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TEILDOKUMENT:
Ucko, Georg (1880 - 1945) Geboren am 26. September 1880 in Schwetz (Warthe). Zog mit seinen Eltern nach Berlin. Besuchte von 1886 bis 1894 die Volksschule in Berlin. Machte von 1894 bis 1897 eine Kaufmannsgehilfenlehre in der Berliner Spitzenhandlung Siegmund Strauß, jr. Arbeitete nach der Lehrzeit bis Ende 1908 in seinem Ausbildungsbetrieb weiter. Seit 1903 Mitglied im "Zentralverband der Handlungsgehilfen und -Gehilfinnen" und der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands. Einer der wortgewaltigsten Jungfunktionäre im Verband; in Eduard Bernsteins "Geschichte der Berliner Arbeiterbewegung" als "Kämpfer für die Bewegung" charakterisiert. Hatte sehr früh mehrere Ehrenämter in der organisierten Kaufmannsgehilfenbewegung inne. Auf einer außerordentlichen Mitgliederversammlung am 6. Juli 1905 als Schriftführer in den Berliner Vorstand gewählt. Die stürmische Mitgliederversammlung am 5. April 1906 billigte eine Reorganisation der Ortsverwaltung: Ucko behielt sein Mandat als einer von zwei Schriftführern. Gleichzeitig in die Berliner Gewerkschaftskommission delegiert, die die Belange der freigewerkschaftlichen Lokal- und Zentralorganisationen in der Reichshaupotstadt koordinierte. Stieg am 19. April 1907 bei den Wahlen zum stellvertretenden Bevollmächtigten für Berlin auf; war gleichzeitig Werbeobmann und Vorsitzender der Agitationskommission der Berliner Vororte. Am 31. Juli 1908 von der Berliner Mitgliedschaft in den Verbandsausschuß gewählt, der seit Verbandsgründung (1897) seinen Sitz in der Hauptstadt hatte. Nahm seit 1908 die Berliner Vorstandsämter nicht mehr wahr. Wiederwahl in das höchste gewerkschaftliche Kontrollgremium am 9. Juni 1910. Stellte sich im Jahr 1912 zusammen mit den übrigen Ausschußmitgliedern bei der Besetzung des vakant gewordenen Amtes des 1. Vorsitzenden auf die Seite Paul Richters (und gegen den späteren Vorsitzenden Otto Urban), ehe der Streit mit dem Rückzug Paul Richters beigelegt werden konnte. Arbeitete seit 1909 in der Buchhandlung und im Verlag "Vorwärts" in der Werbeabteilung. Delegierter auf der 8. Generalversammlung vom 5. bis 7. Mai 1912 in den Musiker-Festsälen zu Berlin. Setzte sich mit den übrigen Berliner Delegierten erfolgreich für eine Verlegung des Vorstandssitzes von Hamburg nach Berlin ein. (Neuer Verbandsname ab 1912: "Zentralverband der Handlungsgehilfen".) Statuarisch stand ab 1912 dem Bezirk Berlin das Recht zu, die ehrenamtlichen Vorstandsmitglieder zu bestimmen. Wahl Uckos zum unbesoldeten Vorstandsmitglied seiner Organisation am 19. September 1912. Nach der 9. Generalversammlung vom 19. bis 21. Mai 1914 in Hannover Wiederwahl im Amt am 19. Juni 1914 in Berlin. (Mitgliederbestand des Zentralverbandes im Frühjahr 1914: 25.517.) Nach Ausbruch des Krieges Anhänger der Kriegspolitik der Generalkommission, obgleich er den "Burgfrieden" mehrfach ignorierte und sich mit Berliner Arbeitgebern harte Scharmützel lieferte. Im Mai 1915 eingezogen und an die Westfront verschickt. Während des Krieges gab es um Uckos Vorstandsmandat heftige Auseinandersetzungen zwischen der Berliner Ortsgruppe und dem Hauptvorstand. Die Mehrheit der Berliner Ortsgruppe hielt zur Antikriegsopposition der Sozialdemokratie und suchte im September 1915, über eine Neubesetzung der vakant gewordenen, ehrenamtlichen Vorstandsmandate die politischen Gewichte im Vorstand zu verschieben. Kompromißlösung