FDGB-Lexikon, Berlin 2009


Solidaritätskomitee. Der außenpolit. Fixierung der DDR auf den afrikan. Kontinent folgte die Gründung eines entsprechenden Solidaritätsfonds. Am 17.2.1960 wurde durch Beschluss des ZK der SED der „Fonds für die Unterstützung der nationalen und Freiheitsbewegungen von den afrikan. Staaten und abhängigen Gebieten“ gegründet, 1963 in „Afro-Asiat. Solidaritätskomitee“ und 1973, wegen der Ausdehnung der Arbeit auf Lateinamerika, in „S. der DDR“ umbenannt. Formal selbständig, unterstand es dem Sekr. des ZK der SED, Abt. Internationale Verbindungen, wurde vom MfAA angeleitet und war zuständig für die Koordinierung und weitgehend auch Implementierung der Entwicklungszusammenarbeit von gesellschaftlichen Organisationen der DDR. Es koordinierte offiz. die Solidaritätsaktionen des FDGB, der die wichtigste Geldquelle des S. war, der FDJ, der DSF etc. Das S. übernahm früh auch umfassendere entwicklungspolit. Aufgaben. In der Arbeit mit den Befreiungsbewegungen war das S. eines der wichtigsten Instrumente der DDR-Außenpolitik. Gerade in den beiden Jahrzehnten vor der internationalen Anerkennung der DDR 1973 war es, wie auch der FDGB selbst im Rahmen seiner internationalen Arbeit, im „vordiplomat. Feld“ tätig, d.h. es unterhielt Beziehungen unterschiedlicher Art zu Befreiungsbewegungen wie FRELIMO, PLO und ANC, deren Vertretungen in Ostberlin vor 1975 nicht bei der DDR-Regierung, sondern beim S. akkreditiert waren. Als die SED in den 70er Jahren begann, direkte Parteibeziehungen zu den Befreiungsbewegungen herzustellen, sank der außenpolit. Stellenwert des S. und damit auch des FDGB. Das S. entwickelte sich zunehmend auch zu einem Finanzierungsfonds für Militärhilfe. 1972 wurden aus dessen Solidaritätsfonds militär. Lieferungen an die FRELIMO bezahlt, 1975 flossen 6 Mio. Mark zur Finanzierung von Waffen für die angolan. MPLA, 1981 flossen 1,6 Mio. Mark für nicht-zivile Güter an die namib. Befreiungsbewegung. 1982 flossen 21 Mio. Mark von insgesamt 81 Mio. Mark für Ausgaben im nicht zivilen Bereich an den DDR-Staatshaushalt, 1983 sind 55 Mio. Mark des Komitees für „Solidaritätsleistungen auf dem Gebiet der Verteidigung und Sicherheit“ in Anspruch genommen worden.
Am 16.11.1982 fasste das Politbüro der SED den Beschluss, Hilfsleistungen, die bisher von dem Haushalt der Regierung getragen wurden, durch Gelder des S. zu ersetzen. So musste das S. in erster Linie organisator. und finanztechn. Geschick unter Beweis stellen und verwaltete zentral nicht nur die direkten Spenden an das S. aus der Bevölkerung, sondern v.a. die Spenden von staatlichen und gesellschaftlichen Organisationen, in erster Linie der Gewerkschaften, die mit 100 Mio. DDR-Mark jährlich ungefähr die Hälfte ihres eigenen Spendenaufkommens beisteuerten, der bewaffneten Organe, Handwerkskammern usw. Die Auswahl der Länder bzw. Befreiungsbewegungen, die Materiallieferungen erhielten oder Stipendien zur Ausbildung angeboten bekamen, erfolgte nach den Vorgaben der SED. 1988 arbeiteten 38 Mitarbeiter im S. Zwischen 1961 und 1989 hatte das S. Gesamteinnahmen von 3,7218 Mrd. DDR-Mark.
Am 6.10.1990 wandelte sich das S. in den Verein „Solidaritätsdienst International (SODI)“ mit Sitz in Berlin um. Ein großer Teil des Vermögens wurde 1994 in die neugegründete Stiftung „Nord-Süd-Brücken“ überführt. Diese Stiftung fördert Entwicklungsprojekte und entwicklungspolit. Bildung von gemeinnützigen Vereinen in den neuen Bundesländern.
Al.H.