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Cornelie Sonntag-Wolgast: Politische Handlungsmöglichkeiten nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Änderung des Asylrechts

Eine Diskussion mit den Vertretern von Flüchtlingsorganisationen und Beratungsstellen ist für SPD-Politiker keine leichte Aufgabe. Das gilt insbesondere seit dem Zeitpunkt, als sich die Mehrheit innerhalb der Sozialdemokratie nach schwierigen und schmerzlichen Auseinandersetzungen innerhalb der eigenen Reihen dazu entschloß, gemeinsam mit den Regierungsfraktionen den sogenannten Asylkompromiß auszuhandeln. Die Wunden des damaligen Konfliktes sind keineswegs vernarbt. Die Gegner der Neuregelung hadern weiterhin mit dem Kurswechsel, den unsere Partei in einer so entscheidenden Frage vollzogen hat. Die Aktiven aus der Menschenrechtsbewegung, aus Kirchen und Gewerkschaften haben die Sozialdemokratie als verläßlichen Verbündeten im Engagement für die Rechte der politisch Verfolgten abgeschrieben. In den öffentlichen Diskussionen um Ausländer-, Asyl- und Migrationsfragen fällt mir immer wieder die ungeheure Kluft zwischen denen auf, die in der praktischen Arbeit Tag für Tag konfrontiert sind mit den restriktiven Regularien des Staatsapparates im Umgang mit den Zufluchtsuchenden - und der in der Bevölkerung weit verbreiteten Meinung, die Ausländer könnten in der Bundesrepublik machen, was sie wollen und kommen, wann sie wollen.

Es ist nicht leicht, zwischen diesen Extrempositionen Brücken zu schlagen. Ich wage dennoch die These: Wir stehen als Flüchtlingsaufnahmeland nicht so seelenlos da, wie uns einige machen wollen. Und doch ist der Umgang mit Asylsuchenden und Flüchtlingen rauh. Die Lösung des Problems kann nur sein: Innerhalb des gesetzlichen Gerüstes, auf dem sich Minister und Behördenmitarbeiter, Polizisten, Anwälte und Richter bewegen, muß es gelingen, stärker humanitär ausgerichtete Stützpfeiler aufzurichten. Wir müssen besonnener, menschlicher, verständnisvoller und problembewußter mit denen umgehen, die hier bei uns Zuflucht suchen. Und wir müssen gleichzeitig verdeutlichen, daß eine Aufnahmepolitik der „Tausend offenen Tore für alle, die mühselig und beladen sind", in der Bundes-

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republik nicht möglich ist. Auch Bündnis 90/Die Grünen sind übrigens inzwischen bereit, diese Einsicht öffentlich zu vertreten.

Nur auf dieser Ebene kann eine zukunftsweisende, ehrliche und faire Flüchtlingspolitik gestaltet werden. Alles andere führt zu ungeheuren Spannungen, zu Haß, Vorurteilen und Ungerechtigkeiten. Ich selber habe die Wende der SPD hin zur Neuregelung des Asylrechts mit großen inneren Konflikten und Skrupeln 1992/1993 mit vollzogen, weil ich davon überzeugt war, daß etwas geschehen müsse. Das heißt aber noch lange nicht, daß ich kritiklos alle Elemente des jetzigen Asylrechts bejubeln würde. Wir haben eine Lösung nach mühsamen Verhandlungen gefunden. Aber der Königsweg ist es nicht. Schon deshalb nicht, weil bis heute nicht einmal alle Teile, auf die sich CDU/CSU, SPD und FDP seinerzeit im sogenannten Asylkompromiß vom 6. Dezember 1992 („Nikolauskompromiß") verständigt hatten, verwirklicht worden sind.

