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Indien : Großmachtansprüche und interne Hindernisse / Citha D. Maaß. - [Electronic ed.]. - Bonn, 1999. - 16 S. = 60 Kb, Text . - (FES-Analyse)
Electronic ed.: Bonn : FES Library, 2000

© Friedrich-Ebert-Stiftung


INHALT






[Essentials]

  • Mit den Nukleartests im Mai 1998 demonstrierte Indien, daß es in den Kreis der internationalen Großmächte aufgenommen werden will und einen China vergleichbaren Status im internationalen System und im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen beansprucht. Aus der Wahrnehmung, die „größte Demokratie der Welt" zu sein, leitet Indien seinen politischen und wirtschaftlichen Wettbewerbsvorteil als „demokratische Alternative zu China in Asien" ab.

  • Im April 1999 trat die Koalitionsregierung unter dem Premierminister A.B. Vajpayee nach nur 13-monatiger Amtszeit zurück. Da keine der Parteien eine regierungsfähige Alternative bilden konnte, finden im September und Oktober 1999 vorgezogene Neuwahlen statt. Dabei dürfte weder die BJP noch die Congress Party ihre Mandate soweit erhöhen, daß sie aus eigener Kraft die Regierung stellen kann. Es ist erneut mit einer Koalitionsregierung zu rechnen, die durch kleinere Partner politisch erpreßt werden kann.

  • Diese Krise im politischen Systems bestätigt den seit 1989 anhaltenden Trend und läßt erwarten, daß Indien auch auf mittelfristige Sicht von kurzlebigen Koalitionen regiert wird. Die gegenläufigen Trends von langfristig stabilen und kurzfristig labilen Entwicklungen im politischen System ergeben sich daraus, daß die demokratischen Grundstrukturen sich seit der Unabhängigkeit konsolidiert haben, aber taktische Machtspiele der Parteien die demokratische Konjunkturkurve immer häufiger einbrechen lassen.

  • Das Parteienwesen hat sich als Ergebnis des sozio-ökonomischen Wandels seit Beginn der 90er Jahre immer stärker diversifiziert. Neue Eliten mit spezifisch regionalem oder niedrigkastigem Hintergrund sind wirtschaftlich erstarkt und fordern nun entsprechende politische Mitsprache.

  • Sozio-politische Konflikte, die sich wechselseitig überschneiden, haben den Umbruch in den 90er Jahren beschleunigt. Die konfliktträchtige Transformationsphase haben die Hindu-Nationalisten mit ihrem parteipolitischen Arm BJP genutzt, um „politisch hoffähig" zu werden und in den Nationalwahlen 1996 und 1998 erstmals zur stärksten Einzelfraktion im Parlament aufzusteigen.

  • Um verunsicherte Wähler unter der in sich gespaltenen Hindu-Mehrheit für die BJP zu gewinnen, greifen die Hindu-Nationalisten zu der Mobilisierungstaktik, Hindus in der gemeinsamen Abwehr eines „äußeren Feindes" zu einen. Als „äußerer Feind" fungieren religiöse Minderheiten wie traditionell die Moslems und seit 1998 erstmals auch die Christen. Die Hindu-Nationalisten sind auf längere Sicht als ernstzunehmende politisch-gesellschaftliche Kraft in der Indischen Union zu bewerten, da sie sich breite gesellschaftliche Unterstützung erworben haben.

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Das demokratische System: langfristig stabil – kurzfristig labil

Seit Mitte September 1999 finden in Indien landesweite Unterhauswahlen statt, die Mitte Oktober abgeschlossen sein werden. Jenseits der konkreten Wahlergebnisse werden jedoch strukturelle Faktoren weiterhin die politischen und gesellschaftlichen Entwicklungslinien des Landes wesentlich bestimmen und auch das zu erwartende Wahlergebnis verständlicher machen. Die politische Konjunktur, auch der augenblicklich laufende Wahlprozeß und seine Resultate, lassen sich vor dem Hintergrund dieser Elemente genauer analysieren:

Von Februar bis März 1998 hatten die 12. Nationalwahlen für das Unterhaus (Lok Sabha) stattgefunden. Nach erfolgreichen Koalitionsgesprächen trat im März 1998 Atal Bihari Vajpayee von der hindu-nationalistischen „Bharatiya Janata Party" (BJP, Indische Volkspartei) das Amt des Premierministers an. Alltag in einer Demokratie: Wechsel der Regierung durch veränderte Mehrheitsverhältnisse, Bildung der neuen Regierung nach harten Koalitionsverhandlungen. Die 12. Nationalwahlen bestätigten erneut, daß sich in den über 50 Jahren seit der Unabhängigkeit Indiens im August 1947 das demokratische System langfristig konsolidiert hat.

13 Monate später, am 17. April 1999, stürzte Vajpayee, weil einer seiner 16 Koalitionspartner ihm die Unterstützung entzog. Um nur eine Stimme verfehlte Vajpayee die Vertrauensabstimmung im Parlament (543 Sitze). Alltag im Indien der 90er Jahre: Mehrheiten wurden durch „Abgeordnetenkauf" beschafft; Minderheits- oder Koalitionsregierungen waren labil, weil sie durch kleine Koalitionspartner oder externe Verbündete erpreßt werden konnten; taktisches Machtkalkül ließ die Regierung stürzen; vorzeitige Wahlen mußten angesetzt werden – so wie die jetzt laufenden Neuwahlen. Seit den 9. Nationalwahlen 1989 wies die demokratische Konjunkturkurve immer häufiger kurzfristige Ausschläge (erzwungener Wechsel des Premierministers) und Einbrüche (vorgezogene Neuwahlen) auf.

Das Investitionsklima, das seit den Wirtschaftsreformen 1991 insbesondere auch ausländische Unternehmen anlocken soll, wird durch die demokratischen Konjunktureinbrüche verschlechtert. Dennoch will sich Indien weiterhin ausländischen Kooperationen öffnen. Wie lassen sich die gegenläufigen Trends – langfristig stabile und kurzfristig labile Entwicklungen – im politischen System Indiens erklären und welche mittelfristigen Perspektiven eröffnen sie?

Der scheinbare Widerspruch läßt sich aufklären, wenn zwischen demokratischen Grundstrukturen und taktischen Machtspielen im Parteienwesen unterschieden wird. Indien verweist voller Stolz darauf, die „größte Demokratie der Welt" zu sein. Dabei mißt es sich an den USA einerseits und China andererseits. Aus dem Vergleich leitet es seinen Anspruch auf den Status einer internationalen Großmacht, eine ständige Mitgliedschaft im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen (VN) ab und empfiehlt sich als die „demokratische Alternative" zu China in Asien.

Mit knapp einer Milliarde Einwohner und einer enormen kulturellen, sprachlichen und religiösen Vielfalt ist es der Indischen Union erfolgreich gelungen, die vielfältigen sozialen und ethnischen Spannungen, Konflikte zwischen der Hindu-Mehrheit und den religiösen Minderheiten und die gesellschaftlichen Veränderungen infolge der wirtschaftlichen Entwicklung in einem tragfähigen demokratischen System mit funktionierenden staatlichen Institutionen aufzufangen. In regelmäßigen Urnengängen auf Unions- und Landesebene haben die Wähler inzwischen ihre „Macht des Stimmzettels" zu nutzen gelernt und immer häufiger die bisherige Regierung für ihre enttäuschende Leistung abgestraft.

