sofia wurde erstmalig ein Modell der Repräsentanz der Deutschen Wirtschaft eröffnet. Hinter diesem Modell verbirgt sich ein kleineres Delegiertenbüro, welches mit lokalen Kräften besetzt ist. Dem Büro in Sofia sollen weitere folgen - in Rumänien und Kasachstan, in Weißrußland und Slowenien sowie an regionalen Standorten in Rußland (z.B. Nowosibirsk). Weitere interessante Modelle werden erprobt. So wurde in Kiew mit Unterstützung der Kammer Düsseldorf ein sog. Firmenpool eingerichtet. Ziel dieses Pools ist, innerhalb eines Zeitraums von zwei Jahren 15 ausgesuchte deutsche Firmen an den Markt heranzuführen. Die dabei entstehenden Kosten werden auf die Finnen umgelegt. Dieses Modell wird in Kürze auf andere Standorte übertragen werden (Moskau und Bratislava). Der DIHT organisiert vor allem Unternehmertreffen in Deutschland, aber auch zahlreiche in Osteuropa. Ferner führt er auch für die Europäische Union spezielle Kooperationsprojekte durch wie z.B. das Europartenariat. Im Juni 1994 waren auf dem Europartenariat in Danzig 200 deutsche Firmen vertreten. Ferner wurde mit den Industrie- und Handelskammern der MOE- Staaten ein Kooperationsservice Osteuropa eingerichtet, in den u.a. Anfragen bei den Delegiertenbüros eingespeist werden. Allein beim Delegiertenbüro Moskaus würden monatlich 450 Anfragen von deutschen Unternehmen eingehen. Die genannten Institutionen vermitteln auch Informationen über die spezifischen Risiken und Probleme einzelner Standorte. Wie oben beschrieben wird hierbei versucht, so weit wie möglich regional und branchenmäßig innerhalb eines Landes zu differenzieren, da eine Länderanalyse allein zu einem völlig falschen Bild führen kann. Mit der Schaffung dieses institutionellen Netzes können die Chancen und Risiken des mittel- und osteuropäischen Marktes für deutsche Unternehmen in einem guten Maße beurteilt werden. Die Bundesregierung unterstützt die mittel- und osteuropäischen Länder und die GUS-Staaten bei der Bewältigung ihrer Transformationssysteme. Inhaltliche Schwerpunkte des Beratungskonzepts der Bundesregierung sind: [Seite der Druckausgabe: 41]
Das Mittelvolumen in 1994 liegt bei 300 Mio. DM. Die Mittelaufteilung ist wie folgt geplant: Tab. 14: Mittelverwendung im Rahmen des Beratungsprogramms der Bundesrepublik Deutschland für die Länder Mittel- und Osteuropas
Quelle: BMWi (Hrsg.), Die Beratung Mittel- und Osteuropas beim Aufbau von Demokratie und sozialer Marktwirtschaft, Bonn Mai 1994, S. 9 (BMWi-Dokumentation Nr. 350). [Seite der Druckausgabe: 42] Die konkreten Maßnahmen sind der Natur der Sache nach sehr vielfältig. Hervorgehoben werden soll aber die Unterstützung des Aufbau eines Technologie- und Gründerzentrums in Gdansk im Rahmen des Beratungsprogramms zum Aufbau der sozialen Marktwirtschaft in Polen durch das BMWi. Gesellschafter der Technologiezentrum und Technologiepark GmbH sind die Technische Universität Gdansk, die Stadt Gdansk, das Institut für Fluid Flow Machinery, die Science Technology Foundation Gdansk sowie die ExperConsult Unternehmensberatung GmbH & Co. KG Dortmund. Die Gründungsaktivitäten werden zunächst in einem sogenannten Pre- Zentrum auf dem Gelände der TU Gdansk begonnen. Zu einem späteren Zeitpunkt soll das Projekt durch einen sog. Technologiepark ergänzt werden. Hinsichtlich der Förderung von Direktinvestitionen deutscher Unternehmen in den MOE/GUS- Ländern stehen unterschiedliche Instrumentarien zur Verfügung:
