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TEILDOKUMENT:
[Seite der Druckausg.: 25 ] Änderung des Treuhandgesetzes (THG) 1. Die gesamtwirtschaftliche Lage Ostdeutschlands 1.1. Die Entwicklung des Arbeitsmarktes Das Treuhandgesetz war, so Wolfgang Roth, wirtschaftspolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Ergebnis der Illusion einer schnellen, reibungslosen Transformation der ostdeutschen Planwirtschaft in eine Marktwirtschaft nach westdeutschem Muster. Knapp zwei Jahre nach Einführung marktwirtschaftlicher Rahmenbedingungen mit der Währungs- und Wirtschaftsunion zeigt insbesondere die Entwicklung des Arbeitsmarktes, daß der Anpassungsprozeß in Ostdeutschland schwieriger und langwieriger ist als erwartet und von der Bundesregierung versprochen. Die registrierte Arbeitslosigkeit stieg von 642.000 im Dezember 1990 auf über 1,3 Mio. im Januar diesen Jahres, was einer Arbeitslosenquote von 16,5 % entspricht, wobei das tatsächliche Ausmaß der Arbeitslosigkeit durch arbeitsmarktpolitische Maßnahmen verschleiert wird. Zahlreiche Arbeitslose sind über Arbeitsbeschaffungs- oder Qualifizierungsmaßnahmen nicht in der offiziellen Arbeitslosenstatistik berücksichtigt. Zur Zeit betrifft dies ca. 390.000 Personen, die sich in Maßnahmen der beruflichen Weiterbildung befinden und ca. 660.000 Personen, die von der Altersregelung Gebrauch machten. Ohne diese Maßnahmen und die großzügige Kurzarbeiterregelung, läge die Arbeitslosenquote bei ca. 35 %. Eine Besserung der Beschäftigungssituation Ostdeutschlands ist kurzfristig nicht zu erwarten - im Gegenteil: insbesondere im industriellen Sektor muß mit weiteren Freisetzungen in erheblichem Umfang gerechnet werden. 1.2. Die wirtschaftliche Lage der ostdeutschen Industrie Im Bereich der Produktion Ostdeutschlands bietet sich ein ähnlich desolates Bild, wobei die einzelnen Sektoren unterschiedliche Anpassungsprozesse an die Marktbedingungen durchlaufen und partiell erste Anzeichen einer Stabilisierung zu erkennen sind (vgl. Tabelle 1). Tab. 1: Bruttowertschöpfung der Wirtschaftsbereiche in Ostdeutschland
So hat sich in den Bereichen Handel, Verkehr, Handwerk und Dienstleistungen die Entwicklung stabilisiert und zeigt z. T. Anzeichen eines Aufwärtstrends. Zwar trat eine Stabilisierung auch im ostdeutschen Industriesektor ein, jedoch auf einem extrem niedrigen Niveau: die Bruttowertschöpfung sank 1991 auf ein Drittel der Wertschöpfung vom 1. Halbjahr 90 und eine Zunahme der Industrieproduktion ist bisher noch nicht zu erkennen. Der besonders starke Produktionseinbruch in der Industrie ist zum überwiegenden Teil darauf zurückzuführen, daß durch die Währungsunion nicht nur die osteuropäischen Märkte wegbrachen, sondern auch die private Inlandsnachfrage sich in großem Umfang auf westdeutsche bzw. aus dem westlichen Ausland importierte Konsumgüter konzen- [Seite der Druckausg.: 27 ] trierte. Daß der Einbruch nicht noch stärker war, ist nur auf die massive staatliche Hilfe in Form von Ausfallbürgschaften, Liquiditätskrediten der Treuhandanstalt etc., zurückzurühren. 2. Die Rolle der Treuhandanstalt 2.1. Aufgaben und Organisation der Treuhandanstalt (THA) Um den völligen Zusammenbruch der DDR-Wirtschaft, insbesondere des Industriesektors zu verhindern, mußten und müssen die ehemals volkseigenen Beiriebe nach westdeutschem marktwirtschaftlichem Muster umstrukturiert und privatisiert werden. Diese Umstrukturierung zu privatwirtschaftlichen Unternehmen wurde bereits im 1. Quartal 1990 mit der "Verordnung zur Umwandlung von volkseigenen Kombinaten, Betrieben und Einrichtungen in Kapitalgesellschaften" eingeleitet und im Gesetz zur Privatisierung und Reorganisation des volkseigenen Vermögens (Treuhandgesetz THG) festgelegt. Die nunmehr in AG's und GmbH's umgewandelten Betriebe und Kombinate übertrugen ihre Gesellschafteranteile der "Anstalt zur treuhänderischen Verwaltung des Volkseigentums (THA)", die lt. THG die Aufgaben zugewiesen bekam,