Die unabhängige Wahlkommission und die obersten Richter widersetzten sich erfolgreich dem ständigen politischen Druck, so daß es in den 90er Jahren immer öfter vorkam, daß korrupte Politiker zum Rücktritt gezwungen wurden. Auch mußten oppositionelle Landesregierungen, die von der Zentralregierung unter strittigen Umständen entmachtet wurden, wieder eingesetzt werden. Sicher ist Indien keine idealtypische Demokratie, sondern folgt sehr eigenen Spielregeln, Verstöße inbegriffen. Zu letzteren zählen die mit den häufigen Regierungswechseln verbundenen Machtintrigen, die das Ansehen der staatlichen Institutionen belasten und Spitzenbeamte immer stärker der Gefahr aussetzen, ihre Integrität zu verlieren und käuflich zu werden.

Im Gegensatz zu den ersten Dekaden führten seit Ende der 80er Jahre Wahlen nicht mehr zu klaren Mehrheitsverhältnissen im indischen Parlament – die entscheidende Ursache für die kurzlebigen Regierungen. Statt dessen splitterte sich die Parteienlandschaft immer stärker auf, die wenigen „nationalen" Parteien drohten zu „regionalen" Parteien zu schrumpfen, die vielen kleinen Regionalparteien gewannen an Einfluß. Das breitgefächerte Parteienspektrum spiegelte nun offen den sozio-ökonomischen Wandel der vorausgegangenen Jahrzehnte wider. Die derzeitigen Wahlen im September/Oktober werden dies bestätigen.

Hatten zunächst sozial oder religiös benachteiligte Gruppen ihren niedrigen gesellschaftlichen Status durch wirtschaftlichen Aufstieg kompensiert, so fordern sie nun eine entsprechende politische Mitsprache. Regionen, die außerhalb des Hindi-Sprachgürtels lagen und jahrzehntelang nur geringen Einfluß auf wichtige Entscheidungen im nationalen Zentrum in New Delhi ausüben konnten, pochen jetzt auf ihre Macht. Lokale Persönlichkeits-, Clan- und Kastenbeziehungen in den Regionalparteien erschweren oder verhindern jedoch, daß die kleinen Parteien effizient ihre Partikularinteressen auf der Unionsebene durchsetzen können. Allerdings reicht ihre Sitzstärke im Parlament aus, um gegebenenfalls eine Koalitionsregierung im Zentrum zu stürzen.

Der machtpolitische Verteilungskampf verlagerte sich auf die Straße und löste militante Zusammenstöße aus, da sich die Parteien als unfähig erwiesen, zwischen den Interessen der etablierten Pfründenträger und den neuen Eliten zu vermitteln. Das umfassende Reformprogramm beschleunigte seit 1991 noch die Transformation der indischen Gesellschaft. Zugleich erhöhte es die soziale Unzufriedenheit, da manche Bevölkerungsgruppen und Regionen durch die inkonsequent durchgeführten Wirtschaftsreformen benachteiligt wurden und verarmten. Indiens Innenpolitik wurde durch ähnliche Transformationskonflikte erschüttert, wie sie typisch für die Staaten waren, die sich nach dem Ende des Kalten Kriegs dem Weltmarkt öffneten. Daß die Konflikte zwar zu labilen Regierungsverhältnissen führten, aber die demokratischen Grundstrukturen nicht gefährdeten, zeugte letztlich für das lebendige, wenn auch spannungsträchtige demokratische Leben in Indien.

Deshalb läßt sich eine optimistische Perspektive aufzeigen: Der eingeleitete politische Lernprozeß wird noch auf längere Sicht von Instabilitäten und gesellschaftlichen Spannungen begleitet werden, aber die selbstkorrigierenden und mäßigenden Kräfte erstarken sichtlich und formieren sich. Mit einer linearen, konsequent durchgeführten Reformpolitik kann nicht gerechnet werden, dazu ist die Indische Union zu heterogen. Aber einzelne Wirtschaftsbereiche und Regionen werden die Transformationsphase schneller durchlaufen und eher neue soziale Kräfte integrieren und mehr Freiraum für unternehmerische Energien schaffen.

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Das Parteiensystem: vier politische Lager

In das nächste Jahrhundert wird Indien mit der im September/Oktober 1999 neu gewählten Regierung gehen. Um die Regierungsverantwortung zu Beginn des neuen Milleniums bewerben sich vier politische Lager, von denen die ersten beiden ihre ideologischen Wurzeln und das erste sogar seine organisatorische Herkunft in das 19. Jahrhundert zurückverfolgen:

  • die 1885 gegründete Congress Party;

  • die BJP, die ideologisch in der Tradition der hinduistischen Erneuerungsbewegungen steht; diese bildeten eine offensive Reaktion auf die britisch-christlichen Missionierungen in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts;

  • das lose Bündnis linksorientierter Parteien mit begrenzter regionaler Basis;

  • ein Konglomerat von Kleinparteien, deren wichtigste Kennzeichen ihre regionale Identität und/oder ihre Funktion als Interessenvertretung unterprivilegierter, aber nun aufstrebender sozialer Schichten und religiöser Kasten sind.

Faktisch hat die heutige Congress Party nichts mehr mit dem „Indian National Congress" zu tun, der seit dem Ende des Ersten Weltkriegs zum Bannerträger des indischen Unabhängigkeitskampfes gegen die britisch-indische Kolonialmacht wurde. Dazu spaltete sich die Congress Party zu oft, änderte ihr Programm und Image, entfernte sich von ihrem säkularen Grundverständnis und wurde anfällig für die Mobilisierungstaktik, religiöse Symbole im Wahlkampf zu verwenden.

Und dennoch zehrte die in den 90er Jahren heruntergewirtschaftete und verbrauchte Partei von dem Mythos, Indien die Unabhängigkeit gebracht und die Herrscherdynastie der Nehru-Gandhi-Familie gestellt zu haben. Um die Wahldebakel von 1996 und 1998 zu vermeiden, setzte die Congress Party auf den Mythos dieser Herrscherdynastie und ernannte im März 1998 Sonia Gandhi, Witwe des 1991 ermordeten Rajiv Gandhi und gebürtige Italienerin, zur Parteipräsidentin. Seit Rajiv Gandhis Tod übte Sonia Gandhi als „graue Eminenz" maßgeblichen Einfluß bei der Besetzung der Parteiämter und der Kandidatenaufstellung aus. Nun ist sie aus den politischen Kulissen herausgetreten und führt den Wahlkampf als Spitzenkandidatin an. Ein wirklich klar profiliertes Programm für die Erneuerung der Partei und eine eventuelle Regierungsübernahme ist kaum erkennbar. Nach den bisherigen Umfragen ist eher fraglich, ob die Congress Party im neuen Parlament stark genug sein wird, um eine überlebensfähige Koalition bilden zu können.

