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6. Wirtschaftspolitische Spielräume und Umsetzungsprobleme von Ländern und Kommunen




6.1 Spielräume der Länder für eine zukunftorientierte Wirtschaftspolitik am Beispiel des Landes Brandenburg

Die wirtschaftliche Ausgangslage im Land Brandenburg verdeutlicht, daß drastische Maßnahmen zur Verbesserung der Wirtschaftsstruktur dringend notwendig sind. Das Land steht immer im Zwiespalt zwischen akuter Hilfe bei Beschäftigungseinbrüchen und der Förderung zukunftsorientierter Aktivitäten.

Die Arbeitslosenquote lag nach 8,4 % im Januar und 8,8 % im Februar im März bei 9,1 % und wies weiter steigende Tendenz auf. In einigen Arbeitsamtsbezirken, beispielsweise in Frankfurt/Oder und in Neuruppin, lag sie schon deutlich über 10 %. Unter Einbezug der etwa 300.000 Kurzarbeiter waren im März etwa 40 % der Arbeitnehmer ohne ausreichende Beschäftigung. Schwerwiegenden Strukturproblemen stehen in Brandenburg relativ wenige positive Zeichen gegenüber. Der Strukturanpassungsprozeß wird mit dem notwendigen Arbeitsplatzabbau vor allem den Textilbereich in der Gegend von Cottbus, die Stahlstandorte Eisenhüttenstadt, Hennigsdorf und Brandenburg sowie das Lausitzer Braunkohlenrevier treffen. Ihnen stehen etwa 5.000 Ansiedlungen und Neugründungen kleiner und mittlerer Unternehmen, aber auch von Handwerks- und Handelsbetrieben gegenüber wie auch einige große Projekte, so u.a. das Daimler-Benz-Nutzfahrzeugwerk in Ahrensdorf und die Autoverwertungsanlage derselben Firma in Brandenburg, das Thyssen-Projekt in Drewitz, die Beteiligung der BASF in Schönheide, die Übernahme der Luftfahrttechnik Ludwigsfelde GmbH durch MTU und das Engagement der Heidelberger Druck in Brandenburg.

Der notwendige Strukturanpassungsprozeß der Wirtschaft muß durch vielerlei strukturpolitische Anpassungshilfen flankiert werden. Die Landesregierung Brandenburg geht dabei von folgenden Überlegungen aus:

Um den Strukturwandel sozial verträglich zu gestalten, sollen Massenentlassungen auf einen Schlag vermieden werden, indem durch Qualifizierungs-, Beschäftigungs- und Strukturfördergesellschaften im ganzen Land alle Möglichkeiten des Arbeitsförderungsgesetzes für ABM-Maßnahmen in diesem Rahmen ausgeschöpft werden.

Darüber hinaus wird verlangt, daß die Sanierung von Betrieben Vorrang vor der Privatisierung oder der Stillegung bzw. Teilstillegung hat, und daß die sozialpolitische und regionalpolitische Verantwortung der Treuhand wahrgenommen wird, wie sie in den Grundsätzen für die Zusammenarbeit von Bundesregierung, Landesregierungen und Treuhandanstalt vereinbart wurde, die beim Bundeskanzler am 14. März 1991 mit den Ministerpräsidenten in den neuen Bundesländern vereinbart wurde.

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Das bedeutet aber auch, daß zur Entlastung des Arbeitsmarktes vor allem in der Braunkohlen- und Stahlindustrie notwendige Strukturanpassungsmaßnahmen zeitlich gestreckt werden und daß selbst teurere Lösungen vorgezogen werden sollen, wenn diese den Arbeitsmarkt schonen und langfristig wirtschaftlicher sind.