Zu diesen Zwecken ist die THA gehalten, Vermögensanteile und -werte von Unternehmen zu Marktbedingungen zu veräußern, Beteiligungen in- und ausländischer Investoren an Unternehmen Ostdeutschlands zu ermöglichen, Unternehmen am Kapitalmarkt einzu- [Seite der Druckausg.: 28 ] führen und nicht mehr sanierungsfähige Betriebe zu liquidieren. Desweiteren kann sie, im Vorgriff auf künftige Privatisierungserlöse, zu Sanierungszwecken Kredite aufnehmen und Schuldverschreibungen begeben. Zur Bewältigung dieser Aufgaben unterstehen der Treuhandzentrale in Berlin 15 Niederlassungen in Ostdeutschland, die mehr als zwei Drittel aller Unternehmen betreuen, in begrenztem Rahmen Sanierungs- und Privatisierungsmaßnahmen - insbesondere den Verkauf von Unternehmen mit bis zu 1.500 Mitarbeitern - eigenständig vornehmen können und ansonsten die grundsätzlichen Leitlinien der Geschäftspolitik der Zentrale umsetzen. Als "bundesunmittelbare Anstalt des öffentlichen Rechts" untersteht die THA der Rechtsaufsicht des Bundesfinanzministers, der gemeinsam mit dem Bundesminister der Wirtschaft, auch die Fachaufsicht wahrnimmt. Die Kontrolle der THA wird von einem von der Bundesregierung berufenen Verwaltungsrat ausgeübt. Da das Gros der ostdeutschen Industriebetriebe sich nach wie vor im Besitz der THA befindet, spielt diese die zentrale Rolle in der Industriepolitik Ostdeutschlands. 2.2. Die bisherige Arbeit der THA und ihre Probleme In ihrer eineinhalbjährigen Tätigkeit konnte die THA über 3.000 Unternehmen privatisieren; mehr als 7.000 Unternehmen verbleiben in ihrem Eigentum. Wie aus der in Tab. 2 dargestellten Einnahmen/Ausgaben-Rechnung ersichtlich ist, ergaben sich 1991 Privatisierungserlöse von ca. 10 Mrd. DM. Unter den privatisierten Unternehmen befanden sich ca. 1.000 aus dem Industriesektor, deren Käufer knapp 350.000 Arbeitsplätze vertraglich zugesichert haben. Bei über 4.000 Industriebetrieben steht die Privatisierung noch aus. Der Verkauf ostdeutscher Unternehmen war dabei umso leichter, je sicherer die Vertriebswege und einheimischen Absatzmärkte der zu veräußernden Unternehmen waren. Eine schnelle Privatisierung gelang daher bei Handelsunternehmen, Unternehmen des Geld- und Versicherungswesens und der Energieversorgung. [Seite der Druckausg.: 29 ] Tab. 2: Treuhandanstalt
[Seite der Druckausg.: 30 ] Im Bereich der ostdeutschen Industrie gestaltet sich die Privatisierung zusehends schwieriger, da das Interesse westlicher Investoren angesichts der nicht mehr vorhandenen Absatzmärkte und der sich abzeichnenden konjunkturellen Flaute in Westdeutschland zurückgeht. Die Rosinen sind bereits aus dem "TH-Kuchen" gepickt und die der TH verbliebenen großen Unternehmen müssen in verkaufsfähige Einheiten gegliedert werden. Soweit noch Käuferinteressen vorhanden sind, kristallisiert sich mehr und mehr heraus, daß deren Zielsetzung nicht die Aufrechterhaltung bzw. Umstrukturierung der Produktion und damit auch der Beschäftigung ist, sondern die optimale Verwertung von Immobilien. Zur Sicherung des Überlebens ihrer Unternehmen gab die Treuhandanstalt Bürgschaftsgarantien für Kredite bei Geschäftsbanken im Umfang von ca. 30 Mrd. DM 1991 (Tab. 2), wobei diese, soweit sie in Anspruch genommen wurden, zum überwiegenden Teil zur Deckung der laufenden Kosten, also hauptsächlich für Lohnzahlungen verwendet worden sind und werden. Ohne diese Hilfe wären, nach Angaben der Treuhandchefin Birgit Breuel, 95 % der TH-Firmen nicht mehr existent. Da diese Liquiditätsbürgschaften nicht mit Auflagen zur Modernisierung von Produkten