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Die Zukunft des Wohneigentums und seine Förderung


Der Wunsch nach selbstgenutztem Wohneigentum ist in Deutschland ungebrochen. Zwei Drittel aller Mietwohnungshaushalte wünschen sich Wohneigentum. Die Wohneigentumsquote ist zwar im Vergleich zu europäischen Nachbarländern immer noch gering, aber immerhin im früheren Bundesgebiet von 33 % (1960) auf 43 % (1999) gestiegen und in den neuen Bundesländern von 26 % (1993) auf 34 % (1999). Das Streben nach Wohneigentum verdient aus wohnungspolitischer und aus übergeordneter gesellschaftspolitischer Sicht Unterstützung. Wohneigentum steht für Eigeninitiative und Selbstverantwortung in einer Welt voller Abhängigkeiten und setzt in aller Regel eine erhebliche Sparbereitschaft voraus. Selbstgenutztes Wohneigentum ist daher auch ein sinnvoller Beitrag zur privaten Altersvorsorge. Immobilienvermögen bildet den größten Teil des Vermögens der privaten Haushalte. Etwa zwei Drittel davon entfallen auf selbstgenutztes Wohneigentum.

Die Umgestaltung der Eigenheimförderung von der progressionsabhängigen Förderung nach § 10 e Einkommensteuergesetz auf die einkommensunabhängige Zulagenförderung hat der Wohneigentumsbildung neue Dynamik verliehen. Die Begünstigung höherer Einkommen wurde beseitigt, auch nicht steuerbelastete Bezieher kleinerer Einkommen können in vollem Umfang an der Förderung teilhaben. Die Zahl der Förderfälle ist von 340.000 im Jahre 1996 auf 647.000 im Jahre 1999 gestiegen, wobei auf die Neubauförderung und die Bestandsförderung in etwa die gleichen Anteile entfallen. Die Eigenheimzulage hat sich insbesondere auf die Eigentumsbildung von Schwellenhaushalten positiv ausgewirkt.

Gegen die derzeitige Ausrichtung der Eigenheimzulage werden zwei kritische Einwände erhoben: Die unterschiedliche Förderung von Neubau einerseits und Bestandserwerb andererseits benachteilige ungerechtfertigt den Bestandserwerb; das Fehlen einer an unterschiedlichen Kostenstrukturen ausgerichteten Regionalkomponente

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bevorzuge den Eigentumserwerb auf dem flachen Land gegenüber dem Eigentumserwerb in Ballungsgebieten und fördere damit auch die Stadtflucht.

Solange der Wohnungsmarkt in Deutschland durch Wohnungsknappheit gekennzeichnet war, war die wesentlich höhere Förderung des Neubaus sachgerecht. Von der Eigenheimzulage sollte insoweit auch Angebotswirkung ausgehen. Bei einem insgesamt ausgeglichenen Wohnungsmarkt ist die starke Bevorzugung des Neubaus nicht mehr gerechtfertigt. Von einer einheitlichen Grundförderung für Neubau und Bestandserwerb würden positive Anreize für den Eigentumserwerb im innerstädtischen Bereich sowie für Mieterprivatisierungen ausgehen. Das Stadt-Umland-Problem würde zumindest abgemildert. Die Eigenheimzulage sollte insoweit umgestaltet werden.

Gegen die Einführung einer Regionalkomponente überwiegen nach wie vor Bedenken. Für eine differenzierte Eigenheimzulage sprechen Gerechtigkeitsgründe. Allerdings kann es im Einzelfall durchaus zweifelhaft sein, ob es sinnvoll ist, in Gemeinden, die wegen einer fehlenden oder fehlerhaften Baulandpolitik zu hohe Bodenpreise haben, erhöhte Förderungen zu gewähren. Durchschlagend sind die Abgrenzungsprobleme und die Schwierigkeiten, angesichts der regional und lokal sehr unterschiedlichen Baulandpreise nachvollziehbare und zugleich praktikable Lösungen zu finden. Je differenzierter eine solche Komponente wäre, desto sachgerechter, aber auch desto untauglicher im Verwaltungsvollzug. Es dürfte schwierig sein, eine Lösung zu finden, die noch vollzugstauglich ist und zugleich auf allgemeine Akzeptanz stößt.

