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TEILDOKUMENT:


[Seite der Druckausg.: 8 (Fortsetzung)]



2. Ziele und Instrumente der Modernisierung




2.1 "Telekom 2000" soll Investitionshemmnisse abbauen

Wann kann in den fünf neuen Bundesländern so telefoniert werden, wie man es im Westen gewohnt ist? Die Antwort auf diese Frage heißt "Telekom 2000". Dieses mittelfristig angelegte Ausbau- und Modernisierungskonzept zur Telekommunikationsinfrastruktur in der ehemaligen DDR will das heute vorhandene Niveau der alten Bundesrepublik bis zum Jahre 1997 in ganz Deutschland verwirklichen. Veranschlagt sind dafür Gesamtinvestitionen von rund 55 Milliarden DM. Das von beiden deutschen Postunternehmen im Vorfeld der Postunion entwickelte Konzept hat als Versorgungsziele bis 1997 folgende Eckwerte festgelegt:

  • 7,2 Millionen Telefonanschlüsse,

  • 68.000 Münz- und Kartentelefone,

  • 360.000 Telefaxanschlüsse,

  • 50.000 Datex-P-Anschlüsse,

  • 2,2 Millionen Kabelfernsehanschlüsse,

  • flächendeckende Mobilfunknetze C und D.

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Leipzig stellt seit Beginn der westdeutschen Telekom-Aktivitäten in den neuen Bundesländern das Bezugszentrum der Innovationen auf dem Gebiet des telematischen Nachrichtenwesens dar. In der alten sächsischen Messestadt wurde das erste Videokonferenz-Studio in Betrieb genommen, dort wurde der Mobilfunk erstmals auf dem Gebiet der ehemaligen DDR eingeführt, ebenso der Cityruf-Dienst und die ersten 100 Kartentelefone. Der erste Spatenstich zur Errichtung einer digitalen Vermittlungsstelle für das Overlay-Netz Ostdeutschlands wurde ebenfalls in Leipzig getan. Alle Bezirks- und Schwerpunktstädte sollen nach den Planungsvorgaben bis 1993 vom digitalen Overlay-Netz erfaßt sein. Wegen der unzureichenden Telefonversorgung hat sich das Bundesministerium für Post und Telekommunikation (BMPT) für die befristete Zulassung privater Satellitenbetreiber zum Telefonverkehr entschlossen. Diese von der Deutschen Postgewerkschaft (DPG) heftig kritisierte Ausnahme vom Fernsprechmonopol wird von verantwortlicher Seite als Maßnahme zur "entscheidenden Verbesserung" der aktuellen Lage verteidigt.

Führungskräfte der privaten Wirtschaft halten die Ziele von "Telekom 2000" für ehrgeizig und sehen bei ihrer Verfolgung einige Schwierigkeiten voraus. Der Vorstand der Deutschen Bundespost Telekom (DBPT) wird um seine Aufgabe nicht beneidet, sowohl kurzfristig ein Mindestprogramm zur Aufstockung der Kapazität in Ost und West als auch ein langfristiges Konzept zur systematischen Ausweitung und Erneuerung der Transportwege für Informationen realisieren zu müssen. Drei Ebenen sind es, auf denen demnach die Modernisierung des Nachrichtenwesens anzusetzen hat:

  • Erneuerung und Erweiterung des öffentlichen Netzes unter der Oberhoheit der Deutschen Bundespost Telekom;

  • Einbeziehung privater Dienste und Nutzer in den peripheren Ausläufern, in Sondernetzen und im Endgerätebereich;

  • Erhöhung der Leistungsfähigkeit der Lieferanten durch Investition, Aufbau und Nutzung von Kapazitäten in der Mittelstandsebene für Montage, Bau, Inbetriebnahme und Wartung im komplexen Telekommunikationsnetz.

Mithin ist, so die Beschreibung der Problemlage durch Repräsentanten der privaten Wirtschaft, die Schaffung einer modernen Kommunikationsinfrastruktur nicht nur von der Bereitstellung finanzieller Mittel und Beschaffung materieller Güter durch den öffentlichen Betreiber abhängig; nicht weniger bedeutsam ist die Fähigkeit und Bereitschaft der nicht-öffentlichen Industrie- und Dienstleistungsunternehmen, die erforderlichen Güter bereitzustellen und notwendigen Investitionen vorzunehmen.

