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Vor- und Nachbemerkungen

Die Sub- und Disurbanisierungswellen haben in Deutschland ähnlich wie in den USA stattgefunden. Zaghafte Zeichen einer Reurbanisierung sind bei uns zu erkennen, auch wenn diese wesentlich von Immigration in einfache Wohnbereiche oder Gentrifizierung in attraktiven Wohngebieten getragen wird. Trostlos ist oft der Zustand an den Rändern der Städte: Schnellstraßen und Autobahnen, Hoch- und Höchstspannungsleitungen zerschneiden weitflächige Siedlungs-, Gewerbe- und Industriegebiete. Eingelagert sind Freiflächen, Bürobauten oder Erholungsgebiete ebenso wie Fachmärkte und Verbrauchermärkte oder Ver- und Entsorgungsanlagen. Ein Ende der mehr oder weniger chaotischen Expansion und des Verwachsens von Städten, Orten und Siedlungen scheint selbst in wirtschaftlichen Krisen nicht absehbar. Diese Erscheinungen sind, zusammen mit den nicht gelösten städtischen Verkehrsproblemen, das Gegenteil attraktiver Wohnort- und Standtortfaktoren.

Mit der von technologischen bzw. innovatorischen Schüben geförderten "Globalisierung", d.h. einer immer weiter greifenden Verflechtung und dem damit verbundenen Wandel wirtschaftlicher Strukturen und Prozesse, gefolgt von einer zuvor nie für möglich gehaltenen Arbeitslosigkeit sowie gesellschaftlicher und räumlicher Segregation, scheint nicht nur die Wirtschaftspolitik des Bundes und der Länder, sondern auch die Stadtentwicklungspolitik an ihr Ende gekommen zu sein.

Zu Ergebnissen wie in den USA, vor allem zur Herausbildung ganz neuer Entwicklungspole bei einem gleichzeitigen Verfallen innerstädtischer Gebiete, muß es jedoch nicht kommen. Raum und Flächen sind in jeder Stadt über Industrie- und Gewerbebrachen, Kasernen oder militärische Areale sowie Gelände oder Bauten von Bahn und Post an vielen günstigen Standorten erschließbar. Einmalig in der ganzen Welt sind bei uns die markant ausgeprägten Stadtteile mit ihren Zentren, die den Stadtkern mit dem Stadtzentrum in einer Großstadt umgeben. Nicht so gut entwickelt und ausgestattet sind die Großsiedlungen in West- und Ostdeutschland. Aber auch hier gibt es Möglichkeiten, die Infrastruktur bzw. die Ausstattung wesentlich zu verbessern. In absehbarer Zeit könnten auch sie, vor allem in Anbetracht ihrer Bewohnerzahlen, zu markanten Stadtteilen werden. Somit sind in den "alten", aber auch in den "neuen" Stadtteilen bzw. ihren Zentren vorzügliche Ansatzpunkte für eigenständige Entwicklungen im Beziehungsgeflecht der Gesamtstadt und der Stadtregion zu finden. Im übrigen lassen sich bei außerordentlicher Expansion weitere Ansatzpunkte für Orts- und Stadtteile ausmachen.

Ein bedeutendes Maß an Eigeninitiative, ggfs. aber auch politischer oder administrativer Druck im Sinn einer urbanen und nachhaltigen Stadtentwicklung kann allerdings erforderlich sein, um sowohl einer extremen Zentrierung als auch einer weitgehenden Dispersion der Entwicklungskräfte entgegenzutreten bzw. um das in dem gewachsenen System vorhandene endogene Potential auszuschöpfen.