Vor allem aber betreibt das Land Brandenburg eine umfassende Ansiedlungspolitik, die alle bestehenden wirtschaftsfördernden Möglichkeiten ausschöpft. Dazu wurde im März eine hochrangige Ressortarbeitsgruppe zur Koordinierung der Programmdurchführung eingesetzt, die in allen Landkreisen und großen Kommunen des Landes durch den Einsatz von Aufbaustäben vor Ort begleitet wird. In diesen sollen sowohl die regionalen Entscheidungsträger und die Verantwortlichen für Genehmigungsverfahren wie auch Wirtschaft und Gewerkschaften vertreten sein. Außerdem hat das Land Brandenburg eine Wirtschaftsfördergesellschaft gegründet und Wirtschaftsinitiativen für das Land Brandenburg ins Leben gerufen. Gemeinsam mit dem Land Berlin soll in einer Flughafenkommission ein gemeinsames Flughafenkonzept für die Flughäfen Tegel, Schönefeld und den geplanten Großflughafen Süd erstellt werden.

Zur Bündelung sämtlicher Förderprogramme des Landes und zu ihrer Abwicklung soll eine Landesinvestitionsbank unter Beteiligung der Westdeutschen Landesbank und Berliner Kreditinstitute aufgebaut werden. Um leistungsfähige regionale Einheiten zu schaffen, gibt es Pläne für eine Kreis- und Gebietsreform. Die Verwaltungsstruktur im nachgeordneten Bereich wird allerdings noch als Schwachstelle betrachtet; hier wurde mit dem Land Nordrhein-Westfalen ein Verwaltungsabkommen über konkrete Verwaltungshilfe und laufende Beratungen für Kreise, Städte und Gemeinden geschlossen. Gesetze zur Landesentwicklung, darunter ein Hochschulgesetz und das Vorschaltgesetz zur Landesplanung und zum Landesentwicklungsprogramm sind schon verabschiedet.

Anders als in den alten Bundesländern wird die Wirtschaftsförderung des Bundes in den neuen Bundesländern und deshalb auch im Land Brandenburg nicht regional differenziert. Der Anpassungsschock nach Einführung der D-Mark hat das ganze Land undifferenziert und nicht nach Regionen unterschiedlich getroffen. Gerade im Land Brandenburg wurde die Erfahrung gemacht, daß die von der Bundesregierung entwickelten Konzepte durch Verbesserungen und Hinweise vor Ort erst einmal auf die Situation in den neuen Bundesländern anwendbar gemacht werden mußten, nachdem beispielsweise die Richtlinien für die Gemeinschaftsaufgabe "Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur" ihren Praxistest bisher nur in den alten Bundesländern bestanden hatten. Hinzu kommt in den neuen Bundesländern, daß die Verwaltungsstruktur zwischen Land und Kommunen es bisher erschwert, kurzfristige Entscheidungen weiterzureichen.

Die Wirtschaftspolitik im Land Brandenburg ist mit einem Nord-Süd-Gefälle wie in der alten Bundesrepublik konfrontiert. Die Wirtschaftspolitik versucht angesichts der oft sehr schnellen Entwicklungen darauf zu drängen, daß Potentialanalysen und Entwicklungskonzepte von Projektteams

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zusammen mit den regionalen Kräften erstellt werden. Dabei wird großer Wert auf langfristige Tragfähigkeit gelegt.

Die Förderpolitik sieht Großansiedlungen zwar als wichtig, aber nicht als entscheidend an, obwohl Großansiedlungen häufig die Dienstleistungsbetriebe und mittelständische Betriebe nach sich ziehen. Auch im Land Brandenburg ist wie in der gesamten früheren DDR die Förderung einheitlich, allerdings werden die Förderprogramme im Süden des Landes stärker beansprucht als im Norden. Das Land wird versuchen, in den nächsten Rahmenplan der Gemeinschaftsaufgabe regionale Differenzierungen einzubringen.

Neben der Gemeinschaftsaufgabe "Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur" stellt das Land Brandenburg eigene Landesprogramme auf, z.B. im Technologiebereich, für die Haushaltsmittel etwa ab August 1991 bereitstehen. Daneben gibt es begleitende Darlehensprogramme und Bürgschaften, für die ebenfalls jetzt die Haushaltsvoraussetzungen geschaffen worden sind, so daß die Bürgschaftsbank des Landes in Einzelfällen bis zu einer halben Millionen D-Mark verbürgen kann. Allerdings sind die Antragswege noch relativ lang. Eine entscheidende Rolle spielt dabei die Struktur der öffentlichen Verwaltung. Falls keine Bezirke eingerichtet werden, stellt sich das Problem der Ansprechpartner vor Ort für die Antragsteller.

