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TEILDOKUMENT:


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Bayern

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Beginn und Grundphilosophie des Reformprozesses

Der Bayerische Landtag forderte mit Beschluß vom Februar 1992 die Staatsregierung auf, eine Kommission „Zukunft des Öffentlichen Dienstes" einzuberufen. Diese im September 1992 konstituierte Kommission aus Vertretern der Staatsverwaltung und der Personalvertretungen und aus externen Experten formulierte im Januar 1994 folgende Eckpunkte einer Verwaltungsreform: Aufgabenkritik und Erfolgskontrollen, Aufgabenverlagerung auf nachgeordnete Behörden, vereinfachte Verwaltungsabläufe, eine verbesserte Informations- und Kommunikationstechnologie sowie Maßnahmen zur Erhöhung der Mitarbeitermotivation.

In Regierungserklärungen des Ministerpräsidenten Stoiber (vom 30. Juni 1993 und 8. Dezember 1994) und im Regierungsprogramm vom 29. Oktober 1998 werden zudem genannt Deregulierung von Rechtsnormen, Abbau von Standards, Aufgabenabbau und Delegation, Vereinfachung von Verwaltungsverfahren und Organisationsabläufen.

Das am 8. Oktober 1996 beschlossene Konzept der Staatsregierung „Verwaltungsreform in Bayern" enthält drei Programmelemente („20-Punkte-Aktionsprogramm", „Dachkonzept" Reform von Staat und Verwaltung, Leitlinien zur Verwaltungsreform): Das 20-Punkte-Aktionsprogramm intensiviert die Maßnahmen, die die bei der Bayerischen Staatskanzlei eingerichtete Projektgruppe Verwaltungsreform bis dahin auf den Weg gebracht hat. Die einzelnen Reformvorhaben orientieren sich an einem „Dachkonzept", das Ziele und Maßnahmen in folgenden fünf Bereichen festlegt: Aufgabenüberprüfung, Organisationsreform, Deregulierung, Dienstrechtsreform und „innere Reform". Die Projektgruppe Verwaltungsreform orientiert sich an vier zentralen Leitlinien: Konzentration der Staatsaufgaben, subsidiäre Verantwortung der Aufgabenerledigung, Wirtschaftlichkeit und Kostenbewußtsein sowie Einfachheit und Transparenz.

In der Praxis geht es dabei um Reduzierung staatlicher Aufgaben, Vereinfachung von Verwaltungsverfahren, Straffung von Organisationsabläufen, Stärkung des Leistungsprinzips und der Flexibilität der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie um Motivationssteigerungen bei den Beschäftigten. Mit diesen Zielrichtungen verbunden ist ein sozialverträglicher Personalabbau in Verwaltung und Justiz um etwa 10 Prozent, gleichmäßig verteilt über alle Laufbahnen und unter Wahrung eines angemessenen Einstellungskorridors, um den erforderlichen Nachwuchs zu gewinnen. Die bisher beschlossenen Stelleneinsparprogramme mit einem Volumen von 12.000 Stellen werden bis zum Jahr 2007 umgesetzt.

Organisationsprüfungen und Aufgabenkritik wurden flächendeckend durchgeführt, sind oder werden bereits umgesetzt oder konzeptionell vorbereitet. Bei über einem Drittel der bayerischen Behörden sind die Untersuchungen abgeschlossen und Reformbeschlüsse gefaßt.

Die Regierung betont, daß sie kooperative Behörden und insbesondere zügig abgewickelte Genehmigungsverfahren für einen positiven Standortfaktor von erheblichem Gewicht hält.