Mehr Chancen hat die hindu-nationalistische BJP. Sie ist als politische Partei eine relativ junge Organisation, da sie erst 1980 gegründet wurde. Berücksichtigt man jedoch ihre Vorgängerparteien, ihr in die 20er Jahre zurückreichendes ideologisches Programm und ihre hindu-nationalistische Erneuerungsmission, so stellt sie eine Kraft der nachholenden Selbstbehauptung hinduistischer Reformströmungen aus dem 19. Jahrhundert dar. Das ideologische Konzept des hindu-nationalistischen Gesamtverbands „Sangh Parivar" (Hindu-Familie) kreist um die beiden vagen Anliegen, den säkularen indischen Staat in ein „Hindu Rashtra" (Hindu-Staat und/oder Hindu-Nation) umzuwandeln und die Gesellschaft im Sinne eines „Hindutva" (Hindutum) umzugestalten.

Die BJP fungiert als der parteipolitische Arm des Gesamtverbands. Ihren politischen Aufstieg verdankte sie der Kontroverse um den Ram-Tempel Mitte der 80er Jahre: Indische Archäologen hatten angeblich Beweise gefunden, daß der mythologische Hindu-Gott Ram in der nordindischen Stadt Ayodhya geboren wurde und zwar an der Stelle, an der 1526 die Babri-Moschee errichtet wurde. Mit landesweiten Agitationen entfachte die BJP eine mehrjährige Kampagne, die darauf abzielte, die Moschee zu zerstören und durch einen Ram-Tempel zu ersetzen. Am 6. Dezember 1992 rissen zigtausend aufgewiegelte Hindus die Moschee nieder und lösten eine landesweite Gewaltwelle gegen die Moslem-Minderheit aus.

Die Tempel-Kontroverse wurde zu einem so brisanten innenpolitischen Thema, daß die damalige Congress-Regierung unter Rajiv Gandhi taktische Fehler beging und damit der BJP in die Hände spielte. Der BJP gelang es, die nationale Unterstützung für die Tempel-Agitationen in Wählerstimmen umzusetzen und innerhalb von 15 Jahren regierungsfähig zu werden: von 2 Sitzen in den Wahlen 1984 stieg sie 1996 mit 161 Sitzen erstmals zur stärksten Einzelfraktion auf und steigerte sich 1998 auf 178 Sitze, so daß sie 1996 und 1998 mit der Regierungsbildung beauftragt wurde. Der aus hindu-nationalistischer Sicht errungene „Erfolg" bei den jüngsten bewaffneten Auseinandersetzungen mit Pakistan sowie durchaus demagogisch eingesetzte Hinweise auf die Tatsache, daß die Congress-Kandidatin Sonia Gandhi eben keine gebürtige Inderin ist, sind Wasser auf den Mühlen der BJP, die ihren Erfolg von 1998 möglicherweise jetzt wiederholen kann.

Das dritte Lager verdeutlicht schon durch seine wiederholten Namensänderungen wie „Left Front", „United Front", „National Front", daß es sich um einen Zusammenschluß von ca. 10 kleinen, gemäßigt links orientierten Parteien handelt. Ihr Bindeglied ist kein kohärentes Parteiprogramm, sondern das Bestreben, sich den Wählern als „Dritte Kraft" und säkulares Sammelbecken zu den Hauptkontrahenten Congress und BJP anzubieten.

Zusammen mit der „Janata Dal" (Volkspartei) bilden die beiden kommunistischen Parteien den Kern des Lagers. Vor dem Zweiten Weltkrieg adaptierten sie ideologische Vorstellungen aus der marxistischen Tradition. Von diesen ideologischen Ursprüngen haben sie sich jedoch seit Jahrzehnten entfernt und verfolgen nun eine „indinisierte" Version, die als pragmatisch und eher sozialdemokratisch zu definieren ist. Die wechselnden Gliedparteien des Linksbündnisses verfügen alle nur über eine jeweils begrenzte regionale Basis. Auf Unionsebene haben sie, wieder in wechselnder Zusammensetzung, kurzlebige Koalitionsregierungen Ende der 70er Jahre, Ende der 80er Jahre und 1996-1998 gestellt.

Als viertes „Lager" (im Sinne einer Sammelbezeichnung) lassen sich sehr unterschiedliche regionale Klein- und Kleinstparteien (ca. 15-20 Organisationen) sowie Unabhängige zusammenfassen. Diesen Regionalparteien, Absplitterungen von Congress und Linksbündnis und neu gegründeten Organisationen von sozial und religiös unterprivilegierten Schichten und Kasten kommt deshalb ein unverhältnismäßig hohes Gewicht zu, weil sie als Mehrheitsbeschaffer für die Viel-Parteien-Koalitionen dienen und deshalb den Koalitionsführer politisch erpressen können. So mußte beispielsweise Premierminister Vajpayee im Mai 1996 nach nur 13 Tagen Amtszeit zurücktreten, weil sich ihm nicht genügend Regionalparteien anschließen wollten. Und im April 1999 stürzte seine Koalitionsregierung, weil ihm die Chefin einer tamilischen Regionalpartei die Unterstützung entzog.

Auf den ersten Blick wirkt dieses Parteienkonglomerat wie ein Sammelsurium und zeichnet sich eher als Störenfried in der nationalen Politik aus. Betrachtet man jedoch politischen Hintergrund und wählermobilisierendes Hauptanliegen von einigen dieser Kleinparteien, so lassen sich wesentliche Elemente erkennen, die die zukünftige innenpolitische Entwicklung prägen:

  • Regionalismus versus Zentralismus: Seit Mitte der 80 Jahre erkämpfen sich die Regionen immer mehr Eigengewicht. Damit wirken sie korrigierend auf den übertriebenen Zentralismus von Regierung und Bürokratie in New Delhi und werten die verfassungsmäßig verankerten föderalen Elemente auf. Das regionale Selbstbewußtsein wird primär durch traditionsreiche Regionalparteien gefördert, während starke „Regionalfürsten" innerhalb der Congress-Partei von der Parteispitze als potentielle Rivalen möglichst bald wieder entmachtet werden.

  • Niedrigkastige versus hochkastige Hindus: Machtkampf innerhalb der 82-prozentigen Hindu-Mehrheit; Links- und Kleinparteien propagieren Anliegen von niedrigkastigen Hindu-Wählern, um dadurch die von hochkastigen Hindus beherrschte BJP zu schwächen.

  • Stammesangehörige, kastenlose Hindus (ehemals Unberührbare), niedrigkastige Hindus, Moslems bzw. religiöse Minderheiten versus Privilegierte (privilegiert im Sinne von religiösem Status/Kaste, wirtschaftlicher Macht, politischem Einfluß): dieses zahlenmäßig große Wählerpotential umfaßt untere Schichten und Kasten, deren Forderungen von wirtschaftlich und politisch aufgestiegenen niedrigkastigen Vertretern artikuliert und mit Hilfe von eigenen Kleinparteien Nachdruck verliehen wird. Aus ihren Reihen stammten in den späten 90er Jahren erstmals Chief Minister (Ministerpräsident), Minister der Zentralregierung und der derzeitige Staatspräsident Narayanan (kastenlos). Ihr politischer Vormarsch wird das innenpolitische und gesellschaftliche Gefüge Indiens am nachhaltigsten verändern. Da ihre Machtbasis lokalisiert ist, verstärkt sich wechselseitig die Selbstbehauptung von unterprivilegierten Schichten/Kasten und Regionalparteien/Regionalismus.

