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[Seite der Druckausg.: 3 ]

Vorbemerkung

Ausländer arbeiten in Parteien mit, kleben Plakate im Wahlkampf, obwohl sie nicht wahlberechtigt sind. Sie beteiligen sich an Streikaktionen, um gemeinsam mit ihren deutschen Gewerkschaftskollegen die gesteckten Ziele zu erreichen. Sie bereichern das städtische multikulturelle Fest mit Paellapfannen und Volkstänzen. Der türkische Vater geht auf den Sportplatz, wo gerade seine türkische Mannschaft im Spitzenspiel gegen die Kicker aus der griechischen Gemeinde antritt. Seine Kinder besuchen derweil den Koranunterricht in der nahegelegen Moschee, und die Mutter besucht in der gleichen Einrichtung den deutschen Sprachkurs.

Dies sind Beispiele, die aufzeigen, wie vielfältig die politischen und sozialen Formen der Partizipation von Zuwanderern an unserem gesellschaftlichen Leben inzwischen geworden sind. Manche dieser Formen werden als unbedenklich, ja integrationsfördernd, andere als gefährlich, da integrationsfeindlich bezeichnet. Unabhängig von dieser Bewertung verdeutlichen sie, daß die Vereine eine wichtige Bedeutung im Alltagsleben der Zuwanderer spielen. Sie greifen ihre Bedürfnisse auf und verfolgen mit mehr oder weniger großem Erfolg das Ziel, gemeinsame Interessen zu bündeln und zu artikulieren. Vereine und Verbände sind auch für Migranten wesentliche Bindeglieder zur Verwirklichung ihrer sozialen und politischen Partizipation.

Es gibt zahlreiche Artikel in den Medien und auch vereinzelt wissenschaftliche Untersuchungen, die sich mit der Frage beschäftigen, wie diese wachsende Bedeutung der ausländischen Selbstorganisationen zu bewerten ist. Führt sie zu einer Abkapselung von der Mehrheitsgesellschaft, zu einem Aufbau von „Parallelgesellschaften", oder ist sie gerade eine Voraussetzung für die gleichberechtigte Interessenartikulation und Einbindung in bestehende Entscheidungsstrukturen? Eine sachgerechte Diskussion wird dadurch erschwert, daß vielfach nur regional eingeschränkte Erfahrungsberichte oder wissenschaftliche Untersuchungen mit sehr beschränkten Fragestellungen zur Verfügung stehen.

Wir haben deshalb Professor Dr.Hartmut Esser, Claudia Diehl und Julia Urbahn gebeten, diese Expertise zu erstellen. Sie ist unseres Wissens die erste Veröffentlichung, die umfassend die sozialen und politischen Partizipationsformen von Zuwanderern darstellt und die vorhandenen repräsentativen empirischen Daten auswertet. Ihr gelingt es dadurch, einseitige Beurteilungen und Einschätzungen zu vermeiden und die vielfältigen Wirkungen und Funktionen, die Vereinsmitgliedschaften haben können, aufzuzeigen. Eine Schlußfolgerung der Autoren lautet, daß die politische Partizipation entscheidend durch eine Reform des Staatsbürgerschaftsrechts und eine Erleichterung der Einbürgerungspraxis verbessert werden kann. Unsere Überzeugung ist, daß die durch die neue Bundesregierung von SPD und Bündnis 90/Die Grünen geplante Reform in diesem Bereich zu einer stärkeren Bindung der Einwanderer an unsere Gesellschaft führen und ihnen mehr Möglichkeiten der Beteiligung an wichtigen gesellschaftlichen und politischen Entscheidungsprozessen eröffnen wird.

Dr. Ursula Mehrländer,
Abteilungsleiterin

Günther Schultze

[Seite der Druckausg.: 4 = Leerseite ]
[Seite der Druckausg.: 5-6= Inhaltsverzeichnis ]



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