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Schmidt, Georg (1875 - 1946)

Geboren am 22. November 1875 in Biebrich bei Wiesbaden, Dissident. Besuch der Volksschule von 1882 bis 1889, erlernte den Gärtnerberuf. Ausübung dieses Berufes bis 1904. Auf der Stellensuche in Hamburg trat Schmidt 1898 dem "Allgemeinen Deutschen Gärtner-Verein" bei und ging im gleichen Jahr als Privatgärtner nach Mannheim. Wurde dort Mitglied des lokalen Fachvereins "Verein Edelweiß", der der wirtschaftsfriedlichen "Badischen Gärtnervereinigung" angehörte. Fungierte im gleichen Jahr als Schriftführer des Mannheimer Fachvereins. Auf Schmidts Initiative wechselte der Verein am 30. September 1899 zum "Allgemeinen Deutschen Gärtner-Verein" über. Die Mitgliederversammlung der Rhein-Neckar-Gauvereinigung wählte den Fünfundzwanzijährigen im November 1900 zum Gauvorsitzenden. Unmittelbar nach seiner Wahl verlegte Schmidt den Sitz des Gaues nach Mannheim.

Auf der 5. Generalversammlung vom 3. bis 5. August 1900 in Frankfurt am Main plädierte Georg Schmidt als einer von fünf Delegierten für den Anschluß an die Generalkommission der Gewerkschaften. 1902 mit den meisten Stimmen zum Delegierten gewählt, vertrat er auf der 6. Generalversammlung 1902 zusammen mit Otto Albrecht eine "taktische" Resolution, die mittelfristig einen Übergang des neutralen "Allgemeinen Deutschen Gärtner-Vereins" zu den freien Gewerkschaften ermöglichen sollte. Schmidt gehörte gleichwohl zu den treibenden Kräften, die auf einen zielstrebigen Zusammenschluß des "blauen" Vereins mit der freigewerkschaftlichen Konkurrenzorganisation "Deutsche Gärtner-Vereinigung" hinsteuerten. Auf der Ausschußsitzung des "Allgemeinen Deutschen Gärtner-Vereins" setzte er in dieser Frage am 6. September 1903 eine Urabstimmung der Mitgliedschaft durch, die eine Zweidrittelmehrheit für einen Zusammenschluß mit der "Deutschen Gärtner-Vereinigung" (und damit den Anschluß an die Generalkommission) erbrachte. Ab 1. April 1904 hauptamtlicher Funktionär (als dritter besoldeter Funktionär der Gärtnergewerkschaft überhaupt), zuständig für Süddeutschland mit Sitz in Frankfurt am Main. 1905 drehte sich im Hauptvorstand des "Allgemeinen Deutschen Gärtner-Vereins" ein großes Personalkarussell: Wilhelm Jansson wurde zum 2. Redakteur des "Correspondenzblatts" gewählt und schied deshalb Mitte Oktober 1905 aus der Redaktion der "Allgemeinen Deutschen Gärtner-Zeitung" aus, Otto Albrecht übernahm den Redakteursposten und Schmidt rückte als Geschäftsführer nach; in dieser Eigenschaft Mitglied des Hauptvorstandes des "Allgemeinen Deutschen Gärtner-Vereins".

Die 8. Generalversammlung vom 1. bis 5. September 1907 wählte Schmidt zum 1. Vorsitzenden der Organisation; der aktive und dynamische Schmidt löste den ehrenamtlichen Vorsitzenden Jakob Löcher ab. Unter Schmidts Leitung begann die Entwicklung der Gärtnergewerkschaft zu einer starken Interessenvertretung aller arbeitenden Gärtner Deutschlands. 1909 konnte Schmidt knapp 5.000 Mitglieder mustern. Sein Hauptaugenmerk bei der Mitgliederwerbung galt den Ungelernten und Frauen. Anfang April 1909 schied Schmidt aus seinem Amt, weil der Vorsitzende der Generalkommission der Gewerkschaften, Karl Legien, sich dafür einsetzte, daß der Gärtnervorsitzende das Vorstandsamt des neugegründeten "Verbandes der Land-, Wald-, und Weinbergarbeiter und -arbeiterinnen Deutschlands" (dem späteren "Deutschen Landarbeiter-Verband") übernehmen sollte. Bestätigung als Vorsitzender in diesem Amt bis 1933. Delegierter oder Gastdelegierter auf allen freigewerkschaftlichen Kongressen von 1908 bis 1932. Zusammen mit seinem Nachfolger vom "Allgemeinen Deutschen Gärtner-Verein, Josef Busch, verhandelte Schmidt nach der Novemberrevolution mit den Arbeitgeberverbänden in der Landwirtschaft, um landwirtschaftliche Arbeitsordnungen durchzuführen. Auf der Sitzung der Vorständekonferenz der Freien Gewerkschaften, am 4. Juli 1919, zum neuen ehrenamtlichen Vorstandsmitglied vorgeschlagen und auf dem 10. Kongreß der Gewerkschaften Deutschlands vom 30. Juni bis 5. Juli 1919 in Nürnberg mit 413 Stimmen in den Vorstand gewählt. Von 1919 bis 1931 Mitglied des Vorstandes des "Allgemeinen Deutschen Gewerkschaftsbundes"; seit 1924 Sekretär der "Internationalen Landarbeiter-Föderation".

