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Huber, Georg (1886 - 1972)

Geboren am 15. Februar 1886 in Pforzheim als Sohn eines Kunsthändlers und einer Goldarbeiterin, verheiratet. Besuchte von 1892 bis 1900 die Volksschule in Pforzheim; absolvierte vom 1. Mai 1900 bis zum 30. April 1904 in Pforzheim eine Lehre als Emailmaler im Atelier für Emailmalereien Julius Steinle. 1904 Mitglied im 1892 gegründeten "Verband der Porzellan- und verwandten Arbeiter beiderlei Geschlechts". Von 1904 bis zum Kriegsausbruch als Emailarbeiter im Lehrbetrieb weiter beschäftigt. 1905 Übertritt in den "Deutschen Metallarbeiter-Verband" (DMV). Ehrenamtlich im Ortsausschuß des DMV als Funktionär tätig.

Der Emailmaler leistete von 1906 bis 1908 seinen Militärdienst im 5. Badischen Infanterieregiment 113 in Freiburg ab. 1909 Eintritt in die Sozialdemokratische Partei Deutschlands. 1912 Fachgruppenleiter in der Ortsverwaltung Pforzheim des DMV. (1912 waren in Pforzheim 1.348 Mitglieder organisiert, darunter 39 Emailarbeiter.) Von Kriegsbeginn bis Kriegsausbruch Dienst als Sanitäter. 1918 als Sanitätsunteroffizier entlassen. Am 15. Oktober 1919 in seiner Heimatstadt hauptamtlich als Geschäftsführer des "Deutschen Transportarbeiter-Verbandes" (DTV) angestellt, dessen Mitgliederzahl explosionsartig anschwoll und der nun auch "berufsfremde" erfahrene hauptamtliche Funktionäre anstellte. Huber qualifizierte sich von 1921 bis 1922 durch Kurse an der Akademie der Arbeit in Frankfurt am Main weiter. 1922 vom Hauptvorstand in Berlin als Bevollmächtigter der Ortsverwaltung des DTV in Stuttgart eingesetzt (seit 1923: "Deutscher Verkehrsbund"). Zum 1. Juni 1925 trat der württembergische Bezirksleiter Hans Dreher von seinem Amt zurück; als Nachfolger wurde Georg Huber berufen. Der gerade neustrukturierte Wirtschaftsbezirk umfaßte neben "Groß-Stuttgart" (mit Esslingen, Ludwigsburg, Zuffenhausen und Feuerbach) die selbständigen Zahlstellen in Aalen, Biberach, Crailsheim, Ebingen, Freudenstadt, Friedrichshafen, Gammertingen, Gmünd, Göppingen, Hall, Heidenheim, Heilbronn, Kirchheim, Reutlingen, Schramberg, Schwenningen, Tübingen, Tuttlingen, Ulm und Urach (1926: 6.227 Mitglieder). Jeweils Wiederwahl als Bezirksleiter auf den jährlich stattfindenden Bezirkskonferenzen. Als Sozialdemokrat hatte es Huber im Bezirk bis 1928 mit einer kommunistischen Mehrheit zu tun, die von 1922 bis 1928 bei den Wahlen zu den Gewerkschaftstagen jeweils Mehrheiten für die eigenen Kandidaten verbuchen konnte. Erst im Juni 1928 gelang es, das Stimmenergebnis zu Gunsten der "Amsterdamer Richtung" zu ändern. Delegierter auf dem 12. Bundestag des "Deutschen Verkehrsbundes" vom 16. bis 21. August 1925 in München und dem 13. Bundestag vom 12. bis 21. August 1928 in Leipzig. Fungierte auf dem Münchner Verbandstag als Schriftführer. Auf Reichsebene vertrat Huber spezielle Interessen der Angehörigen der Verkehrsbetriebe. Delegierter auf der 4. Reichskonferenz der Straßenbahner, Privateisenbahner und Werkseisenbahner vom 7. bis 8. August 1925 in Frankfurt am Main. Auf der 5. Reichskonferenz vom 23. bis 24. September 1927 in Hamburg in die Tarifkommission für den Reichsmanteltarif (nichtkommunal) der Verkehrsarbeiter gewählt. Delegierter auf dem Gründungsverbandstag des "Gesamtverbandes der Arbeitnehmer der öffentlichen Betriebe und des Personen- und Warenverkehrs" vom 7. bis 10. Oktober 1929 in Berlin. Wiederwahl in die Tarifkommission (nichtkommunal) auf der 1. Reichskonferenz der Straßen-, Privat, Hafen- und Werksbahner des "Gesamtverbandes" am 11. Dezember 1929 in Berlin. Regelmäßiger Mitarbeiter an der Stuttgarter SPD-Zeitung "Schwäbische Tagwacht".

