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2. Wohnungsbau und Wohnungswirtschaft im vereinigten Deutschland



2.1 Sanierung und Modernisierung des Wohnungsbestandes in Ostdeutschland

Schon während der ersten wohnungspolitischen Debatte um die Neugestaltung des staatlich gelenkten Wohnungswesens in der DDR im Rahmen des Einigungsvertrages, entwickelte sich eine Kontroverse über die Zukunft der Großsiedlungen in Plattenbauweise. Angesichts ihres Anteils an der Wohnraumversorgung der Bevölkerung (heute lebt in den NBL etwa jeder vierte Einwohner in einer Plattenbauwohnung; im Ostteil Berlins ist es fast jeder zweite) erwies sich eine radikale Erneuerungsstrategie über ein umfangreiches Abrißprogramm als mittelfristig undurchführbar. Vom Beginn der industriellen Wohnungsbauproduktion 1957 bis zur 'Wende' wurden in der DDR 125 Großsiedlungen mit mehr als 2500 Einwohnern [ Fn. 2: Vgl. Barleben u.a. 1994, S. 364] errichtet, davon 70 mit mehr als 5000 Wohneinheiten. Sieben Siedlungen haben mehr als 100.000 Einwohner, bilden also selbst eine Großstadt.

Auch bei denen, die eine Entwicklungsfähigkeit der Großsiedlungen bezweifelten, setzte sich die Erkenntnis durch, daß ein solches Programm weder finanzierbar, noch sinnvoll sein würde. Daraus ergab sich notwendig die Aufgabe, eine städtebauliche Strategie für die Großsiedlungen in einem liberalisierten Wohnungsmarkt zu entwickeln. Zunächst führte man eine Bestandsaufnahme der baulichen Mängel und städtebaulichen Defizite durch. Für die Darstellung der baulichen Mängel sei exemplarisch auf die Studie der Wüstenrot-Stiftung verwiesen, die schon zu Beginn der Sanierungsmaßnahmen durch die Wohnungsgesellschaften einen detaillierten Handlungsbedarf für eine dauerhafte Grundsanierung formulierte, (vgl. Barleben u.a. 1993, Bd. I, S. 116 - 145). Hier ist zu unterscheiden zwischen dem:

  • Instandsetzungsbedarf, der alle älteren industriell erstellten Gebäude betrifft, und abhängig von der Bauausführung auch Siedlungen, die in den achtziger Jahren errichtet wurden, und dem
  • Modernisierungsbedarf, um die Wohnqualität der Plattenbausiedlungen an die des westdeutschen Sozialen Wohnungsbaus heranzuführen.

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Der Instandsetzungsbedarf in den neueren GS konzentriert sich auf typische Schwachpunkte der WBS 70 Baureihe: Betonschäden an Außenwänden/Fassaden, Dachisolierung einschließlich Balkone, Loggien und Vordächer, Abdichtung der Keller, Ausrührung der Elektro- und Sanitärinstallationen, Auslegung der Heizungsanlage. Der Modernisierungsbedarf ist abhängig von der angestrebten Wohnqualität bzw. dem Mietniveau. Zusammen mit von Bodenpreisen und Bauzustand könnte eine aufwendige Modernisierung zu Gesamtkosten führen, die den Restwert der Wohnung bzw. des Gebäudes übersteigen. Diese würde sicherlich dem Investitionskalkül eines privaten Einzelinvestors, der nicht Selbstnutzer ist, widersprechen. Die Wohnungsgesellschaften waren in Einzelfällen trotzdem zu solchen Maßnahmen bereit, um gutverdienende Mieter in ihrem Bestand zu halten, oder um den Wohnwert einer ganzen Siedlung zu erhöhen. Bei sinkender öffentlicher Förderung dürfte sich die Bereitschaft zu solchen Investitionen in Grenzen halten. Während der Tagung wurde von Vertretern ostberliner Wohnungsgesellschaften explizit auf ihre veränderte Vermarktungsstrategie hingewiesen. Priorität hat die unmittelbare Kundenzufriedenheit, d.h. Investitionen erfolgen vor allem dort, wo sie Forderungen der Mieter erfüllen. Dies bedeutet eine Konzentration auf Beratung und Service.

Schwieriger als eine Festlegung des Sanierungsbedarfs war es, allgemeingültige Aussagen über die Neugestaltung des Umfeldes zu formulieren. Wenn auch die Defizite ähnlich waren, hängt die Umgestaltung der Großsiedlungen von der Entwicklungsperspektive der jeweiligen Region und der ihnen zugewiesenen Funktion auf dem jeweiligen Teilwohnungsmarkt ab. Hier kam es zu einer Ausdifferenzierung nicht zuletzt entsprechend der allgemeinen wirtschaftlichen Entwicklung des Standortes. Allgemein lassen sich für den Nachholbedarf in den Großsiedlungen zwei Bereiche unterscheiden: Zum einen die Grundversorgung gemäß der DDR-Städtebauplanung und den aller anderen Dienstleistungsangebote. Im Rahmen der DDR-typischen Grundversorgung wurden die Großsiedlungen vergleichsweise großzügig mit bestimmten öffentlichen Gesundheits-, Bildungs- und Sozialdienstleistungen ausgestattet. Vor allem Vorschuleinrichtungen, Schulen und Schulturnhallen, Ambulatorien (staatliche Ärztehäuser), Altenwohnheime und Einkaufseinrichtungen gehörten zur Standardausstattung der GS. Dagegen blieb das Angebot an Freizeit- und Kultureinrichtungen rudimentär, so daß die Bewohner auf das ohnehin unzureichende Angebot in den Stadtzentren verwiesen waren. Die Standard-Gaststätte und der Jugendklub im Dienstleistungswürfel waren oft das einzige Freizeitangebot in den Großsiedlungen. Bei der Umgestaltung des Wohnumfeldes ging man von der kleinsten städtebaulichen Planungseinheit in den Großsiedlungen, der „Wohngruppe" aus. Die Wohngruppe umfaßt ei-