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Richtschnur für den informationstechnischen Um- und Ausbau in den neuen Bundesländern sind derzeitiges Niveau und aktuelle Struktur des Telekommunikationssektors in Westdeutschland. Gegenwärtig erfolgt die Abwicklung der von der Deutschen Bundespost Telekom (DBPT) angebotenen Dienste hauptsächlich in vier noch separaten Netzen: dem Telefonnetz mit 30 Mio. Anschlüssen, dem integrierten Text- und Datennetz in digitaler Technik (ISDN) mit rund 600.000 Anschlüssen, dem breitbandigen Kabelnetz (BK) mit 6,8 Mio. angeschlossenen Haushalten sowie dem Funk- und Satellitennetz. Wie sehen nun die Planungen im einzelnen für die ehemalige DDR aus?

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2.2 Telefon- und ISDN-Netz

In der ersten Ausbauetappe 1990/91 werden in den neuen Bundesländern 500.000 neue Telefonanschlüsse geschaltet – bis Ende des Jahres 1990 allein 100.000. Durch zusätzliche Leitungsschaltungen Zug um Zug sucht die Deutsche Bundespost Telekom das Nadelöhr der Ost-West-Kommunikation zu erweitern. So wurden vom Gebiet der ehemaligen DDR in Richtung Westen die Zahl der Leitungen bis Jahresende 1990 von 111 auf 2.000 Leitungen gesteigert und vom Westen zum Osten von 690 auf 2.000 erhöht. Zwischen Ost- und Westberlin ist eine Vervielfachung von 95 auf 513 und in umgekehrter Richtung von 565 auf 1076 Leitungen zu verzeichnen. Genauso, wie zusätzliche Telefonverbindungen zwischen beiden Teilen Berlins geschaltet wurden, erlebten auch die Direktverbindungen zwischen den Städten Verbesserungen. Von November 1989 bis Jahresende 1990 wird sich nach Angaben des Bundesministeriums für Post- und Telekommunikation (BMPT) die Zahl der Telefonverbindungen zwischen der ehemaligen DDR und der alten Bundesrepublik auf 2.000 Leitungen um den Faktor 20 erhöht haben. In der Gegenrichtung ist mit einer Verdreifachung auf rund 2.000 Leitungen zu rechnen.

Durch den Aufbau eines digitalen Overlay-Netzes wachsen die Netzkapazitäten Schritt für Schritt weiter. Bis Mitte 1991 sind 70.000 neue Anschlußmöglichkeiten projektiert. Dazu entstehen digitale Vermittlungsstellen in Dresden, Chemnitz, Leipzig, Neubrandenburg, Rostock und Erfurt. In der zweiten Ausbauphase bis 1993 wird das Overlay-Netz alle Bezirks- und weitere Schwerpunktstädte umfassen. Zur Beschleunigung der Telekommunikationsversorgung in den neuen Bundesländern vereinbart die Deutsche Bundespost Telekom im November 1990 mit verschiedenen Fernmeldeunternehmen (Siemens, SEL, ANT, Bosch, DeTeWe) ein Zusatzprogramm, das bis Mitte 1991 weitere Anschlußkapazitäten sicherstellen soll. Von den zusätzlichen Beschaltungseinheiten werden 51.000

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Thüringen zugute kommen, 35.000 Sachsen, 24.000 Sachsen-Anhalt, 74.000 Brandenburg und 42.000 Mecklenburg-Vorpommern.

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2.3 Breitbandkabel, Funk- und Satellitennetze

Für die Text- und Datenkommunikation (Datex-P) stehen unterschiedliche Dienste zur Verfügung. Von besonderer Bedeutung ist hier neben dem Telefaxdienst der Aufbau eines paketvermittelten Datennetzes. Seit Juli 1990 können bis zu 1.000 Datex-P-Teilnehmer aus Ostdeutschland an den Datennetzknoten in West-Berlin angeschlossen werden. Bis Frühjahr 1991 sollen Datex-P-Knotenpunkte in Ost-Berlin, Leipzig, Dresden und Chemnitz den Betrieb aufnehmen – was auf 4.000 Anschlußmöglichkeiten hinausläuft. Weitere 29 Datex-P-Anlagen folgen bis Jahresende. Auch außerhalb dieser Orte ist der am jeweiligen Bedarf bemessene Aufbau von Datex-P-Stützpunkten vorgesehen. Für die Ausbreitung des Fernschreibdienstes werden 170 zusätzliche Leitungsschaltungen sorgen, was eine Verdoppelung der Kapazität des Telexnetzes auf Ex-DDR-Gebiet bedeutete. Nach den Planungsvorgaben werden Ende 1997 weitere 6.000 Telexanschlüsse vorhanden sein. Was den Telefaxdienst betrifft, erwartet man in der Deutschen Bundespost Telekom eine sprunghaft expandierende Nachfrage. Der geschätzte Bedarf an Telefaxanschlüssen liegt für die Jahre 1990/91 bei 10.000, 1992/93 bei 90.000, und im Zeitraum 1994/97 wird der voraussichtliche Bedarf mit bis zu 260.000 Telefaxanschlüssen angegeben.