durch Wahl eines Stellvertreterkandidaten. [Ende 1916] vom Kriegsdienst entlassen. Der Vorwärts-Angestellte stellte sich im Hauptvorstand gegen den Schriftleiter des Verbandsorgans, den USPD-Anhänger (und späteren Spartakisten) Paul Lange. Warb auf zahlreichen Agitationstouren im Land für die Kriegspolitik der Mehrheitssozialdemokratie. Eine Festanstellung Uckos als Sekretär des Bezirks Rheinland-Westfalen scheiterte 1917, weil die linken Kriegsgegner im Bezirksvorstand seine Anstellung ablehnten. Auf dem 10. Verbandstag vom 17. bis 21. Juni 1919 in Nürnberg zum besoldeten Hauptvorstandsmitglied gewählt. Verantwortlich für die neu aufzubauende Werbeabteilung und die Jugendabteilung des Verbandes, der in der Nachkriegszeit auf fast 300.000 Mitglieder anschwoll. Am 8. und 9. September 1919 tagten in Weimar die Beiräte des "Zentralverbandes der Handlungsgehilfen" und des "Verbandes der Bureauangestellten". Beschluß, zum 1. Oktober 1919 den "Zentralverband der Angestellten" - als neue Großorganisation der Angestellten - ins Leben zu rufen. Bestätigung als hauptamtlicher Sekretär im Vorstand auf der gemeinsamen Beiratssitzung. Verfechter eines unnachgiebigen Kurses gegenüber der "Berliner Opposition", einem Bündnis von USPD- und KPD-Anhängern im Verband. Zu Ostern 1921 organisierte Ucko in Eisenach den ersten Reichsjugendtag einer freigewerkschaftlichen Organisation überhaupt. 1925 in Bielefeld, 1928 in Dresden, 1930 in Berlin und 1931 in Lübeck wiederholte Ucko Veranstaltungen, die bislang der Sozialistischen Arbeiterjugend und den christlichen Konkurrenzorganisationen vorbehalten waren. Als Verantwortlicher für die Jugendarbeit übernahm der Berliner Symbole, Riten und "Geist" der Arbeiterjugendbewegung und prägte damit das "jugendliche Antlitz" der Organisation. (1921: 30.000 jugendliche Mitglieder in 71 Ortsgruppen.) Zentrale Forderungen auf den Jugendtagen: Verbesserung der Jugendschutzgesetzgebung und ein reformiertes Berufsausbildungsgesetz. Wichtig war für Ucko auch die berufliche Ausbildung der jungen Mitglieder, für die er - im Verband nicht unumstritten - die eigenen Schulungsstätten öffnete. ("Eine beruflich gut ausgebildete Mitgliedschaft unserer Organisation ist eine starke Stütze unseres gewerkschaftlichen Befreiungskampfes.") Auf den Reichsjugendtagungen veranstaltete er eigene "Berufswettkämpfe". Als Leiter der Werbeabteilung organisierte Ucko einen gut funktionierenden Nachrichten- und Pressedienst, scheiterte allerdings mit den Bemühungen, mit einem eigenen "bürgerlichen" Pressedienst die Verweigerungshaltung großer nichtsozialdemokratischer Zeitungen aufzubrechen. Wiederwahl auf dem 1. Verbandstag des "Zentralverbandes der Angestellten" vom 29. Mai bis 4. Juni 1921 in Weimar, dem 2. Verbandstag vom 22. bis 24. Juni 1924 in Kassel und dem 3. Verbandstag vom 15. bis 17. Mai 1927 in Köln. Von 1919 bis 1922 sozialdemokratischer Gemeindevertreter in der damals selbständigen Gemeinde Lankwitz. 1920 von seiner Gewerkschaft in den vorläufigen Reichswirtschaftsrat entsandt. Delegierter auf dem 1. Gewerkschaftskongreß des Allgemeinen freien Angestelltenbundes vom 2. bis 3. Oktober 1921 in Düsseldorf. Wahl in den Gesamtvorstand der freigewerkschaftlichen Dachorganisation. Mitglied des Reichsbanners Schwarz-Rot-Gold. Nach Umstrukturierung der AfA-Spitze auf dem 2. Kongreß vom 15. bis 17. Juni 1925 in München Vorsitzender des Bildungsausschusses des AfA-Bundes. Versuchte die Bildungsarbeit des AfA-Bundes eng mit der Arbeit der größten freigewerkschaftlichen Angestelltenorganisation zu verzahnen. Seit 1924 Mitglied des Ausschusses der deutschen Jugendverbände, der die stärksten Jugendorganisationen verschiedener Weltanschauungen vereinte. 