Obwohl schon ein relativ umfangreiches Maßnahmenbündel existiert, das erhebliche finanzielle Hilfen bereitstellt, gibt es in vielen Bereichen noch gesetzgeberischen oder finanziellen Handlungsbedarf in Feldern, in denen noch Verbesserungsmöglichkeiten bestehen. Dazu gehört die Kürzung und Straffung von Genehmigungs-, Planfeststellungs- und Raumordnungsverfahren. Verfahrenserleichterungen in diesen Bereichen werden in den neuen Bundesländern sofort und zuallererst gebraucht, ohne daß allerdings Bürgerbeteiligungsrechte gemindert werden sollen. Noch immer schwierig ist die Umsetzung des Vorrangs investiver Vorhaben bei Grundstücken, falls Eigentumsprobleme bestehen. Dabei spielen auch die ungeklärten Grundbuchverhältnisse eine Rolle, bei denen umgehend Abhilfe geschaffen werden muß. Die finanzielle Situation des Landes Brandenburg würde entlastet, wenn das Land in den Länderfinanzausgleich gleichrangig mit den anderen Bundesländern einbezogen würde, aber auch, indem die Subventionen für die Wohnungen und die damit zusammenhängenden Heizkosten sowie die Subventionen für den öffentlichen Personennahverkehr für das Land und für die neuen Bundesländer insgesamt vom Bund übernommen würden. Auch die ökologischen Altlasten dürfen nach Ansichten des Landes nicht bei den Treuhandbetrieben, den neuen Bundesländern oder ihren Gemeinden verbleiben, sondern müssen vom Bund übernommen werden.

Als zusätzliche wirtschaftspolitische Förderung wird gefordert, daß der Bund im Rahmen der öffentlichen Auftragsvergabe gezielt Aufträge in die neuen Bundesländer vergeben muß, vor allem bei solchen Vorhaben, die aus Aufgaben in den neuen Bundesländern resultieren. Außerdem werden zusätzliche Maßnahmen zur Stabilisierung und Wiederbelebung des Osthandels

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gewünscht. Ehemals militärisch genutzte Liegenschaften sollen an die Gebietskörperschaften der neuen Bundesländer kostenlos oder wenigstens zu Vorzugsbedingungen abgegeben werden.

Die ehemaligen Treuhandunternehmen machen einen bedeutenden Anteil der Wirtschaftsförderung beanspruchenden Betriebe aus. Nach ihrer Privatisierung wenden sich die Betriebe mit dem Wunsch nach Unterstützung an das Land. Häufig haben Erwerber von Treuhandunternehmen den Unternehmenspreis schon unter Einbeziehung des erwarteten zukünftigen Investitionszuschusses zu hoch kalkuliert und sind daher nach der Privatisierung sehr schnell auf weitere öffentliche Unterstützung angewiesen, die sie nun nicht mehr von der Treuhandanstalt selbst, sondern vom Land Brandenburg erwarten.

In der Diskussion über die Wirtschaftsförderung des Landes wurde auch die Frage angesprochen, wie sich das Verhältnis des Landes Brandenburg zum Land Berlin entwickelt, von dem es vollständig umschlossen wird. Letztlich ist das Kerngebiet Brandenburgs durch einen Radius von etwa 80 Kilometern um Berlin herum definiert. Cottbus auf der einen, Frankfurt/Oder auf der anderen Seite gehören nicht dazu, dürfen aber nicht aus der Aufmerksamkeit des Landes herausfallen. Dies kann – so lautete ein Vorschlag – dadurch vermieden werden, daß die Wirtschaftsfördergesellschaft des Landes Kammern aus allen Bereichen des Landes einbezieht und damit die Regionalisierung ihrer Arbeit in die Wege leitet, die noch nicht bewältigt sei. Derzeit sei unverständlicherweise die Kammer Brandenburg nicht einbezogen. In Nordrhein-Westfalen ist dies über regionale Zweckverbände gelöst worden. Die Wirtschaftsfördergesellschaft des Landes könnte auch mit regionalen Gesellschaften verflochten werden. Außerdem könnten bei regional konzentrierten Problemen regionale Projektteams, beispielsweise an den Stahlstandorten, tätig werden.