Diese Aussage gilt auch und gerade vor dem Hintergrund des Urteils, das das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe am 14. Mai 1996 gesprochen hat. Es ist ganz offensichtlich, daß der Zweite Senat neben seiner Aufgabe, die Gesetze verfassungsrechtlich zu überprüfen, auch politische Rücksichten genommen hat. Das ergibt sich schon aus dem Zeitpunkt der Urteilsverkündung. Lange war man davon ausgegangen, daß die Entscheidung spätestens im Februar 1996 vorliegen müßte. Daß der Termin aber weit hinausgeschoben wurde, hat gewiß nicht nur etwas mit der Arbeitsüberlastung der Richterinnen und Richter zu tun, sondern auch mit den Landtagswahlen am 24. März. Das Gericht wollte tunlichst vermeiden, mit seinem Urteil die Auseinandersetzung während der Wahlkämpfe anzuheizen. Und das Thema „Ausländer" trägt nun einmal, wie man weiß, zur Polarisierung und Emotionalisierung bei. Das bedeutet aber auch: Das Karlsruher Gericht hat sich bei seinem Votum vermutlich nicht ganz von dem Gedanken lösen können, daß eine Ablehnung wesentlicher Teile der neuen Asylgesetze in Deutschland eine Wiederbelebung der früheren, hitzigen Debatte auslösen könnte.

Nun also liegt der Spruch vor, und er bestätigt die Reform grundsätzlich. Die Reaktionen waren naturgemäß höchst unterschiedlich. Nicht nur bei den Verbänden, Behörden und Medien. Eine gehörige Spannbreite ergibt sich auch aus den Kommentaren der SPD-Politiker. Otto Schily zum Beispiel begrüßte die Entscheidung und billigte ihr zu, daß sie zwischen zwei

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Rechtsgütern habe abwägen müssen: „Einerseits galt es, einer Überbelastung unseres Gemeinwesens durch eine zu hohe ungeregelte Zuwanderung entgegenzuwirken, andererseits war der Flüchtlingsschutz nach Maßgabe der Wertentscheidungen des Grundgesetzes und des Völkervertragsrechts zu bewahren." Kritischere Anmerkungen kamen von der Rechtspolitikerin Herta Däubler-Gmelin. Das - aus den Reihen der SPD - vernichtendste Urteil stammt von der ASJ (Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer Juristen), deren Bundesvorsitzender Klaus Hahnzog das Fazit zog: „Die Mehrheit des Bundesverfassungsgerichts hat den Verlauf des durch den sogenannten Asylkompromiß vom 6. Dezember 1992 zum bloßen Scheingrundrecht verkommenen Asylrechts politisch Verfolgter weiter verfestigt." Die Abschottung der Bundesrepublik Deutschland und die Schutzlosigkeit wirklich bedrohter Flüchtlinge sei zementiert, die Funktion des Bundesverfassungsgerichts als Hüter der Verfassung und Garant der Grundrechte des einzelnen generell schwer beeinträchtigt worden.

Man kann diese unterschiedlichen Kommentare als weiteren Beleg der auch bei anderen Themen offensichtlichen sozialdemokratischen Vielstimmigkeit abtun. Aber damit macht man es sich zu leicht. Was sich in den abweichenden Stellungnahmen von SPD-Vertretern kundtut, ist symptomatisch für die Kluft innerhalb der bundesdeutschen Gesellschaft in der Asylfrage. Und vergessen wir nicht: Es waren sozialdemokratische Richter, die sich innerhalb des Zweiten Senats selbst mit einem viel kritischeren Minderheitsvotum vom Urteil der Mehrheit ihrer Kollegen absetzten. Hier - wie in manchen anderen Bereichen - trägt die Sozialdemokratie einen Konflikt stellvertretend für die gesamte Gesellschaft aus. Manche halten dieses Phänomen für eine Schwäche - ich empfinde es eher als eine Stärke.

