Chronik der deutschen Sozialdemokratie / Franz Osterroth ; Dieter Schuster. - [Electronic ed.]. - Berlin [u.a.]
Das Bundesverfassungsgericht entscheidet, daß die Bewilligung von über- und außerplanmäßigen Ausgaben in Höhe von rund 2 Milliarden Mark durch den damaligen Bundesfinanzminister H. Schmidt nicht verfassungsgemäß war und entspricht damit der Verfassungsklage der Bundestagsfraktion der CDU/CSU. Nach Auffassung des Gerichts gibt das Notbewilligungsrecht des Artikels 112 des Grundgesetzes dem Bundesfinanzminister nicht das Recht, an der Bundesregierung und dem Parlament vorbei im Haushaltsplan nicht vorgesehene Mittel zu bewilligen. Die Zuständigkeit des Parlaments bei der Vergabe von Haushaltsmitteln muß gewahrt werden. Der Schatzmeister der SPD, W. Dröscher, führt in Hamburg u.a. aus: Man muß endlich damit aufhören, die privatwirtschaftliche Struktur der Presse laufend als Voraussetzung für die Existenz der Pressefreiheit zu interpretieren und sie zu einem Grundrecht hochzustilisieren, das dann zudem noch die Mitbestimmung ausschließt. Ich halte dies für eine Verbiegung des Artikels 5 des Grundgesetzes, wozu es immerhin eine Rechtssprechung des Bundesverfassungsgerichts gibt, die den Hauptakzent auf die »Sicherung eines freiheitlich funktionierenden Kommunikationsprozesses« auch und vor allem der freien Presse gesetzt hat. Die privatwirtschaftliche Struktur ist eine Zweckmäßigkeit - und keine Glaubensfrage für mich. Solange sie funktioniert und wettbewerbsfähiger in der Gesamtleistung, nicht nur in der ökonomischen, ist, sollten wir sie erhalten. Aber auch nur so lange! Als Prämisse gilt für uns Sozialdemokraten, daß »elektronische Medien« von vornherein vor Kommerzialisierung und Monopolisierung geschützt werden müssen. Die im Fernsehurteil des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahre 1961 aufgestellten Grundsätze gelten noch: Frequenzmangel und die hohen Kosten der Programmgestaltung rechtfertigen die öffentlich-rechtliche Organisationsform des Rundfunks. Die öffentlich-rechtliche Struktur des Rundfunks und die privatwirtschaftliche der Presse befinden sich im Gleichgewicht. Vom Bestand dieses Gleichgewichts hängt es ab, ob die Zukunftsentwicklung der Medien in Übereinstimmung mit den Zielsetzungen unserer Verfassung erfolgt: Wichtig ist danach das Recht des Bürgers zur Kommunikation, sind seine Rechte als Souverän.
3. Nach dem Zweiten Weltkrieg. 2., neu bearb. und erw. Aufl. 1978.
Electronic ed.: Bonn : FES Library, 2001
Stichtag:
25. Mai 1977