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Weilmaier, Johann ("Hans") (1876 - 1951 ) Fn.1

Geboren am 25. Januar 1876 in Stefanskirchen (heute: Gemeinde Ampfing) als Sohn eines Zimmermannes, verheiratet, katholisch. Erlernte nach der Volksschule einen Handwerksberuf. Im Mai 1900 Übersiedlung nach München, trat in den Dienst der Stadt München als beamteter Berufsfeuerwehrmann ein. Seit 1907 "geheimes" Mitglied der SPD. Mitbegründer einer lokalen Berufsfeuerwehrorganisation. [1910] Beförderung zum Oberfeuerwehrmann. Trat Ende 1910 mit seinem Lokalverein in den 1908 begründeten, nationalen "Verband Deutscher Berufsfeuerwehrmänner" (Sitz Dortmund) ein. Delegierter auf der 3. Delegiertenversammlung vom 12. bis 14. Juni 1911 in Dresden, profilierte sich mit einem Textentwurf eines Gesetzes über die Arbeitszeit der Berufsfeuerwehrmänner; in Dresden in die Kommission für den 24stündigen Wachdienst entsandt. Gleichzeitig Wahl zum 2. Schriftführer, damit Mitglied des Hauptvorstandes. Arbeitete 1912 bei der Gestaltung der Wachdienstzeit eng mit der Münchner SPD-Stadtverordnetenfraktion zusammen, was ihm im national gesinnten Verband heftige, innerorganisatorische Kritik einbrachte. 1911 Gründungsmitglied des "Bundes deutscher Gemeindebeamten" (Vorläufer des späteren berufsständischen "Reichsbundes der Kommunalbeamten und -angestellten Deutschlands"). Plädierte vergeblich auf der 4. Delegiertenversammlung des "Verbandes Deutscher Berufsfeuerwehrmänner" vom 24. bis 26. Juni 1912 in Köln für einen Anschluß an den nationalen Beamtenverband. Kandidierte zunächst wegen Kritik an seiner Zusammenarbeit mit der SPD nicht mehr für ein Vorstandsamt. Nach klärender Aussprache Wiederwahl zum 2. Schriftführer. Bestätigung im Vorstandsamt auf der 5. Delegiertenversammlung vom 2. bis 4. Juni 1913 in Königsberg.

Weilmaier beschäftigte sich intensiv mit Brandschutz und Feuerversicherung. Verfasser einer umfänglichen Monographie: "Brandversicherung, Brandschäden und Brandschutz". Dortmund 1914. Weilmaiers Forderungen gingen dahin, die Feuerversicherungen zu verstaatlichen, die Aufwendungen der Gemeinden für den Feuerschutz abzugelten, bei den Berufsfeuerwehren den Militarismus zu beseitigen und erträgliche Verhältnisse zu schaffen. Krieg und Revolution radikalisierten den Berufsverband mit seinen Beamten, Angestellten und Arbeitern. Der 6. Verbandstag im August 1919 in Hannover nahm Kurs auf eine freigewerkschaftliche Beamtenorganisation. Wahl Weilmaiers zum 2. Vorsitzenden. Der Münchner gehörte zu den treibenden Kräften eines Anschlusses an die freie Gewerkschaftsbewegung. Die ungeklärten und komplizierten Verhältnisse der Arbeitergewerkschaften zum Deutschen Beamtenbund, die Frage der Zugehörigkeit von "gemischten Organisationen" ließen indes keine klare Orientierung zu und zwangen den Vorstand des Berufsverbandes zu schwierigen Manövern. Weilmaier trat nach der Novemberrevolution mit dezidierten Vorschlägen zur Sozialisierung der Feuerversicherungen hervor, die ihm den Ruf eines "Theoretikers" einbrachten. Innerhalb des Verbandes (1920: 9.740 Mitglieder) gehörte der 2. Vorsitzende zu den Kritikern der Kartelle und Arbeitsgemeinschaften heterogener Beamtenverbände ("Deutsches Kommunalbeamtenkartell", "Gewerkschaftsbund der Kommunalbeamten und -angestellten Preußens"). Den Doppelmitgliedschaften und unverbindlichen Absprachen stellte Weilmaier konzeptionell eine zentral geleitete Kommunalbeamtengewerkschaft entgegen, ohne daß eine Realisierung in greifbare Nähe rückte.