Wie wirkt sich diese tiefgreifende Umverteilung von Macht auf das Parteiensystem aus? Nach über 40 Jahren zentralistischer Herrschaft durch die Congress Party, personalisiert durch die Nehru-Gandhi-Dynastie, ging in den späten 80er Jahren ein System zu Ende, das mit dem Begriff „one dominant party rule" bezeichnet wurde. Gemeint ist damit, daß die Congress Party die unangefochtene Macht im Parlament ausübte, ihr keine nennenswerte Opposition das Leben schwer machte, ja daß es faktisch keine ernstzunehmende Opposition (zumindest nicht im Parlament) gab.

Die überwältigenden Mehrheiten an Parlamentsmandaten konnte die Congress Party auch dadurch gewinnen, daß sie von dem 1947 von der britischen Kolonialmacht übernommenen einfachen Mehrheitswahlrecht profitierte. Da ihre Gegner im allgemeinen zerstritten waren und sich nicht auf einen gemeinsamen Oppositionskandidaten einigten, reichte es der Congress Party notfalls, wenn ihr Kandidat den Wahlkreis mit nur einer Stimme Vorsprung gewann. Deshalb wich der prozentuale Stimmenanteil immer deutlich von der endgültigen Sitzverteilung im Parlament ab. So sicherte sich die Congress Party eine Zweidrittelmehrheit der Sitze mitunter mit nur 33 Prozent der gültigen Stimmen.

Gerade weil das Wahlrecht starke Sitzmehrheiten und wenige große Parteien begünstigte, war die seit 1989 eingetretene Entwicklung um so bemerkenswerter. In den 90er Jahren ging keine Partei, auch nicht die Congress Party unter Premierminister Narasimha Rao (1991-1996), aus den Wahlen mit einer absoluten Mehrheit (272 von 543 Sitzen) hervor. Daß trotz der Wahlrechtshürde so viele Parteien mit spezifischen regionalen und/oder wählergruppenorientierten Kandidaten und Forderungskatalogen den Sprung ins Parlament schafften, belegte das sich wandelnde Parteien- und Wählerverhalten.

Seit 1989 befindet sich das Parteiensystem in einer Umbruchphase, die im positiven Sinn durch eine Diversifizierung und im negativen Sinn durch eine Aufsplitterung charakterisiert ist. Das rasche Erstarken der BJP schien zunächst darauf hinzudeuten, daß sich die 90er Jahre lediglich als Übergang von der vorherigen „one dominant party rule" zu einem echten und stabilen Zweiparteiensystem erweisen würden. Dagegen spricht jedoch einiges: die vielschichtigen gesellschaftlichen Veränderungen ebenso wie die auf Partikularinteressen ausgerichteten kleinen Parteien lassen eher erwarten, daß weiterhin ein breites Parteienspektrum im Parlament vertreten sein wird. Damit wird die Zeit der labilen Koalitionsregierungen anhalten.

Ein weiterer Grund ist in der derzeitigen Verfassung der beiden großen Parteien BJP und Congress zu sehen: Sie dürften vorläufig kaum fähig sein, sich zu gesamtindischen „Volksparteien" zu entwickeln. Die BJP scheint derzeit mit ihrem begrenzten ideologischen Themenkatalog bezüglich der Wählerschicht und geographisch nur noch beschränkt expansionsfähig zu sein. Die Congress Party muß sich unter Sonia Gandhi erst noch gründlich erneuern. Auch leidet die Partei an dem Handicap, einer gebürtigen Ausländerin und Christin die Lenkung der Indischen Union anvertrauen zu wollen.

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Kastenkriege und gesellschaftliche Konflikte

In den 80er Jahren wußten die Congress-Regierungen sehr wohl, warum sie einen Kommissionsbericht unter Verschluß hielten, den der unabhängige Richter B.P. Mandal 1980 ausgearbeitet hatte. Erst Ende der 80er Jahre wurde der Bericht mit seinen weitreichenden Empfehlungen auf Drängen des Linksbündnisses veröffentlicht und löste den befürchteten „Krieg zwischen niedrigen und hohen Kasten" aus. Dieser Konflikt ging unter dem Stichwort „mandalization" in die innenpolitische Geschichte ein. Um dies spezifisch indische Problem zu verstehen, muß das Reservierungssystem im öffentlichen Bildungswesen und im Staatsdienst erläutert werden.

Seit der Unabhängigkeit wurde in dem alle 10 Jahre stattfindenden Bevölkerungszensus nicht mehr nach der Kastenzugehörigkeit gefragt. Deshalb lagen nur vage Schätzungen vor, wie hoch der Anteil der Brahmanen, der obersten der vier großen Kastengruppen, tatsächlich war. Allerdings besetzten die Brahmanen und die anderen hochkastigen Hindus (d.h. die „zweimal Geborenen", zu denen die drei oberen Kastengruppen gehören) überproportional viele Führungspositionen in Politik und Verwaltung und genossen den höchsten sozialen Status. Da sie sehr bildungsbewußt waren, belegten ihre Kinder überdurchschnittlich viele Ausbildungsplätze in öffentlichen Schulen, Fachhochschulen (colleges) und Universitäten, auch bewarben sie sich vorzugsweise für den Staatsdienst.

Als nach der Unabhängigkeit eine verfassungsgebende Versammlung berufen wurde, erhielt diese unter anderem auch den Auftrag, unterprivilegierten Kasten und Bevölkerungsschichten bevorzugt Zugang zum Ausbildungswesen und Staatsdienst zu ermöglichen. Als Ergebnis wurde in der 1950 in Kraft getretenen Verfassung eine Liste von Unterprivilegierten (kastenlose Hindus, niedrigkastige Hindus und von der Urbevölkerung abstammende Volksgruppen) aufgenommen. Ihnen wurde ein quotiertes Reservierungssystem eingeräumt, daß ihnen ermöglichte, auch mit schlechteren Noten Zugang zu Bildungsstätten und öffentlichen Arbeitsplätzen zu erhalten.

Von dieser Verfassungsliste leitet sich die Bezeichnung ab: scheduled castes (SCs) für kastenlose bzw. niedrigkastige Gruppen und scheduled tribes (STs) für die Stammesangehörigen. Für die SCs und STs wurden zusammen 22,5% der Plätze im öffentlichen Dienst und Bildungswesen reserviert. Diese Vergünstigung blieb denjenigen Gruppen vorbehalten, die in der ursprünglichen Verfassungsliste aufgeführt wurden, spätere Erweiterungen wurden abgelehnt. Dabei sei angemerkt, daß ein Stammesangehöriger das Quotenanrecht verliert, wenn er zum Christentum übertritt, da keine christlichen STs in der Liste aufgeführt sind.