Ebenso wurde die offene Frage erneut angesprochen, ob Treuhandbetriebe von der Wirtschaftsförderung keine Mittel der Regionalförderung erhalten sollen. Entscheidungen darüber werden bisher im Einzelfall getroffen, allgemeine Grundsätze dazu stehen aber noch aus. Ursprünglich sollten Treuhandbetriebe nach Auffassung des Landes nicht mit Mitteln der Gemeinschaftsaufgabe gefördert werden, da die Treuhand ebenfalls nur eine staatliche Institution ist und Mittel lediglich verschoben würden. Dies sollte jedoch überdacht werden, da auch bei der Treuhand die Erlöse geringer seien als der Aufwand.

Im Land Thüringen wird der Erwerb von Treuhandbetrieben nicht mit Mitteln der Gemeinschaftsaufgabe gefördert. Es wurde jedoch darauf hingewiesen, daß für die Treuhandbetriebe in diesem Punkt noch Klarheit geschaffen werden müsse, um eindeutige Entscheidungsgrundlagen zu schaffen.

Die von der Kreditanstalt für Wiederaufbau konstatierte leichte Aufwärtsbewegung auf den Ostmärkten wurde von einem Vertreter des brandenburgischen Wirtschaftsministeriums für

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das Land Brandenburg nicht bestätigt. Dies wurde u.a. auf fehlendes Marketingwissen der Betriebe zurückgeführt, so kümmern sich die alten Betriebe seiner Auffassung nach nicht genügend um den Absatz der eigenen Produkte in den früheren Ostblockländern. Kurzfristig sei dieses Managementproblem auch nicht durch Unternehmensberater und von ihnen veranstaltete Managementseminare zu beheben.

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6.2 Kommunale und regionale Möglichkeiten zur Unterstützung der wirtschaftlichen Gesundung

In konkrete Maßnahmen und Verwaltungsentscheidungen umgesetzt wird regionale Wirtschaftspolitik immer auf der Ebene von Kommunen oder Regionen. In den alten wie in den neuen Bundesländern sind es zwei Akteure, die dabei die Hauptrolle spielen: die kommunale Wirtschaftsförderung und die Industrie- und Handelskammern. Die für die kommunale Wirtschaftsförderung in den Kommunen zuständigen Ämter oder Gesellschaften bemühen sich einerseits darum, die Voraussetzungen für die Ansiedlung von Betrieben durch Informationen über die ihnen zur Verfügung stehenden Standorte, durch Akquisition ansiedlungswilliger Unternehmen und durch die Bereitstellung wirtschaftsnaher Infrastruktur zu schaffen. Andererseits helfen sie Unternehmen dabei, Fördermittel zu erhalten und informieren auch über das breite Spektrum der entsprechenden Fördermöglichkeiten. Wie die Kommunen haben auch die jeweiligen Industrie- und Handelskammern der Regionen ein großes Interesse daran, mit Hilfe der Förderung die Wirtschaftsentwicklung der Region so gut wie möglich zu gestalten. Auch in den alten Bundesländern sind die Industrie- und Handelskammern in den Prozeß der regionalen Wirtschaftsförderung durch Stellungnahmen zu den jeweiligen Förderanträgen eingeschaltet. Sie können daher besonders gut beurteilen, ob die angebotenen öffentlichen Hilfen die Probleme der Region, der Kommune und auch der ansiedlungs- oder erweiterungswilligen Unternehmen treffen und ob dadurch Entwicklungsengpässe beseitigt werden.