Mich treibt die Frage um, wie wir alle mit der Karlsruher „Absegnung" der Asylrechtsänderung umgehen. Einen großen öffentlichen Disput gibt es erwartungsgemäß nicht, eher Gespräche in internen Zirkeln. Unter den Menschenrechtsorganisationen breitet sich Resignation aus. Entscheidende Konsequenzen erfordert der Karlsruher Spruch nicht. Das umstrittenste Element, die Drittstaatenregelung, hat Bestand. Bei der Flughafenregelung soll die Frist, innerhalb der die Asylbewerber Anträge stellen können, um einige Tage verlängert werden. Bei den sicheren Herkunftsstaaten will das Gericht lediglich die Kriterien präziser fassen. Bleibt also als einziger

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Weg, die Hände in den Schoß zu legen und abzuwarten, bis die Bundesregierung mit konkreten Vorlagen zur Erfüllung der wenigen Aufträge des Gerichtes an den Gesetzgeber nachkommt?

Nein. Gerade weil wir Sozialdemokraten den Meinungsstreit über diese Problematik hautnah und über Jahre hinweg erlebt und durchlitten haben, ist nach dem Karlsruher Urteil kein Anlaß zur Gleichgültigkeit nach dem Motto: „Die Reform ist abgesegnet; also können wir uns zurücklehnen und die Dinge laufen lassen." Das Asylrecht und seine heikelsten Bestandteile - die Drittstaaten- und die Flughafenregelung - begleiten uns weiterhin Tag für Tag. Wir werden weiterhin mit Einzelschicksalen konfrontiert. Flüchtlings- und Menschenrechtsorganisationen mahnen uns, eigene Zweifel ebenfalls.

Ich mache mir die Ansichten Klaus Hahnzogs und anderer Gegner des Asylkompromisses nicht zu eigen. Nein, das Grundrecht auf Asyl ist in unserem Land nicht „de facto abgeschafft", wie viele sagen. Gewiß, die Zahl der Asylbewerber ist nach Inkrafttreten der Gesetze zum 1. Juli 1993 in den letzten zwei, drei Jahren erheblich zurückgegangen. Dabei nahm der Anteil anerkannter Asylbewerber zu: auf durchschnittlich 7 bis 8% in diesem Frühjahr. Hinzu kommen noch Abschiebestopps nach § 51 des Ausländergesetzes - das sind knapp 5% -; und hinzu kommen diejenigen Fälle, die zwar im Verwaltungsverfahren abschlägig beschieden, bei der gerichtlichen Überprüfung dann aber doch positiv eingestuft wurden. Regelrecht abgelehnt werden - nach den jüngsten Statistiken - etwas über 70% aller Anträge. Hinzu kommt ein gar nicht geringer Prozentsatz von Fällen, die als „anderweitig erledigt" in den Übersichten erscheinen. Dabei handelt es sich um Menschen, die entweder freiwillig in die Heimat zurückgekehrt oder untergetaucht sind. Erfahrungsberichte aus Bund und Ländern zum neuen Asylrecht kommen übrigens zu dem Ergebnis, daß die Drittstaatenregelung als Barriere eine geringere Rolle spielt als zunächst angenommen. Vielen Flüchtlingen ist nämlich nicht konkret nachzuweisen, ob sie über einen Drittstaat eingereist sind.

Nach dem Urteil von Karlsruhe schickt sich die Bundesregierung mit dem Unterton selbstgefälliger Genugtuung an, die Schraube für die Flüchtlinge enger zu ziehen. Innenminister Kanther beeilte sich gleich nach Bekanntgabe des Urteils mit der Ankündigung, er werde schärfere Maßnahmen zwecks Beschleunigung von Abschiebungen ergreifen. Gesetzesentwürfe

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liegen inzwischen vor. Die SPD dagegen ist gut beraten, dieser Politik eine andere Strategie entgegenzusetzen.

Auf dem Fundament der bestätigten Asylrechtsänderung gilt es jetzt, die behördliche Praxis im Umgang mit den Asylsuchenden kritisch zu begleiten, unbestreitbare Mängel zu bekämpfen und nicht zuletzt diejenigen gesetzlichen Änderungen und Initiativen einzufordern, die im Asylkompromiß vom 6. Dezember 1992 vereinbart waren, bis heute aber nicht umgesetzt sind.