War das Reservierungssystem ursprünglich als Korrektiv für soziale Benachteiligung und Überwindung der Kastenschranken eingeführt worden, so zementierte es in der Folgezeit letztlich die Kastenhierarchie. Um weiterhin in den Genuß der Quoten zu kommen, mußte man sich offen zu seiner unterprivilegierten Kaste bekennen. Die wirtschaftliche Entwicklung in den ersten Jahrzehnten ermutigte niedrige Kasten, die allerdings nicht auf der Liste standen, bessere Startchancen für sozialen Aufstieg und politisches Mitwirken zu fordern. Doch sahen sie sich einer doppelten Konkurrenz ausgesetzt: einerseits versperrten ihnen die besser ausgebildeten Angehörigen der hohen Kasten den Zugang zum öffentlichen Dienst; andererseits verringerte sich die Stellenzahl der frei zu vergebenen Arbeits- und Ausbildungsplätze durch die SC/ST-Quotierung.

Diese vergleichsweise besser gestellten niedrigen, aber dennoch benachteiligten Kasten wurden im Bericht der Mandal Kommission aufgelistet und mit der Bezeichnung Other Backward Classes" (OBCs, sinngemäß „Andere benachteiligte Klassen/Schichten") versehen. Damit verbunden wurde die Empfehlung, den OBCs eine eigene Reservierungsquote von 27% einzuräumen. Die konsequente Umsetzung dieser Empfehlungen hätte zu fatalen Konsequenzen für hochkastige Hindus geführt: Beide Quotensätze zusammengerechnet würden 49,5% der Plätze im öffentlichen Bildungswesen und Staatsdienst blockieren. Lediglich die restlichen 51,5% der Plätze stünden hochkastigen Hindus im freien Wettbewerb bzw. denen mit überdurchschnittlich guten Examina offen.

1990 erkannten hochkastige Studenten die Tragweite der Mandal-Empfehlungen und provozierten mit Agitationen und öffentlichen Selbstverbrennungen in vielen indischen Städten Unruhen. Damit lieferten sie der im Aufwind befindlichen BJP ein weiteres Mobilisierungsthema. Zugleich mußte die BJP aber befürchten, daß sich ihr Wählerpotential durch den „Kastenkrieg" auf die hochkastigen Hindus reduzierte. Damit würde ihr Aufstieg zu einer nationalen „Volkspartei aller Hindus" gestoppt. Folglich mußte sich die BJP eine politische Taktik überlegen, wie sie die Ränge der in sich gespaltenen Hindu-Mehrheit wieder schließen und die Frustrationen auf einen alternativen „Kriegsschauplatz" umlenken konnte. Geschlossenheit ließ sich am ehesten herstellen, indem die BJP ein Hindu-Nationalgefühl propagierte und agitatorisch durch die gemeinsame Abwehr eines „äußeren Feindes" – sprich einer religiösen Minderheit förderte.

Zusammenstöße zwischen der Hindu-Mehrheit und den religiösen Minderheiten, besonders den Moslems, werden „communal clashes" genannt. „Communalism" ist ein für Indien wichtiges Phänomen. Der Ausdruck geht auf die britisch-koloniale Bezeichnung der Religionsgemeinschaften als „communities" zurück und bezieht sich auf politische Konflikte zwischen verschiedenen religiösen Gemeinschaften. Die eigentliche Konfliktursache bilden meist sozio-ökonomische Rivalitäten, die von politischen Parteien für ihre Interessen instrumentalisiert werden.

Die Moslem-Minderheit eignete sich für diese „Feindrolle" besonders gut: zum einen war sie der „Gegner" in der bereits laufenden Kontroverse um den Ram-Tempel; zum zweiten hegten die Hindus seit langem eine unterschwellige Angst vor einer „Überfremdung", da das Gerücht kursiert, Moslem-Familien seien kinderreicher als Hindu-Familien; zum dritten führen die im indischen Kaschmir-Tal lebenden Moslem-Kaschmiris seit Ende 1989 einen von Pakistan verdeckt unterstützten militanten Separationskampf, der die indische Nation tief beunruhigte. (Der jüngste während des Wahlkampfs ausgetragene kurze und heftige bewaffnete Konflikt zwischen Indien und Pakistan im Sommer 1999 wird daher sicherlich im Wahlergebnis seinen Niederschlag finden.) All diese Themen ließen sich für die politische Mission instrumentalisieren, Hindus aller Kasten zum gemeinsamen Kampf für Einheit und nationale Größe „Mutter Indiens" (Bharat Mata) aufzurufen.

Ausschlaggebend für den Erfolg dieser Mobilisierungstaktik war, daß die BJP auf unterschwellige Ressentiments und Ängste zurückgreifen konnte, die die Hindu-Mehrheit schon seit langem gegen die Moslems hegte. Teils reichten diese Ressentiments bis in die frühe Phase der Unabhängigkeitsbewegung gegen die britische Kolonialmacht zurück; teils waren sie durch die traumatischen Wirren und millionenfachen Ermordungen verursacht, die die Teilung Indiens und Pakistans 1947 belastet hatten; teils rührten sie daher, daß die Moslems in Indien verdächtigt wurden, als „fünfte Kolonne" des verfeindeten Pakistan in Indien zu fungieren. Das propagandistische Geschick der BJP bestand darin, daß sie diese unterschwelligen, aber diffusen Ängste und verdeckten Aggressionen auf konkrete Objekte wie beispielsweise die Babri-Moschee lenkte.

Die Überlagerung des „Kastenkriegs" (mandalization) durch den Hindu-Moslem-Gegensatz (communalism) wirkte sich zum Nachteil der OBCs und der unteren Kasten und Schichten im allgemeinen aus, da sich die beiden großen Parteien, BJP und Congress, auf die Kampagnen für und gegen den erstarkenden Hindu-Nationalismus konzentrierten. Deshalb wandten sich viele OBC- und niedrigkastige Wähler regionalen Politikern zu, die selbst aus diesen unteren Kasten und Schichten stammten und kleine Parteien mit einem spezifischen sozio-politischen Profil gründeten.


Probleme der christlichen Minderheit

Eine neue Version des „communalism" ist seit 1998 zu beobachten. Erstmals in der Geschichte des unabhängigen Indiens geriet die kleine christliche Minderheit in die politische „Feindrolle". Im September 1998 wurden vier katholische Nonnen in einem abgelegenen Konvent im Bundesstaat Madhya Pradesh vergewaltigt. Kurz danach wurden im Bundesstaat Gujarat Kirchen niedergebrannt und zum Christentum übergetretene Stammesangehörige getötet. Für das Jahr 1998 wurden 108-120 Übergriffe auf Einrichtungen und Mitglieder der christlichen Gemeinschaft angegeben. Entsetzen in Indien und im Ausland löste die heimtückische Verbrennung des seit 1965 in Indien tätigen australischen Missionars Graham Steward Staines mit seinen zwei minderjährigen Söhnen am 23. Januar 1999 im Bundesstaat Orissa aus. Auch im Falle des neuen Konflikts zwischen Hindus und Christen ist zwischen politisch-taktischen Motiven und den tieferliegenden Ursachen zu unterscheiden. Letztere erklären sich aus dem gesellschaftlichen Umbruch in den 90er Jahren und reihen sich in die Auswirkungen der „mandalization" ein, denn seit kurzem fordern auch sozial und bildungsmäßig benachteiligte christliche Gruppen eine eigene Reservierungsquote.

