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TEILDOKUMENT:
Mohs, Albin (1867 - 1925) Geboren am 16. Mai 1867 in Leipzig als Sohn eines Barbiergehilfen, verheiratet. Verzog als Kind mit seinen Eltern nach Reudnitz (einem 1889 nach Leipzig eingemeindeten Vorort). Nach dem Tod des Vaters verdiente seine Mutter seit 1875 als "Schnittwarenhändlerin" und "Modewarenhändlerin" den Lebensunterhalt für die Familie. Albin Mohs erlernte nach seiner Schulentlassung in Leipzig das Drechslerhandwerk. [1887] Mitglied der "Vereinigung der Drechsler Deutschlands". Von 1889 bis 1893 Vorsitzender des Leipziger Fachvereins der Drechsler. Fungierte seit 1891 auch als Vertrauensmann der "Drechsler und Berufsgenossen Sachsens". Mandat für die sächsischen Einzelmitglieder Dresden, Leipzig, Cölln an der Elbe und Plauen auf der 2. ordentlichen Generalversammlung der "Vereinigung der Drechsler Deutschlands" vom 20. März bis 2. April 1891 in Halle (Saale). Delegierter auf der 3. ordentlichen Generalversammlung der "Vereinigung der Drechsler und Berufsgenossen Deutschlands" in Kassel am 3. April 1893, Mitglied der Mandatsprüfungskommission. Agierte in Kassel gegen den Zusammenschluß der organisierten Bürstenmacher, Stellmacher, Drechsler und Tischler zum "Deutschen Holzarbeiter-Verband". Mohs plädierte hingegen in einer Resolution für die "Beibehaltung der Berufszentralisation" und die Schaffung von Kartellverträgen zwischen allen Gewerkschaften als Vorstufe eines "allgemeinen Arbeiterbundes auf wirtschaftlichem Gebiet, der ja doch in nicht zu langer Zeit folgerichtig kommen wird". Unterlag mit seiner Resolution. Stimmte auf dem unmittelbar nachfolgenden "Kongreß der deutschen Holzarbeiter" zusammen mit Karl Legien und Theodor Leipart gegen die Gründung des "Deutschen Holzarbeiter-Verbandes". Der Leipziger verlor Mitte der neunziger Jahre infolge schlechter Konjunktur seine Stelle und mußte umsatteln. Von 1896 bis 1897 arbeitete er als Berichterstatter der "Leipziger Volkszeitung", für den gleichen Zeitraum fungierte der Drechsler als Vorsitzender des Leipziger Gewerkschaftskartells. 1898 kam er nach Berlin und wirkte bis 1899 im Gauvorstand der organisierten Holzarbeiter. In seiner frühen Berliner Zeit verbanden ihn zahlreiche Freundschaften mit Berliner Fleischergesellen, die er versuchte, in einer Zentralgewerkschaft zusammenzufassen. Korrespondent und Schriftleiter des seit 1900 erscheinenden Gewerkschaftsblattes "Fleischer". Teilnehmer am 1. ordentlichen Verbandstag des "Zentralverbandes der Fleischer und Berufsgenossen Deutschlands" vom 30. bis 31. März 1902. Mohs, der der jungen Organisation viele Hilfestellungen gab, präsentierte im Vorspann zum 1. Kongreßprotokoll die erste historische Skizze der gewerkschaftlichen Fleischerbewegung. 1902 trat der Sachse als "Hilfsarbeiter" in das Verbandsbüro beim Vorstand des damaligen "Verbandes der in Gemeinde- und Staatsbetrieben beschäftigten Arbeiter und Unterangestellten" ein. Der Verbandsvorsitzende Bruno Poersch beauftragte ihn mit Agitationsaufgaben. Im Gespräch von "Mann zu Mann", geprägt von einem tiefen Gerechtigkeitsgefühl, bestand die große Stärke des neuen Verbandsangestellten. Erfolge konnte Mohs bei der Rückgewinnung der Arbeiter der englischen Gasanstalten verbuchen, die den Südwesten, Westen und Nordosten Groß-Berlins mit Gas versorgten. Nach schweren Maßregelungen der Verwaltung war die Organisation nahezu zusammengebrochen. Anfang 1903 bekannten sich wieder 500 der 2.000 Gasarbeiter zu ihrer Organisation. Während des ersten Halbjahres 1903 versah Mohs außerdem die Redaktionsarbeit des Verbandsblattes, ehe am 1. Juli 1903 Heinrich Bürger ihn von diesem Amt ablöste. Nach knapp einjähriger Verbandstätigkeit stellte ihm der Vorstand zur 3. Generalversammlung und der nachfolgenden 1. deutschen Gasarbeiter-Konferenz vom 14. bis 18. April 1903 eines von