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TEILDOKUMENT:
Störmer, Albert (1847 - 1922) Geboren am 9. Februar 1847 in Wolgast als 5. Kind eines Schiffskapitäns, verheiratet, protestantisch, später Dissident. Verließ mit 14 Jahren eine weiterbildende Schule und fuhr zur See; arbeitete als Kajütenjunge und Matrose, schloß sein Steuermannspatent mit der Note "vorzüglich gut bestanden" und sein Schifferpatent mit der Note "mit Auszeichnung bestanden" ab. Fuhr "auf fast allen Meeren und bei verschiedenen Nationen" zur See. Musterte [1878] ab; seine Versuche, in Hamburg als Navigationslehrer angenommen zu werden, schlugen fehl. Nahm eine Stelle als Lehrer in der Nähe Stralsunds an. Verlor [1884] seine Anstellung auf Betreiben des Regierungspräsidenten zu Stralsund nach starkem Engagement für den Kandidaten der liberalen Fortschrittspartei bei den Wahlen zum preußischen Landtag. Seit [1884] Inspektor in einer Privat-Irrenanstalt in der Nähe von Berlin. Mußte [1887] den Beruf eines Krankenpflegers nach dem Unfall eines Patienten aufgeben. Ließ sich [1887] in der Nähe von Hamburg nieder, arbeitete zeitweise als Tallymann im Hamburger Hafen. Kam in der Hansestadt mit der sozialistischen Arbeiter- und Freidenkerbewegung in Berührung. Erhielt ein Mandat für den Internationalen Arbeiterkongreß vom 14. bis 20. Juli 1889 in der französischen Hauptstadt. Mitglied der libertären "Freilandgesellschaft", die die "Arbeiterfrage" durch die Ansiedlung von Arbeiterkolonien in Kenia lösen wollte. 1890 mehrmonatiger Aufenthalt in Afrika; enttäuschte Rückkehr und Bruch mit den utopisch-kommunistischen Siedlungsexperimenten. Mitglied der am 20. Dezember 1890 gegründeten Lokalorganisation "Verein der Matrosen von Hamburg und Umgebung", dessen Gründung der "Verein der Heizer und Trimmer" initiiert hatte. Im Sommer 1891 Wahl Störmers zum Schriftführer des Vereins, der durch seinen Eintritt viel Dynamik und Schwung entwickelte. Störmer arbeitete seit 1891 die Grundzüge einer neuen Seemannsordnung aus, welche Jahre später im Reichstag von der SPD-Fraktion eingebracht wurde. Im Juli 1891 begann der Verein, den Grundstock einer Unterstützungskasse für schiffbrüchige Mitglieder zu legen, wobei viel von Störmers libertär-genossenschaftlicher Vorstellungswelt sichtbar wurde. Mitglied einer mehrköpfigen Verhandlungskommission, die am 31. August 1891 Verhandlungen mit dem Vorstand des "Vereins Hamburgischer Rheder" aufnahm. Wahl Störmers zum Vorsitzenden des "Vereins der Matrosen von Hamburg und Umgebung" auf einer außerordentlichen Generalversammlung am 12. November 1891; gleichzeitig Wahl zum Redakteur der neubegründeten Fachzeitschrift "Deutsche Seemanns-Zeitung"; die allerdings nur mit wenigen Nummern erschien. Störmers Position war in Hamburg nicht unumstritten; als ehemaliger Liberaler verweigerte er lange den Beitritt zur SPD und suchte gegenüber dem "Hamburger Echo" eigenständige unorthodoxe Positionen zu behaupten. Versuche in Hamburg, eine rein sozialistische Konkurrenzorganisation für Matrosen aufzuziehen, blieben jedoch im Vorfeld stecken. Neben seiner gewerkschaftspolitischen Tätigkeit entfaltete Störmer viele Aktivitäten in der Hamburger Freidenkerbewegung. 