Auf der Tauung in Cottbus wurden die Anforderungen an wirtschaftliche Hilfen der öffentlichen Hand in den neuen Bundesländern und die Erfahrungen mit den vorhandenen Programmen einmal aus der Sicht der öffentlichen Industrie- und Handelskammer dargestellt, zum anderen wurden die Möglichkeiten der kommunalen Wirtschaftsförderung zur Hilfe bei regionsspezifischen Entwicklungsengpässen am Beispiel der Stadt Cottbus behandelt.

6.2.1 Industrie- und Handelskammern

Die Industrie- und Handelskammer Cottbus ist neben den der IHK Frankfurt/Oder und der IHK Potsdam eine der drei Industrie- und Handelskammern des Landes Brandenburg. Zu der am 26. Januar 1990 wiedergegründeten IHK Cottbus mit damals 2.000 Mitgliedsbetrieben zählten 14 Monate nach der Gründung knapp 14.000 Kammerunternehmen, davon

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  • fast 700 Industriebetriebe,

  • rund 850 Verkehrsunternehmen,

  • über 5.500 Handelseinrichtungen,

  • 1.150 Gaststätten und

  • über 5.700 Dienstleistungs- und sonstige Unternehmen.

Unter den rund 14.000 kammerzugehörigen Unternehmen befinden sich etwa 11.500 Existenzgründungen, die schon eine deutliche Eigeninitiative und unternehmerische Dynamik belegen.

Die IHK Cottbus geht davon aus, daß trotz aller Strukturprobleme die gegenwärtige Strukturkrise der fünf neuen Bundesländer nicht zu einer Dauerkrise führen wird, und die Chancen auch in der Region um Cottbus herum mittelfristig gut sind.

Der Vertreter der Industrie- und Handelskammer vertrat die Meinung, daß die finanziellen Hilfen und Fördermaßnahmen zwar eine unabdingbare Grundlage einer zufriedenstellenden zukünftigen wirtschaftlichen Entwicklung sind, aber das Entstehen einer funktionierenden Marktwirtschaft entscheidend ist. Er warnte vor überhastetem Aktionismus und neuem Dirigismus. Die Hilfen sollten nicht dazu beitragen, nicht sanierungsfähige Teile der Produktionsstruktur und damit möglichst viele alte, jedoch nicht wettbewerbsfähige Arbeitsplätze zu erhalten. Staatliche Hilfen können nur eine Anschubwirkung für den Wirtschaftsaufschwung haben, der auf Dauer von den Leistungen der Mitarbeiter in Unternehmen und Verwaltungen getragen werden muß. Festgestellt wurde, daß die derzeitige Wirtschaftspolitik der Förderung fast aller Aktivitäten in den neuen Bundesländern nicht auf Dauer fortgesetzt werden kann, und daß sich so schnell wie möglich die Unternehmen in ihren wirtschaftlichen Aktivitäten selbst tragen müssen.

Von Seiten der IHK Cottbus wurden erhebliche Probleme hinsichtlich der wirksamen Publizierung und im Ergebnis auch der Inanspruchnahme und Ausschöpfung der etwa 700 Fördermöglichkeiten und -Programme gesehen. Gefordert wurde daher Beratungs-Know-how und der Einsatz von Spezialisten zur Information über Fördermöglichkeiten. Dabei sollen staatliche Verwaltungen, Ämter, Banken, Kammern und andere Experten noch enger zusammenarbeiten als bisher.

Der Erfolg der Wirtschaftsförderung hängt nach Ansicht der IHK Cottbus entscheidend von der ausreichenden Berücksichtigung regionaler Gesichtspunkte ab, wobei gerade in der stark durch Monostrukturen geprägten Region um Cottbus die Regionalpolitik der Erneuerung der Wirtschaftsstruktur die allererste Priorität einräumen sollte. Entsprechend der Überlegungen in der Regionalwissenschaft zur Regionalisierung der Regionalpolitik wird auch hier die Ver-

