FES | ||
|
|
TEILDOKUMENT:
[Seite der Druckausg.: Fortsetzung S. 20]
5. Hausarbeit als total ungeschützte Arbeit
Hausarbeit in privaten Haushalten wird überwiegend jenseits erwerbsarbeits-marktüblicher Arbeitsverhältnisse geleistet. Im folgenden soll am Beispiel des Fensterputzens die Vielfalt der Formen, unter denen diese konkrete Arbeit geleistet werden kann, dargestellt werden.
Es gibt wohl keine Arbeit in der Privatwirtschaft oder im öffentlichen Dienst, die durch so unterschiedliche Arbeitsbedingungen zu kennzeichnen ist wie diese Hausarbeit. Das Beispiel zeigt, daß das Prinzip gleicher Lohn für gleiche Arbeit" vollkommen außer Kraft gesetzt ist, und die Bezahlung selbst nicht selbstverständlich ist. Nicht nur die Höhe des Stundenlohnes, wenn überhaupt ein Stundenlohn bezahlt wird, auch die Absicherung und die arbeits- und sozialrechtliche Einbindung des Arbeitsverhältnisses ist äußerst heterogen. Dennoch haben die Arbeitsverhältnisse gemeinsame Charakteristika: Sie sind überwiegend durch persönliche Abhängigkeit gekennzeichnet, entweder durch Verwandtschaft, durch Ehe, aber auch durch direkte Abhängigkeit von dem Chef oder der Chefin als persönlichem Nutzer der Arbeitsleistung. Welche demütigenden Folgen die privaten Arbeitsbeziehungen für in Privathaushalten Beschäftigte haben können, zeigen neue empirische Untersuchungen: Arbeitsverhältnisse im privaten Haushalt führen zu einer Begegnung im Privaten" unter den Vorzeichen von persönlicher Abhängigkeit (Thiessen 1996). Ausbeutung bis hin zu sexueller Ausbeutung ist nicht ausgeschlossen, die öffentliche Kontrolle dieser Arbeitsverhältnisse ist nicht gegeben. Reguläre Arbeitsverhältnisse in Privathaushalten unterliegen speziellen gesetzlichen Regelungen, die auf das besondere Vertrauensverhältnis Rücksicht nehmen (keine Pflicht zur Vorlage des Sozialversicherungsausweises, keine Meldepflicht). Die soziale Sicherung aus der Arbeit ist entweder gar nicht vorhanden, abgeleitet oder nur unvollständig im Verhältnis zum Normalarbeitsverhältnis. Die tarifliche Bindung für die meisten Arbeitsverhältnisse fehlt. Die von der Gewerkschaft Nahrung, Genuß, Gaststätten und dem Deutschen Hausfrauenbund vereinbarten Gehalts- und Manteltarifverträge sind nicht für allgemein verbindlich erklärt. Den bezahlt Arbeitenden fehlt weiterhin eine kollektive Einbindung in einen Betrieb, sie sind als Arbeitnehmerinnen isoliert. Weiterbildung, Mitgestaltung an den Arbeitsbedingungen, ja selbst der Schutz durch eine gesetzliche Arbeitnehmervertretung ist nicht vorhanden. Um die totale Ungeschützheit dieser Arbeitsverhältnisse abzubauen, muß die [Seite der Druckausg.: 23] Beziehung zwischen Arbeitgeber/in und Arbeitnehmer/in aus dem privaten Raum genommen werden. Dies ermöglichen Agenturen, die als Arbeitgeber für die hausarbeitleistenden Beschäftigten auftreten. Nur Agenturen können die kollektive Einbindung, Weiterbildung, Mitgestaltung und Schutz durch Arbeitnehmervertretungen bieten. Selbst ein Zusammenschluß mehrerer Haushalte zur Beschäftigung einer Person kann diese Standards nicht erfüllen. © Friedrich Ebert Stiftung | technical support | net edition fes-library | Oktober 1999 |