Die alten und neuen Stadtteile haben durch ihre Lage, ihre Geschichte sowie ihre Infrastruktur und Ausstattung eine ganz spezifische Ausprägung, die sowohl für die Bevölkerung als auch für die Wirtschaft genutzt werden kann. Über Gründungen, Handwerks- und Gewerbehöfe, ggfs. auch Gründer- und Technologiezentren kann die örtliche Wirtschaft gefördert werden. Die viel beschworenen Koppelungs-, Synergie- und Agglomerationseffekte lassen sich auch und gerade auf der Ebene der jeweils geeigneten Stadtteile erschließen. Effekte aus der Globalisierung können hier aufgefangen und transformiert werden. Zugleich können die Stadtteile mit ihren Zentren wesentlich zur Identitätsfindung bei den Bewohnern sowie den Betrieben und Unternehmen beitragen. In einem derart differenzierten und gestuften Gebilde der Gesamtstadt können ganz spezifische Forderungen von Wirtschaft und Gesellschaft erfüllt werden. Zugleich dürfte sich dort ein Mindestmaß an sozialer und ökonomischer Integration realisieren lassen.

Richtig ist sicher, daß das Handeln und die Politik in einer Zeit brachialer Veränderungen schwierig ist. Genauso richtig ist aber auch, daß mit diesen Wandlungen neue Entwicklungspotentiale entstehen. Die besondere, ja einmalige Struktur der Großstädte in Deutschland erlaubt nicht nur eine konsistente Verbindung tragfähiger Ziele, sondern in vielen Fällen ein Leitbild, das sich natürlich einer gewissen Flexibilität bzw. einer "Evolution" nicht entziehen darf. Solche Ziele und Vorstellungen bietet die gestufte multizentrische Stadt, die von Orten und Ortskernen über alte und neue Stadtteile mit ihren Zentren bis hin zum Stadtkern und dem Stadtzentrum reicht. In diesem städtischen Kosmos gibt es Raum im eigentlichen und übertragenen Sinn für Betriebe und Unternehmen sowie die verschiedenen Gruppen und Schichten der Gesellschaft. Hier gibt es Freiraum und Ansatzpunkte für Veränderungen, zugleich wird die dringend erforderliche räumliche und funktionale Kontinuität in der Stadt ermöglicht.

Offen sind noch die Formen der Zusammenarbeit mit dem Umland in räumlicher, organisatorischer und finanzieller Hinsicht. Aber auch hier läßt sich das Bild der multizentrischen Stadt fortführen - so stellen die Achsen des Schienenverkehrs mit ihren Siedlungsschwerpunkten ein tragendes Element und zugleich ein bedeutendes Entwicklungspotential dar.

Globalisierung ist etwa im Hinblick auf Arbeitslosigkeit oder vagabundierender Geld- und Kapitalströme ein bedrohliches Phänomen, im Hinblick auf die Stadtentwicklungspolitik von einer Verdammung zu Hektik oder Tatenlosigkeit bzw. von der Unmöglichkeit von tragfähigen und abgestimmten Zielen zu sprechen, wäre jedoch nicht zutreffend.

Der Bericht zur Tagung wurde von Dipl.-Geogr. Thomas Franke aus Bonn verfaßt.

Bonn, Dezember 1996

Dr. Hannes Tank

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Zusammenfassung und Schlußfolgerungen

Die Globalisierung der Wirtschaft basiert im wesentlichen auf einem grundsätzlich neuen Raum-Zeit-Verhältnis, das von der zunehmenden Vernetzung unterschiedlichster Standorte und immer komplexer werdenden transnationalen Austauschbeziehungen geprägt wird. Voraussetzung dafür sind v.a. die neuen Informations-, Kommunikations- und Transporttechnologien, flexibilisierte Produktionsprozesse und staatliche Deregulierungsmaßnahmen.

Im Gegensatz zur Internationalisierung, die ökonomische Beziehungen zwischen nationalstaatlichen Einheiten meint, versteht man unter Globalisierung die Herausbildung einer transnationalen Qualität. Transnationale Unternehmen erweitern ständig ihren Aktionsradius durch Fusionen, Besitzbeteiligungen, Partnerschaften und Allianzen zu globalen Produktionsnetzen, die keine nationalen identifikatorischen Bezugspunkte mehr kennen. Damit verbunden ist ein Konzentrationsprozeß, der zur Herausbildung oligopolistischer Machtverhältnisse tendiert. Das Zentrum der kapitalistischen Weltökonomie konzentriert sich dabei auf die sog. „Triade", die drei ökonomisch dominanten Blöcke EU, Nordamerika und Japan/Südostasien. Der Rest der Welt wird zunehmend marginalisiert.

