Chronik der deutschen Sozialdemokratie / Franz Osterroth ; Dieter Schuster. - [Electronic ed.]. - Berlin [u.a.]
Der Bundestag verabschiedet in dritter Lesung mit 493 Stimmen bei einer Enthaltung ein Rentenreformgesetz. In der zweiten Lesung hatte er mit einer Stimme Mehrheit die Fassung der CDU/CSU gebilligt, die eine großzügigere Regelung bei Weiterbeschäftigung im Rahmen der flexiblen Altersgrenze und die Vorverlegung der zum 1. Januar 1973 fälligen Erhöhung der Renten auf den 1. Juli 1972 wünscht.
3. Nach dem Zweiten Weltkrieg. 2., neu bearb. und erw. Aufl. 1978.
Electronic ed.: Bonn : FES Library, 2001
Stichtag:
21. Sept. 1972
Die bislang starre Altersgrenze in der Rentenversicherung wird gelockert. Die Altersrente kann von allen Versicherten, die 35 anrechnungsfähige Versicherungsjahre nachweisen, bereits vom 63. Lebensjahr an bezogen werden. Wer über das 63. Lebensjahr hinaus arbeitet und Beiträge an die Rentenversicherung entrichtet, kann seinen Rentenanspruch jährlich bis zum 67. Lebensjahr steigern. Damit soll ein Anreiz zur Weiterarbeit gegeben werden. Wer mit 63 die Rente bezieht, unterliegt keinen Verdienstbeschränkungen. Alle Rentner, die wenigstens 25 Jahre mit Pflichtbeiträgen belegt haben und weniger als 76 % des Durchschnittsentgelts verdient haben, sollen eine höhere Rente erhalten. Der Rentenberechnung wird künftig ein Mindesteinkommen zugrunde gelegt. Die Rentenversicherung wird für alle Selbständigen und alle Hausfrauen geöffnet. Die Mehrheit lehnt das Projekt der Koalition, ein sog. Babyjahr einzuführen, ab. Berufstätige Frauen, die ein Kind bekommen, sollten in der Rentenversicherung ein Ausfalljahr angerechnet bekommen.
Mit ihrer Zustimmung zum Gesetz in der dritten Lesung will die SPD dokumentieren, daß sie sich - ungeachtet der von der CDU/CSU durchgesetzten Einzelregelungen - zu dem großen sozialen Fortschritt, den das Rentenreformgesetz bedeutet, bekennt.