Erfolgversprechender ist, die gesetzliche Eigenheimzulage mit einer Programmförderung für bestimmte Probleme in bestimmten Regionen zu kombinieren. Diesen Weg einer Ergänzung der Eigenheimzulage durch Fördermittel gehen bereits die Länder bei dem Einsatz von Mitteln des sozialen Wohnungsbaus für den Eigentumserwerb. Die hierfür zur Verfügung stehenden Mittel reichen bisher allerdings nicht aus. Durch eine Absenkung der derzeitigen Neubauförderung könnte Finanzvolumen gewonnen werden für eine die Eigenheimzulage ergänzende Programmförderung. Die Länder hätten bei der Verteilung der Mittel auch die Möglichkeit, diejenigen Gemeinden bei der Mittelvergabe zu bevorzugen, die aktiv das Baulandgesche

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hen beeinflussen und innovative und intelligente Baulandkonzepte umsetzen. Ein weiterer Testfall ist die im Rahmen des Programms „Stadtumbau Ost„ angebotene erhöhte Wohneigentumsförderung für Bestandserwerb in bestimmten innerstädtischen Altbauquartieren. Für eine Ergänzung der Eigenheimzulage stellen Bund und Länder für drei Jahre 153 Mio. Euro zur Verfügung. Die mit diesem Programm gemachten Erfahrungen gilt es auszuwerten und bei einer Neuregelung der Eigenheimzulage zu berücksichtigen.

Im Rahmen des Altersvermögensgesetzes wurde das Wohneigentum als Form der Altersvorsorge anerkannt und für das selbstgenutzte Wohneigentum ein Entnahmemodell zur Finanzierung von Wohneigentum mit einer späteren Rückzahlungsverpflichtung gesetzlich verankert. Diese Regelung schränkt die Sparer in ihrer Entscheidungsfreiheit zu sehr ein. Sie widerspricht der Erfahrung, dass selbstgenutztes Wohneigentum die mit Abstand wichtigste Form der Alterssicherung ist. Für viele Kapitalanleger bleibt auch künftig die Vermögensanlage in Mietwohnungen und andere Immobilien attraktiver als die Anlage in abstrakten Kapitalmarkttiteln. Deshalb sollte die Vermögensbildung in Immobilien den anderen Anlageformen gleichgestellt werden.



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Kostengünstiges und qualitätsbewusstes Bauen und Baulandmobilisierung




(1) Kostengünstiges und qualitätsbewusstes Bauen

Die Baukosten in Deutschland sind zu hoch und das gilt auch im internationalen Vergleich. Der Wohnungsbau ist zudem gekennzeichnet durch unterdurchschnittliche Produktivität und eine geringe Innovationsrate.

Unmittelbare Folge der hohen Baukosten ist die relativ geringe Eigentumsquote in Deutschland und das wegen der langen Anspardauer relativ hohe Alter der Eigentümer. Die Ursachen der zu hohen Baukosten in Deutschland sind hinreichend bekannt. Das Wissen darüber, wie preiswert und ökologisch ohne unvertretbare Qualitätseinbußen gebaut werden kann, ist vorhanden. Es fehlen bisher die ausreichende Verbreitung und Anwendung dieser Kenntnisse. Bund, Länder und Kommunen sind daher aufgefordert, gemeinsam mit der Bau-, Wohnungs- und Kreditwirtschaft Strategien zur flächendeckenden Durchsetzung des kosten- und flächensparenden Bauens zu erarbeiten. Die vom Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen gemeinsam mit den wohnungswirtschaftlichen und bauwirtschaftlichen Verbänden ins Leben gerufene „Initiative kostengünstig qualitätsvoll Bauen„ sowie die vom GdW (Bundesverband deutscher Wohnungsunternehmen e.V.), dem Deutschen Städtetag und dem BDA (Bund deutscher Architekten) seit Jahren durchgeführten Wettbewerbe zum kosten- und flächensparenden Bauen sind hierfür ein hoffnungsvoller Ansatz.