fünf Mandaten des Vorstandes aus. Von 1900 bis 1904 hatte sich die Mitgliederzahl des Verbandes von 4.723 auf 13.726 erhöht. Der Verbandsvorstand dachte an die Einrichtung eines Gaubüros in Leipzig, dessen Leitung am 1. Oktober 1904 Mohs zufiel. Von seiner alten Heimatstadt aus betreute der neue Gauleiter Sachsen (außer Dresden), Thüringen, die Provinz Sachsen, das Gebiet um Kassel sowie das Rheinland mit Westfalen. Mohs - verbandsintern scherzhaft als "Reiseonkel" tituliert - gelang es 1904 bis 1905, im Rheinland Fuß zu fassen, die Neugründungen der Filialen in Elberfeld, Barmen, Köln und Düsseldorf entsprangen seiner Agitation. Um den Verbandsvorsitzenden Bruno Poersch zu entlasten, beschlossen Verbandsvorstand und Ausschuß, den Leipziger wieder in die Hauptstadt zurückzuholen: Am 1. Mai 1905 wurde er als Sekretär in den Verbandsvorstand berufen, faktisch bekleidete er das Amt eines 2. Vorsitzenden. Im Dezember 1905 trat der bisherige Verbandsvorsitzende Bruno Poersch nach schweren Differenzen mit der Generalkommission der Gewerkschaften zurück und stellte sich in den Dienst der liberalen Gewerkschaftsbewegung. Verbandsvorstand und Ausschuß beauftragten Mohs mit der Fortführung der Geschäfte, ohne daß sein Status "aufgewertet" wurde. Personalentscheidungen sollten dem 4. Verbandstag im Frühjahr 1906 vorbehalten bleiben. Mohs wurde sogleich in die seit 1904 schwelenden Grenzstreitigkeiten mit anderen Gewerkschaftsverbänden hineingezogen. Die Konferenz der Zentralvorstände am 20. Februar 1906 sprach den organisierten Gemeindearbeitern den Charakter eines Industrieverbandes ab und drohte ihm mit Ausschluß aus der Generalkommission, solange der Verband Berufsfremde in seinen Reihen organisiere. Mohs, der als Teilnehmer der Konferenz den Berufsgewerkschaften weit entgegenkam, provozierte dadurch einen scharfen Konflikt mit den übrigen Vorstandsmitgliedern des "Verbandes der in Gemeinde- und Staatsbetrieben beschäftigten Arbeiter und Unterangestellten", der über Jahre schwelen sollte. Auf dem 4. Verbandstag vom 27. Mai bis 1. Juni 1906 ohne Gegenkandidat zum Vorsitzenden gewählt. Mohs setzte auf Druck der Generalkommission der Gewerkschaften eine moderate Resolution durch, um mit den anderen Gewerkschaften in Frieden zu leben. Das höchste Gewerkschaftsgremium beauftragte den Verbandsvorstand "mit den Gemeindearbeiterorganisationen der anderen Länder internationale Beziehungen anzuknüpfen und den Austausch des wesentlichen Materials zu pflegen". Die internationale Gewerkschaftsarbeit sollte eines der "Standbeine" des künftigen Vorsitzenden werden. An der Mainzer Vorbesprechung zur Gründung einer Gewerkschaftsinternationale nahmen neben den niederländischen, französischen und dänischen Gastdelegierten Albin Mohs, Heinrich Bürger, Emil Dittmer und Heinrich Schönberg teil. Die 1. internationale Konferenz der "Arbeiter öffentlicher Betriebe" fand im Anschluß an den "Sozialistenkongreß" vom 25. bis 27. August 1907 in Stuttgart statt. Die Delegierten beschlossen, nachdem man sich auf die Einsetzung eines Internationalen Sekretariats nicht hatte einigen können, den jeweiligen Vorsitzenden des deutschen "Verbandes der Gemeinde- und Staatsarbeiter" mit der Führung der Geschäfte zu betrauen. Mit den Methoden, die seinerzeit in der deutschen Gewerkschaftsbewegung üblich und bereits erprobt waren, versuchte Albin Mohs die Lohn- und Arbeitsbedingungen in den verschiedenen Länder zu ermitteln, die gewonnenen Resultate zusammenzustellen und sie den einzelnen Landesorganisationen zukommen zu lassen. Auf der 2. internationalen Konferenz 1910 in Kopenhagen und der 3. Konferenz 1913 in Zürich beklagte Mohs den schleppenden Zufluß von Daten aus den Mitgliedsorganisationen. Frucht seiner Bemühungen war die Studie "Die Lohn- und Arbeitsverhältnisse in Gemeindebetrieben verschiedener Länder. Bearbeitet nach Angaben der