Im Mai 1933 von den nationalsozialistischen Machthabern inhaftiert. Verdiente sich seinen Lebensunterhalt von 1934 bis 1946 als selbständiger Schankwirt in Stuttgart. Seine Gaststätte diente als Treffpunkt überzeugter Hitler-Gegner. 1940, 1941, 1943 und 1944 wegen des Verdachts auf Hochverrat mehrfach inhaftiert. Im Mai 1945 maßgeblich beim Aufbau der Gewerkschaften in Stuttgart beteiligt. Am 31. Mai 1945 Mitunterzeichner des Gründungsprotokolls des "Württembergischen Gewerkschaftsbundes" als "Bezirksleiter des Gesamtverbandes der Arbeitnehmer der öffentlichen Betriebe und des Personen- und Warenverkehrs" in Stuttgart. Während der französischen Besatzungszeit Stuttgarts existierte der "Württembergische Gewerkschaftsbund" lediglich als gewerkschaftlicher Funktionärskörper ohne Mitgliederbasis. Seit Mai 1945 Mitglied des Beirates des Landesarbeitsamtes. Im schwierigen Selbstfindungsprozeß der nordwürttembergischen und badischen Gewerkschafter zwischen Zentralorganisation, Industrieprinzip und Berufsorganisation sprach sich Huber als Bezirksleiter des Gesamtverbandes entschieden gegen eine Berufsorganisation der Angestellten aus; machte auf der 3. Heidelberger Konferenz der würtembergischen und badischen Gewerkschaften am 18. Juni 1946 klar, daß seine Organisation auch im Bereich des öffentlichen Dienstes die Industrieorganisation schaffen werde. Auf dem konstituierenden Verbandstag vom 13. bis 14. Juli 1946 zum Vorsitzenden des "Gesamtverbandes des Personals des öffentlichen Dienstes und Verkehr" im "Gewerkschaftsbund Württemberg-Baden" gewählt.