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antwortung für eine solche Entwicklung bei den Entscheidungsträgern am Ort selbst gesehen, die am ehesten in der Lage sind, notwendige private und administrative Initiativen in die Wege zu leiten. Dabei kommt der Industrie- und Handelskammer der Region ebenso wie den Unternehmen, die Mitglieder der IHK sind, eine bedeutende Rolle zu. So unterstützt die IHK beispielsweise die Bildung regionaler Wirtschaftsfördergesellschaften. Daher wird von der IHK Cottbus auch eine stärkere Transparenz über Arbeit und Wirksamkeit der Wirtschaftsförderungsgesellschaft des Landes Brandenburg angemahnt, deren Arbeit bisher laut Auffassung der Kammer an den Industrie- und Handelskammern vorbeigelaufen ist. Allerdings wird die Zusammenarbeit mit dem Land durch den noch längst nicht abgeschlossenen Verwaltungsaufbau erschwert, da noch nicht geklärt ist, ob es eine Zwei- oder Mehrstufigkeit, Mittelbehörden, Außenstellen von Ministerien oder Regionalkonferenzen geben wird.

Gerade auch für die IHK wird die Notwendigkeit öffentlicher finanzieller Hilfen angesichts der unzureichenden Eigenkapitalausstattung und mangelnden Liquidität von Unternehmen und Existenzgründern deutlich. In diesem Zusammenhang wurde in den zurückliegenden Monaten eine Vielzahl von Anträgen von der Kammer geprüft und befürwortet. Allerdings wird die oft zu lange Zeitspanne bis zur Ausreichung der Mittel kritisiert. Dem entspricht, daß auch auf Bundesebene die Statistik bisher einige tausend gestellte Anträge, aber nur einige hundert positiv entschiedene Anträge auf Förderung durch die Gemeinschaftsaufgabe in den neuen Bundesländern aufweist. Angemahnt wird auch eine schnellere Arbeit der Bürgschaftsbank Brandenburg, zu deren Gesellschaftern die IHK Cottbus ebenfalls gehört. Diese Bank könnte vielen jungen, aber dynamischen Unternehmern, die einer Prüfung standhaltende erfolgversprechende Unternehmenskonzepte vorlegen, über die üblicherweise gerade in den neuen Bundesländern auftretende Schwierigkeit hinweghelfen, daß sie nicht über die banküblichen Sicherheiten verfügen.

In diesem Zusammenhang wird angemahnt, daß die Vorgehensweise und der aktuelle Stand der Bildung einer Landesinvestitionsbank des Landes Brandenburg nach dem Muster der Investitionsbank Nordrhein-Westfalen, die in NRW als eigenständige Abteilung der West-LB gegründet wird, noch offen ist und derzeit keine weiteren Schritte erfolgen. Die Landesinvestitionsbank sollte das Ziel haben, Informationen, Beratung, Vermittlung und Abwicklung der Wirtschaftsförderung zu bündeln und damit effizienter zu gestalten.

Zwei weitere Maßnahmenkomplexe werden von der IHK Cottbus als für den wirtschaftlichen Aufbau in den neuen Bundesländern zentral angesehen:

Eine wichtige Aufgabe besteht in der Sensibilisierung der Kommunen und Betriebe für das öffentliche Auftragswesen, vor allem im Zusammenhang mit den notwendigen umfangreichen Infrastrukturmaßnahmen. Nach geltenden Regelungen müssen ostdeutsche Anbieter auch dann bevorzugt werden, wenn sie 6 % teurer als westdeutsche Anbieter sind. Da mittlerweile die Kommunen und das Land über eine zunächst hinreichende Finanzausstattung verfügen,

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müssen bei den zu vergebenden Aufträgen nach Meinung der IHK Cottbus vor allem einheimische Auftragnehmer berücksichtigt werden und die 6-%-Klausel auch angewandt werden.

Zur Erleichterung der Beratung über öffentliche Aufträge wurde im Hause der IHK Cottbus eine öffentliche Auftragsberatungsstelle für das Land Brandenburg eingerichtet, die bereits heute über die notwendige technische Ausstattung und das Know-how der Auftragsberatungsstelle in Nordrhein-Westfalen verfügt und deren Bedeutung vor allem mit der Verwirklichung des EG-Binnenmarktes 1992 und den damit einhergehenden erweiterten Ausschreibungsvorschriften und -möglichkeiten noch steigen wird. Versucht wird derzeit eine entsprechende EG-weite Einbindung der Beratungsstelle.