Bildschirmtext ist als Mehrwertdienst mit Zugang zu Telefax und Telex angelegt. Per Bildschirm sind die unterschiedlichsten Informationen zugänglich: Es können Datenbanken abgefragt, Waren bei Groß- und Einzelhandel bestellt oder auch Bewegungen auf Girokonten beobachtet werden. Seit August 1990 läuft im Beitrittsgebiet ein Pilotprojekt, erst einmal in den Bezirken Berlin, Magdeburg, Leipzig und Schwerin, mit Anschlüssen an das Btx-Netz der DBP Telekom, das mit 1991 nach und nach eine Ausweitung auf das gesamte Ex-DDR-Gebiet erfahren wird.

Anläßlich der Herbstmesse 1990 erlebte Leipzig den Auftakt des Videokonferenz-Dienstes in zwei Studios. Ein weiteres Studio ist für Ost-Berlin vorgesehen. Mit dem Anschluß an das DBP-Netz via Satellit ist somit im Bezug auf zunächst diese beiden Städte weltweite Kommunikation möglich. Der Glasfasernetzausbau im Ortsnetz ist als Pilotvorhaben mit Leipzig als Ausgangspunkt geplant. Im Fernliniennetz kommen zwischen Ost- und West-Berlin bereits zwei Glasfaserkabel zum Einsatz.

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Neben dem zeitaufwendigen Ausbau der erdgebundenen Netze setzt die Deutsche Bundespost Telekom ebenso auf Übertragungskapazitäten für private Satellitennetz- bzw. Erdfunkstellenbetreiber. Die Systemvorteile von Satelliten gegenüber terrestrischer Technik liegen auf der Hand:

  • flexible Nutzungsmöglichkeiten,

  • von Anfang an flächendeckende Versorgung mit einem sonst nicht erreichbaren Versorgungsgrad,

  • hohe Zuverlässigkeit und kurze Realisierungszeiten

  • sowie Anpassungsflexibilität der Netze hinsichtlich Bedarfsschwankungen.

Unter Hinweis auf die akute Mangelsituation im Kommunikationswesen der neuen Bundesländer mit ihrer womöglich weitreichenden negativen Folge für die Wirtschaftsentwicklung glaubt die Deutsche Bundespost Telekom, mit dem Angebot unterschiedlicher Satellitendienste (DAVIT, DIVA, DASAT und DAVID) zu einer raschen Entspannung der unbestritten strapazierten Lage beizutragen.

Wer allerdings glaubt, die Satellitentechnik sei das Allheilmittel zur Überbrückung der Kapazitätsprobleme, muß sich belehren lassen, daß sie für den allgemeinen Telefonverkehr zu teuer ist und den Ausbau des terrestrischen Netzes am Boden nicht ersetzen kann.

In der gegenwärtigen Mangelsituation in der Ex-DDR haben die Mobilfunkdienste eine Bedeutung, die ihnen ansonsten, bei funktionierenden flächendeckenden Netzen, schon aufgrund ihrer vergleichsweise hohen Kosten gar nicht zukommt. Allein die Tatsache, daß sie sich relativ schnell realisieren und in Betrieb nehmen lassen, erklärt, warum man sich ihrer in nicht unerheblichem Umfang zu bedienen sucht. Das Funktelefonnetz C (C-Netz) wird bis Ende 1991 großflächig in den neuen Bundesländern aufgebaut.

In Berlin stehen gegenwärtig vier Funkzellen mit 164 Sprechkanälen zur Verfügung. Das Kleinzellennetz Berlin befindet sich im Aufbau und soll zum Jahresbeginn eingeschaltet sein. Zur Leipziger Messe 1990 wurde die in Betrieb befindliche Funkzelle mit 24 Sprechkanälen auf rund 60 Sprechkanäle erweitert. Über ein eigenes Kleinzellennetz kann bald auch der Raum Leipzig/Halle verfügen. Funkzellen werden bis Ende 1990 in den Städten Schwerin, Rostock, Erfurt, Dresden, Chemnitz/Zwickau und Halle verwirklicht sein. Die Deutsche Bundespost Telekom hat vor, mit Beginn des Jahres 1992 diesen Dienst an allen Autobahnen und wichtigen Fernstraßen bereitzuhalten.