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nen „Komplex von Wohnungen, Wohngebäuden, gemeinschaftlichen und öffentlichen Einrichtungen, Straßen, Wegen, Gassen, Plätzen, Freiflächen und Anlagen für den ruhenden Verkehr." Alle unmittelbaren Freizeitangebote (Grünanlagen, Spielplätze, kleine Gartengrundstücke, Bolzplätze und Schikanen für Skater u.a., Teiche und Bäche) sollen in der Wohngruppe entstehen. Die Kritik an der Gestaltung der Freiflächen gemäß der Standardvorgaben des Städtebaus in der DDR richtete sich vor allem gegen folgende Punkte:

  • monotone Ausgestaltung der Flächen
  • fehlende Abgeschiedenheit des unmittelbaren Umfeldes, keine Erlebniszonen für die Bewohner eines Gebäudes oder einer Straße, keine Sitzgruppen, Terrassen, Gärten o.a.
  • weitgehend fehlende bzw. unzureichend ausgestattete Spiel- und Sporteinrichtungen
  • am Autoverkehr orientierte Straßenführung, kaum Spielstraßen

Diese Defizite, bedingt durch die bautechnischen Einschränkungen der Plattenbauweise und restriktiven Planvorgaben, lassen sich im Nachhinein nur begrenzt ausgleichen, da Gebäudezuschnitte und Straßenführung nicht oder nur unter einem hohen Kostenaufwand veränderbar sind. Trotzdem ist es gerade in den ostberliner Großsiedlungen mit einem aufwendigen Gestaltungskonzept gelungen, Vegetation und Freiflächen in erlebbare Landschaften zu verbinden. Diese Neugestaltung wurde mit der Schaffung zusätzlicher Freizeitangebote verbunden, die von der Bevölkerung sehr hoch bewertet werden. Die Reaktion der Bewohner auf diese Aufwertung ihres unmittelbaren Wohnumfeldes ist ganz überwiegend positiv und hat die meßbare Zufriedenheit und Identifikation mit dem Quartier sichtlich erhöht. Diese Maßnahmen in Berlin waren nur möglich über eine öffentliche Sonderförderung, die nicht flächendeckend in allen neuen Bundesländern existiert. Auch hier zeigt sich die Bedeutung einer längerfristigen Perspektivplanung. In Großsiedlungen wie Leipzig-Grünau, die im regionalen Wohnungsmarkt eher eine Auffangfunktion für sozial schwache Mietergruppen übernehmen sollen, wurde auf derartige Aufwertungsmaßnahmen mit dem Argument verzichtet, Errichtung und Unterhaltung solcher Flächen führe zu höheren Betriebskosten und damit zu höheren Mieten. Diese Argumentation war auf der Tagung umstritten und zeigt allerdings auch die besonderen Bedingungen der ostberliner Großsiedlungen. Sie sind insoweit als Positivbeispiele dafür anzusehen, wie man durch gezielte städtebauliche Maßnahmen die physischen Grundlagen für eine Quartierbildung schaffen kann.

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Entscheidend für jedes tragfähige Sanierungsprogramm im Bereich industrieller Wohnungsbau war die Frage nach der Finanzierung. Schnell ergaben sich selbst bei konservativen Schätzungen und einem niedrig angesetzten Wohnstandard, d.h. weitgehender Verzicht auf wertsteigernde Ausbauten, Sanierungskosten von ca. 15.000 - 60.000 DM [ Fn. 3: In diesen Kosten sind für die Plattenbauweise typischen Modernisierungsanteile enthalten: Nachrüstung der Armaturen, Nachrüstung bzw. Umstellung der Heizungsanlagen auf Erdgas, Nachrüstung bzw. Einbau von Telekommunikationsnetzen, Einzelzähler für Wasser- und Energieverbrauch (vgl. Barleben u.a. 1994, Bd.I, S. 291/92)] pro Wohneinheit Bei einem Gesamtbestand von ca. 2,3 Mio. Wohneinheiten ergab sich dadurch ein Gesamtbedarf in dreistelliger Milliardenhöhe. Auch wenn der Zustand der Bausubstanz selbst bei gleichzeitig errichteten, typengleichen Gebäuden wegen der vielfachen Verarbeitungsmängel höchst unterschiedlich war, stellte sich damit die zentrale Aufgabe für die Wohnungsbaupolitik im vereinigten Deutschland. Allen Beteiligten war klar, daß die ostdeutschen Kommunen bzw. die Wohnungsgesellschaften nicht in der Lage sein würden, diese flächendeckende Grundsanierung aus den laufenden Mieteinnahmen zu finanzieren. Dieses konnte nur durch ein staatlich gefördertes Modernisierungsprogramm erfolgen.

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2.2 Die Plattenbausiedlungen in Ostberlin: das Konzept des Berliner Senats zur Sanierung und Modernisierung

Dieses staatliche Förderkonzept bestand aus einer Reihe direkter und indirekter Subventionen und Verfahrenserleichterungen für den Wohnungsbau in den ostdeutschen Großsiedlungen. Exemplarisch soll hier nach einem allgemeinen Überblick über die wichtigsten Instrumente das Berliner Landesprogramm dargestellt und diskutiert, werden. Dabei wird besonders auf das Gutachten von Prof. Dr. Tomann, Inhaber des Lehrstuhls für Wirtschaftspolitik am volkswirtschaftlichen Fachbereich der FU Berlin, für den Verband Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen e.V. verwiesen (vgl. Tomann 1996).