Gehörte zu den scharfen, innergewerkschaftlichen Kritikern einer Zusammenarbeit des Allgemeinen Deutschen Gewerkschaftsbundes mit dem Deutschen Beamtenbund (DBB). Wiederwahl zum 2. Vorsitzenden auf dem 7. Verbandstag vom 15. bis 17. August 1920 in Kassel, der den freigewerkschaftlichen Kurs der Berufsfeuerwehrmänner bestätigte. Stimmte auf der Vorstandssitzung am 12. Dezember 1920 für den Anschluß an die "Freigewerkschaftliche Arbeitsgemeinschaft kommunaler Arbeitnehmer" (Faka), die den Beginn der Trennung vom Deutschen Beamtenbund signalisierte. Die Mitglieder der Faka - eine eher lose Organisation - verpflichteten sich zu einer gemeinsamen Vorgehensweise bei Tarif- und Besoldungsverhandlungen, wobei ein Schwerpunkt der Interessenvertretung bei den Kommunalbeamten liegen sollte. Wiederwahl zum besoldeten 2. Vorsitzenden auf dem 8. außerordentlichen Verbandstag am 3. und 4. August 1921 in Magdeburg, der den Anschluß an den ADGB besiegelte. Weilmaier gab seine lebenslängliche Beamtenstellung in der bayerischen Hauptstadt auf und siedelte nach Berlin über. Zusammen mit dem 1. Vorsitzenden Paul Neumann stützte Weilmaier die Gründung des freigewerkschaftlichen "Allgemeinen Deutschen Beamtenbundes" (ADB) am 18. Juni 1922 in Leipzig. Für 74% der Mitglieder der organisierten Feuerwehrleute war künftig der ADB als Spitzenorganisation zuständig. Der 9. Verbandstag vom 1. bis 3. August 1922 in Breslau billigte den Anschluß an die neue Dachorganisation und votierte gleichzeitig für einen Anschluß an die "Internationale Föderation der Arbeiter öffentlicher Dienste und Betriebe". In Breslau kam es zum Tausch der Vorstandsämter: der besoldete 2. Vorsitzende rückte an die "erste Stelle", Neumann begnügte sich mit dem Stellvertreterposten. Wahl zu einem der ehrenamtlichen Vorstandsmitglieder auf der 1. Bundesausschußtagung des ADB am 9. Februar 1923. Als stellvertretendes ehrenamtliches Vorstandsmitglied im verkleinerten Vorstand auf dem 1. Bundeskongreß des ADB vom 12. bis 14. Januar 1924 bestätigt. Nahm seit April 1923 an den Sitzungen des Bundesausschusses des Allgemeinen Deutschen Gewerkschaftsbundes teil.