Vor diesem Hintergrund wird die aktuelle „Standortdebatte" von zwei scheinbar gegensätzlichen Grundpositionen bestimmt: Die eine betrachtet die vermeintliche Raumungebundenheit der transnationalen Konzerne als unveränderliche Größe, deren Anforderungen sich der jeweilige spezifische Raum anzupassen hat. Die andere Position betont dagegen die individuellen industriellen Organisationsformen und Agglomerationsprozesse auf der konkreten regionalen Ebene, deren „endogenen Potentiale" im Rahmen der zunehmenden interregionalen Ausdifferenzierung in Wert gesetzt werden müssen, um national und international konkurrenzfähig zu bleiben. In der Realität findet eine Überschneidung und gegenseitige Beeinflussung globaler und lokaler Netzwerke im konkreten Raum statt, wofür der Begriff „Glokalisierung" geprägt wurde.

Der „globalen Herausforderung" meint man vielerorts mit einer selektiven, auf Konkurrenzfähigkeit im internationalen bzw. interregionalen Kontext zielenden Stadtentwicklung begegnen zu müssen. Formen des urban Managements bzw. der „unternehmerischen Stadt" betreiben eine Standortpolitik, die sich oftmals auf die Realisierung überregional bedeutsamer Projekte („Festivalisierung") beschränkt. Die traditionelle Verteilungspolitik wird zunehmend abgebaut und grenzt damit die Interessen weiter Bevölkerungsteile aus.

Diese Selektivität produziert „Räume der Sieger" - in Deutschland meist innerstädtische Standorte postmoderner Verwaltungs-, Konsum- und Kultur-„Paläste" sowie gentrifizierte Wohnenklaven der „Besserverdienenden" -, denen die „Räume der Verlierer" gegenüberstehen. In diesen marginalisierten Stadtvierteln mit ihrer wachsenden Zahl „sozialer Problemfälle" versucht man mit neuen Strategien eines Quartiermana-

gements die sozialen und kulturellen Ressourcen der Stadtteilbevölkerung für die Gestaltung eines lebenswerteren Alltags zu mobilisieren. Dabei handelt es sich gegenüber der Alternative einer gesellschaftlichen Integration über den Ersten Arbeitsmarkt allerdings nur um zweitbeste Lösungen. Die zunehmende Polarisierung der Gesellschaft korrespondiert mit der Gefahr der sozialräumlichen Fragmentierung der Stadt. Diese Prozesse finden im regionalen Kontext ihre Entsprechung im fiskalpolitischen Umland-Kernstadt-Gefälle.

Eine Extremform sozialer und räumlicher Ausdifferenzierung von Stadtregionen ist in den USA zu beobachten. Relativ neu ist hier die Herausbildung sog. edge cities im suburbanen Raum, d.h. Agglomerationen der dynamischen Wachstumsindustrien und Wohnstandorte ihrer gut bezahlten Beschäftigten. Edge cities bilden eigene Zentren mit entsprechender Infrastruktur aus und sind nachgefragte Standorte für Verwaltungszentralen großer nationaler und multinationaler Unternehmen sowie untemehmensbezogener Dienstleistungen. Diese jüngsten Entwicklungen definieren den klassischen, auf die Kernstädte ausgerichteten suburbanen Raum neu, da Funktionen höchster Zentralität in vielen US-amerikanischen Stadtregionen nicht mehr länger an kern- bzw. innerstädtische Standorte gebunden sind.

Auch in Deutschland finden sich zunehmend Beispiele privatwirtschaftlicher „Reißbrettplanungen", wozu beispielsweise das Freizeit- und Erlebniscenter Stuttgart International (S.I.) in Stuttgart-Möhringen und das „CentrO Oberhausen" gehören. Im Gegensatz zu den Entwicklungen in den USA können hier entsprechende Siedlungsprojekte allerdings nicht auf gänzlich unstrukturierte Räume zurückgreifen und müssen sich an der jeweiligen Landes- und Regionalplanung orientieren, die in den Vereinigten Staaten kaum entwickelt ist. Zunehmend wird in Deutschland allerdings die Notwendigkeit einer stärkeren intraregionalen Kooperation mit geeigneten Instrumenten erkannt, um Fehlsteuerungen zu vermeiden. Projekte wie das Freizeit- und Erlebniscenter S.I. können auch hierzulande als Tendenz zu neuen Verkaufsstrategien in „künstlichen Welten" außerhalb der alten, sozial und wirtschaftlich „belasteten" Kernstädte interpretiert werden.