1926 beteiligte sich der AfA-Bund an der Errichtung eines Gewerbeausschusses für Berufsbildung. Entsendung Uckos als Delegierter des "Zentralverbandes der Angestellten" in das Reformgremium. Auf dem 4. Verbandstag des "Zentralverbandes der Angestellten" vom 18. bis 20. Mai 1930 in Stuttgart als Nachfolger Paul Langes zum Schriftleiter des Verbandsblattes "Der freie Angestellte" gewählt; in dieser Eigenschaft auf dem 4. AfA-Gewerkschaftskongreß vom 5. bis 7. Oktober 1931 in Leipzig zum Leiter des Presseausschusses bestimmt. Ucko räumte der nationalsozialistischen Bewegung in seinen Spalten breiten Raum ein. Obgleich ökonomisch als purer Erfüllungsgehilfe des Kapitalismus eingestuft, gab er in seinen Analysen Zwischentönen Raum, die auf die sozialpsychologische Wirkung des Faschismus auf die deklassierten Angestelltenschichten abstellten. Vertrat in der zweiten Jahreshälfte 1932 publizistisch das enge Bündnis zwischen Sozialdemokratie und freier Gewerkschaftsbewegung. Nach dem 2. Mai 1933 zusammen mit dem Verbandsvorsitzenden Otto Urban wegen "Verdunklung der Bilanzen" verhaftet. Saß bis zum 11. Juni 1933 in Haft in Plötzensee und hielt sich nach der Haftentlassung in Berlin versteckt. Ucko konnte zusammen mit seiner Frau am 26. August 1933 mit dem Flugzeug nach Dänemark fliehen; erhielt in Dänemark sofort Unterstützung vom dänischen Verband der Angestellten (Handels og Kontormedhjaelper Forbund) und wohnte zunächst in dem Ferienheim des Verbandes in Karlslude südlich von Kopenhagen. Meldete sich am 6. Oktober 1933 bei der dänischen Polizei als Flüchtling mit einem Anerkennungsschreiben des Verbandes der Angestellten und erhielt eine Aufenthaltsgenehmigung für 6 Monate. Umzug nach Kopenhagen Mitte Oktober 1933, im gleichen Monat kehrte seine Frau nach Deutschland zurück. Im Mai 1934 stellte Ucko einen Antrag auf Arbeitsgenehmigung als Sekretär des Skandinavischen Sekretariats des "Internationalen Bundes der Privatangestellten". Der Antrag fand Unterstützung durch den dänischen und schwedischen Verband sowie durch das internationale Berufssekretariat. Trat zum 1. Juli 1934 eine Stelle als Sekretär des dänischen Angestelltenverbandes und des skandinavischen Sekretariats an (Monatsgehalt 300 Dänische Kronen). Heinrich Schliestedt beabsichtigte 1935 ursprünglich, ihn in die Auslandsleitung der deutschen Gewerkschaften zu berufen. Im April 1936 Umzug nach Vanlose, heiratete im August 1937 seine 2. Frau, eine Emigrantin aus Berlin. Am 8. April 1940 Flucht nach Schweden (zusammen mit seiner Frau und anderen Spitzenfunktionären der sozialdemokratischen Exilgruppe: Richard Hansen, Walter Kwasnik und Karl Raloff). Mitglied Nr. 52 der Landesgruppe deutscher Gewerkschafter in Schweden. Wohnte mit seiner Frau in Eskilstuna westlich von Stockholm. Die Flüchtlingshilfe der Arbeiterbewegung (Arbetarrörelsens flytinghjälp) erkannte das Ehepaar offiziell als Flüchtlinge an und unterstützte es entsprechend. Ucko starb am 16. März 1945 in Eskilstuna. Seine Frau kehrte im Sommer 1945 nach Dänemark zurück, wo sie als Krankenschwester arbeitete. © Friedrich Ebert Stiftung | technical support | net edition fes-library | September 1998 |