Grundlage der öffentlichen Förderung war die politische Vorgabe, daß aus sozialpolitischen Gründen die Mieten in Ostdeutschland nur parallel zu den Einkommen steigen sollten. Die weitere Administration dieses Preistyps in dem sich entwickelnden Wohnungsmarkt bot demnach wenig Anreize für private Investoren. Darüber hinaus war die zukünftige Entwicklung von Grundstückspreisen und damit Verkehrswerten für Immobilien in Ostdeutschland wegen der fehlenden Vergleichsdaten und der Ungewissen wirtschaftlichen Entwicklung in den neuen

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Bundesländern höchst unsicher. Um private Kapitalbesitzer trotzdem zu einem Wohnungserwerb und zu Bauinvestitionen in Ostdeutschland zu bewegen, entschloß sich die Bundesregierung zu einer großzügigen Förderung derartiger Vermögensanlagen. Dazu wurden sie im Rahmen des Fördergebietsgesetzes vor allem indirekt subventioniert und zwar mittels hoher Sonderabschreibungen und der steuerlichen Abzugsfähigkeit verbundener Kosten. Darüber hinaus wurde das Darlehensprogramm der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) in mehreren Schritten von 10 Mrd. auf über 60 Mrd. DM aufgestockt. Angesichts der Strukturkrise in der ostdeutschen Bauwirtschaft wurde diese Förderung im Rahmen des sog. 'Programm(s) zur Konzentration, Ergänzung und Beschleunigung der Investitionsförderung im Wohnungsbau [ Fn. 4: Pressemitteilung des Bundesbauministeriums vom 16. Februar 1998] der Bundesregierung im Februar 1998 nochmals aufgestockt. Die Zinsverbilligung für Sanierungsmaßnahmen „in industriell gefertigten Wohngebäuden in den neuen Ländern" wurde um einen Prozentpunkt erhöht. Ergänzend dazu haben die neuen Bundesländer besondere Landesprogramme aufgelegt. Für das Land Berlin beruht(e) das Modernisierungsprogramm für die Großsiedlungen in Plattenbauweise vor allem auf folgenden Richtlinien des Berliner Senats:

  • Richtlinien über die Gewährung von Zuwendungen für die Wohnungsmodernisierung durch Mieter (MieterModRL 93) vom 12. März 1993
  • Richtlinien über die Gewährung von Zuwendungen zur Instandsetzung und Modernisierung von industriell gefertigten Wohngebäuden im Ostteil Berlins (InstModRL 94 - industrielle Bauweisen) vom 3. November 1993.

Dieses Förderpaket ist nicht nur auf die Großsiedlungen beschränkt, hat aber in erheblichem Umfang die Grundsanierung der Plattenbauten kofinanziert. Da die ostberliner Wohnungsgesellschaften die Grundsanierung auf eigene Rechnung, d.h. vor einem eventuellen Verkauf an die Mieter durchgeführt haben bzw. durchrühren, ist neben dem KfW-Darlehensprogramm die InstModRL 94 das entscheidende Förderinstrument auf Landesebene. In größeren Sanierungsgebieten Westberlins ergab sich ein klassisches ökonomisches Anreizproblem, da der Einzelinvestor, dem eine Immobilie in einem Sanierungsgebiet gehörte, vor der typischen Situation des 'prisoners-dilemma' stand: unter dem geltenden Mietrecht konnte er auf dem Markt nur dann eine seine Investitionskosten deckende Miete durchsetzen, wenn nicht nur seine Wohneinheiten), sondern das ganze Viertel saniert wurde. Da er die Investitionsbereitschaft der anderen Anbieter nicht kannte, war es für ihn rational abzuwarten, bis ein Konkurrent dieses Ein-

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trittsrisiko übernahm. Da alle Anbieter diese Kalkül kennen, erfolgen ab einem bestimmten Verfallsstand in einem Quartier keine Investitionen mehr, weil z.B. Kreditinstitute die Belastungsfähigkeit des Gebäudebestandes herabstufen, Einzelhändler schließen und nach und nach die gutverdienenden Mieter wegziehen. Dieses in den USA als 'red-lining' bekannte Phänomen ist ein klassischer Fall von Marktversagen, der nur durch Bildung eines Sanierungs-Kartells der Eigentümer oder über ein öffentliches Sanierungsprogramm gestoppt werden kann. Durch die Grundsatzentscheidung des Senats (Berliner Landesregierung) zur Sanierung und Weiterentwicklung der GS und das Modernisierungspaket wurde eine grundlegend andere Ausgangslage geschaffen. Sanierung war allerdings nur durch Umsetzung innerhalb der Großsiedlungen möglich, da mittelfristig der Wohnraum für eine umfassende Entmietung in der Region nicht vorhanden war.