In Frankfurt am Main ist der kontinuierliche Niedergang der kernstädtischen Steuerbasis aufgrund der seit 30 Jahren anhaltenden Suburbanisierungsprozesse das zentrale Problem, welches durch hohe Zuwanderungszahlen aus dem Ausland bzw. das Zurückbleiben der weniger mobilen Einwohner auch eine soziale Komponente beinhaltet. Die Entwicklung von Strategien zur Bindung der menschlichen und ökonomischen Ressourcen an die Kernstadt - und damit die Sicherung des Images der internationalen Finanzmetropole Frankfurt - sind daher das wichtigste Ziel der gegenwärtigen Stadtentwicklungspolitik der Stadt.

Um das Kernstadtproblem zu entschärfen, sind aus Frankfurter Sicht neben dem Angebot erschwinglicher Wohnungen neue Arbeitsplätze und Wohnraum in gehobenen Marktsegmenten erforderlich, die v.a. durch die Entwicklung untergenutzter Flächen

und die Sanierung funktionsuntüchtiger Strukturen geschaffen werden sollen. Die mit der Ansiedlung neuer Wohn-, Büro- und Gewerbenutzungen verbundenen Aufwertungen sollen die Mittel für die damit verbundenen Altlastensanierungen und Infrastrukturerneuerungen erwirtschaften. In Frankfurt werden ausschließlich Projekte begonnen, die ohne kommunale Zuschüsse allein aus den Bodenwerten finanzierbar sind. Da alle Projekte rentierlich sein müssen, befürchten Kritiker die Benachteiligung der sozial Schwachen.

Eine effektive intraregionale Kooperation als übergeordnete Problemlösungsstrategie kann aus Frankfurter Sicht nur durch eine radikale Reduktion der vielfältigen Entscheidungsebenen in der Region, die Bündelung der Steuererhebung und eine verbindliche Bauleitplanung auf Regionalebene erreicht werden.

Für die Kölner Stadtentwicklungsplanung hat die Bewältigung der ökonomischen Restrukturierungsprozesse Priorität, bei der v.a. auf die Medienbranche als Wachstumsindustrie gesetzt wird. Der rechtsrheinische Kernraum ist besonders stark von Deindustrialisierung betroffen, weshalb der Stadtteil Kalk 1994 in das Förderprogramm „Stadtteile mit besonderem Erneuerungsbedarf des nordrhein-westfälischen Ministerium für Stadtentwicklung, Kultur und Sport (MSKS) aufgenommen wurde. Das damit verbundene integrierte Handlungskonzept „Kalk-Programm" umfaßt verschiedene Maßnahmen und Projekte der öffentlichen Hand wie beispielsweise den Grunderwerb von Brachflächen, den Bau und Betrieb eines Technologiezentrums, die Errichtung eines Qualifikations- und Handwerkszentrums, den Neubau von 600 Wohnungen u.v.m. Das Land Nordrhein-Westfalen und die Stadt Köln fungieren bei allen Projekten lediglich als Impulsgeber. Die weitere Stadtteilentwicklung soll in entscheidendem Maß von privatwirtschaftlichen Investitionen ausgehen.

Die auf dem multizentrischen Leitbild der Kölner Stadtentwicklungsplanung basierende Standortpolitik verzichtet größtenteils auf restriktive Maßnahmen. Die Standortentwicklung wird über Planungs- und Genehmigungsverfahren, gezielte Angebotsplanungen, informelle Verhandlungen zwischen Verwaltung, Politik und Wirtschaftsvertretern sowie konkrete Unterstützungsmaßnahmen von Bauprojekten privater Investoren gesteuert. Flankierend kommen unterschiedliche Formen der Stadtwerbung, aber auch Verbesserungen der verkehrstechnischen Erreichbarkeit hinzu.