und Anlagen verbunden sind, tendieren die Treuhand-Unternehmen eher zu einer abwartenden Haltung denn zu einer aktiven Investitions- und Umstrukturierungspolitik. Zudem ist die gegenwärtige Praxis der Subventionierung durch die Treuhandanstalt (THA) weder für potentielle Käufer noch für die Treuhandunternehmen selbst durchschaubar. Zwar ist die Anerkennung von Eröffnungsbilanzen durch die THA zwingend und nur durch Einzelfallentscheidungen zu bewerkstelligen, jedoch geht die Einzelfallentscheidung über Sanierungskonzepte und damit die Entscheidung über weitere Unterstützung "sanierungsfähiger" Betriebe auf Kosten der Transparenz der Subventionierung. In diesem Zusammenhang sei noch auf das "Personale" Problem der Treuhandanstalt hingewiesen: Fluktuationen in der Treuhandbelegschaft basieren vermutlich auch auf den sich anläßlich von Einzelfallentscheidungen über Liquiditätskredite und -bürgschaften eröffnenden lukrativen Jobangeboten für Treuhand-Mitarbeiter in den betreffenden Unternehmen, und erschweren somit eine kontinuierliche Arbeit. [Seite der Druckausg.: 31 ] Einer zügigen Fortsetzung des Privatisierungsprozesses stehen auch die den Unternehmen durch die Währungsumstellung verbliebenen Altschulden entgegen. Die Treuhandanstalt plant daher auch, diese Schulden über eine "angemessene" Eigenkapitalausstattung und/oder stille Beteiligung zumindest für die von ihr als sanierungsfähig anerkannten Betriebe abzubauen. Ein weiteres Hemmnis sind die Umweltaltlasten der Ex-DDR, ohne deren vorherige Sanierung ein Teil der Treuhandunternehmen unverkäuflich ist. Darüber hinaus ist die den Privatisierungsprozeß erheblich beeinträchtigende Regelung im Einigungsvertrag zu nennen, wonach die Rechte der Alteigentümer des Vermögens der Ex-DDR Vorrang vor den Rechten ihrer jetzigen Nutzer haben. Die negativen Auswirkungen dieser Regelung auf Produktion und Beschäftigung in Ostdeutschland führten dann auch im Frühjahr 1991 zu ihrer partiellen Rücknahme, so daß nun der Vorrang der Rückgabe an die originären Eigentümer bei Investitionsvorhaben potentieller Käufer entfällt. Jedoch wird durch diesen Kompromiß nicht verhindert, daß der Alteigentümer selber Investitionsabsichten äußert, nur um in den Genuß der wertvolleren Naturalrestitution anstelle der Entschädigung zu kommen. Auf Grund dieser Hemmnisse und des dadurch auch mitverursachten wachsenden politischen Drucks auf die Treuhandanstalt lohnt es sich zudem für potentielle Käufer abzuwarten, bis die THA den Preis des zu veräußernden Objekts senkt und/oder hohe Übernahmezuschüsse zahlt. Ansatzpunkte einer Industriepolitik für Ostdeutschland sind daher die Verbesserung der institutionellen Rahmenbedingungen und die Änderung der derzeitigen Treuhandarbeit. 3. Lösungsansätze für eine beschleunigte Privatisierung 3.1. Allgemeine Lohnsubventionen Einige Vorschläge für alternative Subventionsstrategien beziehen sich ausschließlich auf die Lohnkosten, die via Subvention verringert wer- [Seite der Druckausg.: 32 ] den sollen. Beispielhaft ist hier das von Wissenschaftlern der Berkeley-Universität, Kalifornien (Akerlof, Rose u.a.) entwickelte Modell einer sich selbst eliminierenden, flexiblen Lohnsubvention. Hauptargument für diese ist die durch den 1 : 1 Umstellungskurs der Währungsunion erfolgte Aufwertung für die DDR-Industrieprodukte. Der alte, über den "Richtungskoeffizienten" gesteuerte Wechselkurs, zu dem die exportierenden Betriebe ihre Devisenerlöse bei der Staatsbank eintauschen konnten, betrug 1 : 4,4 gegenüber der DM und damit gegenüber den konvertiblen Währungen und 1 : 4,65 gegenüber dem Rubel. Durch den Umstellungskurs von 1 : 1 erfolgte ein Aufwertungsschock für die ostdeutsche Industrie sowohl bezüglich der West- als auch der Ost-Exporte