Die kleine christliche Gemeinschaft beträgt nur 2,3% der indischen Bevölkerung, konfessionsmäßig überwiegen Katholiken geringfügig. Missionierungen erfolgten in großen historischen Abständen, wurden durch sehr unterschiedliche christliche Organisationen durchgeführt und fanden in geographisch weit auseinanderliegenden Landesteilen der Indischen Union statt, so daß die Gemeinschaft recht heterogen wirkt. Dennoch gelang es den Kirchenleitungen beider Konfessionen, der indischen Öffentlichkeit ein einheitliches Bild zu vermitteln: eine sich auf lokale Sozial- und Bildungsarbeit beschränkende Religionsgemeinschaft, die sich nur äußerst zurückhaltend zu Anliegen der nationalen Politik äußerte. Dieses gemäßigte Gesamtbild schloß aber nicht aus, daß – unbemerkt von der nationalen Öffentlichkeit – durchaus einzelne Vertreter und bestimmte Missionsorganisationen (beispielsweise die „Indian Evangelical Mission") in besonders verarmten oder benachteiligten Landesteilen und Stammesgebieten offensiv Konversionen durchführten.

Die taktischen Motive, neuerdings Christen als „äußeren Feind" der Hindu-Gemeinschaft zu brandmarken und zu verfolgen, lassen sich aus den Rechtfertigungen und dem Zeitpunkt ableiten, zu dem die Übergriffe sprunghaft angestiegen sind.

Zum Zeitpunkt: Im März 1998 übernahm die BJP als Koalitionsführerin die nationale Regierungsverantwortung. Gleichzeitig wurde mit Sonia Gandhi eine gebürtige Italienerin und Katholikin zur Präsidentin der Congress Party ernannt. Nach den Nukleartests im Mai 1998 ebbten die nationale Euphorie und der Stolz über die „mannbare und wehrhafte" indische Nation bald ab. Premierminister Vajpayee mußte erhebliche Energien allein schon darauf verwenden, seine von inneren Querelen geschwächte Viel-Parteien-Koalition am Überleben zu halten. Deshalb war er zu vielen Zugeständnissen gezwungen, die radikale Vertreter des hindu-nationalistischen Gesamtverbands (Sangh Parivar) als Verrat an der Hindutva-Ideologie empfanden. Da Vajpayee bereits bei Amtsantritt mit vorgezogenen Neuwahlen rechnen mußte, bemühte er sich um ein gemäßigtes Image mit dem mittelfristigen Ziel, die BJP zu einer für möglichst viele Landesteile und Bevölkerungsgruppen akzeptablen „Volkspartei" aufzubauen. Auch das wurde innerhalb des Gesamtverbands heftig kritisiert und äußerte sich in partei- und verbandsinternen Richtungskämpfen.

Zu den Rechtfertigungen: Begründet wurden die Übergriffe mit den „massenhaften Zwangskonversionen", die angeblich christliche Missionare unter Stammesangehörigen durchgeführt hätten. Sie seien Indizien für ein „Komplott" der christlichen Kirchen, ähnlich wie in Afrika langfristig große Teile der Hindu-Gemeinschaft bekehren zu wollen. Außerdem würden die Zwangskonversionen den „sozialen Frieden" in den Dörfern gefährden, da die Missionare die Ärmsten der Armen durch die Konversionen aufwiegelten und sie durch christliche Bildung ermutigten, weiterreichende Forderungen zu stellen (Reservierungsquote!).

Vor diesem Hintergrund lassen sich folgende taktischen Motive herausarbeiten: 1. eine Anti-Congress-Strategie aufzubauen mit dem Ziel, im Wahlkampf in der Bevölkerung eine feindliche Stimmung gegen die „Ausländerin" und „Christin" Sonia Gandhi zu provozieren; 2. der indischen Öffentlichkeit die Hindu-Nationalisten mit ihren sozial sehr aktiven Hilfsorganisationen als die wahren Hüter der indischen (= hinduistischen) Nation, zivilisatorischen Werte und Verteidiger der Hindu-Gemeinschaft populistisch zu projizieren; 3. öffentliche Kritik an den – abgesehen von den Nukleartests – nicht herausragenden Leistungen der BJP-Koalitionsregierung abzuwenden und das allgemeine Interesse auf einen „nationalen Feind" hinzulenken; und 4. innerhalb der Partei und des Gesamtverbands Druck auf den zu „gemäßigten" und zu „kompromißbereiten" Premierminister Vajpayee auszuüben.

Der begründende Verweis auf die „Gefährdung des sozialen Friedens in den Dörfern" deutet auf die tieferliegenden Ursachen hin und läßt die Parallele zum „mandalization"-Konflikt erkennen. Drei Viertel der indischen Christen gehören zu den Dalits („die Niedergetretenen"), wie sich die kastenlosen Hindus (früher: Unberührbare) inzwischen selbst nennen. Die hinduistischen Dalits stellen die in der Verfassung aufgelisteten scheduled castes (SCs). Ein weiterer großer Anteil der indischen Christen gehört zu den Stammesangehörigen, die inzwischen Adivasis genannt werden. Hinduistische Adivasis werden als scheduled tribes (STs) eingestuft.

Dalits und Adivasis, die schon früher oder nun neu zum Christentum gehören, werden von den christlichen Kirchen durch soziale Unterstützung und Alphabetisierung gefördert. Dadurch wächst ihr Selbstbewußtsein, und sie werden sich ihrer Rechte bewußt. Da, wie oben gesagt, Angehörige der SCs und STs kein Anrecht auf eine Reservierungsquote besitzen, wenn sie Christen sind, würden sie in die Kategorie der OBCs fallen, wenn sie soziale Vergünstigungen einfordern. In der jüngsten Verfassungsdiskussion sind die OBCs umbenannt in „socially and educationally backward classes" (sinngemäß „sozial und bildungsmäßig benachteiligte Klassen/Schichten). Diese Definitionserweiterung würde den christlichen Dalits und Adivasis den Zugang zu staatlichen Fördermaßnahmen erleichtern.

Damit würden sie aber zwei tiefsitzende Ängste der hochkastigen Hindus schüren: zum einen – wie hinduistische OBCs – die Chancen auf Zugang zu öffentlichen Bildungs- und Arbeitsplätzen durch eine weitere Quote zusätzlich erschweren; zum anderen die unterschwellige Befürchtung der hochkastigen Hindus und ihrer politischen Repräsentanten verstärken, den durch die Kastenhierarchie religiös verankerten privilegierten Status zu verlieren. Die Angst, auf eine Minderheit reduziert zu werden, resultiert daraus, daß die Kastenhierarchie zusammenbrechen würde, wenn die zig-millionenstarken niederen Kasten aus dem Kastensystem ausbrechen und zum Christentum – oder wie nach der Unabhängigkeit von dem führenden Dalit-Politiker, Dr. Ambedkar, propagiert – zum Buddhismus übertreten.