Schuldig geblieben ist uns die Bundesregierung die Umsetzung des „besonderen Status für Kriegs- und Bürgerkriegsflüchtlinge". Abgesprochen war im Asylkompromiß eine Kostenteilung zwischen Bund und Ländern für Unterbringung und Betreuung dieser Menschen. Die Länder haben sich - nach langem Zögern - zur Zahlung der Hälfte der Kosten bereit erklärt. Der Bund weigert sich bis heute, seinen Anteil zu zahlen. Die Forderung nach der Realisierung des Kriegs- und Bürgerkriegsstatus bleibt für uns auf der Tagesordnung. Dasselbe gilt für eine wirklich humane Altfallregelung für abgelehnte Asylbewerber. Gewiß, die Innenminister der Länder haben sich im Frühjahr mit Manfred Kanther auf eine Lösung für langjährig hier lebende Familien verständigt. Aber die Hürden sind hochgesteckt, die Bedingungen zu eng gefaßt. Wir vermissen außerdem die Möglichkeit eines Bleiberechts für Asylbewerber aus Ländern mit hoher Anerkennungsquote, wenn über ihren Antrag nach zwei Jahren noch nicht entschieden ist. Auch das eine nicht eingelöste Bringschuld aus dem Asylkompromiß!

Es geht um lange hier lebende, gut integrierte Familien, die im allgemeinen für ihren Lebensunterhalt selbst aufkommen können, deren Kinder hier Kindergärten und Schulen besuchen. Nachbarn, Freunde und Arbeitskollegen leben mit ihnen in bestem Einvernehmen. Wenn diese Menschen plötzlich zur Ausreise gezwungen werden, faßt sich jeder Normalbürger nur an den Kopf und fragt empört, warum diese Menschen das Land verlassen müssen. Es ist höchst aufschlußreich, zu beobachten, wie sogar Abgeordnete der Koalitionsfraktionen, die im Bundestag vehement gegen Altfallregelungen protestiert haben, sich vor Ort plötzlich für die von der Ausreisepflicht bedrohten Menschen ins Zeug legen. Es hat sogar schon CDU-Parlamentarier gegeben, die sich bei einem der SPD angehörenden Landesinnenminister über das rigorose Vorgehen der Ausländer-

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behörde beklagten. Und der mußte dann antworten, daß ihm aufgrund der bundesgesetzlichen Vorgaben die Hände gebunden seien. Oft mündeten solche Fälle gar ins Kirchenasyl. Mag sein, daß die Vereinbarung, die die Innenminister des Bundes und der Länder getroffen haben, die Lage entschärft - gelöst ist das Problem damit nicht.

Vergessen wir außerdem nicht, daß seinerzeit zumindest der Grundstock für ein Einwanderungsgesetz gelegt wurde! „Die Fraktionen stimmen darüber überein", so hieß es im Papier, „daß die Möglichkeiten einer Regelung zur Begrenzung und Steuerung der Zuwanderung auf nationaler Ebene geprüft und Verhandlungen hierzu auf europäischer Ebene fortgesetzt werden." Die CDU/CSU - von wenigen Einsichtigen abgesehen - will diese Zusage nicht wahrhaben und sperrt sich hartnäckig gegen die Tatsache, daß Einwanderung in Deutschland seit Jahren stattgefunden hat und daß diese Entwicklung auch andauern wird.

Die SPD wird ein umfassendes Konzept zur Steuerung und Gestaltung der Zuwanderung erarbeiten, das die Integration der Neuankömmlinge wie der hier längst verwurzelten Migranten zur wichtigsten Richtschnur macht, die Lage auf dem Arbeits-, Ausbildungs- und Wohnungsmarkt ebenso ins Kalkül zieht wie humanitäre Gesichtspunkte. Ähnliches kündigt großspurig die FDP an. Ich bin gegenüber verbalen Bekundungen der Liberalen äußerst skeptisch seit der Zeit, als aus dem blaugelben Lager Tag für Tag flammende Plädoyers für Einbürgerungserleichterungen und die Hinnahme der doppelten Staatsangehörigkeit gehalten wurden. Nichts von alledem hat die FDP durchsetzen können. Statt dessen verharrt die seit Jahren versprochene umfassende Neuregelung des Staatsangehörigkeitsrechts im kläglichen Stillstand. Die Reformvorschläge der SPD liegen seit langem vor; ihre Beratung wird von der Koalition auf skandalöse Weise verschleppt. Auch dieses Thema ist seit dem Karlsruher Urteil so akut wie eh und je.