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Akteure und Arbeitsstrukturen

Initiativen, Koordination und Moderation der Reformen werden von der Projektgruppe Verwaltungsreform vorgenommen, die Ministerpräsident Stoiber 1993 eingesetzt hat. Politischer Leiter ist der Leiter der Staatskanzlei, seit Oktober 1998 Staatsminister Erwin Huber. In der Staatskanzlei ist eine Geschäftsstelle der

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Projektgruppe Verwaltungsreform eingerichtet. Mitglieder der Projektgruppe sind „unabhängige Ressortvertreter, die insoweit nur der Amtsspitze ihres Ministeriums zugeordnet und verantwortlich sind". In über 40 Arbeitskreisen wurden seit 1993 vielfältige Themen untersucht. Dazu kommen etliche Sonderprojekte. Weitere Reformprojekte werden unmittelbar von den Ressorts durchgeführt. Die Projektgruppe zieht zu den Reformvorhaben Vertreter der betroffenen Behörden, Verbände, Personalvertretungen und bei Bedarf auch externe Sachverständige hinzu.

Die CSU-Landtagsfraktion hat darüber hinaus eine Arbeitsgruppe „Schlanker Staat" eingerichtet, die zum einen die Reformvorhaben der Regierung unterstützt, zum anderen eigene Modernisierungsideen initiiert (z.B. vorschriftenfreie Gemeinde, vorschriftenfreier Landkreis).

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Strukturreformen

Die Staatsministerien und die Staatskanzlei wurden unfassenden Aufgaben- und Organisationsuntersuchungen unterzogen. Während das Umwelt- und das frühere Kultusministerium als Pilotressorts von externen Unternehmensberatern untersucht worden sind, haben die übrigen Ressorts ihre Untersuchungen selbständig, zum Teil ebenfalls mit externer Unterstützung, durchgeführt. Seit Januar 1998 liegen die Berichte dieser Untersuchungen auf 1.800 Seiten vor. Mit Unterstützung eines externen Beraters wurden die Ressortberichte ausgewertet und Schwerpunkte für die Phasen der Umsetzung und des Erfahrungsaustausches herausgearbeitet.

Der Ministerrat beschloß im April 1998 ein Maßnahmenpaket zur Umsetzung der Verwaltungsreform in der Staatskanzlei und in den Ministerien, das sich aus den Ergebnissen der Untersuchungen ableitet:

  • Prozeßoptimierung: Kernprozesse vereinfachen, Serviceprozesse verbessern

  • Strukturverschlankung: Abbau von Fachabteilungen (= 9 Prozent) und Referaten (= 16 Prozent)

  • Steuerungssysteme: Kosten-/Leistungsrechnung, Controlling, Budgetierung

  • Personalmanagement: Führung, Personalentwicklung, Flexibilisierung

  • Auf- und Ausbau der Informations- und Kommunikationstechnologie

In der weiteren Umsetzung des Kabinettsbeschlusses wurden drei Workshops eingerichtet, die Berichte zu den Themenfeldern „Kernaufgaben/Kernprozesse", „Personalmanagement" und „Referatsgrößen/Führungsspannen" erarbeitet haben.

Parallel zu den internen und externen Untersuchungen waren die Beschäftigten in Aufgabenkritiken eingebunden und haben insgesamt rund 4000 Vorschläge unterbreitet. Rund 3300 Vorschläge (82,5 Prozent) wurden positiv bewertet, und ihre Realisierung wird vorbereitet oder umgesetzt. Hiervon entfallen auf: Aufgabenwegfall 21 Prozent, Aufgabenprivatisierung und Verlagerung 64 Prozent und Rationalisierung 15 Prozent.

Zusätzlich hat der Bayerische Oberste Rechnungshof die Dienstleistungen und inneren Dienste in den Ministerien untersucht (z. B. Fuhrpark, Reinigung und EDV-Service). Die Reform der inneren Dienste wird nach Maßgabe der Stellungnahme der Staatsregierung an den Obersten Rechnungshof umgesetzt.