Gefördert wird die Grundsanierung und -modernisierung, deren Umfang in den Anlagen zur Richtlinie, getrennt nach Wohnungsbauserien, genau festgelegt ist. Dabei sind jeweils spezifische Kostenobergrenzen je Wohneinheit festgesetzt. Die Förderung erfolgt als Ko-Finanzierung zum KfW-Modernisierungsprogramm, wenn die Baukosten die Obergrenzen dieses Programms überschreiten, entweder in Form von Zinshilfen zu Darlehen der Investitionsbank Berlin (IBB) oder als Aufwendungszuschüsse. Die Höhe des Zuschusses wird auf Grundlage einer Wirtschaftlichkeitsberechnung der Zweiten Berechnungsverordnung ermittelt. Bei einer kalkulatorischen Eigenkapitalverzinsung von vier Prozent und einer geschätzten Steigerungsrate der Nettokaltmiete von 3,1 % soll so eine Kostendeckung der Investition sichergestellt werden. Die Miethöhe nach der Modernisierung wird über das geltende Mietrecht (§ 11 MHG bzw. ab dem 1.1.98 Vergleichsmietensystem) hinaus nicht beschränkt, mit der Ausnahme von Sozialmietern gemäß § 25 Abs. II. WoBauG. Für diese soll die neue Miete für die modernisierte Plattenwohnung die Durchschnittsmiete im Sozialen Wohnungsbau des gleichen Baualters nicht überschreiten. Dabei galten 1996 folgende Werte als zulässig: bei einem Gebäude, das bis 1970 errichtet wurde eine Nettokaltmiete bis 6.01 DM/qm, bei neueren Gebäuden eine Nettokaltmiete von 7,06 DM/qm.

Allein in den Jahren 1996 und 1997 wurden für Modernisierungs- und Instandsetzungsmaßnahmen ca. 800 Mio. DM in den Berliner Landeshaushalt eingestellt. Davon entfielen 1996 ca. 270 Mio. DM, d.h. ein Drittel auf die Plattenbauwohnungen. Dem standen aber Ende 1996 bereits Anträge in einem Gesamtumfang von 430 Mio. DM gegenüber. Der geförderte Kosten

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anteil an den gesamten Baukosten betrug ca. 90 Prozent. Nicht zuletzt mit Hilfe dieser Förderung ist es den Wohnungsgesellschaften bis heute gelungen, mehr als fünfzig Prozent des Gesamtbestandes in den ostberliner Großsiedlungen zu sanieren. Die Vertreterin der Senatsbauverwaltung, Schümer-Strucksberg, schätzte auf der Tagung, daß sich der ursprünglich angestrebte Zeitraum von 10 Jahren für die Komplettsanierung der Großsiedlungen wegen der Haushaltskürzungen um ca. drei bis fünf Jahre verlängern wird. Damit wäre die Sanierung Mitte des kommenden Jahrzehnts abgeschlossen. Vertreter der Wohnungsgesellschaften beurteilten diese Prognose angesichts der sich abzeichnenden drastischen Kürzungen bei der öffentlichen Wohnungsbauförderung als zu optimistisch.

Eine öffentliche Förderung von speziellen Baumaßnahmen ist in dem Maße notwendig, in dem der volkswirtschaftlich sinnvolle Bedarf an Sanierungs- oder Neubauvolumen vom betriebswirtschaftlichen Nutzungskalkül des einzelnen Eigentümers abweicht. Das kann durch Marktversagen entstehen oder durch eine rechtliche Regulierung der Kosten (z.B. durch Vorschriften zur Bauausführung) und/oder der Investitionserträge. Diese werden entscheidend durch die durchschnittliche Steigerungsrate der Miethöhe bestimmt. In der Sondersituation der deutschen Vereinigung ging es um die Anschubfinanzierung eines flächendeckenden Sanierungsprogramms, bei dem gleichzeitigen Strukturwandel von einer Zuteilungswirtschaft zu einem funktionsfähigen Wohnungsmarkt. Das bei jeder Bauinvestition vorhandene Liquiditätsdefizit in der Anfangsphase wird normalerweise über den Kreditmarkt abgedeckt. Angesichts der Häufung unkalkulierbarer Risiken (der Zeitpunkt für die Angleichung des Mietrechts war ungewiß, ebenso die Entwicklung des Wohnungsangebotes, der Realeinkommen usw.) hätte eine reine Marktfinanzierung zu prohibitiven Risikozuschlägen geführt. Die ohnehin unterkapitalisierten Wohnungsgesellschaften hätten unter diesen Umständen den weiteren Verfall ihres Bestandes nicht stoppen können. Bei fortschreitender Anpassung von Mietrecht und Marktstruktur in Ostdeutschland stellt sich die Frage erneut, in welchem Umfang eine öffentliche Wohnungsbauförderung notwendig bleibt, und mit welchen Instrumenten zielgenau die politisch formulierten Zielsetzungen erreicht werden können. Tomann schlägt vor, im wesentlichen degressiv gestaffelte Zinszuschüsse zu gewähren und die Förderung über das Bankensystem, ergänzt durch eine bewilligende Landesförderbank, abzuwickeln. Sozial- und umweltpolitische Zielsetzungen sollen nicht mehr über die Bauförderung, sondern über direkte spezielle Subventionen, z.B. ein Sonderwohngeld, verfolgt werden. Diese Argumentation ist aus der allgemeinen Deregulierungsdebatte bekannt. Ob allerdings die Aufteilung der Bauförderung auf zwei Landes-

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verwaltungen (Senatsbauverwaltung und Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umweltschutz) in Berlin zu einem verringerten bürokratischen Aufwand führt, darf bezweifelt werden.