Wir werden uns dringend um das Schicksal „minderjähriger unbegleiteter Flüchtlinge" zu kümmern haben. Der Umgang mit diesen Kindern ist absolut unbefriedigend. Die Bundesregierung sperrt sich gegen eine humanere Regelung. Dabei wäre sie schon allein deshalb zu Aktivitäten verpflichtet, weil sogar Vorlagen der EU es verlangen. Da gibt es zum Beispiel den „Entwurf eines Rechtsaktes über eine gemeinsame Maßnahme betreffend die Mindestbedingungen für die Aufnahme von Asylsuchenden", in dem

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für Minderjährige ohne Begleitung Erwachsener ein Anspruch auf besonderen Schutz und besondere Hilfe gemäß dem Übereinkommen über die Rechte des Kindes vom 20. November 1989 angemahnt wird. Wir bemühen uns derzeit, mit einer fraktionsübergreifenden Initiative einzelner Abgeordneter den Durchbruch zu erreichen. Vom Innenminister ist nichts zu erwarten. Man sieht, wie „ernst" europäische Vorlagen genommen werden.

Wir werden die Praxis der Abschiebehaft weiterhin kritisch begleiten und auf Verbesserungen drängen. Wir werden uns auch mit den Entscheidungen des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge befassen, dem vor einigen Monaten von der neuen Leitung ein kräftiges Arbeitspensum aufgebürdet wurde. Kann dabei die notwendige Sorgfalt und Sachkunde der Entscheider, können die Chancen zur Weiterbildung noch gewahrt bleiben? Zur Frage, in welchem Umfang geschlechtsspezifische Verfolgung bei weiblichen Asylbewerbern mit berücksichtigt, ob Folteropfer und Flüchtlinge mit besonderer Sensibilität behandelt und angehört werden, hat die SPD-Bundestagsfraktion soeben eine parlamentarische Initiative ergriffen.

Fazit: Asylrecht und Asylpraxis sind derart empfindliche Bereiche, daß wir sie nicht der Alltagsroutine überlassen dürfen. Die Asylgesetze sind bestätigt - perfekt sind sie nicht!

Es wäre auch falsch, wenn wir unser Asylrecht als etwas Abgeschlossenes, vollkommen Verfestigtes betrachten würden. Geklärt wurden in Karlsruhe die Verfassungsfragen. Über die moralische und menschliche Qualität der Gesetze und über Art und Weise ihres Vollzugs liegen keine Urteile vor. Die Politik muß auch in Zukunft Rücksicht darauf nehmen, daß das Thema „Asyl" in Deutschland einen anhaltenden und tiefgreifenden Streit ausgelöst hat und auch, daß die Gegner der gesetzlichen Neuregelung ebenso ehrenwerte wie ernstzunehmende Argumente auf ihrer Seite hatten und haben. Nichts wäre fataler, als wenn die Befürworter der Asylrechtsreform sich jetzt in Siegerposen gefielen. Ebenso wenig sollten alle, die mit dem Karlsruher Spruch unzufrieden sind, sich als Verlierer fühlen. Das Verfassungsgericht wollte einen Beitrag zum Rechtsfrieden leisten. Dazu gehört auch auf Seiten der Politik die Verpflichtung, respektvoll mit Einwänden und Bedenken vieler umzugehen, die tagtäglich mit der Betreuung der Betroffenen beschäftigt sind.


© Friedrich Ebert Stiftung | technical support | net edition fes-library | Oktober 2000

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