Die sieben bayerischen Regierungen werden auch künftig durch ihre Bündelungs- und Koordinierungsfunktion zur Entlastung der Ministerialverwaltung und für ortsnahe Entscheidungen beitragen. Die Aufgaben- und Organisationsreformen der Regierungen werden 1999 abgeschlossen sein. Die Staatsregierung hatte im April 1995 eine Aufgabenkritik der Regierungen beschlossen. Zur Aufgabenreform (Abbau, Delegation, Privatisierung) hat die Projektgruppe Verwaltungsreform 1044 Vorschläge (über 800 haben die Regierungen unterbreitet) behandelt. Nach der letzten Kabinettsbehandlung vom 21. Juli 1998 sind von

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zusammengefaßt 913 Vorschlägen 521 bereits umgesetzt und 1998 bzw. 199 kommen rund 100 weitere realisierte Vorschläge hinzu. Die Behandlung der weiteren Vorschläge ist zum Teil von Gesetzgebungsverfahren auf Bundes- und Landesebene abhängig. Im Rahmen der Organisationsreformen konnte das Ziel, 25 Prozent der Sachgebiete abzubauen, bereits weitgehend erreicht werden. Eine erhebliche Entlastung wurde durch die Reform des Prüfungs- und Förderwesens eingeleitet, mit dem die Regierungen bis zu 20 Prozent ihres Personals ganz oder teilweise beschäftigen. Mit erheblichen finanziellen Mitteln wird die IuK-Ausstattung der Regierungen verbessert und damit der Anschluß an das landesweite bayerische Behördennetz ermöglicht.

Auch andere Mittelbehörden, Sonderbehörden und Behörden der Unterstufe wurden in bezug auf Aufgaben, Strukturen und Personalausstattung auf den Prüfstand gestellt. Dazu gehört auch die Überprüfung, ob die Eigenständigkeit der jeweiligen Behörde erhalten bleiben soll. Beispiele sind:

  • Die staatlichen Gesundheits- und Veterinärämter wurden zum 1. Januar 1996 in die Kreisverwaltungsbehörden eingegliedert. Eine erste Aufgabenüberprüfung der Gesundheitsverwaltung ergab, daß rund ein Viertel der Aufgaben wegfallen oder privatisiert werden können.

  • Die Landwirtschaftsverwaltung wird als Ergebnis der dreistufigen Modernisierung von 80 auf 47 Ämter gestrafft. Dadurch werden 33 Behördenleitungen (- 41 Prozent), 22 Bereichsleitungen (- 100 Prozent), 33 Geschäftsführungen (- 41 Prozent) und 180 Abteilungsleitungen (- 56 Prozent) eingespart. Unter dem Leitmotiv „Dienstleistungen aus einer Hand" sind die Tierzuchtämter in die Ämter für Landwirtschaft und Ernährung integriert worden. 1997 hat man schließlich benachbarte Ämter zu Verbundämtern zusammengeschlossen. Statt vormals 160 Behörden wird die Landwirtschaftsverwaltung jetzt von 47 Ämtern wahrgenommen.

  • Konzeptionell vorbereitet wird, die staatliche Ernährungsberatung auf eine subsidiäre Funktion zu reduzieren und beim Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten zu konzentrieren. In diesem Zusammenhang werden die Verwaltungsstrukturen gestrafft und regionalisiert.

  • Die Direktionen für ländliche Entwicklung und die Forstdirektionen setzen den Abbau von 25 Prozent ihrer Stellen - wie von der Staatsregierung beschlossen - fort unter gleichzeitiger Anpassung der Organisation und Aufgabenstraffung. Mit den Beschlüssen von 1995 hat die Staatsregierung die Staatsforstverwaltung unternehmerisch ausgerichtet. Es wird daran gedacht, die Zahl der Forstdirektionen auf ein betriebswirtschaftliches Optimum weiter zu reduzieren.

  • Die 26 Landbauämter (Hochbaumaßnahmen des Freistaates) und die 14 Finanzbauämter (Baumaßnahmen des Bundes in Bayern) wurden in 23 staatliche Hochbauämter umgewandelt. Dank der Synergieeffekte können von den rund 4000 Stellen bis 2007 insgesamt rund 1000 Stellen sozialverträglich eingespart werden. Planungsleistungen werden zunehmend an private Büros vergeben.

  • Die 14 Ausgleichsämter, betraut mit Angelegenheiten des Kriegsfolgenrechts, wurden zum Jahresbeginn 1998 aufgelöst und in einem zentralen Ausgleichsamt mit 13 Außenstellen mit dem Ziel konzentriert, die Außenstellen stufenweise bis 2005 aufzulösen und 73 Prozent des Personals abzubauen.