Abschließend sollen hier die Lage und die mittelfristigen Perspektiven des Wohnungsmarktes in der Region Berlins umrissen werden: in der Stadt gibt es z.Z. 1,85 Mio. Wohneinheiten, davon 1,2 Mio. im Besitz der Öffentlichen Hand, bzw. unter einem kommunalen Belegungsrecht stehend. Der Leerstand wird auf ca. 11.000 Wohnungen geschätzt. Der zukünftige Bedarf hängt entscheidend vom Bevölkerungssaldo Berlins ab, der zur Zeit gegenüber dem brandenburgischen Umland und insgesamt negativ ist. In welchem Umfang der Regierungsumzug ab 1999 einen Zustrom finanzkräftiger Haushalte in das Stadtgebiet bringen wird, ist umstritten. Die optimistischen Einschätzungen seitens der Wohnungsbauunternehmen sollten angesichts früherer Fehlprognosen und -investitionen im Bereich der Gewerbeimmobilien nicht ungeprüft akzeptiert werden. Allerdings ist die These von Klaus Groth, als Chef der Immobilienfirma Groth & Gralfs und Vorstand des Landesverbandes freier Wohnungsunternehmen Berlin-Brandenburg einer der bestinformierten Insider, nicht von der Hand zu weisen, daß sich mit der Verlagerung zentraler politischer Funktionen an die Spree auch viele Unternehmensführungen und Verbände in Berlin ansiedeln würden. Wenn er den bereits absehbaren Bedarf (1000 Mitarbeiter bei debis, 550 bei Daimler Benz, 850 bei Sat l, Stäbe der 153 Botschaften usw., vgl. den Tagesspiegel vom 27. Mai 1998, S. 18) aufzeigt, konzentriert sich dieser auf hochwertige Neubauten und luxussanierten Altbau im Stadtzentrum. Für die Mieterstruktur in den ostberliner Großsiedlungen dürfte dieses höchstens mittelbare Auswirkungen haben. Generell gilt für den Wohnungsmarkt auch des Regierungssitzes Berlin, daß er von der wirtschaftlichen Entwicklung der Region abhängt. Diese wiederum bleibt von den Erwartungshaltungen der privaten Investoren und der Schaffung geeigneter politischer Rahmenbedingungen abhängig. Hier sei auf den Forderungskatalog Groths (a.a.O.) verwiesen:

  • termingemäßer Umzug der Regierung und Bundesbehörden
  • Errichtung des Großflughafens Berlin-Brandenburg in Berlin-Schönefeld
  • Bau der Transrapidstrecke Berlin - Hamburg
  • Fusion der Länder Berlin und Brandenburg

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Schon an dieser kurzen Liste läßt sich ablesen, wie unsicher der erhoffte Aufschwung ist. Auch nach dem Regierungsumzug wird noch einige Zeit vergehen, bis sich der Wohnungsmarkt in Berlin in seiner Struktur westdeutschen Ballungsgebieten angeglichen haben wird.

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2.3 Öffentliche Wohnungsbauförderung und ihre Auswirkungen auf das Wohnungsangebot in den neuen Bundesländern

Zielsetzung, Umfang und Instrumente der öffentlichen Wohnungsbauförderung sind seit Jahren Gegenstand der wirtschaftspolitischen und städtebaulichen Debatte. Zwar ist man sich in dem wohnungspolitischen Ziel einig, den Prozentsatz der selbstnutzenden Wohnungseigentümer zu erhöhen, aber die verschiedenen Modelle präferieren stark abweichende Verteilungswirkungen. Die Kontroverse um die geeigneten politischen Rahmenbedingungen zur Förderung der Vermögensbildung über Wohneigentum ist nicht von den gesellschaftspolitischen Vorstellungen der Protagonisten zu trennen. Dies wirkt sich besonders drastisch auf dem Wohnungsmarkt Ostdeutschland aus, da die Mehrheit der Ostdeutschen weder über nennenswertes Kapitalvermögen, noch über ein überdurchschnittliches Einkommen verfügt. Die Kritik entzündete sich besonders an der indirekten Förderpraxis über den alten § 10e EStG, da durch die Minderung der steuerlichen Bemessungsgrundlage es zu einer Förderprogression bei steigendem steuerpflichtigen Einkommen kommt. Dies begünstigt gerade die Bevölkerungsgruppen, die auch ohne staatliche Hilfen Wohneigentum erwerben können. Mit der Neufassung des Wohnungseigentumsförderungsrechtes durch die Bundesregierung im Sinne einer progressionsunabhängigen Zulage, kombiniert mit einem Vorkostenabzug, ist dieser Effekt zwar gemildert. Aber wegen der unzureichenden direkten Prämienförderung und den steigenden Bodenpreisen bei stagnierenden Realeinkommen ist es selbst für Bezieher mittlerer Einkommen kaum noch möglich, über Sparkapital Wohneigentum zu erwerben. Dies trifft in besonderem Maße auf den ostdeutschen Wohnungsmarkt zu, begünstigt die Eigentumsförderung mittels hoher Sonderabschreibungen über das Fördergebietsgesetz doch eine Umverteilung von Ost nach West.

Diese Aufsplitterung der Wohnungspolitik auf unterschiedliche Instrumente und Programme verschiedener Behörden auf allen staatlichen Ebenen führte zu einer uneinheitlichen, zum Teil widersprüchlichen Entwicklung des ostdeutschen Wohnungsmarktes. Einige Trends seien hier kurz skizziert:

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Die innerstädtische Altbausubstanz ist vielfach mit Restitutionsansprüchen belastet. Zwar wurde mittlerweile mehr als die Hälfte der Fälle durch einen rechtskräftigen Bescheid entschieden, aber in vielen Fällen schließt sich ein langjähriger Rechtsstreit an. Da der Grundbesitz eines Straßenzuges nur in Sonderfällen in einer Hand liegt, kommt es dadurch zu einem uneinheitlichen Sanierungsstand.