dergestalt, daß in der Industrie der Aufwand, gemessen als durchschnittlich kurzfristige variable Kosten, den die Industriebetriebe aufbringen müßten, um 1 DM bzw. 1 Rubel zu verdienen, 1,84 DM je DM und 2,30 DM je Rubel betrug. Hinzu kamen die starken Reallohnerhöhungen, die sich nicht am Produktivitätszuwachs orientierten, sondern am westdeutschen Lohnniveau, so daß eine weitere Verschlechterung der Erlös/Kosten-Relation und damit der Absatzchancen eintrat. Um den völligen Zusammenbrach der ostdeutschen Wirtschaft zu verhindern und den Betrieben Zeit zur Umstrukturierung zu geben, plädierten Akerlof u.a. im Sommer 91 daher für Lohnsubventionen für alle Betriebe (außer Landwirtschaft und Staat). Diese sollten degressiv gestaffelt sein, dergestalt, daß der Subventionssatz linear mit dem Abstand zwischen Ost- und Westlöhnen verknüpft wird, so daß beim Abstand von Null auch die Subvention Null ist. Über diese Subventionierung erwarteten die Wissenschaftler eine Beschleunigung der Privatisierung, da die subventionierten Betriebe für westliche Investoren attraktiv werden würden. Trotz der positiven Ergebnisse der Berechnungen, sowohl für die Beschäftigungseffekte als auch für Einnahmen des Staates (bei 50 % Lohnsubvention ergäben sich Nettoerträge für den Staat in Höhe von 11,94 Mrd. DM, bei 75 %-iger Subvention gar 22,3 Mrd. DM), wobei die Einsparungen (Arbeitslosenversicherung) und Mehreinnahmen (Steuereinnahmen, Sozialversicherungsbeiträge) von einer Zunahme der ostdeutschen Beschäftigung ausgehen. Mit einer solchen Zunahme [Seite der Druckausg.: 33 ] ist jedoch nicht zu rechnen, da in einigen Bereichen überhaupt keine Nachfrage nach Ostprodukten aufgrund der Qualität oder des Images mehr besteht. Lohnsubventionen mit dem Ziel der schnelleren Privatisierung sind nur dann erfolgversprechend und finanzierbar für den Staatshaushalt und politisch durchsetzbar, wenn für den potentiellen Käufer Höhe und Dauer der Subvention überschaubar sind. Dies ist jedoch im Berkeley-Modell nicht der Fall. Darüber hinaus sind auf Grund der Mitnahmeeffekte allgemeine Lohnsubventionen finanziell derzeit nicht zu verkraften. 3.2. Selektive Lohnsubventionen Um die Finanzierungsprobleme bei allgemeiner Lohnsubventionierung und die Mitnahmeeffekte bei bereits überlebensfähigen Betrieben auszuschließen bzw. abzuschwächen, ist es notwendig, die Anzahl der so zu fördernden Betriebe einzugrenzen. Hierzu bedarf es exakter Kriterien, anhand derer Betriebe, die eine Überlebenschance haben, von jenen getrennt werden, deren Wahrscheinlichkeit sich am Markt behaupten zu können, gegen Null geht. Hierbei stellt sich die Frage, welche objektiven Kriterien herangezogen werden sollten und wer sie festlegen und damit über die Schließung und/oder Weiterführung von Betrieben entscheiden soll. Aus den hier angesprochenen Schwierigkeiten und unter Berücksichtigung der mangelhaften Rahmenbedingungen der ostdeutschen Wirtschaft, sowie auch der massiven und mittlerweile undurchschaubaren Investitionsfördermaßnahmen, leitete Wolfgang Roth die Notwendigkeit des nachstehend skizzierten kombinierten Ansatzes von Lohn- und Kapitalsubventionen ab, in Anlehnung an einen DIW-Vorschlag vom 10.10.91 (Wochenbericht Nr. 41/91). 