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7. Erfahrungen von Unternehmen bei der Inanspruchnahme von Hilfen


Die Adressaten der von den verschiedenen staatlichen Ebenen angebotenen Fördermöglichkeiten für Investitionen und letztlich zur Schaffung wettbewerbsfähiger Arbeitsplätze sind die Unternehmen. Sie müssen sich einmal an die für sie neuen und harten Bedingungen des Welt- und europäischen Marktes anpassen, um im Wettbewerb zu bestehen. Sie müssen aber zum anderen auch die ihnen zur Hilfe angebotenen Maßnahmen kennen und nutzen können. Bei der Umsetzung öffentlicher Fördermaßnahmen tauchen dabei verschiedene Probleme auf, die sowohl auf Seiten der Unternehmen als auch auf Seiten der Förderadministration liegen können.

Aus der Sicht von Unternehmen in verschiedenen Branchen, mit unterschiedlichen Unternehmensgrößen und unterschiedlichen Marktbedingungen werden die Fördermaßnahmen sehr verschieden beurteilt. Dies wurde auf der Tauung in Cottbus sehr deutlich, auf der je ein Unternehmen des Montanbereichs und der Chemie ihre Erfahrungen vorstellten.

Die EKO-Stahl AG mit ehemals 12.000 und im April 1991 noch 9.500 Mitarbeitern ist der dominierende Wirtschaftsfaktor der Stadt Eisenhüttenstadt und der angrenzenden Region. Etwa zwei Drittel aller Arbeitsplätze sind direkt oder indirekt abhängig. Die Sanierung des Unternehmens hat daher auch eine große regionalpolitische Bedeutung.

Für die im Rahmen des Sanierungskonzeptes notwendigen Investitionen wird aber Kapital und damit die Unterstützung durch alle erdenklichen Fördermöglichkeiten benötigt. Das Ergebnis der schon im vergangenen Jahr aufgenommenen erheblichen Bemühungen um adäquate Fördermittel wird vom Unternehmen mit Ausnahme der Förderung von Umschulung und Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen bis jetzt sehr negativ bewertet.

Mögliche Ursachen dafür auf Unternehmensseite könnten auch nach Meinung des Unternehmens selbst sein, daß die Fördermöglichkeiten zunächst zu euphorisch eingeschätzt wurden oder daß die Vielfalt der Förderarten eher verwirrt, aber auch, daß nicht schnell genug die günstigste Organisationsform im Innern des Unternehmens gefunden wurde und daß die Versuche zur Kontaktaufnahme mit den zuständigen Stellen der Landesregierung und der Bundesregierung erst sehr spät zu Gesprächen geführt haben.

Allerdings sieht das Unternehmen auch Gründe für den mangelnden Erfolg der Bemühungen um Fördermittel im System der Wirtschaftsförderung und in ihrer Administration. Einmal waren zunächst bis zum Einsatz erfahrener westdeutscher Berater Landesbehörden und Finanzämter selbst nicht hinreichend sachkundig, zweitens haben die notwendigen Entscheidungen von größerer Tragweite auf dem Weg über regionale Stellen zu übergeordneten Behörden und unter Einbeziehung der Treuhandanstalt sehr viel Zeit erfordert.

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Das Unternehmen hatte Förderanträge in drei Maßnahmengruppen gestellt. Erstens wurden Fördermaßnahmen zur Realisierung ökologisch ausgerichteter Projekte beantragt, die bisher noch nicht zu konkreten Ergebnissen geführt haben. Zweitens gab es frühzeitig Bemühungen um Fördermittel für Umschulungsmaßnahmen, durch die eine schnelle und wirksame Unterstützung zustande kam und mit denen noch im Dezember 1990 mit 4,5 Millionen DM ein leistungsstarkes Qualifizierungszentrum der Wirtschaft mit insgesamt 600 Ausbildungsplätzen geschaffen werden konnte. Außerdem wurde eine große Beschäftigungsgesellschaft gegründet, die bis zu 4.500 Mitarbeitern aus der Region zeitweilig sinnvolle Arbeit geben wird und für die die Finanzierung der Sachkosten durch das „Gemeinschaftswerk Aufschwung Ost„ wesentlich verbessert wird.