  • An den Stadträndern der Großstädte sind wegen der steuerlichen Anerkennung der Errichtungskosten über die Sonderabschreibungsregelung des Fördergebietsgesetzes vielfach Eigenheim- und Reihenhaussiedlungen entstanden, die den aktuellen Bedarf bzw. die regionale kaufkräftige Nachfrage weit übertreffen. Hier kommt es bei z.T. nicht kostendeckenden Mietforderungen zu erheblichem Leerstand.
  • Die in industrieller Bauweise errichteten Großsiedlungen wurden über öffentliche Förderung grundsaniert, wobei der Anteil der sanierten Gebäude am Gesamtbestand regional stark schwankt. Besonders Genossenschaften und kleinere Wohnungsgesellschaften haben weder die laufenden Mieteinnahmen, noch erhalten sie die erforderlichen Darlehen, um in größerem Umfang zu sanieren und modernisieren. Hier wirkt sich die bedingte Kostenübernahmegarantie des Altschuldenkompromisses negativ aus, da für Kreditgeber und Anleger die Vermögenslage der Wohnungsunternehmen nicht einzuschätzen ist.


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2.4 Vergleichsmietensystem und Privatisierung des Wohnungsbestandes

Einführung des Vergleichsmietensystems

Nach einer jahrelangen, erbittert geführten Debatte wurde zum l. Januar 1998 in den neuen Bundesländern das Vergleichsmietensystem nach westdeutschem Vorbild eingeführt. Danach ergeben sich die Mitpreissteigerungen auch in Ostdeutschland nicht mehr aus staatlichen Verordnungen, sondern durch auf dem Markt erzielte Vergleichsmieten bzw. den Obergrenzen der Mietspiegel. Gerade in Ballungsgebieten hatte es anhaltende Kontroversen über die Regeln zu ihrer Aufstellung gegeben. Die in der politischen Diskussion früher geäußerten Befürchtungen über eine massenhafte Entmietung und Räumung ostdeutscher Mieter, und einer daraus folgenden, wachsenden Obdachlosigkeit in den neuen Bundesländern, haben sich bis jetzt nicht bestätigt. Obwohl es noch zu früh ist, die Auswirkungen des neuen Systems auf die Mietsteigerungsrate in Ostdeutschland abzuschätzen, geben selbst Mieterorganisationen zu, daß angesichts des weitgehend gesättigten Wohnungsmarktes und der stagnierenden, oder sogar sinkenden Realeinkommen es den Wohnungsgesellschaften und privaten Vermietern schwerfällt,

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Mieterhöhungen durchzusetzen. Bei Bruttokaltmieten von über zehn Mark pro Quadratmeter (diese ergeben sich aus der erhöhten Grundmiete gemäß der Zweiten Grundmietenverordnung + Beschaffenheitszuschlag + umgelegter Modernisierungsanteil + kalte Betriebskosten) für eine grundsanierte Plattenbauwohnung in ostberliner Großsiedlungen ist der Erhöhungsspielraum bis zum Erreichen der Mietobergrenze des Berliner Mietspiegels gering. In Einzelfällen würde er schon durch eine weitergehende Modernisierung wie den Neueinbau eines Badezimmers oder einen neuen Raumzuschnitt überschritten. Da diese Kosten von den Wohnungsgesellschaften nicht auf die Miete umgelegt werden können, unterbleiben sinnvolle, wertsteigernde Investitionen. Bei Neuvermietungen bzw. Erstbezug werden zum Teil erheblich höhere Quadratmeterpreise erzielt.

Im Gegensatz dazu befürchten Wohnungsexperten und Vertreter der Vermieterverbände, daß selbst die Einführung des Vergleichsmietensystems die durchschnittlichen Steigerungsraten der Mietzinsen zu gering ausfallen läßt, um kalkulierte Kostenmieten privater Investoren zu erzielen. Dies gilt besonders für die Begründung einer Mieterhöhung durch die ortsübliche Vergleichsmiete, da in vielen homogenen Teilmärkten (wie es Großsiedlungen sind) die Neuvermietungsrate zu gering ist, um diese Mietverhältnisse als Vergleichswohnungen heranziehen zu können: „Dem ostdeutschen Vermieter werden nach Freigabe der Mieten als Begründungsmittel zwar auf jeden Fall (bei Fehlen eines örtlichen Mietspiegels, D.J.) sofort die drei Vergleichsobjekte und das Sachverständigengutachten zur Verfügung stehen. Allerdings wird sich das Gutachten im einzelnen Streitfall nicht immer auf Objekte beziehen können, die nach Art, Ausstattung, Größe, Beschaffenheit und Lage vergleichbar sind, weil diese Objekte fehlen oder unbekannt sind." (Expertenkommission 1994, S. 41, RdNr. 3502). Diese Sorge erscheint angesichts der regen Neubautätigkeit an den Stadträndern in Ostdeutschland begründet. Offensichtlich waren die steuerlichen Anreize der erhöhten Sonderabschreibung gemäß Fördergebietsgesetz ausreichend um einen Bauboom auszulösen, unabhängig davon, ob kurzfristig kostendeckende Mieten am Markt erzielt werden können.

