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Schwarz, Johann (1852 - 1928)

Geboren am 29. Februar 1852 in Lübeck als Sohn eines Arbeiters, verheiratet. Verzog 1868 nach Hamburg. Verdingte sich ab 1875 im Hafen als Schauermann. Gründungsmitglied des am 17. März 1886 ins Leben gerufenen "Vereins der in Hamburg beschäftigten Schauerleute", in dem sich unter dem Sozialistengesetz der "fortgeschrittene Teil" der Hamburger Hafenarbeiter sammelte. Gehörte zur fünzehnköpfigen Kommission, die die Statuten des Vereins ausarbeiteten. Am 15. Mai 1886 Wahl zum Vorsitzender des Lokalvereins, dem sich zunächst 380 Mitglieder anschlossen. Agitation gegen Akkord- und Sonntagsarbeit im Hafen. Der Vorsitzende der Lokalorganisation suchte vor allem, das parasitäre System der Arbeitsvermittlung durch eigene Arbeitsnachweise zu unterlaufen. Im April 1887 in die Lohnkommission gewählt. Nach kleinen Streikerfolgen 1887 (mit Arbeitszeitverkürzungen) rekrutierte der Verein knapp die Hälfte der drei- bis viertausend Schauerleute im Hamburger Hafen. Seit 1888 Berichterstatter für das "Hamburger Echo"; im gleichen Jahr Aufnahme in den hamburgischen Staatsverband. Delegierter auf dem Internationalen Arbeiter-Kongreß in Paris vom 14. bis 20. Juli 1889. Im Oktober 1889 initiierte Schwarz einen weiteren kleinen Streik der Hamburger Schauerleute. Vorsitzender der Streikkommission.

Von Johann Schwarz gingen zu Beginn des Jahres 1890 entscheidende Impulse für die gewerkschaftliche Zentralisation der deutschen Hafenarbeiter aus. Im März 1890 unternahm er eine Agitationstour durch alle großen Hafenstädte der Nord- und Ostsee. Ende März unterzeichnete der Vorsitzende des Hamburger Lokalvereins einen ersten Aufruf ("Organisation ist die Signatur der Neuzeit") zur gewerkschaftlichen Konzentration. Einer der Aktivisten der Hamburger Streikkämpfe im Mai 1890. Als Sprecher des Kongreßausschusses der Hamburger Schauerleute rief Schwarz vom 1. bis 3. August 1890 den "1. Kongreß der deutschen Hafenarbeiter" nach Hamburg ein. ("Auch die Hafenarbeiter dürfen in den Reihen derer, die für Recht und Wahrheit kämpfen, nicht fehlen.") Durch Verbot der Hamburger Behörde war der ehemalige Hafenarbeiter gezwungen, den Gründungskongreß vom 8. bis 10. August 1890 nach Kiel zu verlegen. Leiter des Gründungskongresses. Die 16 Delegierten aus 7 Hafenstädten stimmten Schwarz' organisationspolitischen Vorstellungen zu, die die Strukturen freigewerkschaftlicher Hafenarbeiter über Jahre hinaus bestimmen sollten: Organisation in den einzelnen Städten in Sektionen unter einheitlicher Lokalleitung, die einer einheitlichen Zentralleitung unterstanden. Eigene Unterstützungskassen lehnte Schwarz ab; zusammen mit den anderen Delegierten riet er von Angriffstreiks ab und wollte das Instrument des Arbeitskampfes auf Defensivmaßnahmen beschränkt sehen. Gemeinsam mit den übrigen Hamburger Delegierten erhielt Schwarz ein Mandat, die Gründung eines Verbandes der Hafenarbeiter Deutschlands in Angriff zu nehmen. Schriftführer und Geschäftsführer des Gründungsausschusses. Delegierter auf dem SPD-Parteitag (Umbenennung der Sozialistischen Arbeiterpartei Deutschlands in Sozialdemokratische Partei Deutschlands) vom 12. bis 18. Oktober 1890 in Halle. Im gleichen Monat in den Vorstand des III. Hamburger Wahlkreises als Beisitzer gewählt.

Als autoritativer Sprecher warb Schwarz in unzähligen Versammlungen für den Gedanken einer Einheitsorganisation der Baggerer, Ewerführer, Kaiarbeiter, Schauerleute, Schiffsreiniger und Speicherarbeiter. Zum 1. Januar 1891 nahm der "Verband der Hafenarbeiter Deutschlands" seine Geschäfte auf. Wahl Schwarz' als Delegierter des Hamburger Gewerkschaftskartells am 8. Februar 1891. Auf der 1. Generalversammlung vom 11. bis 12. Mai 1891 in Hamburg zog Schwarz Bilanz: 4.957 Mitglieder (darunter 4.060 aus Hamburg) hatten sich der neuen Organisation angeschlossen. Gleichzeitig plädierte der Gewerkschaftsgründer der Hafenarbeiterbewegung für Unionen nach englischem Vorbild, d. h. für den Zusammenschluß von Hafen- und Werftarbeitern. Mitglied einer Kommission, die die "Union" vorbereiten sollte. Einstimmige Wahl zum 1. Vorsitzenden. Einer der herausragenden Akteure auf der Konferenz der Zentralvorstände der deutschen Gewerkschafts-Verbände vom 7. bis 8. September 1891 in Halberstadt. Ende 1891 verlor Schwarz seine Anstellung beim "Hamburger Echo" und seine Funktionen in der Arbeiterbewegung wegen Diebstahls. Blieb indes weiterhin aktives sozialdemokratisches Mitglied. Arbeitete nach seiner Entlassung beim "Hamburger Echo" zunächst als Vertreter. Im August 1892 wegen schweren Diebstahls zu einem Jahr und 6 Monaten Gefängnis verurteilt. Schrieb seit 1900 als Hafenberichterstatter für die "Neue Hamburgische Zeitung". Geriet im Februar 1901 nochmals ins Rampenlicht der Öffentlichkeit als er wegen Falschmeldung (Untergang eines englischen Schiffes) zu einer Geldstrafe verurteilt wurde. Fungierte ab [1906] als Redakteur der "Neuen Hamburgischen Zeitung". Seit 1924 Mitglied des "Reichsbanners Schwarz-Rot-Gold". Johann Schwarz starb am 28. November 1928 in Hamburg.


© Friedrich Ebert Stiftung | technical support | net edition fes-library | September 1998

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