1889 war sein Freidenkerunterricht in der Hansestadt verboten worden. Seit Herbst 1890 Vorsitzender der "Hamburger Freidenker-Gesellschaft" und Leiter des Freidenkerunterrichts für die Kinder der Mitglieder. Am 31. Januar 1891 in einem Freidenkerprozeß freigesprochen. Von den überwiegend linksbürgerlichen Mitgliedern der Freidenkergesellschaft am 10. September 1891 ausgeschlossen, da er im Unterricht - in aggressiver Weise - Klassen- und Religionsfragen miteinander vermischt hatte. Delegierter auf dem 1. Kongreß der Gewerkschaften Deutschlands in Halberstadt vom 14. bis 18. März 1892. Vertrat auf dem konstituierenden freigewerkschaftlichen Kongreß nach dem Fall des Sozialistengesetzes 1.200 lokal organisierte Hamburger Matrosen. Störmer votierte gegen ein falschverstandenes Prinzip der Industrieorganisation und sprach sich gegen den Vorschlag zur Verschmelzung der Werft- mit den Transportarbeitern aus. Die Choleraepidemie in Hamburg markierte auch einen Wendepunkt in der Bewegung der Seeleute der Hansestadt. Musterte der Verein im April 1892 noch 1.307 Mitglieder, so fiel er bis zum Jahr 1895 auf unter 100 Mitglieder zurück. Störmer steckte sich selbst an der Seuche an, erkrankte schwer, kam jedoch mit dem Leben davon. Hatte über Jahre an den Spätfolgen der Krankheit zu leiden. Redigierte in alleiniger Verantwortung die Eingabe des Verbandes an die sozialdemokratische Reichstagsfraktion vom Januar 1893 zur vollständigen Revision der Seemannsordnung. Gleichzeitig unterstützte er während des Jahres 1893 die Fusionsbestrebungen mit dem "Verein der Heizer und Trimmer", die trotz erfolgversprechender Ansätze nicht zum Ziele führten. Auf Initiative Störmers hin, änderte die Lokalorganisation zu Beginn des Jahres ihren Namen in "Seemanns-Verein zu Hamburg"; mit der Namensänderung erweiterte der Verband statuarisch den Kreis potentieller Mitglieder. ("Als Seemann gilt Jeder, der zur See fährt oder gefahren hat und sich durch sein Seefahrtsbuch oder sonstwie legitimieren kann.") Delegierter auf dem Internationalen Sozialistischen Arbeiterkongreß in der Tonhalle in Zürich vom 6. bis 12. August 1893. Störmer erkrankte während der Tagung schwer und mußte sich einem mehrwöchigen Krankenhausaufenthalt unterziehen. Trat zum 1. Februar 1894 als erster Vorsitzender des "Seemanns-Vereins zu Hamburg" zurück und begnügte sich mit der Rolle des Stellvertreters, übernahm gegen eine geringe Entschädigung die Stelle eines "Büroarbeiters". Im März 1896 erließ Störmer "Ein Weck- und Mahnruf an die Seeleute", in dem er programmatisch die gewerkschaftlichen Forderungen zusammenfaßte: Revision der Seemannsordnung, Abschaffung des parasitären Systems der "Heuerbaasen", Verschärfung der Unfallverhütungsvorschriften und Verschärfung der Kontrollen der Vorschriften, Verbesserung der Witwen- und Waisenversorgung und Verbesserung des Rettungswesens. Störmer suchte auf dem 2. Kongreß der Gewerkschaften Deutschlands in Berlin vom 4. bis 8. Mai 1896 Verbündete für seine Ideen: Arbeitsvermittlung gegen Entschädigung solle gesetzlich als Wucher angesehen und dementsprechend verboten werden. Trotz aller Bemühungen von gewerkschaftlicher Seite, die Seeleute für eine Organisation zu gewinnen, zeitigten erst die Erfahrungen des großen Streiks im Hamburger Hafen 1896/97 revolutionäre Wirkungen auf Mentalität und Organisationsverhalten seemännischer Arbeiter. Von 2.540 streikenden Seeleuten waren bei Streikausbruch nur 21 organisiert. Wie die Führer der organisierten Hafenarbeiter versuchte auch Störmer den Aufstand zu verhindern und vermied jede Diskussion des Streikgeschehens in den Mitgliederversammlungen. Obgleich der Streik verlorenging, schnellte die Zahl der organisierten Seeleute in den Hafenstädten auf über 2.000 hoch. Hinzu kam, daß ein Aufruf des Seemannvereins, die Frage der gewerkschaftlichen Zentralisation neu zu überdenken, jetzt auf fruchtbaren Boden fiel. Die Streikereignisse weniger Wochen hatte die Seeleuteorganisation, der zuvor nur eine marginale Bedeutung zukam, zu einem unübersehbaren Faktor gewerkschaftlicher Interessenvertretung gemacht. Störmer arbeitete eng mit den Hafenarbeitern zusammen - zeitweise lebte er im Hause des Vorsitzenden