Die weitere Wirkung des Vergleichsmietensystems wird entscheidend vom Sättigungsgrad der Wohnungsmärkte und der Entwicklung der Realeinkommen in den neuen Bundesländern bestimmt werden. Schon jetzt zeigt sich auf den Wohnungsmärkten westdeutscher Ballungsgebiete daß teure Wohnungen (z.B. luxussanierter Altbau im Stadtzentrum) unvermietbar bleiben, während ein anhaltend großer Bedarf nach preiswertem Wohnraum besteht. Nachdem die

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Bundesregierung mit ihrem wohnungspolitischen Konzept, die Senkung der steuerlichen Förderung für Immobilieninvestitionen durch eine Liberalisierung des Mietrechtes, d.h. vor allem des Miethöhengesetzes, zu kompensieren, zumindest vorläufig gescheitert ist, bleibt die Frage, inwieweit das Vergleichsmietensystem einen funktionsfähigen Wohnungsmarkt in Ostdeutschland herstellen kann. Selbst wenn man davon ausgeht, daß sich Haushaltsgrößen und der Wohnraumbedarf pro Person westdeutschen Werten angleichen, kann mittelfristig eher von einem Angebotsüberhang ausgegangen werden. Dies zeigt auch die Kontroverse über die flächendeckende Erstellung von Mietspiegeln durch ostdeutsche Kommunen. Während Mieterorganisationen früher immer die Einbeziehung von Neuverträgen zur Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete kritisierten, bzw. Vermietervertreter die Nichtberücksichtigung preisgebundener Bestandsmieten forderten, dreht sich die Kontroverse heute mehr um die Frage, ob durch Verwaltungsgrenzen funktionierende lokale Märkte bestimmt werden können. Da die meisten Neubauten außerhalb der Stadtgrenzen in den Umlandgemeinden errichtet wurden, können sie nach dem geltenden Recht nicht in die Mietspiegel der Großstädte einbezogen werden.

Privatisierung des Wohnungsbestandes

Die Privatisierung des staatlichen Wohnungsbestandes gilt als eine Schlüsselmaßnahme bei der Errichtung eines funktionsfähigen Wohnungsmarktes in Ostdeutschland. Gemäß Artikel 22 des Einigungsvertrages wurde der gesamte volkseigene Grundbesitz einschließlich der darauf errichteten Gebäude zunächst an die Kommunen übertragen, die jedoch diesen Bestand i.d.R. nicht selbst bewirtschafteten, sondern ihn an kommunale Wohnungsgesellschaften übertrugen. Dazu erfolgte die Rechtsumwandlung der VEB der Kommunalen Wohnungswirtschaft in privatrechtlich verfaßte Kapitalgesellschaften. Die Umstrukturierung der Genossenschaften wird an dieser Stelle nicht berücksichtigt. Diese neuen Wohnungsgesellschaften blieben bis heute aber weitgehend im Besitz der Öffentlichen Hand. Gravierender ist jedoch der Tatbestand, daß diese Wohnungsgesellschaften gerade in den Großsiedlungen de facto Monopolanbieter sind, da ihnen 90 % und mehr des Wohnungsbestandes gehören. Daran ändern auch die übernommenen Belegungsrechte der Kommune nichts. Angesichts der Tatsache, daß sich auch ein Großteil der Versorgungseinrichtungen und Freizeitangebote in Gebäuden der WG befinden, hat der Geschäftsführer oft die Position eines de-facto-Bürgermeisters für dieses Gebiet inne. Ohne seine Zustimmung sind wichtige Entscheidungen zur Neugestaltung, wie Gewerbeansiedlung, Kulturangebote, Gestaltung des öffentlichen Raumes nicht möglich.

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Wie sehen nun die ökonomischen Rahmenbedingungen für die weitere Privatisierung des Wohnungsbestandes aus? Die Wohnungsgesellschaften haben einen doppelten Anreiz beschleunigt zu privatisieren: Zum einen erfordert die Streichung der Altschulden gemäß dem Altschuldenkompromiß zwischen der Bundesregierung und den ostdeutschen Kommunen von den Wohnungsgesellschaften, mindestens 15 % ihres Bestandes von 1990 beschleunigt zu privatisieren. Zum anderen läßt sich die Grundsanierung des Bestandes angesichts der sinkenden öffentlichen Förderung nur weiterführen, wenn zu den laufenden Mieteinnahmen Privatisierungserlöse hinzukommen. Darüber hinaus verbessert der Verkauf von Eigentumswohnungen die Sozialstruktur der Bewohnerschaft in den Großsiedlungen, da dieser Eigentumserwerb ein mittleres Einkommen bzw. Vermögen voraussetzt. Allerdings ergeben sich eine Reihe von Schwierigkeiten aus der komplizierten Rechtslage:

  • Die auf Wohnungen bzw. Gebäude umgelegten Altschulden aus den staatlichen DDR-Krediten an die damaligen Wohnungsgesellschaften dürfen nicht an den Käufer einer Eigentumswohnung weitergegeben werden, sondern sollen von den Wohnungsgesellschaften aus den Privatisierungserlösen bestritten werden.
  • Um Rechtsstreitigkeiten zuvorzukommen und die Akzeptanz für die Privatisierung in der Mieterschaft zu erhöhen, sollten die Wohnungen erst nach der Grundsanierung verkauft werden. Zum Teil ist dies eine Voraussetzung für den Zugang zu öffentlichen Förderprogrammen,
  • Die Verkaufserlöse sind eine wichtige Einnahmequelle für die Wohnungsgesellschaften um die weitere Sanierung zu finanzieren. Die Sanierungskosten bestimmen die Preisuntergrenze. Dies erleichtert nicht eine kurzfristige Vermarktung bei einem wenig aufnahmefähigen Immobilienmarkt. Ein mögliches Kalkül der Wohnungsgesellschaften könnte deshalb darin bestehen, zunächst die älteren und ungünstiger gelegenen Wohnungen zu verkaufen um ihre Quote zu erfüllen, ohne dabei erhebliche Erlöse zu erzielen. In einigen Jahre, wenn der Angebotsüberhang abgebaut worden ist, könnten dann die höherwertigen Wohneinheiten mit einer größeren Gewinnspanne verkauft werden.
  • Die Kommunen sind gesetzlich verpflichtet, Vermögensgegenstände zum Verkehrswert zu verkaufen. Dieser ist aber angesichts fehlender Vergleichsdaten oft schwer zu ermitteln (vgl. Behring/Thanner 1993, S. 31).