4. Ansätze zur Verbesserung der TH-Arbeit 4.1. Zur Subventionsstrategie bei Lohnkosten Die Schwierigkeit, objektive Kriterien für die Auswahl von lohnsubventionswürdigen Betrieben zu finden und die Tatsache, daß ge- [Seite der Druckausg.: 34 ] rade den noch im Besitz der THA befindlichen Industrieunternehmen das Aus droht, sowie die Notwendigkeit des Erhalts eines Kerns der ostdeutschen Industrie als Basis einer gesunden Entwicklung des Wirtschaftsraumes Ostdeutschland, begründen die Eingrenzung der begünstigten Unternehmen auf die im TH-Besitz befindlichen. Die THA sollte, anstatt der undurchsichtigen Einzelfallentscheidungen über Liquiditätszuschüsse und Bürgschaften, allen ihren Industrieunternehmen eine über drei Jahre degressiv gestaffelte Lohnsubvention zahlen, die 30 % der Lohnsumme auf Basis des zum Stichtag geltenden Tariflohns beträgt. Voraussetzung ist, daß die Eröffnungsbilanzen der Unternehmen anerkannt sind und die Überschuldungsprobleme über eine angemessene Eigenkapitalausstattung gelöst sind. Darüber hinaus ist eine Abstimmung mit anderen Formen der Lohnsubventionierung - wie Kurzarbeiterregelung und Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen - anzustreben. 4.2. Investitionsförderung und Sanierungspolitik Die Beteiligung an Investitionen der TH-Unternehmen in Form eines verlorenen Zuschusses über ebenfalls drei Jahre und in Höhe von 50 % gewährleistet zusammen mit der Lohnsubvention den Unternehmen die Möglichkeit einer schrittweisen Anpassung ihrer Personal- und Kapitalausstattung an marktwirtschaftliche Wettbewerbsbedingungen. Nach Ende der Übergangszeit von drei Jahren oder eventuell schon vorher wird ein Teil dieser Unternehmen privatisierungsfähig sein und sich am Markt behaupten können. Für die THA und das THG bedeutet dies eine stärkere Betonung des Sanierungsauftrages, im Rahmen dessen auch die Beteiligung der ostdeutschen Länder am Industriekapital notwendig ist. Insbesondere bei Unternehmen der Krisenbranchen "Stahl", "Schiffbau" und "Chemie", deren privatwirtschaftliche Weiterführung nicht möglich sein wird, erscheint eine aus regionalpolitischen Überlegungen begründete Herauslösung aus TH-Besitz und deren Weiterführung als Kapitalgesellschaften mit Landes- und auch Bundesbeteiligung unumgänglich. Darüber hinaus muß die THA - auf Grundlage des THG - ihre durch "Paketverkäufe" dominierte Privatisierungsstrategie ändern, d. h. sie muß verstärkt durch die Auf- und Abspaltung von Betriebs- [Seite der Druckausg.: 35 ] teilen in eigenständige Kapitalgesellschaften Teilprivatisierungen, auch in Form von Belegschaftsbeteiligungen über Lohnerhöhungsverzicht, wie auch die "Gesellschaftsführung auf Probe" durch private Unternehmen mit der Option auf Übernahme, fördern. Im letztgenannten Fall der sogenannten "Management-KG's" hält die THA als Kommanditistin das unverkäufliche Gesellschaftskapital und als Komplementär soll ein privater Unternehmer, wenn möglich mit Sanierungserfahrung, das Management übernehmen. Angesichts der großen Zahl der sanierungsbedürftigen TH-Unternehmen und ihrer vielfältigen branchenspezifischen Probleme forderte Roth die Einrichtung eines TH-Ministeriums, da das Bundesfinanzministerium schon jetzt mit der Aufsicht über die Treuhandarbeit überfordert ist. 4.3. Änderung der Rahmenbedingungen Erfolgreich könne die geänderte Subventionsstrategie und die verstärkten Sanierungsanstrengungen jedoch nur dann sein, wenn die geeigneten institutionellen Rahmenbedingungen in Ostdeutschland geschaffen sind. Hierzu zählen die vollständige Rücknahme der Naturalrestitution vor Rückgabe-Regelung, die Streichung der Altschulden der ostdeutschen Betriebe, um die Kreditfähigkeit und damit wesentliche Voraussetzung für Investitionen zu stärken, sowie die zügige Beseitigung der Umweltlasten und ihre Übernahme durch den Bund. Darüber hinaus ist eine umfangreichere Bereitstellung von Hermes-Bürgschaften erforderlich, um die Exportmärkte der ostdeutschen Industrie in Osteuropa zurückzugewinnen. Denn noch immer sind ca. 700.000 Arbeitsplätze in den neuen Ländern direkt oder indirekt abhängig von den Lieferungen an Osteuropa, und hier insbesondere an die ehemalige Sowjetunion. © Friedrich Ebert Stiftung | technical support | net edition fes-library | Mai 2001 |