Auf dem Gründungskongreß des "Gewerkschaftsbundes Württemberg-Baden vom 30. August bis 1. September 1946 in Stuttgart-Kornwestheim mit den meisten Delegiertenstimmen als Beisitzer in den Bundesvorstand gewählt. Massiv bekämpfte Huber Pläne des Organisationsausschusses des Bundesvorstandes, eine eigene Beamtenorganisation ins Leben zu rufen, da "diese [...] in den frühen Jahren der Nährboden der Reaktion gewesen sind. Wir dürfen nicht die Hand dazu bieten, daß es wieder einmal so weit kommt und daher dürfen niemals wieder Beamtenverbände innerhalb der Gewerkschaftsbewegung entstehen, denn das wäre der erste Schritt zur Unterstützung reaktionärer Bestrebungen innerhalb der Gewerkschaftsbewegung". Am 18. Juni 1946 gestattete die amerikanische Militärregierung die Bildung von Zonengewerkschaften. Impulse zum Zusammenschluß in der US-Zone kamen vor allem von Georg Huber. Am 25. Oktober 1946 fand in Stuttgart die konstituierende Sitzung der Arbeitsgemeinschaft, Gewerkschaft Öffentliche Betriebe und Verwaltungen, Transport und Verkehr" in der US-Zone statt. Wahl Hubers zum Vorsitzenden der Arbeitsgemeinschaft, die sich mit den Komplexen Tarifverträge, Beamtengesetzgebung, Betriebsräte und Organisationsprobleme beschäftigt. Nach mühseligen Verhandlungen konnte sich Huber gegen Tendenzen innerhalb des Gewerkschaftsbundes durchsetzen, eine eigene Beamtengewerkschaft zu dulden: Am 29. März 1947 wurde durch eine Vereinbarung der "Beamten-Verband" in den Gesamtverband eingegliedert. Einstimmige Wiederwahl als Vorsitzender des Gesamtverbandes auf dem 2. Verbandstag am 23. und 24. August 1947 in Stuttgart-Untertürkheim, auf der Huber 62.000 Mitglieder mustern konnte. Als Vorsitzender skizzierte Huber die anstehenden gewerkschaftlichen Probleme: Verhandlungen über neue Tarifverträge, Abschluß von Betriebsvereinbarungen, Überwachung der Ernährungswirtschaft, Preiskontrolle, Mitbestimmungsrechte der Arbeiter. Auf Einladung des "Verbandes Öffentlicher Betriebe und Verwaltungen" Hessens trafen sich vom 26. bis 27. April 1947 Vertreter der westlichen Zone des öffentlichen Dienstes, Transport und Verkehrs zur 1. Interzonenkonferenz in Oberursel. Die Konferenz beschäftigte sich mit einem einheitlichen Organisationsaufbau und der einzuschlagenden Lohn- und Tarifpolitik. Wahl Hubers zum Vorsitzenden der Arbeitsgemeinschaft und Leiter eines gemeinsamen Sekretariats der Gewerkschaften des öffentlichen Dienstes, Transport und Verkehrs mit dem Ziel der bi- bzw. trizonalen Fusion der Länder- und Zonengewerkschaften. Auf der Tagung der Arbeitsgemeinschaft vom 25. bis 26. November 1947 in Stuttgart wurden die Modalitäten dieses Zusammenschlusses festgelegt, wobei Huber einen bizonalen Zusammenschluß der angelsächsischen Zonen einer langsameren Gesamtentwicklung vorzog. Von 1948 bis 1953 zum stellvertretenden Verwaltungsratsmitglied der Spar- und Girokasse der Stadt Stuttgart gewählt; außerdem von 1948 bis 1953 Mitglied des Aufsichtsrates der Stuttgarter Elektrizitäts- und Verkehrsgesellschaft.