Georg Kellermann -, dennoch lehnte er einen Anschluß der Seeleute als Sektion des "Verbandes der Hafenarbeiter Deutschlands" strikt ab. Störmer gehörte zu den Delegierten, die vom Vorstand der Hamburger Seeleute im März 1897 als Mitglieder für die Senatskommission zur Prüfung der Arbeitsverhältnisse im Hamburger vorgeschlagen wurde, wobei er schonungslos die Mißstände des "Heuer- und Schlafbaasenwesens" aufdeckte. Auf Beschluß der Hamburger Mitgliederversammlung popularisierten Albert Störmer und Paul Müller die Protokolle der Senatskommission für die Prüfung der Hamburger Arbeitsverhältnisse im Hamburger Hafen zu einer allgemeinverständlichen Agitationsbroschüre. Als einer der wenigen Erfolge - von Störmer allerdings hoch eingeschätzt - konnte die Seeleutegewerkschaft die "Übernahme des Effekten-Transports der Seefahrer auf genossenschaftlicher Grundlage" verzeichnen. Zum 1. April 1897 ging damit Störmers Forderung in Erfüllung, die er seit 1891 erhoben hatte: Den Transport des persönlichen Hab und Guts übernahmen die Seefahrer selbst. In der Prozeßlawine gegen Verantwortliche des Hamburger Hafenarbeiterstreiks im Mai 1897 als Unterzeichner eines Flugblattes wegen versuchter Nötigung zu 6 Tagen Gefängnis verurteilt. Während des Frühjahrs 1897 unternahm der Kapitän im Ruhestand eine ausgedehnte Agitationstour durch die norddeutschen Küstenstädte, um für einen nationalen, gewerkschaftlichen Zusammenschluß zu werben. Bereits am 19. Juni 1897 trafen sich unter Störmers Leitung einige Seeleutegewerkschafter zu einer Vorkonfernz, die zur Wahl einer Agitationskommission führte. Mit Unterstützung der Generalkommission entwarf die Agitationskommission ein Flugblatt zur Verteilung in den Hafenstädten. In dem für Störmer typischen, pathetischen Stil veröffentlichte das "Hamburger Echo" den Aufruf zur Gründung einer nationalen Seeleuteorganisation. Als überregionales Kommunikationsorgan diente seit dem 1. November 1897 "Der Seemann. Organ für die Interessen der semännischen Arbeiter". (Verantwortlich für Druck und Verlag: A. Störmer.) Das zwölfseitige Blatt machte mit dem Aufruf "Leidensbrüder und Kollegen!" auf und zog seine agitatorische Kraft aus der detaillierten Schilderung realen Seemannslebens ("Die Leidens-Chronik der Seeleute"). Am 15. November 1897 tagte auf St. Pauli der erste deutsche Seemannskongreß (Referat Störmers: "Die Lage der Seeleute und die Mißstände im Seemannsberuf"). Bei nur einer Gegenstimme wurde beschlossen, "einen Zentralverband für ganz Deutschland zu gründen". Am 1. Februar 1898 nahm der "Seemanns-Verband in Deutschland" seine Arbeit auf. Zum Vorsitzenden wählten die Delegierten mit überwältigender Mehrheit Albert Störmer. Nach längerer Debatte faßten die Delegierten den Beschluß, den "Seemann" weiterhin als Verbandsorgan erscheinen zu lassen. Die Redaktion blieb in der Hand Störmers. Kassierer und Vorsitzender erhielten eine Aufwandsentschädigung. Wiederwahl zum Vorsitzenden auf der 1. Generalversammlung des "Seemanns-Verbands in Deutschland" vom 12. bis 13. Januar 1899 in Hamburg, obgleich er wegen seines schlechten Gesundheitszustandes auf eine Kandidatur zunächst verzichtet hatte. Nach schwierigen Verhandlungen - seine "Wählbarkeit" wurde von den Instanzen angezweifelt -, nahm Störmer ab Frühjahr 1898 ein Mandat als "Schiedsgerichtsbeisitzer" für die Sektion III der Seeberufsgenossenschaft wahr. "Papa Störmer" trat am 31. Januar 1900 aus gesundheitlichen Gründen endgültig von seinem Vorstandsamt zurück und begnügte sich mit dem Amt eines Schriftführers im Vorstand (Nachfolger: Paul Müller). Am 28. Dezember 1900 vom Ausschuß für die Landesversicherungsanstalt der Hansestädte (mit Sitz in Lübeck) als