Landesorganisation und dem Stande vom 1. April 1913 vom Interntionalen Sekretariat". Berlin 1913. Die Arbeit galt als Pionierleistung der vergleichenden internationalen Gewerkschaftsstatistik. Einen besonderen Schwerpunkt setzte das Internationale Sekretariat bei der Propagierung der Tarifvertragsidee gegenüber syndikalistischen Strömungen innerhalb der internationalen Gemeindearbeiterbewegung. In der gewerkschaftlichen "Innenpolitik" erlebte der Verband unter Mohs' Vorsitz den eigentlichen Aufschwung zu einer handlungsfähigen gesicherten Organisation. Ende 1910 waren schätzungsweise 26% aller Gemeindearbeiter im Verband organisiert (1910: 39.262 Mitglieder), der Verband war finanziell und intern konsolidiert. Mohs konnte vor dem Weltkrieg einige Lokalorganisationen wie die "Vereinigung städtischer Markthallenarbeiter Berlins" durch Kartellverträge an die Zentralorganisation binden und die abgespaltene bayerische Sonderorganisation "Süddeutscher Gemeindearbeiter-Verband" zur Organisation zurückführen. In seine Amtszeit fiel im Sommer 1909 der Streik der Gemeindearbeiter Kiels, der bislang härteste Arbeitskampf des Verbandes, der zwar verlorenging, das Ansehen der Organisation allerdings beträchtlich erhöhte. Gleichwohl war Albin Mohs in der Organisation nicht unumstritten. Konflikte im Verbandsvorstand waren seit 1906 unübersehbar, wobei Mentalitätsunterschiede, Arbeitsstile und Proritäten in der Verbandsarbeit eine wichtige Rolle spielten. Vor allem die neu erstarkten Gauleiter sahen sich in der Verbandsspitze schlecht repräsentiert. Mohs unterlag auf dem 5. Verbandstag vom 23. bis 29. 1909 Mai in Dresden in einer Kampfabstimmung dem Mannheimer Gauleiter Richard Heckmann mit 25 : 26 Delegiertenstimmen, der allerdings wegen des knappen Ergebnisses die Wahl nicht annahm. Die innergewerkschaftlichen Auseinandersetzungen kumulierten auf dem 6. Verbandstag vom 2. bis 8. Juni 1912 in München, als Verbandsvorstand und Verbandsausschuß einstimmig dem amtierenden Vorsitzenden, den Filialleiter von Groß-Berlin, Emil Wutzky, als Alternativkandidaten gegenüberstellten. Mohs konnte eine knappe Stimmenmehrheit von 43 : 42 zu seinen Gunsten mustern. Der "Sieg" Mohs' wurde allerdings durch den Delegiertenschlüssel begünstigt, der Vertreter aus den mitgliederschwachen Gauen Vorteile einräumte. (Die Delegierten, die für Mohs votierten, repräsentierten nur 40% der Mitglieder.) Weniger umstritten war Mohs innerhalb der Schöneberger Sozialdemokratie, seiner zweiten politischen Heimat. 1910 unterlag er noch bei der Schöneberger Stadtverordnetenwahl, konnte [1913] allerdings auf der SPD-Liste in das Berliner Vorstadtparlament einziehen. Er war von Februar 1910 bis April 1913 2. Vorsitzender des Ortsvereins Schöneberg. Seitdem gehörte Mohs auch dem Bildungs- und Jugendausschuß des Reichstagswahlkreises Teltow-Beeskow-Storkow-Charlottenburg an. Delegierter auf dem Parteitag der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands vom 15. bis 21. September 1912 in Chemnitz. Überdies war er von [April 1913] bis April 1914 Vorsitzender des örtlichen Bildungsausschusses. Der 7. Verbandstag im Mai 1914 in Hamburg schien die Diskussion um den 1. Vorsitzenden zum guten Ende zu führen. Der Verbandstag nahm eine Resolution an, "im Einverständnis mit den angeschlossenen Landesorganisationen" vom 1. Oktober 1914 ein selbständiges Internationales Büro einzurichten und Albin Mohs als festbesoldeten Sekretär anzustellen. Gleichzeitig wurde die "Hauptverwaltung" des Internationalen Sekretariats der deutschen Organisation unterstellt, die auch die Kasse verwalten sollte. Bereits unmittelbar nach dem Kongreß kam es zwischen Mohs und dem neuen Vorsitzenden Richard Heckmann über Aufgabenstellung und Ausgestaltung des Sekretariats zu Differenzen. Die programmierten Konflikte brachen sofort nach Ausbruch des Krieges auf. Der Internationale