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TEILDOKUMENT:
[Seite der Druckausg.: 52 (Fortsetzung)]
Die öffentliche Verwaltung Deutschlands ist zu Beginn der 90er Jahre in schwieriges Fahrwasser geraten. Insbesondere die sich zuspitzende Finanzkrise der öffentlichen Haushalte hat auch in den Kommunen die Widersprüche und Defizite der traditionellen bürokratischen Organisation und Funktionsweise der Verwaltung deutlich zu Tage treten lassen. Die Verwaltung Weber'scher Prägung ist offensichtlich immer weniger in der Lage, der wachsenden Aufgabenfülle und den gestiegenen Anforderungen in einem zunehmend schwieriger werdenden und sich dynamisch verändernden Handlungsumfeld gerecht zu werden. Hinzu kommt, daß die Bürger sich immer weniger mit den verkrusteten Strukturen der kommunalen Verwaltung identifizieren, denen sie sich oft hilflos ausgeliefert fühlen. Erwartet werden Strukturreformen, die den Prozeß des Leistungsabbaus und der Qualitätsverschlechterung bei gleichzeitig wachsender Steuer- und Abgabenquote zumindest abbremsen. Handlungsbedarf besteht nach Einschätzung des Managerkreises der Friedrich-Ebert-Stiftung (Simmert u.a. 1996) insbesondere in bezug auf folgende Problemfelder der öffentlichen Verwaltung:
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Zum Abbau dieser Problemfelder hat inzwischen eine wachsende Anzahl von Städten, Gemeinden und Kreisen Modernisierungsprozesse eingeleitet. Die Reformwelle hat inzwischen ein Ausmaß erreicht, das auf eine dauerhafte und unumkehrbare Entwicklung hindeutet. Orientierungsrahmen und Handlungsgrundlage der kommunalen Reformprojekte ist das Neue Steuerungsmodell der KGSt, das im wesentlichen auf eine nachhaltige Steigerung der Effizienz und Effektivität sowie eine Erhöhung der Bürgernähe des Verwaltungshandelns abstellt. Daneben gibt es aber auch eine Vielzahl von spezifischen, den jeweiligen Erfordernissen angepaßten Reformansätzen, die die vorhandenen Spielräume für die dringend erforderlichen Innovationen ausschöpfen und damit wichtige Anregungen für die Entwicklung und Ausgestaltung zukunftsfähiger Verwaltungsstrukturen geben. Die oben vorgestellten Reformbeispiele aus Berlin, Hanau und dem Landkreis Kassel deuten das breite Spektrum kommunaler Modernisierungsprojekte in eindrucksvoller Weise an. Erklärtes Ziel der Reformen ist die Schaffung einer flexibel agierenden, lern- und anpassungsfähigen Dienstleistungsorganisation, die dem Bürger wie der Wirtschaft neuartige Zugänge zur Verwaltung eröffnet. Dabei ist das Konzept des einseitigen Abbaus öffentlicher Funktionen bei Aufrechterhaltung der alten verkrusteten Hierarchiestrukturen, das die Konservativen im Bunde mit den Liberalen propagieren und auch anwenden, nach Auffassung des innenpolitischen Sprechers des SPD-Parteivorstandes Ulrich Maurer ein Irrweg. Hierbei wird eine Privatisierungswelle die andere ablösen, und am Schluß bleibt nur noch eine auf wenige Funktionen begrenzte, schlanke Verwaltung traditioneller Prägung. Die Zukunftsfähigkeit unserer Wirtschaft und Gesellschaft verlangt aber eine Modernisierung im kommunalen Bereich und die Einbringung von Funktionsvielfalt in die öffentlichen Dienstleistungsverwaltungen, für die sich die SPD einsetzt. Hierfür sind Maßnahmen in unterschiedlichen Aktionsbereichen notwendig. In diesem Zusammenhang nennt der Managerkreis der Friedrich-Ebert-Stiftung folgende Gestaltungsfelder: [Seite der Druckausg.: 54]