Darüber hinaus sprechen nach Meinung der IHK Cottbus aktuelle Erfahrungen eindringlich für die Notwendigkeit, vor allem den Aufbau der Infrastruktur in den neuen Bundesländern durch Ausschöpfung aller Möglichkeiten zur Beschleunigung der Planungsverfahren und der Vereinfachung von Entscheidungsprozessen wie etwa jetzt im Verkehrswegebau zu beschleunigen.

Über die engeren wirtschaftspolitischen Maßnahmen hinaus hält die IHK Cottbus für den Erfolg des Aufbaus der neuen Bundesländer die Einbeziehung und Berücksichtigung der sogenannten weichen Standortfaktoren für notwendig, also beispielsweise im kulturellen oder Freizeitbereich.

6.2.2 Kommunale Handlungsspielräume in den neuen Bundesländern

Daß die Handlungsspielräume der kommunalen Wirtschaftsförderung durch vielerlei großräumige Entwicklungen und Entscheidungen begrenzt sind, daß aber andererseits die großräumigen Fördermaßnahmen durchaus bei entsprechender Anwendung den regionsspezifischen Förderungsbedarf treffen können, wurde während der Tauung in Cottbus am Beispiel der Wirtschaftsförderung der Stadt Cottbus gezeigt.

Bereits zur Mitte des letzten Jahres wurde als Voraussetzung für die Konzeption der Wirtschaftsförderung mit einer Analyse der wirtschaftlichen Stärken und Schwächen der Region Cottbus durch ein westdeutsches Projektteam begonnen. Aufbauend darauf wurde ein Handlungskonzept entwickelt, das nun umgesetzt werden soll.

Die Untersuchungen haben als besonders zu fördernde Bereiche Unternehmen der Metallverarbeitung, der Umwelttechnik und Umwelttechnologie, des Bauhaupt- und Baunebengewerbes, Montagebetriebe des Bauwesens, der Elektroindustrie, den Bildungs- und Umschulungsbereich sowie die unternehmensnahen Dienstleistungen genannt.

Innerhalb dieses Rahmens hat die Stadt Cottbus seit dem Sommer 1990 an einem Konzept "Cottbus 2000" gearbeitet, das als grundsätzliche Leitlinie der kommunalpolitischen und vor allem der baulichen Lenkung der Stadtentwicklung bis zur Jahrtausendwende dienen soll. Auf

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der Grundlage einer Situationsanalyse werden in diesem Konzept grundsätzliche städtebauliche und infrastrukturelle sowie ökologische Entwicklungsziele und -räume vorgeschlagen. Schon damals wurde ein Flächennutzungsplan als das wesentliche Instrument der Bauleitplanung von der Stadtverordnetenversammlung bestätigt und anschließend bis März 1991 eine Vielzahl von Beschlüssen zu Vorhabens- und Erschließungsplänen, Sanierungsgebieten, Bebauungsplänen, Gebieten mit Vorkaufsrechten usw. gefaßt.

Damit hat die Stadt Cottbus Mindestvoraussetzungen für verschiedene Investitionen geschaffen. Auf dieser Grundlage wurden und werden im Jahr 1991 Weiterbildungszentren, ein Hotel, Einkaufszentren, Tankstellen, Bankengebäude und ein Gewerbegebiet für ca. 60 Unternehmensgründer sowie eine Vielzahl von Maßnahmen im Bereich der technischen Infrastruktur begonnen.