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Ausdrückliches Ziel der Bundesregierung ist es, die Privatisierung vorrangig über den Einzelverkauf von Wohnungen an die Mieter zur Selbstnutzung durchzuführen. Dies ergibt sich aus der allgemeinen wohnungspolitischen Aufgabenstellung des Zweiten Wohnungsbaugesetzes und dem zwischenzeitig mit Blick auf Ostdeutschland eingeführten Sonderrecht, z.B. das Hemmnisbeseitigungsgesetz zur erleichterten Erlangung einer Abgeschlossenheitsbescheinigung als Voraussetzung für die Umwandlung in eine Eigentumswohnung. Angesichts des unzureichenden Kapitalvermögens der ostdeutschen Bevölkerung wird mittlerweile der Verkauf an gewerbliche Zwischenerwerber als gleichwertig angesehen. Dadurch sinkt allerdings der Anteil ostdeutscher Eigentümer am Wohnungsbestand in den NBL, nicht zuletzt weil für viele ostdeutschen Haushalte die Steuervorteile beim Erwerb und der Bewirtschaftung von Immobilien wegen des niedrigen eigenen Einkommens nicht oder teilweise wirksam werden. Unter diesen Rahmenbedingungen ist es nicht erstaunlich, daß die Privatisierungserfolge der ostdeutschen Wohnungsunternehmen bis jetzt eher mager sind. Eine Alternative zur Einzelprivatisierung an die Mieter ist der Verkauf eines Gebäudes oder einer ganzen Gruppe an eine Genossenschaft, die den Mietern anbietet, zu Vorzugskonditionen Genossenschaftsmitglied zu werden und im Rahmen eines Sparplans die eigene Wohnung (saniert) zu erwerben. Ein positives Beispiel für ein solches Konzept bietet die Wohnungsgenossenschaft Grüne Mitte in Berlin-Hellersdorf. Unter dem Druck einer anstehenden Privatisierung an einen Zwischenerwerber haben die Mieter eine eigentumsorientierte Genossenschaft gegründet und diese hat von der Wohnungsbaugesellschaft Hellersdorf 2600 Wohneinheiten gekauft. Bei einer Neuvermietung muß der zukünftige Mieter über den Erwerb eines Genossenschaftsanteils in Höhe von 12.000 DM Mitglied werden. Die Mitgliedschaft beinhaltet ein lebenslanges Wohnrecht und die Option auf den Erwerb der selbstgenutzten Wohnung. Die Modernisierungsumlage ist für Genossenschaftsmitglieder um fünf Prozent reduziert. Da der Genossenschaftsanteil 10.000 DM übersteigt, wird er steuerlich wie ein Eigenheimbau behandelt. Die Genossenschaft ist mit Hilfe des eingezahlten Eigenkapitals in der Lage, bis Ende 1998 ca. 50 % der Innensanierung (Bäder, Fenster, Hausflure, Leitungsstränge u.a.) abzuschließen. Die Entwicklung des Stadtbezirks Hellersdorf (neues Stadteilzentrum „Helle Mitte" , vgl. Punkt 4.1) führt zu einer regen Nachfrage nach Wohnungen in Hellersdorf. Auch bei der rückläufigen öffentlichen Förderung ist deshalb die vollständige Grundsanierung für den Wohnungsbestand der Genossenschaft gesichert.

[Seite der Druckausgabe: 28]

Um die stockende Privatisierung zu beschleunigen, wurden, neben den Privatisierungsauflagen der Altschuldenregelung an die Wohnungsgesellschaften, öffentliche Förderprogramme für die Nachfrageseite aufgelegt, um die Finanzierung eines Erwerbs von Wohneigentum zu erleichtern. Besonders wichtig sind hier folgende Programme:

  • Zinsverbilligte Darlehen aus dem Modernisierungsprogramm der KfW für Selbstnutzer und Vermieter
  • Modernisierungszuschüsse im Rahmen des Gemeinschaftswerks 'Aufschwung Ost'
  • Privatisierungszuschüsse im Rahmen des Gemeinschaftswerks 'Aufschwung Ost'
  • Steuerliche Förderung von Instandsetzung und Modernisierung für selbstnutzende Eigentümer im Rahmen des Fördergebietsgesetzes
  • Sonderwohngeld zur Abdeckung von Betriebskosten für selbstnutzende Eigentümer im Rahmen des Wohngeldsondergesetzes.

Diese Fördermaßnahmen sind zum Teil schon ausgelaufen bzw. der Umfang der Förderung wurde reduziert. Die Modernisierungszuschüsse und KfW-Darlehen sind mit einer Obergrenze von 500 DM/qm Wohnfläche recht großzügig ausgelegt. Für Neuerwerber mit mittlerem und kleinem Einkommen, also z.B. der Durchschnittsmieter in einer Plattenbausiedlung, sind die Privatisierungszuschüsse eher mickrig ausgefallen. Ein Maximalzuschuß von DM 10,000.- für eine vierköpfige Familie deckt, angesichts eines Kaufpreises für eine sanierte Eigentumswohnung von über 1500 DM/qm, noch nicht einmal die Abschlußkosten.


© Friedrich Ebert Stiftung | technical support | net edition fes-library | Oktober 1999

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