[Seite der Druckausgabe: 43] 5.3 Unterstützung beim Aufbau rechtsstaatlicher Strukturen in den MOE-Staaten - Die Deutsche Stiftung für internationale rechtliche Zusammenarbeit e.V. Über den Erfolg der Transformation in Mittel- und Osteuropa entscheidet nicht zuletzt eine klare und konsistente Gestaltung der rechtlichen Rahmenbedingungen. Für den einzelnen Bürger wie für die Unternehmen - vor allem für ausländische Investoren - spielen ein hohes Maß an Rechtssicherheit und damit rationaler Gestaltung unternehmerischen Handelns eine wichtige Rolle. Eine reine Imitation westeuropäischer oder anderer Erfahrungen wird angesichts der unterschiedlichen soziokulturellen Bedingungen und Problemlagen nicht zum Erfolg führen. Andererseits ist die aktive Aneignung bestehender Rechtssysteme in existierenden sozialen Rechtsstaaten ein entscheidendes Mittel für problemadäquate Lösungen. Da die Mehrzahl der MOE- Staaten eine Aufnahme in die Europäische Union anstrebt, ist zudem eine sukzessive Anpassung an bestehendes Europa- Recht notwendig. Für die Unterstützung der Entwicklung einer rechtsstaatlichen Rahmengesetzgebung in den MOE-Ländern wurde im Mai 1992 auf Initiative des damaligen Bundesjustizministers Dr. Klaus Kinkel, die Deutsche Stiftung für internationale rechtliche Zusammenarbeit e.V. in der Rechtsform eines gemeinnützigen Vereins gegründet. Vorrangiges Ziel der Beratungstätigkeit ist es, in den MOE/GUS- Staaten die Entwicklung rechtsstaatlicher und marktwirtschaftlich ausgerichteter Strukturen zu unterstützen. Nach Aussagen des Geschäftsführers der Stiftung orientiert sie sich dabei konsequent am Bedarf der jeweiligen Partnerländer. Natürlich liegt es aber auch im Interesse der Bundesregierung und der deutschen Wirtschaft, wenn die östlichen Nachbarländer sich in wesentlichen Grundzügen am deutschen Recht orientieren. Auch andere Länder insbesondere die USA und Frankreich versuchen, ihr nationales Recht zu transferieren. Die häufig formulierte Befürchtung, ganz Osteuropa werde vom amerikanischem Recht überschwemmt, ist jedoch nach Kenntnis des Stiftungsvertreters unbegründet. Ihre Position sei nur in einigen Bereichen, so im Banken- und Versicherungswesen und bei Finanzdienstleistungen einflußreich. Die sachlichen Schwerpunkte des Beratungsangebots der Stiftung sind
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Im Rahmen dieser 4 Schwerpunkte vermittelt die Stiftung auch Europarecht, wobei sie den engen Kontakt zur EG-Kommission anstrebt. Es wurde jedoch darauf hingewiesen, daß das Recht, welches die Stiftung als nationales deutsches Recht präsentiert, in großem Umfang bereits europäisches Recht ist. Die Übernahme dieser modernen Rechtsordnung europäischen Zuschnitts fördert die wirtschaftliche Einigung und erleichtert die langfristig geplante Integration der MOE-Staaten in die Europäische Union, zumal diese - so die Einschätzung des Geschäftsführers der Stiftung - vielleicht in erster Linie sogar eine Rechtsgemeinschaft sei. In der Beratungstätigkeit sollen Konzepte erarbeitet werden, die Pilotfunktionen wahrnehmen und zugleich eine Multiplikatorenwirkung erzielen. Bei der Durchführung von konkreten Projekten wird eine Eigenbeteiligung der Empfängerländer angestrebt. Die Rechtsberatung der Stiftung konzentriert sich vor allem auf Bulgarien, Estland, Kasachstan, Lettland, Litauen, Polen, Rußland, Slowakei, Tschechien, Ukraine, Ungarn und Weißrußland. © Friedrich Ebert Stiftung | technical support | net edition fes-library | November 2000 |