Dies entspricht den Leitlinien des MSKS, das die Stärkung des Wirtschafts- und Industriestandortes Nordrhein-Westfalen durch die Verbesserung der „weichen Standortfaktoren", die Standortsicherung von Betrieben, die Umnutzung von Gebäuden als Gewerbe- und Handwerkerhöfe, die Aufwertung vorhandener Gewerbegebiete etc. betont. Im Bereich der Flächenmobilisierung (Initiative „Standorte mit Zukunft") liegen drei Schwerpunkte:

  1. In allen Regionen des Landes sollen leistungsfähige innerstädtische Dienstleistungsstandorte mit regionaler Bedeutung entwickelt werden.

  2. Standorte für flächenintensive industrielle/gewerbliche Großprojekte sollen vorbereitet werden, so daß entsprechende Investitionen bei konkreter Nachfrage kurzfristig umgesetzt werden können.

  3. Für die gewerbliche Wirtschaft und das Handwerk soll ein dem regionalen Bedarf entsprechendes differenziertes Flächenangebot geschaffen werden.

Die Hauptbedrohung für Innenstädte und Stadtteilzentren sieht das MSKS im Wachstum flächenintensiver, nicht-integrierter und verkehrserzeugender Einzelhandelseinrichtungen auf der „Grünen Wiese". Zur Stärkung von Innenstädten und Stadtteilzentren seien daher folgende Ansatzpunkte wichtig, die teilweise mit Mitteln der Städtebauförderung finanziert werden sollen:

  • Verbesserung der Wohnsituation in der Stadt

  • Aufwertung des „Standortes Stadt"

  • Neuordnung des Verkehrs in der Stadt

  • Verbesserung der Aufenthalts- und Einkaufsqualität in der Stadt

  • Stabilisierung des sozialen Gleichgewichts in den Städten, Förderung von Stadtteilen mit besonderem Erneuerungsbedarf

  • Bewahrung und Sicherung des historischen Erbes in der Stadt

Umfassende und tiefgreifende Handlungsstrategien für den Umgang mit den neuen weltwirtschaftlichen Rahmenbedingungen scheinen gegenwärtig allerdings nicht in Sicht zu sein. Die meisten Lösungsversuche sind Partikularansätze, die als sektorale Optimierungsstrategien in mehr oder weniger starkem Maße auf den Modellvorstellungen der 60er und 70er Jahre beruhen. Die gegenwärtigen neoliberalen Deregulierungs- und Flexibilisierungsstrategien zur Wettbewerbssteigerung stellen kaum die Frage nach den Nutznießern und Verlierern der erhofften Wachstumseffekte. Eine gesellschaftliche Diskussion über alternative Entwicklungsmodelle scheint daher dringend notwendig zu sein, in der ein allgemeiner Konsens für die notwendigen „Rückschritte" hergestellt werden muß, und die anstelle von partei-, fach- oder ressortspezifischen Einzellösungen ein integriertes Gesamtkonzept erarbeitet. Die Formulierung einer Lokalen Agenda 21 könnte hierfür wegweisend sein, wenn man die 1992 in Rio de Janeiro geforderte Integration von Umweltpolitik in die soziale, wirtschaftliche, entwicklungs- und friedenspolitische Entwicklung tatsächlich anstrebt.

Beispiele aus dem angelsächsischen Raum zeigen, wie Quartiersmanagementstrategien unter Einschaltung intermediärer Gruppen und mit einer starken Bewohnerbeteiligung innovative und integrierte Projekte in marginalisierten Stadtvierteln hervorbringen, die alternative ökonomische Logiken zum beschleunigten Wachstum „vorleben". Unsere Gesellschaft muß lernen, als Civil Society ein Bewußtsein von Eigen- und Mitverantwortlichkeit außerhalb institutioneller Regularien und Zuständigkeiten zu entwickeln und damit aktiv auf der unmittelbaren Handlungsebene der „Nachbarschaft" Entwicklungen zu steuern, wenn sich der Staat als „Versorger" und „Dienstleister" zunehmend zurückzieht.


© Friedrich Ebert Stiftung | technical support | net edition fes-library | April 2001

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