Für die weitere Modernisierung der technologisch relativ hochstehenden Anlagen sind gezielte Investitionen erforderlich, für die alle denkbaren Quellen zur Investitionsförderung abgeklopft wurden. Dazu gehören einmal erstens die Investitionszuschüsse aus der Gemeinschaftsaufgabe "Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur" und die Investitionszulagen. Positiv wird vom Unternehmen bewertet, daß mit dem Gemeinschaftswerk "Aufschwung Ost" der Zeitraum für die Wirksamkeit der Zulagen erweitert wurde und es dadurch erleichtert wird, für Projekte mit einer längeren Planungs- und Anlaufzeit die Zulagen in Anspruch zu nehmen. Drittens wurde versucht, Darlehen der Europäischen Gemeinschaft für Unternehmen der Montanindustrie nach dem EGKS-Vertrag zu erhalten. Für das Unternehmen sind eine wichtige weitere Quelle für Investitionsmittel Darlehen der Kreditanstalt für Wiederaufbau, da es als großes Treuhand verwaltetes Unternehmen von vielen mittelständisch orientierten Fördermaßnahmen wie beispielsweise im ERP-Programm ausgeschlossen ist. Allerdings könnte die Zusage dieser Mittel an der Forderung nach hundertprozentiger Deckungsbürgschaft durch die Treuhand scheitern. Die Bevorzugung bereits privatisierter Unternehmen gegenüber den treuhandverwalteten Unternehmen bei den Fördermaßnahmen wurde als problematisch angesehen, da so eine Sanierung erschwert werde.

Allerdings wurde kritisiert, daß Förderanträge im Rahmen der regionalen Wirtschaftsförderung bisher mit der Begründung abgelehnt wurden, die Privatisierung sei noch nicht ausreichend vorangeschritten. Die für den Erfolg der Privatisierung wichtige Sanierung kann jedoch ohne Fördermittel nicht ausreichend vorangebracht werden, so daß hier ein Stillstand der Bemühungen um Privatisierung und Sanierung eingetreten ist. Dies ist ein Beispiel dafür, daß eine positive Entscheidung über die Förderung von Treuhandunternehmen auf Seiten des Landes dringend notwendig ist, nachdem der Bund gerade in Fällen wie dem hier erläuterten eine solche Förderung für akzeptabel hält. Darüber hinaus wurde angeregt, im Rahmen der Regionalförderung nochmals zu überdenken, ob der Käufer eines bisher im Treuhandbesitz befindlichen Unternehmens nicht doch auch auf den Kaufpreis eine Förderung erhalten könne, um zusätzliche Anreize für Privatisierung und Arbeitsplatzerhaltung bzw. -Schaffung auszulösen. Nicht in Frage gestellt wurde vom Unternehmen, daß eine Entscheidung zur Förderung eines Groß-

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projektes letztlich von einer sorgfältigen Bewertung der Gesamtunternehmenskonzeption durch die Entscheidungsträger der Treuhand und der Gebietskörperschaften abhängig sein muß.

Außerdem sollte für das Land Brandenburg schnell die im Rahmen des Gemeinschaftswerkes "Aufschwung Ost" angekündigte Möglichkeit der Aufstellung von Sonderprogrammen für besonders stark vom Strukturwandel betroffene Regionen konkretisiert werden.

Bei dem anderen Unternehmen, dessen Erfahrungen bei der Umsetzung öffentlicher Fördermaßnahmen in den neuen Bundesländern dargestellt wurden, handelt es sich um die BASF-Schwarzheide, einem Tochterunternehmen der BASF Ludwigshafen. Es beschäftigt zur Zeit etwa 4.600 Mitarbeiter.

Der Unternehmensvertreter wies darauf hin, daß die Unternehmen in den neuen Bundesländern sich derzeit drei großen Problemen gegenüberstehen:

  • Absatzproblemen,

  • Beschäftigungsproblemen und

  • Struktur- (Sanierungs-)problemen,

für deren Lösung jeweils gezielte öffentliche Fördermaßnahmen zumindest in einer Übergangszeit notwendig sind. Für alle drei Bereiche wurden teilweise umfangreiche Vorschläge zur Verbesserung der öffentlichen Förderung gemacht.

Das Absatzproblem kommt nicht unerwartet. Die Schrumpfung des Marktes in den neuen Bundesländern aufgrund des Strukturwandels konnte vorhergesehen werden. Die Nachfrage aus Osteuropa und insbesondere der UdSSR ist weiter vorhanden, seit Beginn des Jahres 1991 bestehen jedoch erhebliche Finanzierungsprobleme durch die Umstellung auf die Verrechnung zu Marktbedingungen bei Preisen und Devisen mit der Folge eines erheblichen Absatzrückgangs. Hier sind zwar die Fördervoraussetzungen durch Kredite und Hermes-Bürgschaften gegeben, aber nach Ansicht des Unternehmens fehlt nahezu vollständig ein funktionierendes Instrumentarium für die Umsetzung dieser Maßnahmen in der Praxis in der UdSSR, d.h. es gibt eine mangelnde Koordination zwischen Importeur und Staatsbank, viele bürokratische Hindernisse und einen fehlenden politischen Gestaltungswillen.

