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Rocksien, August (1861 - 1942)

Geboren am 14. März 1868 in Lübeck als Sohn eines Arbeiters, verheiratet, protestantisch. Trat im März 1886 in ein preußisches Infanterieregiment ein, nachdem er sich als Freiwilliger für drei Jahre verpflichtet hatte. Im April 1889 wegen schlechter Führung nach Magdeburg versetzt und im Dezember 1889 nach Hamburg entlassen. Arbeitete als Kaiarbeiter im Hafen. Mitglied des 1890 gegründeten "Verbandes der Hafenarbeiter Deutschlands", der zum 1. Januar 1891 seine Arbeit aufnahm. Mitglied der SPD. Vom 1. April 1894 bis 3. August 1896 Beisitzer im Vorstand der Sektion II der Kaiarbeiter (Hamburg-Amerika-Linien). Bekleidete vom 18. Juli 1895 bis 19. Juli 1896 das Amt eines Schriftführers im Hauptvorstand seiner Gewerkschaft. Wahl als Beisitzer in den Vorstand auf der 3. ordentlichen Generalversammlung vom 19. bis 21. Juli 1896 in Bremen. Während des großen Hafenarbeiterstreiks 1896/97 fungierte Rocksien als der unangefochtene Sprecher der Hamburger Kaiarbeiter. Keine Wiederwahl in den Vorstand 1897 in Hamburg. Wahl zum 1. Vorsitzenden der Kaiarbeiter auf einer Versammlung am 4. August 1897, die beide Sektionen der Kaiarbeiter (Staatskai und Hamburg-Amerika-Linie) nach schweren Mitgliederverlusten zusammenlegte. Delegierter auf der 7. ordentlichen Generalversammlung vom 26. bis 31. Januar 1902 in Hamburg, die der Anstellung eines festbesoldeten Redakteurs für den "Hafenarbeiter" zustimmte. (Seit Juli 1900: "Verband der Hafenarbeiter und verwandter Berufsgenossen Deutschlands".)

Wahl Rocksiens in die Preßkommission des Verbandes auf der Mitgliederversammlung der Hamburger Organisation am 20. Februar 1902. Im September von der Kaiverwaltung der Hamburg-Amerika-Linie aus fadenscheinigen Gründen entlassen. Rocksien schied Anfang 1903 aus der Preßkommission aus und übernahm am 1. Dezember 1902 - nach der Zustimmung durch Verbandsvorstand und Verbandsausschuß - selbst die Redaktion der Verbandszeitschrift, da der erste besoldete Redakteur, Heinrich Jünger, Geld unterschlagen hatte. Verbandsvorstand und Verbandsausschuß verlängerten indes Rocksiens Probezeit nicht, zu groß waren seine Probleme bei der technischen Herstellung und redaktionellen Betreuung des Blattes. Wahl des hochangesehenen Kaiarbeiters als Beisitzer in den Vorstand durch die Hamburger Mitgliedschaft nach dem 8. Verbandstag vom 22. bis 26. Februar 1904 in Hamburg. Bestätigung im gleichen Amt nach dem 9. Verbandstag vom 26. Februar bis 2. März 1906 in Stettin. In Stettin klagten die Vertreter der Agitationskommission aus Schleswig, Holstein und Lübeck, daß die Hamburger die Betreuung der Mitglieder der "Randbezirke" der gemeinsamen Bezirksorganisation sträflich vernachlässigten. Eine gemeinsame Mitgliederversammlung der Hafenarbeiter Hamburg-Altona entschied sich für die Anstellung eines zweiten Gauleiters zum 1. Juli 1906.

Die Wahl fiel auf den Vorsitzenden der Hamburger Kaiarbeiter. Rocksien stand einem Anschluß der Hafenarbeiter an die organisierten freigewerkschaftlichen Transportarbeiter wegen der ungeklärten Frage der Erwerbslosenunterstützung zunächst kritisch gegenüber, änderte aber bald seine Einstellung. Sein Bezirk erstreckte sich auf Hamburg, Altona und Harburg. Cuxhaven und Itzehoe gab Rocksien Ende 1906 ab. Mit 13.500 Mitgliedern hatte der Lübecker den Kernbestand der organisierten deutschen Hafenarbeiter zu betreuen. Rocksien beschnitt in Hamburg zunächst die gewachsenen Organisationsstrukturen. 17 Mitgliedschaften hatten einen selbständigen Verwaltungsapparat aufgebaut, der Groß-Hamburger Verwaltungskörper bestand aus 84 Mitgliedern. Am 25. Juni 1907 billigten die Hamburger Mitglieder Rocksiens Organisationsreform. Deutliche Einbußen hingegen erlitt Rocksien bei den organisierten Kaiarbeitern. Nach den Streiks des Jahres 1897 und den folgenden Pressionen brach die Organisationsstruktur fast zusammen. Neue gewerkschaftliche Impulse der Kaiarbeiter kamen eher dem "Verband der Gemeinde- und Staatsarbeiter" zugute. Trotz massiven Einsatzes im Hamburger Gewerkschaftskartell und seinen pointierten Angriffen gegen die organisierten Staats- und Gemeindearbeiter, konnte er die Mitgliederdiffusion nicht aufhalten. Rocksien spielte als anerkannter Funktionär während des großen Hamburger Streiks 1907 eine zentrale Rolle, zeichnete für die meisten Flugblätter verantwortlich. Eröffnete im Namen des Lokalkomitees sowie der Hafenarbeiter Hamburg-Altonas den 10. Verbandstag am 11. Mai 1908 in Hamburg. Teilnehmer am gemeinsamen Verbandstag der freigewerkschaftlichen Verbände der Hafenarbeiter, Seeleute und Transportarbeiter am 12. Mai 1910, der zum 1. Juni 1910 den "Deutschen Transportarbeiter-Verband" ins Leben rief. Neben Wilhelm Wagener von den Handels- und Transportarbeitern nahm Rocksien in der wichtigen Hamburger Gauorganisation gleichberechtigt die 2. Stelle ein.

Persönliche Gründe veranlaßten Rocksien 1912 die Stelle eines Bevollmächtigten in seiner Heimatstadt Lübeck anzunehmen. Teilnehmer auf allen Verbandskongressen des "Deutschen Transportarbeiter-Verbandes" (später "Deutscher Verkehrsbund") bis 1925. 1914 als Delegierter für das Lübecker Gewerkschaftskartell gewählt. Bekämpfte scharf den Kartellvertrag des "Deutschen Transportarbeiter-Verbandes" mit den organisierten Holzarbeitern, die der Lübecker Mitgliedschaft Verluste einiger hundert Lagerarbeiter im Hafen einbrachte. Von 1919 bis 1921 Mitglied der Lübecker Bürgerschaft für die Sozialdemokratische Partei Deutschlands. Setzte sich im Lübecker Parlament für die Rechte der Transport- und Verkehrsarbeiter ein (Lohnverhältnisse der Straßenbahner, Hafenunfallaufsicht etc.). Seit [1927] Vorstandsmitglied des ADGB-Ortsausschusses Lübeck. 1933 aus allen Ämtern entlassen. August Rocksien starb am 1. Dezember 1942 in Lübeck.


© Friedrich Ebert Stiftung | technical support | net edition fes-library | September 1998

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