Weilmaier bekräftigte in der Verbandspresse mehrfach seine Auffassung, ein gewerkschaftlicher Berufsverband mit knapp 9.000 Mitgliedern könne langfristig nicht lebensfähig sein. Vereinbarte Anfang 1924 mit dem "Verband der Gemeinde- und Staatsarbeiter" eine Arbeitsgemeinschaft, mit dem langfristigen Ziel einer Verschmelzung. Im Sommer 1924 ging eine der nachrevolutionären Errungenschaften der gewerkschaftlichen Berufsfeuerwehrmänner verloren. Nach einer Empfehlung des Personalausschusses des Deutschen Städtetages führte die Stadt Königsberg als Vorreiterin den ununterbrochenen 48stündigen Wachdienst erneut ein. Trotz langwieriger Verhandlungen konnte Weilmaier die drastische Verschlechterung der Arbeitsbedingungen nicht abwehren. Verzichtete bewußt auf die Einleitung von Streiks als letztem Kampfmittel. Auf dem 10. Verbandstag vom 6. bis 9. August 1924 in Leipzig stand der Vorsitzende im Feuer heftiger, innergewerkschaftlicher Kritik. Die Mitgliederzahlen der Organisation hatten einen Tiefpunkt erreicht (8.326 Feuerwehrmänner). Ein Antrag auf Verschmelzung mit dem "Verband der Gemeinde- und Staatsarbeiter" fiel mit Stimmengleichheit (22 : 22) durch. Die Berliner Opposition aus Deutschnationalen und Kommunisten warf Weilmaier Versagen in Königsberg vor, seine persönliche Qualifikation wurde in Frage gestellt (theoriebelastet, mangelndes rhetorisches Talent). Ein Vorschlag der "Kommission zur Vorbereitung der Vorstandswahl", Weilmaier zum besoldeten Sekretär zu ernennen und das Vorstandsamt ehrenamtlich der Berliner Opposition zu überlassen, fand keine Mehrheit. Der alte Vorsitzende konnte schließlich eine Stimmenmehrheit von 21 : 18 Delegiertenstimmen für sich verbuchen. Ein genereller Mißtrauensantrag der Berliner Opposition scheiterte. Der Reichbezirksvertretertag des Verbandes vom 21. bis 22. August 1925 in Lübeck desavouierte endgültig Weilmaiers Verschmelzungspläne.

Das höchste Entscheidungsgremium zwischen den Verbandstagen beschloß ein organisatorisches Zusammengehen des "Verbandes Deutscher Berufsfeuerwehrmänner", der 1922 gegründeten "Reichsgewerkschaft Deutscher Kommunalbeamter" und der Beamtensektion des "Verbandes der Gemeinde- und Staatsarbeiter". Ein Votum, das an der strikten Ablehnung der organisierten Gemeindearbeiter glatt scheiterte und die Berufsfeuerwehrmänner ins organisatorische Abseits drängte (Ausschluß aus dem internationalen Berufssekretariat etc.). Erneut in der Organisationsfrage auf dem 11. Verbandstag vom 8. bis 11. Juni 1926 scharf attackiert, gleichzeitig wegen "sozialdemokratischer Schreibweise" im Verbandsorgan von der Berliner Opposition gerügt. In einem Kompromiß zum besoldeten Sekretär und Redakteur der "Berufsfeuerwehr" gewählt. Das Vorstandsamt fiel ehrenamtlich Erich Grollmus zu. Verfasser mehrerer fachtechnischer Abhandlungen: "Produktion und Feuerschutz. Vorschläge zur Frage der Produktionssteuerung". Berlin 1924, "Arbeitsschutz und Feuerwehrbetrieb". Berlin 1929. Weilmaier tat im Verbandsorgan viel dafür, überkommenes, berufsständisches Denken zu überwinden. Skizzierte auf dem 13. außerordentlichen Verbandstag vom 13. bis 14. Dezember 1929 in Berlin, der den endgültigen Anschluß an den "Gesamtverband der Arbeitnehmer der öffentlichen Betriebe und des Personen- und Warenverkehrs" sanktionierte, den komplizierten Weg einer kaisertreuen Organisation hin zur modernen Arbeiterbewegung. Die Delegierten des 1. Reichsgruppentags der "Reichsfachgruppe Verband Deutscher Berufsfeuerwehrmänner" vom 17. bis 20. Juni 1930 in Stuttgart wählten den Bayern als Sekretär in die neue Reichsleitung. Vertrat bis 1933 die Interessen der Feuerwehrleute in den verschiedenen Publikationsorganen des Gesamtverbandes. 1933 entlassen. Hans Weilmaier lebte 1943 als Rentner in Berlin.



Fußnote/Hinweise:

Fn.1 Nach Hinweis einer Internetnutzern konnte das Sterbejahr (1951) ergänzt werden. Wir danken der Internetnutzerin (Enkeltochter von J. W.) für die Mitteilung.

Internetredaktion der Bibliothek, Juni 2013


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