Unterschrieb am 23. April 1925 eine Vereinbarung deutscher und polnischer Gewerkschaftsvertreter über die polnischen landwirtschaftlichen Wanderarbeiter ("Sachsengänger"), für die er sich stark engagiert hatte. 1919 bis 1921 SPD-Mitglied der Preußischen Landesversammlung, Mitglied des Vorläufigen Reichswirtschaftsrates vom 30. Juni 1920 bis 18. November 1920 und vom 8. Februar 1924 bis 1933. Mitglied des Deutschen Reichstages von Juni 1920 bis Mai 1924 als Abgeordneter des Wahlkreises 6 (Pommern), Wiederwahl Mai 1924 bis Dezember 1924 auf dem Reichstagswahlvorschlag der SPD, Dezember 1924 bis Juni 1933 erneut SPD-Reichstagsabgeordneter für Pommern. Mitglied des Preußischen Landtages von 1919 bis 1921. Teilnehmer an den SPD-Parteitagen 1920 (Kassel), 1921 (Görlitz), 1924 (Berlin), 1927 (Kiel), 1931 (Leipzig). Referat in Kassel über die "Richtlinien der Agrarpolitik", 1927 in Kiel bei der Diskussion über das Agrarprogramm der SPD Berichterstatter der Agrarkommission. Verfasser zahlreicher Schriften über die Lohn- und Arbeitsverhältnisse der land- und forstwirtschaftlichen Arbeiterschaft; u.a."Lohnformen und Arbeitsverhältnisse in der Landwirtschaft. Ein Beitrag zur Beurteilung der Lage der deutschen Landarbeiterschaft". Berlin 1913, "Zur Sozialisierungsfrage". Berlin 1919, "Sozialdemokratie und Landwirtschaft. Groß-, Mittel- oder Kleinbetrieb?". Berlin 1920, Die gewerkschaftliche Entwicklung und ihre Lehren. Mit besonderer Berücksichtigung der Landarbeiterbewegung". Berlin 1922, "Der Lohnanteil in der Landwirtschaft". Berlin 1926, "Zahlen und Schlagwörter der Agrarinteressen". Berlin 1930, "Dichtung und Wahrheit über die landwirtschaftliche Krise". Berlin 1930.

Während der Weimarer Republik Mitglied mehrerer öffentlicher Körperschaften; u.a. Verwaltungsrat der Deutschen Ratenbank-Kreditanstalt, Sachverständiger beim Völkerbund über die Agrarkrise. Seit September 1930 Mitglied im Kuratorium des "Instituts für Konjunkturforschung", einer Forschungseinrichtung finanziert aus Reichsmitteln, von Reichsbahn und Reichspost, von den Spitzenverbänden der Industrie und der Banken, der Genossenschaften und der Gewerkschaften. Die Ergebnisse des Instituts dienten am Ende der Weimarer Republik den Gewerkschaften weitgehend als Informationshilfe. Programmatisch bekämpfte Schmidt im Reichstag und den gewerkschaftlichen Spitzengremien gleichermaßen Industrie- und Agrarzölle und lag damit "quer" zu anderen gewerkschaftlichen Positionen. Suchte die ADGB-Spitze dahingehend zu beeinflussen, für den Abbau der Beamtengehälter positiv Stellung zu nehmen. Bemühte sich vor allem darum, den sozialdemokratischen Reichskanzler, Hermann Müller, davon abzuhalten, der Krisenpropaganda agrarpolitischer Interessenvertreter nachzugeben. Im Vorfeld des Frankfurter Gewerkschaftskongresses vom 31. August bis 4. September 1931 gingen von Schmidt zusammen mit Nikolaus Berhard und Fritz Tarnow Initiativen aus, die hauptamtliche Zusammensetzung des hauptamtlichen Bundesvorstandes des ADGB umzustrukturieren, ohne daß die ehrenamtlichen Vorstandsmitglieder sich durchsetzen konnten.Im Mai 1933 in Schutzhaft genommen. Während des Nationalsozialismus enge Kontakte zu gewerkschaftlichen und sozialdemokratischen Gesinnungsgenossen. Nach Kriegsende Mitglied des Agrarpolitischen Ausschusses der Berliner SPD. Georg Schmidt starb am 22. Februar 1946 in Berlin an Herzlähmung.


© Friedrich Ebert Stiftung | technical support | net edition fes-library | September 1998

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