Entsprechende Instrumente der Verwaltungsreform werden zwar in zunehmendem Maße von Städten, Gemeinden und Kreisen eingesetzt. Die Reformeuphorie in den Kommunen und die Erfolge, die mit den Modernisierungsmaßnahmen bereits erzielt wurden, dürfen allerdings nicht darüber hinwegtäuschen, daß die Reformbewegung an einem kritischen Punkt angelangt ist. Die andauernde Finanzkrise droht, den Reformen mehr und mehr die materiellen Voraussetzungen zu entziehen. Notwendige Investitionen in die technische Infrastruktur müssen gestreckt werden, dringend erforderliche Qualifizierungsmaßnahmen bleiben aus. Die Gefahr, daß die Reformen zunehmend auf die bloße Realisierung kurzfristig wirksamer Sparziele beschränkt werden und dabei strukturelle Veränderungen ausbleiben, ist nicht von der Hand zu weisen, zumal auch mittelfristig keine Entspannung der kommunalen Finanzlage zu erwarten ist. Das bedeutet nicht, daß auf Maßnahmen zur kurzfristigen Kostensenkung verzichtet werden kann. Vielmehr sind bestehende Kostensenkungspotentiale zum Zweck der Haushaltskonsolidierung konsequent aufzudecken und zu nutzen. Dabei ist aber zu unterscheiden zwischen Kosteneinsparungen, die durch Leistungsabstriche erzielt werden, und Kosteneinsparungen, die aus Produktivitätssteigerungen des Verwaltungshandels resultieren. Letztere tragen ohne Beeinträchtigung der Handlungspotentiale über eine höhere Effizienz mittel- bis langfristig auch zur Lösung der kommunalen Finanzprobleme bei, während eine reine Sparstrategie über einen Leistungsabbau die Aktionsspielräume der Verwaltung beschneidet und deren Attraktivität für Wirtschaft und Gesellschaft reduziert. Fest steht auch, daß das Konzept Sparen allein nicht für die gewünschte Modernisierung der Verwaltung ausreicht. Es kann vielmehr nur als erster Schritt einer [Seite der Druckausg.: 55] Verwaltungsreform dienen. Die so erzielten Effekte müssen aber ergänzt und langfristig abgesichert werden durch eine Neujustierung der kommunalen Aufgabenstellung bei Politik, Verwaltung, Mitarbeitern und Bürgern und dabei insbesondere durch das schrittweise Umschwenken auf ein modernes Dienstleistungs- und Qualitätsmanagement. Im übrigen sind Haushaltskonsolidierung und Verwaltungsmodernisierung zwei Seiten derselben Medaille. Eine dauerhafte Sanierung der öffentlichen Haushalte wird nur dann gelingen, wenn die kurzfristig wirksamen Einsparungen in ein gesellschaftlich tragfähiges Gesamtkonzept eingebettet werden, das die zukünftigen Ziele und Inhalte kommunaler Aufgabenwahrnehmung umreißt. In diesem Zusammenhang wächst der Neuordnung des Verhältnisses von politischer Führung und Verwaltung mehr und mehr eine entscheidende Rolle zu. Die Politik ist aufgerufen, sich primär auf die Nutzung ihrer Richtlinienkompetenz zu konzentrieren. Sie sollte sich also im wesentlichen auf die Festsetzung klarer Verwaltungsziele beschränken. Nur wenn allen Beteiligten klar ist, wohin die Reise geht", können der Umbau und die Neuorganisation der öffentlichen Verwaltung gelingen. Neben der Steuerung der Verwaltung durch Zielvorgaben hat die Politik auch künftig die Erreichung der gesetzten Ziele zu überwachen bzw. Ergebniskontrollen der Verwaltungsaktivitäten durchzuführen. Dagegen sollte die Auswahl des besten Weges zum Ziel den Verwaltungen überlassen bleiben. Hier ist eine Vielzahl politischer Einzelentscheidungen fehl am Platz. Gefragt ist vielmehr eine Ausschöpfung verwaltungsinterner Humanressourcen, die durch eine Verlagerung von Entscheidungskompetenzen auf die fachlich zuständigen und qualifizierten Mitarbeiter mobilisiert werden können. Eine solche Arbeitsteilung zwischen Politik und Verwaltung stellt die Weichen in Richtung auf ein modernes, effizientes, transparentes, bürgernahes und rechtsstaatliches Dienstleistungsunternehmen öffentliche Verwaltung". © Friedrich Ebert Stiftung | technical support | net edition fes-library | Januar 2002 |