Beisitzer des für den Bezirk der Freien und Hansestadt Hamburg errichteten Schiedsgerichts für Arbeiterversicherung gewählt. Eine Funktion, die seine Sachkompetenz in sozialpolitischen Fragen nachdrücklich dokumentierte. Ende 1900 billigte der Ausschuß einen Antrag des Zentralvorstandes, den Rekonvaleszenten bis zur 2. Generalversammlung vom 25. bis 26. Februar 1901 erneut als besoldete "Hilfskraft im Zentralvorstand" anzustellen. Nach seinem Rücktritt aus der engeren, nationalen Leitung verstärkte Störmer sein Engagement in der "Mitgliedschaft Hamburg" seiner Gewerkschaft. Am 11. Februar 1900 zum Beisitzer im Hamburger Verbandsvorstand gewählt. Führte vom 21. Januar 1902 bis zum 30. April 1903 die Hamburger Organisation (1901: 1.120 Mitglieder). Der gebürtige Pommer verdiente sich seinen Lebensunterhalt durch zahllose Vorträge in den Mitgliedschaften, Sektionen, Verwaltungsstellen und Ortsgruppen der Hamburger Arbeiterorganisationen, wobei er verstärkt lebensreformerische Themen in den Mittelpunkt seiner Agitation rückte. Verfasser der Monographie: "Tod dem Alkohol! Ein Appell an Alle, welche gesund werden bzw. bleiben wollen, sowie an Alle, welche zur Volksgesundheit mithelfen wollen". Altona 1901. Neben der nationalen Arbeit setzte der sprachgewandte Seemann in der internationalen Arbeiterbewegung bemerkenswerte Akzente. Teilnehmer auf der Tagung des Internationalen Sozialistischen Arbeiter- und Gewerkschaftskongresses vom 27. Juli bis 1. August 1896 in der britischen Hauptstadt. Im Vorfeld des Kongresses hatte Störmer angeregt, eine internationale Seemannskonferenz einzuberufen, um "eine Förderung des Solidaritätsgedankens sowie eine Kräftigung der Organisation und dadurch eine Beseitigung des unheilvollen Indifferentismus" zu erreichen. Störmer erläuterte in London die spezifische Situation der deutschen Seeleute und stimmte dem Vorschlag zu, die von den Briten gegründete "International Federation of Ship, Dock and River Workers" als internationale Organisation zu akzeptieren. Das Interesse, das der weitgereiste Störmer einer internationalen Zusammenarbeit entgegenbrachte, fand bei den deutschen Mitgliedern jedoch nur mäßiges Interesse. Erneut Delegierter auf der internationalen Seeleute- und Hafenarbeiterkonferenz vom 14. bis 16. Juni 1898 in London. Mit Unterstützung des schwedischen Delegierten Charles Lindley setzte Störmer den Beschluß durch, eine internationale Organisation zu etablieren, der sich ausschließlich Transportarbeiter im weitesten Sinne (Eisenbahner, Straßenbahner, Fuhrleute) anschließen sollten. Der vorgeschlagene Name "The International Transport Workers Federation" (ITF) sollte über Jahrzehnte ein Gütezeichen internationaler Solidarität werden. Störmer beteiligte sich intensiv an der Reorganisationsdebatte der ITF, die vor allem in den Reihen der deutschen Mitgliedsverbände geführt wurde. Auf dem Kongreß vom 19. bis 20. September 1900 in den Zentralrat der ITF gewählt. Die Rechte des internationalen Komitees (Zentralrat) waren in der französischen Hauptstadt beträchtlich erweitert worden. Der Zentralrat ernannte künftig den Präsidenten und den Internationalen Sekretär, der die Fäden des internationalen Berufssekretariats in den Händen hielt. Eine erneute Reorganisation des Zentralrates der ITF in Stockholm (4. bis 7. Juni 1902) brachte für Störmer zusätzliche Kompetenz: neben Deutschland vertrat der Gewerkschaftsgründer auch die Interessen der österreichischen Mitglieder in der Gewerkschaftsinternationale. Hamburger Delegierter auf der 3. Generalversammlung des "Seemanns-Verbandes in Deutschland" vom 20. bis 23. April 1903 im Hotel Norderney in Hamburg. Regelmäßiger Mitarbeiter am "Correspondenzblatt der