  • In der Gewerbeaufsicht konnte eine Hierarchieebene eingespart werden. Die Zusammenlegung von 2 Gewerbeaufsichtsämter wird 2003 abgeschlossen sein.

Bis zum Jahr 2000 sollen Entscheidungen über die Reformen der Wasserwirtschaftsverwaltung, der Schulverwaltung, der Bezirksfinanzdirektionen, der Oberfinanzdirektionen und Finanzämter sowie der land- und forstwirtschaftlichen Forschungseinrichtungen auf Grundlage externer Untersuchungen getroffen werden.

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Die Verwaltungsreform bezieht auch die den Regierungen nachgeordneten 71 Landratsämter mit ein, die staatliche und kommunale Aufgaben wahrnehmen. Aufgaben- und Organisationsreformen sollen zu verstärkter Ergebnisorientierung führen, Leitungspersonal einsparen und den Koordinierungsaufwand, auch zwischen den Behörden, vermindern. Der Bayerische Landkreistag hat drei Reformprojekte gestartet:

  • Im Rahmen des Projekts Aufgabenkritik wurden rund 1500 Vorschläge aus der täglichen Praxis gesammelt und unter Einbeziehung der 4 kommunalen Spitzenverbände auf ihre Realisierbarkeit hin bewertet. Eine Kabinettsbehandlung ist für Februar/März 1999 vorgesehen.

  • Im Pilotprojekt Bayerischer Innovationsring haben sich 15 Landratsämter in drei Projektgruppen zu folgenden Themen zusammengeschlossen: (1) Mitarbeiterbefragung, Personal- und Leitbildentwicklung; (2) Produktbeschreibung, Leistungsvergleich, Kosten/Leistungs-Rechnung; (3) Prozeßuntersuchung, Privatisierung, EDV, Bürokommunikation.

  • In einem Modellprojekt „Stärkung der Eigenverantwortung der Kommunen" werden Vorschläge zur Aussetzung von Vorlage- und Zustimmungspflichten, Aufhebung von Richtlinien und Reduzierung von Standards erarbeitet. In Erweiterung dieses Modells und als Ausfluß der Aufgabenkritik der Landratsämter/Landkreise werden vier Landratsämter, kreisangehörige Gemeinden und kreisfreie Städte weitere Vorschläge für die versuchsweise Aussetzung gesetzlicher Vorgaben aus 13 Bereichen durch gesetzliche „Experimentierklauseln" ausarbeiten.

Die Staatsregierung hat diese kommunalen Projekte im Doppelhaushalt 1997/98 mit einer Anschubfinanzierung von rund 600.000 DM unterstützt und wird die Förderung auch im Doppelhaushalt 1999/2000 mit jährlich je 200.000 DM fortführen.

Die Bayerische Staatsregierung hat auf Vorschlag der Projektgruppe Verwaltungsreform am 14. Juli 1998 dem Konzept zur Einrichtung eines ressortübergreifenden Rechtsinformationssystems „Datenbank BAYERN-RECHT" zugestimmt und die Projektgruppe beauftragt, die entsprechenden Lieferungen und Leistungen EU-weit auszuschreiben. Ziel ist, daß ab Mitte 2000 die staatlich Bediensteten über das bayerische Behördennetz auf das gesamte bayerische Landesrecht sowie auf Bundes- und EU-Recht in einer stets aktuellen, verbindlichen Fassung an jedem geeigneten DV-Arbeitsplatz zugreifen können. Bis zum Jahr 2003 werden sukzessive auch alle bayerischen Verwaltungsvorschriften in der Datenbank enthalten sein. Dabei bietet sich die Chance, den gesamten Bestand von derzeit über 100.000 Seiten mit einer umfassenden Deregulierungsaktion zu durchforsten. Nicht mehr benötigte Vorschriften sollen abgeschafft, die noch weiter geltenden auf das unbedingt notwendige Maß reduziert und anschließend in die Datenbank eingestellt werden. Eine Kabinettsbehandlung über die Vergabe ist für Februar/März 1999 vorgesehen.