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Hindu-Nationalismus: Nachholende nationale Selbstbehauptung

Den Hindu-Nationalismus auf einen rein religiösen Fundamentalismus hinduistischer Spielart zu reduzieren und ihn mit radikalen Bewegungen islamischer oder christlicher Richtung gleichzusetzen, verkennt Wesen und Breitenwirkung der BJP und des hindu-nationalistischen Gesamtverbands (Sangh Parivar). Hindu Rashtra (Hindu-Nation bzw. Hindu-Staat) und Hindutva (Hindutum) sind Konzepte, wie vage auch immer, die zeitloses kulturelles Erbe, kastenbestimmte gemeinsame Abstammung, Zugehörigkeit zu der als heilig betrachteten Nation und das Vaterland als religiöse Heimat miteinander verbinden.

Der geistige Vater der Hindutva-Ideologie, V.D. Savarkar, definierte 1923 einen Hindu folgendermaßen: Ein Hindu ist eine Person, die das Land Indien (Bharat) vom Indus bis zu den Meeren 1. als sein Vater-Land (d.h. Land seiner Vorfahren), 2. als ein heiliges Land und 3. als die Wiege seiner Religion betrachtet. Diese drei Komponenten brachte die BJP in ihrem Wahlmanifest 1998 auf die treffende Gleichung: „one nation, one people, and one culture".

Da Moslems und Christen zwar Indien als ihr Vaterland verstehen, es aber nicht für heilig halten und es nicht als ein Land sehen, in dem sie sich religiösen Verdienst erwerben können, sind sie vom „Hindutum" ausgeschlossen. Deshalb führt die Gleichsetzung von Hindu-Nation und Hindutum dazu, daß „die Nation hinduisiert und der Hinduismus nationalisiert" wird (Clemens Jürgenmeyer).

Als politisches Instrument lassen sich Hindu Rashtra und Hindutva deshalb so gut benutzen, weil sie den Bogen zwischen jahrtausendealten Mythen und visionären ideologischen Zukunftskonzepten spannen, nicht aber eine konkrete politische Realität beschreiben. Mythologische Vorstellungen aus der idealisierten kulturellen Vergangenheit (wie beispielsweise die Agitation für den Ram-Tempel) werden als religiöse Symbole in politischen Kampagnen eingesetzt und sprechen grundsätzlich das religiöse Gefühl aller Hindus an, gleich welcher Kaste sie angehören. Konzeptionelles Ziel der Hindu-Nationalisten ist es, eine Nation und eine religiös-kulturelle Identität zu schaffen, die sich auf das kulturelle Erbe stützen und den „indischen Nationalismus als kulturellen Nationalismus" verstehen (Clemens Jürgenmeyer).

Politische Breitenwirkung gewann der Hindu-Nationalismus auch dadurch, daß sich nach jahrzehntelanger Verzögerung eine ideologische Richtung nun endlich selbst behauptete, die auf die Frühphase der Unabhängigkeitsbewegung zurückreichte. Als die britisch-indische Kolonialmacht zu Beginn des 20. Jahrhunderts nach dem Motto „teile und herrsche" Hindus und Moslems gegeneinander ausspielte, kristallisierten sich drei ideologische Lager heraus:

  • Indian National Congress: Vertreter der säkularen Richtung und der Interessen von gemäßigten Hindus und Moslems;

  • Hindu Sabhas (Hindu-Versammlungen), Hindu Mahasabha (Große Hindu-Konferenz) und Rashtriya Swayamsevak Sangh (RSS, gegründet 1925 als „Nationale Freiwilligentruppe"): Vertreter der extrem rechten Hindu-Nationalisten bzw. Hindu-Kommunalisten; die RSS ist die Mutterorganisation des Sangh Parivar und damit auch der BJP;

  • Moslem-Liga: Vertreter derjenigen Moslems, die einen eigenen Staat forderten.

Fragt man nach Erfolg und Mißerfolg dieser drei konkurrierenden Richtungen, wird deutlich, warum das Erstarken des Hindu-Nationalismus in den 90er Jahren als „nachholende nationale Selbstbehauptung" erklärt werden kann.

Der Indische Nationalkongress war insofern politisch erfolgreich, als er Indiens Unabhängigkeit errang und in Gestalt der Congress Party gut 40 Jahre die Indische Union lenkte. Er mußte allerdings eine schmerzhafte Niederlage hinnehmen, denn er konnte die Einheit Indiens nicht bewahren. Die Moslem-Liga setzte ihr Programm mit der Gründung des separaten Staates Pakistan für die Moslems in vollem Umfang durch. Allerdings erwies sich ihr ideologisches Konzept der „Zwei-Nationen-Theorie" (Hindus und Moslems als getrennte „Nationen") auf Dauer nicht als hinreichend tragfähig, um eine übergreifende nationale Identität und einen demokratisch gefestigten Staat aufzubauen. Vorläufige Verlierer waren dagegen die Hindu-Nationalisten, da sie weder eine starke Basis in der Bevölkerung aufbauen noch die territoriale Teilung verhindern konnten. Doch wirkte ihr starker Einfluß unterschwellig in der indischen Gesellschaft weiter. Als parteipolitische Kraft manövrierten sie sich allerdings für lange Zeit selbst ins Abseits, da aus ihren Reihen die Mörder Mahatma Gandhis im Januar 1948 stammten.

Je mehr sich jedoch die Congress Party an internen Machtrivalitäten aufrieb und in ihrem Parteiapparat erstarrte und je unglaubwürdiger ihr Eintreten für einen säkularen Staat wurde, desto mehr Zulauf erhielten die Hindu-Nationalisten. Das drückte sich zunächst nicht unmittelbar in Wählerstimmen oder gar Parlamentssitzen aus, sondern zunächst einmal in einer grundsätzlichen, aber stillschweigenden Sympathie. Kultur- und Jugendorganisationen des Gesamtverbands Sangh Parivar gewannen allmählich mehr Mitglieder. In der nationalen Politik gelang es der BJP erst in den 90er Jahren, „politisch hoffähig" zu werden. Voraussetzung dafür war unter anderem, daß die ethnischen Konflikte in den 80er Jahren (Punjab, Assam, Kaschmir) unter den Hindus eine weitverbreitete Angst ausgelöst hatten, von ethnischen Minderheiten bedroht zu werden und die Einheit der Nation gefährdet zu sehen.

Wie stark die unterschwellige Verbundenheit mit mythologischen Symbolen des Hinduismus in der indischen Gesellschaft ist, kann an einem politisch unverfänglichen Beispiel demonstriert werden. Wissenschaftler der staatlichen Raumfahrtbehörde und Rüstungsbetriebe entwickelten noch in den Jahrzehnten der Congress-Herrschaft Raketen, Panzer und Waffen, die alle nach Göttern der heiligen Hindu-Schriften (Veden) benannt wurden: beispielsweise die Kurzstreckenrakete Prithvi, die Mittelstreckenrakete Agni, deren erweiterte Version Surya oder der Kampfpanzer Arjun. Diese Namen wurden gewählt, um der Nation den Stolz auf die technologischen Errungenschaften zu vermitteln. Was den Wissenschaftlern recht war, konnte der BJP nur billig sein!