Sekretär geriet zwischen die Mühlsteine der nationalen und internationalen Interessen. Für den deutschen Verband stand es sofort nach Kriegsausbruch "außer Zweifel, daß der Weltkrieg die Vorbedingungen für ein selbständiges Internationale Sekretariat zerstört" habe. Mohs sollte nach Einberufung vieler Gauleiter zum Kriegsdienst aushilfsweise seinen früheren Posten als Gauleiter in Leipzig übernehmen. Der Internationale Sekretär lehnte jedoch ab, weil er das Internationale Sekretariat nicht mit in die sächsische Metropole "mitnehmen" durfte. Die Position des Verbandsvorstandes wurde auf einer Konferenz der Gauleiter und des Verbandsausschusses am 3. Oktober 1914 einstimmig sanktioniert. Mohs hingegen konnte in einer schriftlichen Befragung 5 der 10 angeschlossenen Organisationen (Belgien, Dänemark, Holland, Luxemburg und Schweden) für ein Votum zum Fortbestand des Interntionalen Sekretariats gewinnen. (4 Länder entzogen sich einer Abstimmung, Deutschland stimmte dagegen.) Es kam zu keiner Konfliktlösung, weil Mohs im Februar 1915 eine schwere Herzattacke erlitt und einen längeren Kuraufenthalt antreten mußte. Seit dem 13. Juli 1915 hielt der Sekretär des Internationalen Gewerkschaftsbundes, Karl Legien, die Fäden der Internationale der "Arbeiter öffentlicher Betriebe" zusammen. Ein Vorschlag Legiens, den Konflikt durch einen Kompromiß beizulegen, scheiterte. Zum 1. Januar 1916 übergab der Interimssekretär dem Gewählten erneut die Kasse. Auch während des dritten Kriegsjahres kamen der Internationale Sekretär und der deutsche Verbandsvorstand zu keinem gütlichen Agreement, weil der deutsche Vorstand es ablehnte, sich der "diktatorischen Gewalt eines einzelnen" zu beugen. Auf dem Höhepunkt der Auseinandersetzungen trat der deutsche "Verband der Gemeinde- und Staatsarbeiter" zum 1. Januar 1917 aus seinem Internationalen Berufssekretariat aus, um damit auch die Verbindungen zum Internationalen Sekretariat zu lösen. Mohs übernahm zu Beginn des Jahres 1916 die Epedition des "Correspondenzblatts der Generalkommission der Gewerkschaften Deutschlands" und der "Gewerkschaftlichen Frauenzeitung", das Amt des Internationalen Sekretärs betrieb er im Nebenamt. Bis 1916 Herausgeber des "Mitteilungsblatts des Internationalen Sekrtariats der Arbeiter öffentlicher Betriebe". Ab 1917 versuchte der Internationale Sekretär, Material über Teuerungszuschläge, Familienbeihilfen etc. zu sammeln, um es den angeschlossenen Organisationen weiterzugeben. Vor allem ließ er den freundschaftlichen Kontakt zu den holländischen und belgischen Spitzenfunktionären nie abreißen und setzte sich (wenn auch vergebens) für belgische deportierte Arbeiter ein. Auf dem 8. Verbandstag im September 1919 in Nürnberg mit seinem Mandat als Internationaler Sekretär anwesend, versuchte er, die alten Konflikte abzubauen und auszugleichen. Plädierte für die Beschickung des internationalen Kongresses im Oktober 1919 in Amsterdam. Mohs wurde in seiner Geschäftsführung auf dem Kongreß des "Personals in öffentlichen Diensten und Betrieben" vom 20. bis 22. Oktober 1919 entlastet, als Funktionär "zwischen allen Stühlen" spielte er als Integrationsfigur bei der Rückkehr des "Verbandes der Gemeinde- und Staatsarbeiter" in die internationale Gemeinschaft eine wichtige Rolle. Als am 1. Oktober 1919 durch Gesetz sich die alte Stadt Berlin mit etwa 50 Vorortgemeinden zum neuen Groß-Berlin vereinigte, wurde der ehemalige Verbandsvorsitzende zum besoldeten Bezirksstadtrat in Schöneberg (Verwaltungsbezirk XI) gewählt, als Dezernent zeichnete er für das Arbeitsamt verantwortlich. Am 1. Januar 1925 auf Grund der Personalabbauverordnung vom 8. Februar 1924 in den einstweiligen Ruhestand versetzt. Albin Mohs starb am 20. März 1925 in Berlin an seinem schweren Herzleiden. © Friedrich Ebert Stiftung | technical support | net edition fes-library | September 1998 |