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Neben den Mobilfunkdiensten liegt beim Cityruf-Netz ein weiterer Schwerpunkt des kurzfristig wirksamen Kapazitätsausbaus. Wenn praktisch wirklich durchzusetzen ist, was die Verantwortlichen in der Deutschen Bundespost Telekom an Planungsdaten vorgegeben haben, können am Neujahrstag 1992 die Bürger der neuen Bundesländer in der Mehrzahl aller Städte mit über 30.000 Einwohnern ihre telefonischen Grüße und Wünsche zum Jahreswechsel an Adressaten im Nahbereich über Cityruf abwickeln. Parallel dazu kommt es in den Ballungsgebieten zur Einrichtung von Bündelfunknetzen, wobei die Zielwerte der Planer weniger exakt fixiert sind.

Weil kurzfristig – kurzfristig heißt bei Infrastruktur-Vorhaben: ein Jahr oder doch allenfalls drei Jahre – das Kommunikationssystem im Beitrittsgebiet wegen der Vielfalt der dem Staat im Einigungsprozeß zugefallenen neuen Aufgaben in fast allen Bereichen einerseits und der allgegenwärtigen und künftig gewiß sich noch verschärfenden Finanzierungsproblematik andererseits nicht mit einem einzigen Ruck auf das Niveau der alten Bundesländer gehoben werden kann, ist die Politik der Modernisierung zur Längerfristigkeit verurteilt. Insoweit gehen die Einschätzungen von Fachpolitikern der SPD im Hinblick auf die Fristigkeit der Programmrealisierung keinen anderen als den in "Telekom 2000" angelegten Weg. Als problematisch erachten sie jedoch, die Maßnahmen schon jetzt weitgehend auf diese Langfristplanung auszurichten und Planungs- sowie Ausbaumethodik an westlichen Standards zu orientieren, statt für die schwierigste Umstellungs- und Anpassungsphase der Volkswirtschaft in der ehemaligen DDR in erster Linie mit unkonventionellen Methoden erst einmal das Notwendigste an Kommunikationsmöglichkeiten zu realisieren. Der Plan, im Jahr 2000 im Gebiet der ehemaligen DDR ein Versorgungsgrundniveau etabliert zu haben, wie es zur Zeit in etwa in der alten Bundesrepublik besteht, ist zwar ambitioniert, reicht aber nach Meinung der SPD nicht aus. Ein solches Vorgehen führt zwangsläufig dazu, lautet ihre Kritik, daß noch in zehn Jahren ein erhebliches Gefälle in der Kommunikationsinfrastruktur weiterbestehen wird, erfahren doch auch die Netze in Westdeutschland in der Zwischenzeit einen kontinuierlichen technischen Fortschritt. Der Gleichstand, so die SPD, muß im Interesse wettbewerbsfähiger Standortqualität in den fünf neuen Bundesländern wesentlich früher erreicht werden.

Weitergehend bietet sich an, die Ausbaustrategie im Beitrittsgebiet auf die "Überholspur" zu bringen, indem so bald wie möglich nicht mehr auf herkömmliche Technologie, sondern auf den flächendeckenden Ausbau eines breitbandigen Glasfasernetzes gesetzt wird. Auf diese Weise würden die fünf neuen Bundesländer am Ende dieser Aufbauphase über den Vorteil eines moderneren Netzes verfügen. In diesem Falle bleibt, anders als seinerzeit im

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Gebiet der alten Bundesländer, der zeit- und kostenintensive Umweg über den großflächigen Ausbau eines Kupfer-Fernseh-Verteilnetzes erspart. Über das Glasfaser-Vermittlungsnetz kann auch die Versorgung mit Sendungen des Rundfunks erfolgen. Volkswirtschaftliche Doppelinvestitionen, immer schon unsinnig, gehen stets zu Lasten anderer, eigentlich unaufschiebbarer staatlicher Aufgaben und verbieten sich im Interesse einer allfälligen Verbesserung der Lebensbedingungen im Beitrittsgebiet.


© Friedrich Ebert Stiftung | technical support | net edition fes-library | Oktober 2001

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