Staatliche Tätigkeiten sollen wieder verstärkt auf die Kernaufgaben konzentriert werden, was neben dem Abbau durch die Privatisierung von staatlichen Aufgaben geschieht. Im Vordergrund stehen dabei technische Leistungen und Untersuchungen, bislang behördenintern erbrachte Dienstleistungen für die Verwaltung und durchgeführte Prüfungen. Mit der Auflösung der Ortsplanungsstellen bei den Regierungen werden Bauleitpläne durch die Gemeinden oder private Ingenieurbüros erstellt. Die Verantwortlichkeit für bautechnische Anforderungen und Nachweise bei Schall- und Wärmeschutz, Standsicherheit und Widerstandsdauer sowie vorbeugenden Brandschutz wurden ganz oder teilweise privatisiert. Auch im Wasserrecht können verschiedene Nachweise ausschließlich durch private Sachverständige erbracht werden.

Das Wirtschaftsministerium hat vier Unternehmen gegründet (Risikokapitalgesellschaft, Bayern international, Bayern innovativ, Bayerische Eisenbahn GmbH) und damit staatliche Aufgaben ausgelagert. Für die Kanalhäfen in

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Nürnberg und Roth ist seit Oktober 1995 eine private Hafengesellschaft zuständig, an der der Freistaat Bayern und die beiden Städte beteiligt sind. Die Privatisierung dient als Modell für die anderen Staatshäfen Bayerns. Weitere Beispiele für Privatisierungen staatlicher Aufgaben sind:

  • Erleichterte Gründung von privatrechtlichen Unternehmen durch Kommunen

  • Dienstbekleidung der bayerischen Polizei wird seit April 1997 nicht mehr beim Polizeiverwaltungsamt in München ausgegeben, sondern nach Katalog bei einem Versandhaus bestellt. Einsparung an Personalkosten rund 2,5 Mio. DM.

  • Dienstleistungen in den Ministerien und Behörden, z.B. Pforte, Reinigung, Hausmeister, Fuhrpark, Wartungsarbeiten, Druckerei (z.T. verwirklicht)

  • Zuwendungen für Jugendverkehrsschulen der Gemeinden und Landkreise ab Haushaltsjahr 1997 ausschließlich über die Landesverkehrswacht Bayern e.V.

Eine weitere Reform wurde in Bayern über ein Volksbegehren durch den Volksentscheid vom 8. Februar 1998 durchgesetzt, mit dem sich die Mehrheit für ein verfassungsänderndes Gesetz zur Abschaffung des Bayerischen Senats zum Jahresende 1999 ausgesprochen hat.

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Vorschriften- und Verfahrensvereinfachungen

Der Bayerische Landtag hat am 26. Juli 1997 ein von der Bayerischen Staatsregierung vorgelegtes Gesetz über weitere Maßnahmen zur Verwaltungsreform in Bayern (Verwaltungsreformgesetz) verabschiedet. Eckpunkte des Verwaltungsreformgesetzes sind:

  • Straffung und Neustrukturierung der Raumordnung und Landesplanung
    inhaltlich (thematische Schwerpunkte)
    verfahrensmäßig (Bedarfsfortschreibung bei Regionalplänen; Reduzierung von Umfang und Darstellungstiefe der Unterlagen)
    organisatorisch (effizientere Kompetenzverteilung zwischen Verbandsorganen)
    Abbau des Berichtswesens

  • Verfahrensvereinfachungen im Naturschutzrecht
    Abbau von Benehmens-, Einverständnis- und Genehmigungsvorbehalten

  • weitere Vereinfachungen im Wasserrecht
    zahlreiche Regelungen wurden den Bedürfnissen der Praxis angepaßt

  • Abschaffung des Widerspruchsverfahrens in 12 Hauptfallgruppen (z.B. in Teilen des Ausländerrechts, im Immissionsschutz-, Berg- und Luftverkehrsrecht)

  • Maßnahmen der Forstreform
    Forstzulassungsgesetz
    kostenlose Löschung der Forstschutzvermerke in den Grundbüchern