Wie tief mittlerweile der hindu-nationalistische Gesamtverband in der indischen Gesellschaft verwurzelt ist, läßt sich an der Struktur des Sangh Parivar verdeutlichen. Die Mutterorganisation und ideologische Kontrollinstanz RSS unterhält Tausende von lokalen Zweigstellen in vielen Landesteilen, in denen junge Männer als zukünftige Kader trainiert werden. Für die verschiedenen gesellschaftlichen, politischen, religiösen und regionalen Bereiche sind spezielle Organisationen gegründet worden: für die nationale Politik die BJP, für regionale Politik beispielsweise die Shiv Sena (Regionalpartei im Bundesstaat Maharashtra), für den religiösen Bereich (als Vereinigung der Priester und als kulturelle Kontaktstelle für die im westlichen Ausland lebenden indischen Emigranten) der Vishwa Hindu Parishad (Welt-Hindu-Rat), für militante Straßenagitationen die Jugendorganisation Bajrang Dal, für den wirtschaftlichen Bereich der Swadeshi Jagaran Manch (SJM); hinzu kommen berufsspezifische Organisationen für Lehrer, Sozialarbeiter etc.

Wie die Spannungen innerhalb des Sangh Parivar während der 13-monatigen Regierungszeit von Vajpayee belegen, hat sich insbesondere die BJP eine gewisse Eigenständigkeit gesichert. Deshalb darf keineswegs davon ausgegangen werden, daß die RSS unangefochten den Gesamtverband kontrolliert und die einzelnen Organisationen lediglich als „Befehlsempfänger" die Weisungen der ideologischen Zentrale ausführen.

Ein Beispiel mag das illustrieren. Mahatma Gandhis swadeshi-Kampagne nach dem Ersten Weltkrieg begründete eine hochgeschätzte und gesellschaftlich breit unterstützte Strategie der Importsubstitution. Swadeshi bedeutet „selbstgemacht", „einheimisch hergestellt". Damals rief Mahatma Gandhi auf, importierte britische Tuche durch selbstgesponnene Khadi-Baumwollprodukte zu ersetzen. In dieser swadeshi-Tradition steht auch der Sangh Parivar, wie schon aus dem Namen des wirtschaftspolitischen Arms Swadeshi Jagaran Manch (SJM) hervorgeht. Gleichzeitig gibt es aber auch einen starken wirtschaftsliberalen Flügel innerhalb der BJP, der sich für die seit 1991 eingeleitete Öffnung zum Weltmarkt einsetzt. Nach den indischen Nukleartests im Mai 1998 drängten die US-Sanktionen Indien in internationale Isolation. Als Vajpayee und der wirtschaftsliberale Flügel die einschneidenden Folgen der Sanktionen erkannten, bemühten sie sich ab Herbst 1998, wieder das Investitionsklima für ausländische Unternehmen zu verbessern. Damit provozierten sie jedoch einen Streit mit den protektionistischen swadeshi-Anhängern im SJM. Schließlich setzte sich Vajpayee durch und demonstrierte damit das relative Eigengewicht, daß die BJP innerhalb des Sangh Parivar gewonnen hatte.

Die swadeshi-Kontroverse bietet sich für einen Ausblick auf die politischen und gesellschaftlichen Perspektiven der Hindu-Nationalisten an, weil im wirtschaftlichen Bereich Stärken und Schwächen des Hindu-Nationalismus nicht durch religiöse Mythologisierung verhüllt werden.

Der historische Rückblick auf die Ursprünge der swadeshi-Strategie zeigt, daß sich auch hier die Hindu-Nationalisten nationale Wertvorstellungen zu eigen gemacht haben, die bereits seit langem tief in der indischen Gesellschaft verwurzelt sind. Das bestätigt das strategische Geschick der Hindu-Nationalisten, vorhandene Werte, Ängste, Ressentiments für die eigenen politischen Ziele zu nutzen. Im wirtschaftlichen Bereich ist es der nationale Stolz auf das Selbsthergestellte; im religiös-kulturellen Bereich wird der Stolz auf das große zivilisatorische Erbe Indiens für die eigene Strategie eingesetzt; im politisch-taktischen Bereich dienen die unterschwelligen Ressentiments und Bedrohungsängste gegen religiöse Minderheiten wie die Moslems oder Christen der politischen Instrumentalisierung. Dank dieser erfolgreichen Strategie und Mobilisierungstaktik haben sich die Hindu-Nationalisten so breite gesellschaftliche Unterstützung erworben, daß sie auf längere Sicht eine ernstzunehmende politisch-gesellschaftliche Kraft in der Indischen Union bleiben werden.

Der pragmatische Widerstand, den Vajpayee und der wirtschaftsliberale Flügel gegen die eigenen swadeshi-Propagandisten geleistet hat, deutet aber auch auf die inhärenten politischen Begrenzungen hin. Je dogmatischer sich die Hindu-Nationalisten geben, desto mehr potentielle Wähler schrecken sie ab. Hierin steckt das eigentliche Dilemma der BJP als parteipolitischer Arm der Hindu-Nationalisten. Die Hindutva-Ideologie grenzt bestimmte Gesellschaftsgruppen aus und polarisiert das politische Leben. Dadurch verprellen die Hindu-Nationalisten gemäßigte Hindus mit einer grundsätzliche Sympathie für die BJP, die außerhalb der regionalen Kerngebiete des Sangh Parivar leben, nicht zum hindi-sprachigen Norden gehören oder sozio-ökonomischen Schichten bzw. Kasten zuzuordnen sind, die nach Alternativen zum Congress, den Linksparteien oder den regionalen Kleinparteien suchen. Gerade auf diese Wählergruppen ist jedoch die BJP angewiesen, wenn sie weiter expandieren und zu einer nationalen Volkspartei aufsteigen will. Würde sie, wie es Vajpayee in der swadeshi-Kontroverse getan hat, aus pragmatischen Gründen Kompromisse eingehen, verliert die BJP ihr klares ideologisches Profil, gerät in interne Richtungskämpfe und präsentiert sich den Wählern als eine ebenso zerstrittene Partei wie die Congress Party oder manche der Kleinparteien. Damit würde sie Wähler verlieren, die in der BJP eine Alternative zu diesen anderen Parteien sehen.

Die inhärente politische Selbstbegrenzung resultiert deshalb sowohl aus einer zu dogmatischen Profilierung als auch aus einer zu pragmatischen Politik. Deshalb dürfte es der BJP auf mittelfristige Sicht nur schwer fallen, wesentlich mehr Mandate als in den Wahlen 1998 zu erreichen. Insbesondere dürfte sie wenig Chancen haben, aus eigener Kraft die absolute Mehrheit zu gewinnen. Sollte sie ihre Mandate relativ steigern, müßte sie erneut eine Koalitionsregierung eingehen und wäre erneut durch kleine Parteien erpreßbar.

Allerdings könnte der Congress Party das gleiche Schicksal drohen, so daß – als wahrscheinlichste Perspektive – die Zeit der kurzlebigen Koalitionsregierungen anhalten dürfte.


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