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Vorbemerkung

Als im August 1990 der Stromvertrag unterzeichnet wurde, stellten die beteiligten Vertragspartner die rasche Sanierung der ostdeutschen Elektrizitätswirtschaft in Aussicht. Doch erst jetzt, fast drei Jahre danach, können die damals zugesagten Milliardeninvestitionen für die Modernisierung der Stromversorgung fließen. Vor wenigen Tagen erklärte sich die Gemeinde Boizenburg in Mecklenburg-Vorpommern als letzte der 164 ostdeutschen Städte und Gemeinden, die im Streit um die Neuordnung der Stromwirtschaft das Bundesverfassungsgericht angerufen hatten, bereit, ihre Verfassungsbeschwerde zurückzunehmen. Damit ist sowohl für die Städte und Gemeinden Ostdeutschlands als auch für die regionalen und überregionalen Energieversorgungsunternehmen ausreichend Rechtssicherheit über Zuständigkeiten und Besitzverhältnisse in der Stromwirtschaft geschaffen. Nun kann der Aufbau einer technisch leistungsfähigen, wirtschaftlichen und umweltgerechten Elektrizitäts- und Fernwärmeversorgung zügig erfolgen.

Ein wichtiger Schritt zur Beilegung der Auseinandersetzungen über die Neustrukturierung der Stromversorgung war eine im Dezember 1992 von den streitenden Parteien getroffene Vereinbarung. Der darin festgehaltene Kompromiß eröffnet den Kommunen die Möglichkeit, mit eigenen Stadtwerken die örtliche Strom- und Fernwärmeversorgung aufzunehmen. Den regionalen und überregionalen Energieversorgungsunternehmen gewährleistet die Vereinbarung unternehmerischen Handlungsspielraum und ausreichend Absatz für die in Großkraftwerken erzeugte Elektrizität. Und schließlich kann mit der Verständigungslösung das gesamtwirtschaftliche Ziel erreicht werden, die herausragende Stellung der Braunkohle für die Stromerzeugung in Ostdeutschland zu sichern. Das schafft Perspektive für die Beschäftigten im Braunkohlenbergbau, dämmt die Importabhängigkeit der deutschen Energieversorgung ein und macht die Sanierung der Altlasten und die Rekultivierung der vom Bergbau zerstörten Landschaften finanzierbar.

Die vorliegende Broschüre faßt, thematisch strukturiert, Referate und Diskussionsbeiträge einer Tagung zusammen, die von der Friedrich-Ebert-Stiftung am 4. Mai 1993 in Potsdam zum Thema "Zwischen kommunaler Energiewirtschaft und Braunkohlenverstromung - Entwicklungslinien für die Energieversorgung in Ostdeutschland" durchgeführt wurde. Auf dieser Tagung haben Politiker, Vertreter von Gemeinden und Städten sowie kommunaler Spitzenverbände, Ministerialbeamte und leitende Mitarbeiter von Energieversorgungsunternehmen über die Zukunft der

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Elektrizitätswirtschaft in Ostdeutschland nach Beilegung des Stromstreits diskutiert und beraten.

Die Tagung war bereits die dritte Veranstaltung, die sich im Rahmen unserer Reihe "Wirtschaftspolitische Diskurse" mit der Energieversorgung auf dem Gebiet der neuen Länder beschäftigt. Nachdem auf der ersten Tagung im April 1990 eine Bestandsaufnahme der dringlichsten energiepolitischen Aufgaben erfolgt war, wurde auf der zweiten Tagung, im Oktober 1991, der kommunalpolitische Gestaltungsspielraum in der Energiewirtschaft ausgelotet. Mit der dritten Veranstaltung wollten wir dazu beitragen, die Perspektiven für die Sanierung der Stromwirtschaft nach Beendigung des Stromstreits zu klären.

Die Broschüre gibt zunächst einen kurzen Überblick über die Entwicklung des Stromkonflikts (Teil l). Danach werden die wichtigsten Regelungen der Vereinbarung zur Beilegung der Auseinandersetzung skizziert (Teil 2) und die Positionen kommunaler Spitzenverbände, des Bundeswirtschaftsministeriums, des überregionalen Verbundunternehmens VEAG, der brandenburgischen Landesregierung und der Gewerkschaft ÖTV über die zukünftigen Entwicklungslinien der ostdeutschen Stromwirtschaft vorgestellt (Teil 3). Schließlich zeigt die Broschüre am Beispiel der Städte Stendal und Schwerin, wie Stadtwerke kreative Finanzierungsmodelle nutzen können, um moderne Heizkraftwerke zu bauen und zu betreiben, ohne den Etat der Kommunen zu belasten (Teil 4). Die abschließende Zusammenfassung unterstreicht, daß Kooperation zwischen Vertretern der Energieversorgungsunternehmen, der Länder, Städte und Gemeinden sowie vor allem auch der Gewerkschaft und der Personal- und Betriebsräte nötig ist, um die Neustrukturierung der ostdeutschen Elektrizitätswirtschaft sozial vertretbar zu bewältigen.

Mit der Konzeption und Durchführung der Fachkonferenz war Diplom-Sozialwissenschaftler Udo Scholten vom Forschungsinstitut der Friedrich-Ebert-Stiftung betraut. Das Tagungssekretariat führte Doris Faßbender. Verfasser des Tagungsberichts ist Dr. Joachim Kahlert von der Universität Lüneburg.

Bonn, August 1993Dr. Jochem Langkau


© Friedrich Ebert Stiftung | technical support | net edition fes-library | Oktober 2000

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