Es gilt, im gesamten Bauprozess, beginnend mit der städtebaulichen Planung bis zur Fertigung auf der Baustelle vielfältige Einspar- und Innovationspotentiale schrittweise und dauerhaft zu erschließen und die Kenntnisse hierüber verstärkt in die Ausbildung von Architekten, Kaufleuten und Ingenieuren zu implementieren. Dabei spielt die Nachhaltigkeit des Prozesses eine zunehmend wichtigere Rolle.

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Kosteneinsparungen und ökologische Ziele sind nicht nur im Neubau, sondern auch im Bestand anzustreben und möglich. Beim Neubau ist insbesondere Innovation im innerstädtischen Bereich notwendig. Hier müssen neue Wohnformen entwickelt und angeboten werden, die von Nachfragern nach Wohneigentum als echte Alternative zum traditionellen Einfamilienhaus auf der grünen Wiese angesehen werden.

Kostengünstiges Bauen und qualitätsbewusstes Bauen bilden keinen Gegensatz. vielmehr gilt es, die beiden Zielsetzungen sachgerecht miteinander zu verknüpfen. Notwendig ist eine öffentliche Diskussion über die Qualität des Planens und Bauens in Deutschland und die Verantwortung von Architekten, Ingenieuren und Stadtplanern hierzu. Dabei geht es nicht nur um eine Diskussion in Fachkreisen, sondern darum, wie Fragen der Qualität beim Planen und Bauen stärker in das allgemeine Bewusstsein und das Blickfeld der Politik und Öffentlichkeit gerückt werden können. Mit der vom Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen im Zusammenwirken mit den Ländern und den kommunalen Spitzenverbänden sowie den Kammern und Verbänden der planenden Berufe ins Leben gerufenen „Initiative Architektur und Baukultur„ ist hierzu ein erfolgversprechender Anfang gemacht worden.

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(2) Baulandmobilisierung und Flächenrecycling

Kostengünstiges Bauen setzt preiswertes Bauland voraus. Das gesellschaftspolitisch erstrebenswerte Ziel einer höheren Eigentumsquote in Deutschland hängt entscheidend davon ab, inwieweit Bauland für Haushalte mit durchschnittlichem Einkommen erschwinglich ist; aber auch die Mietpreise werden durch das verfügbare Bauland wesentlich mitgeprägt.

Die Wohnbaulandversorgung hat sich zwar seit Mitte der 90er Jahre insgesamt entspannt. Angebot und Preisniveau von Bauland entwickeln sich jedoch sehr unterschiedlich und in den letzten Jahren verstärkt heterogen. Dabei werden die Entwicklungsverläufe auch von kleinräumig wirksamen baulandpolitischen Entscheidungen der Kommunen beeinflusst.

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Unter der Zielsetzung einer nachhaltigen Siedlungsentwicklung, des flächen- und energiesparenden Bauens, der Ressourcenschonung sowie der Vermeidung der unangemessenen Nutzung des Außenbereichs kommt es auch darauf an, die Flächeninanspruchnahme auf ein notwendiges Maß zurückzuführen. Deshalb müssen die Gemeinden ihre Anstrengungen insbesondere darauf richten, Baulandreserven für eine Bebauung vorzubereiten und Bauwilligen zur Verfügung zu stellen. Untersuchungen haben ergeben, dass zwei Drittel aller Städte und Gemeinden über nicht unerhebliche Wiedernutzungspotentiale verfügen. Angesichts der Tatsache, dass im Umland in der Regel wesentlich größere Angebote individuell nutzbarer Wohnimmobilien bestehen, muss es darum gehen, die vorhandenen innerstädtischen und stadtnahen Wohnungsbaupotentiale ihrer bestimmungsgemäßen Nutzung zuzuführen, um dem bisherigen Trend der stetigen Abwanderung zu Lasten der Kernstädte entgegenzuwirken.

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