Die Beschäftigungsprobleme sind vor allem ein Erbe der planwirtschaftlichen Vergangenheit in den Unternehmen mit ihrer großen Fertigungstiefe und -breite, dem geringen Modernisierungsgrad, dem staatlich regulierten Arbeitsmarkt und des Zusammenbruchs der traditionellen Märkte. Sie zwingen das Unternehmen zu einem drastischen Personalabbau in einer Region, in der andere Arbeitsplätze nicht bestehen und neue Arbeitsplätze nur langsam entstehen, so

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daß die hohe Arbeitslosigkeit derzeit noch ansteigt. Auch hier sind die Fördervoraussetzungen durch ABM und andere öffentliche Mittel gegeben. Die Umsetzung dieser Förderung in der Praxis bereitet jedoch Probleme, weil für die Durchführung von Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen größeren Umfangs kaum ein öffentlicher oder privater Träger zu finden ist, der dazu in der Lage wäre. Ein Ausweg daraus wird in der Gründung von Beschäftigungsgesellschaften gesehen. Probleme bereiten auch die konzeptionellen Defizite bei der Durchführung von Umschulungs- und Qualifizierungsmaßnahmen, da keine ausreichende Klarheit über den quantitativen und qualitativen Bedarf an Arbeitskräften in den nächsten Jahren und damit die Gefahr besteht, daß am künftigen Bedarf vorbei qualifiziert wird.

Das Sanierungsproblem muß aus Sicht des Unternehmens dringend gelöst werden, um überhaupt den Stand der Technik bei Umweltschutz und Arbeitssicherheit zu erreichen und die Produktion so zu modernisieren, daß das Unternehmen wettbewerbsfähig ist. Nach Prüfung erwiesen sich die benötigten Mittel höher als vorhergesagt, da der technische Zustand der Betriebe schlechter als erwartet war. Außerdem müssen für Erweiterungen der jetzigen Produktion oder neue Produktionslinien neue Arbeitsplätze mit erheblichem Investitionsaufwand geschaffen werden.

Das Unternehmen wäre ohne Fördermaßnahmen nicht in der Lage, den Sanierungsbedarf als Altlast der Vergangenheit zu bewältigen. Es konstatiert auch deutliche Anreizeffekte für neue Investitionen durch Art und Weise der jetzigen Investitionsförderung. Interessant ist, daß dieses große und international tätige Unternehmen mit einer Vielzahl von Betriebsstandorten feststellt, daß die in den neuen Bundesländern gewährte Investitionsförderung einen kalkulierbaren Standortvorteil von erheblicher Bedeutung im Wettbewerb der verschiedenen Standorte innerhalb des Unternehmens bietet.

Die Probleme bei der Umsetzung von Investitionsfördermaßnahmen liegen innerhalb des Antragsverfahrens nicht bei der Bearbeitung auf Gewährung von Investitionszuschüssen, die schnell und unbürokratisch bearbeitet und beschieden wurden. Ähnliche schnelle Reaktionen erwartet das Unternehmen bei der Bearbeitung der Investitionszulagen durch die zuständige Finanzverwaltung. Demgegenüber wurde darauf hingewiesen, daß die schnelle Bearbeitung der Förderanträge wenig nützt, wenn das behördliche Genehmigungsverfahren nicht auf eine nach Ansicht des Unternehmens angemessene Zeitspanne von etwa sechs Monaten verkürzt wird und wie in den alten Bundesländern die behördlichen Genehmigungsverfahren zum Teil zwei Jahre beanspruchen. Dann würden Investitionen und Arbeitsplätze nicht 1991, sondern erst frühestens 1993 und wahrscheinlich erst 1994/95 geschaffen werden.

Außerdem wird eine größere Flexibilität der Investitionsfördermaßnahmen angemahnt, da Großinvestitionen der chemischen Industrie zwei bis vier Jahre zur Realisierung beanspruchen und in diesem langen Zeitraum häufig technische und Planänderungen anfallen, die zum Zeitpunkt der Antragstellung auf Investitionsförderung nicht absehbar waren. Dann müssen Einzelheiten

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eines Investitionsprojektes geändert werden können, ohne daß der ursprüngliche Fördersatz verändert wird. Außerdem muß der Investor sich darauf verlassen können, daß auch im letzten Jahr der Realisierung noch Haushaltsmittel für Zuschüsse zur Verfügung stehen, die er im Vertrauen auf die Investitionsförderung begonnen hat. Dies macht auch deutlich, daß die zeitliche Begrenzung der Investitionsförderung auf Projekte, die bis zum 31. Dezember 1994 beendet sein müssen, gerade Investitionen der chemischen Industrie mit ihrer langen Realisierungsdauer nicht gerecht wird.


© Friedrich Ebert Stiftung | technical support | net edition fes-library | Dezember 2001

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