Kritisch gesehen wird von der Stadt Cottbus vor allem die bestehende gebietsstrukturelle Situation, die nach ihrer Ansicht eine effektive kommunale Politik nicht zulasse. Gefordert wurde daher, daß die Vielzahl von Gemeinden in einem längeren Prozeß zu effizienteren, größeren Strukturen zusammenwachsen muß. Derzeit kann diese Entwicklung nur durch eine ständige Zusammenarbeit der Stadt Cottbus mit dem Landratsamt Cottbus sowie mit den Bürgermeistern der Gemeinden aus dem städtischen Umland, beispielsweise bei Investitionsvorhaben, geleistet werden. Dazu wurde, unabhängig von einer wie auch immer gearteten weiteren rechtlichen Ausgestaltung der Zusammenarbeit zwischen diesen Partnern, eine paritätisch zusammengesetzte Arbeitsgruppe eingerichtet, die u.a. zur Übereinstimmung beim Bau von großen Einzelhandelszentren an der Peripherie der Stadt Cottbus beigetragen hat.

Ein weiterer Bereich von großer Bedeutung für die kommunale Wirtschaftsentwicklung sind die Ansiedlungsmöglichkeiten für sich entwickelnde kleine und mittelständische Unternehmen. Nach dem Beispiel und den Erfahrungen westdeutscher Gewerbegebiete wurde nach relativ kurzer Vorbereitungszeit und dank des unkomplizierten Zusammenwirkens von Ämtern, Kammern und Verbänden unter Beachtung der jeweils geltenden Rechtsvorschriften ein Gewerbeflächengebiet eingerichtet, auf dem im 3. Quartal 1991 etwa 60 Unternehmen mit der Ansiedlung und den notwendigen Bauarbeiten beginnen können. Weitere Gewerbegebiete werden von der Stadt derzeit vorbereitet. Außerdem bemüht sich die Stadt, durch Zusammenarbeit mit der Gebäudewirtschaft Cottbus die Bereitstellung geeigneter Räumlichkeiten für Existenzgründer zu ermöglichen, die einen erheblichen Engpaß für Gewerbeanmeldungen ausmachen.

Kommunale Wirtschaftsförderung ist in den meisten Fällen Dienstleistungsarbeit für einzelne Unternehmen. In der Stadt Cottbus wurde dabei viel durch eine aktive Partnerschaft mit der Niederlassung der Treuhandanstalt in Cottbus und der Hauptstelle in Berlin, mit dem Bundesvermögensamt und dem Standort Cottbus der Bundeswehr erreicht. Dabei kommt auf die Stadt Cottbus zusätzlich eine Aufgabe zu, die Kommunen in den westlichen Bundesländern

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nicht haben. Sie muß die Privatisierung der ehemaligen volkseigenen Unternehmen, die nun zur Treuhandanstalt gehören, aktiv begleiten. Beim Textil- und Konfektionsbetrieb in der Stadt Cottbus ist es gelungen, einen großen Teil des ehemaligen Kombinates als Produktionsstandort zu erhalten und nicht mehr benötigte Produktions-, Lager- und Verwaltungsflächen zu einem Technologie- und Gewerbepark umzuwandeln. Damit wurde auch der Kern für ein Cottbusser Technologie- und Entwicklungszentrum geschaffen, von dem viele Entwicklungsimpulse für die Kommune ausgehen könnten.

Über die Wirtschaftsförderung für Unternehmen selbst hinaus muß sich die Stadt Cottbus auch um die Umschulung und Ausbildung der freigesetzten Beschäftigten nicht mehr wettbewerbsfähiger alter Unternehmen kümmern, für die in der Stadt zwischenzeitlich 14 Weiterbildungseinrichtungen in Abstimmung mit der Arbeitsverwaltung ihre Arbeit aufgenommen haben.

In der Alltagsarbeit der Wirtschaftsförderung in Cottbus wird allerdings deutlich, daß sich vor allem bei der Ansiedlung kleinerer und mittelständischer Unternehmen ungeklärte Eigentumsprobleme, lange Bearbeitungszeiten bei Rückführungsanträgen und auch fehlende oder unzureichende Bedingungen der wirtschaftsnahen Infrastruktur hemmend auf die wirtschaftliche Entwicklung auswirken. Weitere Unterstützung für die Region wird für dringend erforderlich gehalten, vor allem um die Leistungsfähigkeit der Verkehrsinfrastruktur zu steigern.


© Friedrich Ebert Stiftung | technical support | net edition fes-library | Dezember 2001

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