Der erste Reformschritt der Novellierung der Bayerischen Bauordnung vom 1. Juni 1994 hat sich bewährt: Genehmigungsfreistellungsverfahren (fast 30.000 Wohnbauvorhaben), Vereinfachtes Genehmigungsverfahren (rund 60 Prozent der Bauvorhaben, durchschnittliche Verfahrensdauer fünf statt sieben Wochen, Verringerung der Gebühren)

Mit der zum 1. Januar 1998 in Kraft getretenen 2. Baurechtsnovelle wurden vier wesentliche Zielsetzungen umgesetzt:

Aufgabenabbau: Das erforderliche Genehmigungsfreistellungsverfahren (bisher Gebäude geringer Höhe im Bereich eines Bebauungsplanes, deren Erschließung gesichert ist) wurde ausgeweitet auf plankonforme Wohn- oder vergleichbare Gewerbebauten bis zur Hochhausgrenze.

Kommunalisierung: Überprüfung der Einhaltung eines Bebauungsplans im Genehmigungsfreistellungsverfahren ist Sache der Gemeinde.

Privatisierung: Prüfung der Stand- und Feuersicherheit ist auf anerkannte Sachverständige übertragen.

Delegation: Zuständigkeit für die Genehmigung von Flächennutzungsplänen ist grundsätzlich auf die Landratsämter übertragen.

Zur Reform des Förderwesens hat die Regierung 1996 ein umfassendes Konzept beschlossen. Von insgesamt 383 überprüften Förderprogrammen bzw. Fördertöpfen wurden 287 ver-

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bessert (75 Prozent). Zu den Verfahrensvereinfachungen zählen unter anderem die Einführung von Bagatellgrenzen oder deren Anhebung, die Abrechnung von Pauschalen statt über detaillierte Nachweise der Ausgaben und die Umstellung auf Festbetragsfinanzierung. Nur ein Viertel der Programme bleibt unverändert, rund ein Drittel (126) wird eingestellt, läuft aus oder fällt teilweise weg.

Ziel der vorausgegangenen Untersuchung war es, Verwaltungskapazität freizusetzen, die Eigenverantwortung zu stärken und das Dickicht staatlicher Zuschüsse zu lichten und übersichtlicher zu gestalten. Förderprogramme verursachen einen erheblichen Verwaltungsaufwand. Kosten entstehen nicht nur durch die ausgereichten Zuschüsse, sondern auch durch den hohen Personal- und Sachaufwand der komplizierten Förderverfahren. Die Bayerische Staatsregierung hat daher am 29. April 1997 beschlossen, daß das Finanzministerium die Einführung neuer oder die wesentliche Änderung bestehender Fördermaßnahmen u.a. daraufhin überprüft, „ob der Staat die Ordnung gesellschaftlicher Belange nicht aus fehlerhaften Erwägungen an sich zieht", ob der Personaleinsatz wirkungsvoll und die Ablauforganisation optimal sind, ob die Richtlinienregelungsdichte und Regelungstiefe im vernünftigen Rahmen bleiben. Der Vereinfachung im Förderwesen dienen auch Liberalisierungen im Haushaltsrecht. In 16 Förderbereichen genügt statt des verwaltungsaufwendigen Verwendungsnachweises eine einfache Verwendungsbestätigung.

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Personalmanagement und Mitarbeiterbeteiligung

Der Abbau staatlicher Aufgaben und das Straffen von Verwaltungsabläufen sollen in Bayern die Reduzierung von rund 10 Prozent des Personals ermöglichen. Im Zeitraum von 1993 bis 2007 ist zunächst der Abbau von 12.000 der insgesamt circa 300.000 Stellen vorgesehen. Für einige Verwaltungsbereiche ist ein erheblich höherer Stellenabbau geplant. So lautet die Vorgabe für die Verwaltung für Ländliche Entwicklung zum Beispiel 25 Prozent Personalreduzierung, in der Ausgleichsverwaltung sollen von über 900 Stellen nur 250 erhalten bleiben. Die ehrgeizigen Abbauziele haben bisher per Saldo die Gesamtpersonalzahl noch nicht reduziert, da insbesondere an Schulen, Fachhochschulen und bei der Polizei auch neue Stellen geschaffen wurden. Zudem wird ein „Einstellungskorridor" offengehalten, der ermöglicht, jede dritte freiwerdende Stelle wiederzubesetzen.