Auf dem Vereinigungsverbandstag der Gewerkschaften des öffentlichen Dienstes, Transport und Verkehr in Stuttgart vom 28. bis 30. Januar 1949 referierte Huber über "Zweck und Ziel des Zusammenschlusses der Gewerkschaften des öffentlichen Dienstes, Transport und Verkehr". Neben den "klassischen" gewerkschaftlichen Forderungen (angemessene Abschlüsse von Tarifverträgen, Sicherung des Koalitionsrecht, Schaffung eines einheitlichen modernen Beamtenrechts etc.) stellte Huber die Förderung und den Ausbau der öffentlichen Wirtschaft als "Vorstufe einer höheren Wirtschaftsform" in den Vordergrund. Von der eingesetzten Wahlkommission ursprünglich als 2. Vorsitzender vorgesehen, wählten ihn die Delegierten nach einer kontroversen personalpolitischen Diskussion neben Adolph Kummernuss zum "Vorsitzenden mit gleichen Rechten". Obgleich nominell gleichberechtigt, hatte Huber die typischen Aufgaben eines "2. Mannes" innerhalb der Organisation inne. Er war zuständig für die "Innere Verwaltung" und die Personalangelegenheiten. Als Integrationsfigur stand er als Repräsentant der süddeutschen Bundesländer in der neuen Einheitsorganisation. Unmittelbar nach dem Vereinigungsparteitag rief der Hauptvorstand der Gewerkschaft ÖTV eine eigene Vermögensverwaltung ins Leben, die im Herbst 1949 ins Handelsregister eingetragen wurde. Zu ihrem Leiter wurde Georg Huber bestimmt. Daneben baute er seit 1950 als Vorsitzender des Verwaltungsrates die "Gewerkschaftliche Unterstützungsvereinigung für Verkehrsberufe GUV)" auf, die im Gegensatz zur alten "Fakulta" vom DGB und die ihm angeschlossenen Gewerkschaften getragen wurde. Besondere Verdienste erwarb sich Georg Huber um die Erholungsheime der ÖTV und der Errichtung der ÖTV-Bildungsstätte in Mosbach. Der Württemberger spielte außerdem beim Wiederaufbau des gemeinwirtschaftlichen Sektors eine besondere Rolle. Als Vorsitzender des Aufsichtsrates stand er seit 1950 der gewerkschaftseigenen "Bank für Arbeit und Wirtschaft AG" in Stuttgart vor, der wegen alliierter Kontrollbestimmungen die Fusion mit anderen Gewerkschaftbanken noch verwehrt blieb. Zum 15. Dezember 1953 trat Huber vom Amt des Aufsichtsratsvorsitzenden zurück, machte Adolph Kummernuss Platz und übernahm die Rolle eines ehrenamtlichen Vorstandsmitglieds. Ferner war Huber am Prozeß des Zusammenschlusses der deutschen Gewerkschaften zu einem Bund federführend beteiligt. Teilnehmer auf der 1. Sitzung des Vorbereitenden Ausschusses für den Gründungskongreß des DGB in Bad Münster am Stein am 29. und 30. März 1949. Als Kummernuss' Vertreter in der eingesetzten Satzungskommission brachte er die organisationspolitischen Vorstellungen der ÖTV in den neuen Bund ein.

Auf der Verbandsvorstandstagung am 11. und 12. November 1949 in Bad Nauheim in geheimer Wahl in den Bundesausschuß des DGB gewählt. (Bestätigung in diesem Amt im Juli 1952). Im Februar 1950 in den Verwaltungsrat der Unterstützungsvereinigung des DGB delegiert. Vom 13. bis 17. Oktober 1952 auf dem 2. ordentlichen Bundeskongreß des DGB zum stellvertretenden Mitglied des Bundesvorstandes gewählt; gleichzeitig Mitglied des Bundesausschusses der Dachgewerkschaft. Trotz Überschreitung der Altersgrenze stellte sich Huber auf dem 1. Gewerkschaftstag der ÖTV vom 18. bis 22. Februar 1952 nochmals zur Wahl; gegen eine Minderheit von zwei Dutzend Stimmen zum 2. Vorsitzenden der Gewerkschaft ÖTV gewählt. Huber leitete künftig das Sekretariat II und behielt seine alten Aufgabenbereiche. Auf internationaler Ebene war er im Ausschuß für Binnentransport der Internationalen Arbeitsorganisation in der Schweiz tätig. 1952 als stellvertretendes Mitglied des Generalrates der Internationalen Transportarbeiter Föderation gewählt. Seit März 1954 Aufsichtsratmitglied der Vermögensgesellschaft des DGB-Landesbezirks Baden-Württemberg. Dem 2. ordentlichen Gewerkschaftskongreß vom 3. bis 7. Mai 1955 erstattete er Bericht über die Vermögensverwaltung. Hochgeehrt trat er auf dem Frankfurter Kongreß von seinem Amt zurück. Verantwortung trug er bis 1960 weiterhin als Gesellschafter der "Erholungsheim G.m.b.H." der Gewerkschaft ÖTV und als ehrenamtliches Vorstandsmitglied der "Bank für Arbeit und Wirtschaft AG" (später: "Bank für Gemeinwirtschaft", Stuttgart). Georg Huber starb am 18. Juni 1972 in Stuttgart.


© Friedrich Ebert Stiftung | technical support | net edition fes-library | September 1998

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