Generalkommission Deutschlands" mit thematischen Beiträgen zu den Komplexen Arbeitsbedingungen im Seemannsberuf und internationale Transportarbeiterbewegung. Der Rückzug aus der Leitung der nationalen Seeleutegewerkschaft und die Wahrnehmnung internationaler Aufgaben gingen Hand in Hand mit einem verstärkten Engagement in der Hamburger Gewerkschaftsbewegung. Am 1. April 1897 vollzogen die lokal organisierten Hamburger Seeleute den Anschluß an das Gewerkschaftskartell. Wahl Störmers zum Kartelldelegierten; hatte ununterbrochen das Mandat bis zu seinem Wegzug aus Hamburg inne. Im Kartell zählte der ehemalige Kapitän durch seine Belesenheit und seine rhetorischen Fähigkeiten bald zu den dominierenden Persönlichkeiten. Im August 1900 zum Mitglied einer zehnköpfigen Kommission gewählt, die Vorschläge zur organisatorischen Reform des Gewerkschaftskartells ausarbeiten sollte, nachdem die Hamburger Maurer mit Austritt drohten. Machte sich 1901 vor allem für den Aufbau eines Hamburger Gewerkschaftshauses stark. Mitglied einer "Spezialkommission", die erste Schritte für den Bau des Hauses am Besenbinderhof einleitete. Insgesamt unterstützte Störmer durchgängig alle genossenschaftlichen Projekte im höchsten Hamburger "Gewerkschaftsparlament". Am 4. Juni 1902 zum Revisor des Kartells gewählt. Störmers Gesundheitszustand verschlechterte sich 1903 erneut schwer. Im Frühsommer 1903 gab er alle Gewerkschaftsämter auf und verzog mit seiner Lebensgefährtin (seit 31. August 1901 verheiratet) nach Kummerfeld (Kreis Pinneberg). Von Kummerfeld aus literarischer Mitarbeiter an der Zeiteschrift "Der abstinente Arbeiter". Plädierte für eine strikte Trennung der proletarischen von der bürgerlichen Abstinentenbewegung. Nach einem längeren Krankenhausaufenthalt Störmers zog das Ehepaar nach Wiesbaden, wo der ehemalige Seemannsfunktionär nach einigen Monaten der Kur und Erholung mit Vorträgen in sozialdemokratischen und freidenkerischen Kreisen begann. 1904 zum Mitglied der Preßkommission der Frankfurter "Volksstimme" gewählt. Wiesbadener Delegierter auf der 1. Generalversammlung des "Deutschen Abstinenten-Bundes" vom 11. bis 13. Juni 1905 in Berlin. Ende 1905 Übersiedlung nach Berlin, lebte in der Hauptstadt als freischaffender Schriftsteller hart am Rande des Existenzminimums. Einer der bekanntesten Versammlungsredner in der Berliner Arbeiterbewegung der Vorkriegszeit. Am 5. Januar 1907 von der 3. Strafkammer des Landgerichts Berlin II wegen Gotteslästerung zu zwei Monaten Gefängnis verurteilt, weil er am 28. August 1906 mit drastischen Worten für einen allgemeinen Austritt aus der Landeskirche geworben hatte. Das Leipziger Reichsgericht bestätigte im Dezember 1907 das Urteil. Unterstützte seit 1911 die erfolgreiche Reichstagskandidatur Georg Davidsohns (nebenamtlicher Redakteur der Zeitschrift "Der abstinente Arbeiter") im Wahlkreis Liegnitz 1. In seiner Berliner Zeit aktiv in der örtlichen Genossenschaftsbewegung. Berliner Delegierter auf dem 9. Genossenschaftstag des "Zentralverbandes deutscher Konsumvereine" vom 15. bis 19. Juni 1912 in Berlin, auf dem er vehement mit dem gewerkschaftlichen Vorsitzenden des Tarifamtes, Johann Dreher, über die "Bevormundung" der Verbrauchergenossenschaften durch die Gewerkschaften stritt. Kritische Untertöne Störmers über die zentralistisch ausgerichteten freien Gewerkschaften waren nicht zu überhören. Nach dem Tode seiner Ehefrau fand der mittellose Schriftsteller seit 1919 Unterkunft im "Siechenhaus" seiner Heimatstadt Wolgast. Albert Störmer starb am 31. Oktober 1922 in seiner Geburtsstadt und wurde in Greifswald beigesetzt. © Friedrich Ebert Stiftung | technical support | net edition fes-library | September 1998 |