Die Regierung hat bekräftigt, den Personalabbau ohne Entlassungen zu realisieren, von den Beschäftigten des öffentlichen Dienstes im Gegenzug jedoch mehr Flexibilität gefordert. Diese Forderung schlägt sich auch in der Ausgestaltung der Dienstrechtsreform nieder, mit der zum 1. März 1998 Rahmenvorschriften des Bundes in Landesgesetze umgesetzt wurden. Nach der neuen Fassung dürfen Mitarbeiter aus dienstlichen Gründen auch in geringerwertigen Tätigkeiten beschäftigt sowie zu anderen Dienstherren abgeordnet werden.

Neben dem Stellenabbau sind weitere Maßnahmen zur Reduzierung der Personalausgaben verwirklicht. So wurden die Lebensarbeitszeit verlängert und die Versorgung bei Frühpensionierungen eingeschränkt. Mit der Rechtsreform wurde zudem, nach dem Grundsatz „Rehabilitation vor Versorgung", im Bayerischen Dienstrecht die Übertragungsmöglichkeit eines anderen Amtes oder einer anderen Laufbahn sowie eine „Umschulungsverpflichtung" eingeführt.

Die Motivationssteigerung ist einer der Eckpfeiler im bayerischen Modernisierungskonzept.

1997 hat Bayern als erstes Land Leistungsstufen, -prämien und -zulagen verbindlich eingeführt. Die Dienstrechtsnovelle vom 1. März 1998 sieht die Vergabe von Ämtern mit leitender Funktion im Beamtenverhältnis auf Zeit und auf Probe vor der endgültigen Beförderung und eine Erprobunszeit vor Beförderungen vor. Bei Beförderungen sollen die Ergebnisse eines neuen ausgedehnten Beurteilungsmodells und behördeninterne Bedarfsanalysen berücksichtigt werden.

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Die Verbesserung des Vorschlagswesens durch Prämienerhöhungen, erfolgsorientierte Prämienmodelle sowie zentrale und dezentrale Prämierungsmöglichkeiten soll ebenfalls zur Verbesserung der Mitarbeitermotivation beitragen.

In den Ausbildungsgängen an den Verwaltungsschulen und an der bayerischen Beamtenfachhochschule ist eine stärkere Dienstleistungsorientierung vorgesehen. Für das Verwaltungsmanagement wurde eine Qualifizierungsoffensive konzipiert, die unter anderem auf betriebswirtschaftliche Elemente setzt und mit dem Projektmanagement als neuer Arbeitsform in der Verwaltung vertraut machen soll.

Zur Zeit laufen die Vorarbeiten zu einem „Modernisierungspakt", mit dem die Staatsregierung mit den Gewerkschaften und Berufsverbänden der Staatsbediensteten Rahmenvereinbarungen zur Verwaltungsreform treffen will. Beide Seiten wollen sich auf die grundsätzlichen Ziele der Modernisierung verständigen und die rechtzeitige und umfassende Unterrichtung der Personalvertretungen festschreiben. U.a. sollen Formen der Zusammenarbeit und Qualifizierungsansprüche vereinbart werden. Thema wird auch sein, wie der Personalabbau sozialverträglich gestaltet werden kann. Bei der Umsetzung und Vorbereitung von Reformvorhaben werden die Vertreterinnen und Vertreter des jeweils betroffenen Personalrats angehört.

In einzelnen Behörden oder für ganze Geschäftsbereiche wurden in partizipativen Prozessen Leitbilder entwickelt und verabschiedet, die behördenspezifisch oder übergreifend durch konkrete Verbesserungsmaßnahmen umgesetzt werden. Die Bayerische Staatsregierung hat am 20. Oktober 1998 eine positive Bilanz zur Leitbilddiskussion gezogen. Danach ist in die Behördenstrukturen eine erfreuliche Bewegung gekommen, Kommunikation findet über Hierarchieebenen und Fachbereiche hinweg statt, es wurden Möglichkeiten geschaffen, Schwachstellen aufzuzeigen und Verbesserungsvorschläge zu.

Aus dem Leitbildprozeß sind Themenschwerpunkte und Zielvorstellungen herauskristallisiert worden, die die Staatsregierung in einem Maßnahmenkatalog zusammengefaßt hat: Öffentlichkeitsarbeit, Aufgaben und Aufgabenerfüllung, Politik und Verwaltung, Verhältnis zum Bürger, Führung, Zusammenarbeit, Organisation und Personal. Im Hinblick auf die im großen Umfang bereits entwickelten Leitbilder von Behörden, Fachbereichen oder Ressorts hat die Staatsregierung gegenwärtig keinen Bedarf für ein übergreifendes, den gesamten öffentlichen Dienst umfassendes Kernleitbild gesehen. Mit den beschlossenen Empfehlungen und Maßnahmen soll vielmehr der innere Reformprozeß unterstützt und weiter gefördert werden.

In allen Behörden arbeiten die Beschäftigten in Workshops mit, die zur Entwicklung von Qualitätsbewußtsein und -management beitragen und in einem weiteren Schritt Qualitätszirkel aktivieren sollen.

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Neue Steuerungsinstrumente

In den Jahren 1995 bis 1997 testete Bayern in über 40 Pilotprojekten die dezentrale Budgetverantwortung mit Elementen der Kosten- und Leistungsrechnung.

Zum 1. Januar 1998 führte die Staatsregierung die dezentrale Budgetverantwortung flächendeckend ein. Die Schwerpunktsetzung bei den „Verwaltungsbetriebsmitteln" (sächliche Verwaltungsausgaben und in begrenztem Umfang Personalausgaben) liegen damit mehr in der Verantwortung der Ressorts und der jeweiligen Behörden.

Die Ausgabeansätze der zugeteilten Mittel können größtenteils in andere Verwendungen umgewidmet werden, indem zum Beispiel auf konsumtive Ausgaben verzichtet wird, um Investitionen zu tätigen (gegenseitige Deckungsfähigkeit). Ausgabereste stehen den Ressorts in Höhe bestimmter Quoten für das nächste Haushaltsjahr weiter zur Verfügung. Das bayerische Finanzministerium sieht vor, 80 Prozent der investiven und 50 Prozent der übri-

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gen Ausgabemittel schon vorweg in das Haushaltsjahr 1999 zu übertragen. So soll erreicht werden, daß die Planungssicherheit der Behörden erhöht und die Ausgabereste schon zu Jahresbeginn verfügbar sind. Über den verbleibenden Teil der Ausgabereste wird im Anschluß verhandelt.

Im Zuge der Budgetierung wird auch die dezentrale Verantwortung für die Einnahmen gestärkt. Erreichen Behörden managementbedingt eine Zunahme ihrer Einnahmen, können sie die Zuwächse zur Hälfte für eigene Zwecke behalten. Die Regelung ist auf Zuwächse von bis zu 10 Prozent gegenüber den Haushaltsansätzen begrenzt. Im Gegenzug müssen die Behörden aber auch bis zu 10 Prozent anfallender Mindereinnahmen zur Hälfte in ihren Budgets ausgleichen.

Die positiven Ergebnisse der Pilotprojekte zur dezentralen Budgetverantwortung waren Anlaß für die Staatsregierung, am 28. April 1998 ein Grobkonzept zur Kosten- und Leistungsrechnung zu verabschieden. In den meisten Ressorts sind Pilotprojekte ins Werk gesetzt worden, die intensiv begleitet werden. Ziel ist, Grundlagen für eine weitere, möglicherweise bayernweite Implementierung der Kosten- und Leistungsrechnung zu finden.


© Friedrich Ebert Stiftung | technical support | net edition fes-library | Januar 2001

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