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II. Sechs Thesen in den Gestaltungsfeldern der Informationsgesellschaft

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Die Fortschritte in der Technologie eröffnen unzählige neue Möglichkeiten für die Telekommunikation. Welche davon sich durchsetzen, hängt von vielen Randbedingungen ab. Als erstes entscheidet der Regulierer über die Art der Rahmenbedingungen für die Entwicklung der Telekommunikationsindustrie eines Landes. Die Art des Wettbewerbs wird dadurch definiert. Der nächste Filter ist, ob Innovationen profitabel vermarktet werden können; nicht profitable Produkte/Dienste demonstrieren, daß entweder ihre zugrundeliegende Technologie nicht besser ist als schon bestehende (Substitution) oder der Kunde die sogenannten Vorzüge (Leistung oder Kosten) nicht als überzeugend ansieht und nicht kauft. Innovationen kommen heutzutage mit zunehmender Geschwindigkeit auf den Markt; dies liegt in erster Linie daran, daß durch die Telekommunikation eine globale Arbeitsteilung auf tagtäglicher Basis möglich ist. Die kritische Masse von Experten, die zugleich an bestimmten Problemlösungen arbeitet, ist praktisch sofort gegeben. Unternehmen, deren Existenz im freien, globalen Wettbewerb allein von der Differenzierung abhängt, können sich nur durch kontinuierliches Lernen langfristig behaupten.

Eine Gesellschaft, die im Rahmen der zukünftigen Informationsgesellschaft am Wertschöpfungsprozeß durch seine Unternehmen teilhaben will, muß dafür Grundvoraussetzungen schaffen. Neue Wertvorstellungen müssen erarbeitet werden, die unsere Arbeitswelt, unser Bildungssystem und unsere Kommunikation neu definieren. Will Deutschland an seinen Erfolgen der Vergangenheit anknüpfen, ist hierzu ganz besonders eine Wissensoffensive notwendig. Erst dies wird den Telekommunikationsmärkten der Zukunft eine stabile Basis geben.

Dieser Aufbruch in die Informationsgesellschaft, geprägt durch den Telekommunikationsmarkt der Zukunft, läßt sich in sechs Gestaltungsfeldern strukturieren, für die wir jeweils eine These aufgestellt haben (Abb. l).

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1. TECHNOLOGIE

Die informationstechnologische Revolution ermöglicht und treibt die Entwicklung der Telekommunikationsmärkte. Sie wird primär ausgelöst durch Digitalisierung, Glasfasertechnologie, Mikroelektronik, Verfahren der Datenkompression und intelligente Software und führt zu globalen, dezentral organisierten, intelligenten Netzen. Die Entfernung für Informationsübertragung wird zunehmend irrelevant.

2. REGULIERUNG

Wettbewerb entsteht nicht im freien Spiel der Marktkräfte - er muß vom Regulierer in der Startphase aktiv gefördert werden (Paradoxon der Liberalisierung). Dabei läßt sich Wettbewerb durch den globalen Aufwind nicht aufhalten. Wettbewerb schafft die notwendigen Innovationen und steigert gleichzeitig die Produktivität in der Telekommunikationsindustrie. Die alte

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Rolle des Regulierers mit direktem Markteingriff (Preis-/Margenkontrolle) verschwindet; eventuell setzen und kontrollieren andere regulierende Instanzen gesellschaftliche Rahmenbedingungen (Urheberrecht etc.)

3. MARKT

Neue Märkte entstehen nicht zufällig - sie werden geschaffen. Dies geschieht entlang der Wertschöpfungskette auf der Basis von zunehmend individualisierten Kundenanforderungen und dementsprechend zunehmend ausdifferenzierten Wettbewerbsstrukturen. Drei Szenarien der Telekommunikations-/Informationswelt könnten Wirklichkeit werden: Eine Transportwelt, eine Vertriebswelt oder eine Informationswelt. Politik, Wirtschaft und Wissenschaft werden es bestimmen.

4. WETTBEWERBSDIFFERENZIERUNG

Das Erfolgsmodell der Telekommunikation wird das LERNENDE Unternehmen sein. Bisher klar definierte Grenzen des Unternehmens zu Kunden, Lieferanten und strategischen Allianzen werden sich teilweise auflösen. Wettbewerbsvorsprünge werden durch wissensorientierte Lern- und Leistungsprozesse dieser "erweiterten" Unternehmen aufgebaut.

5. GESELLSCHAFT

In der Informationsgesellschaft müssen die Grundfunktionen Lernen und Arbeit neu ausgestaltet werden. Das fordert neue Mündigkeit von den Mitgliedern dieser Gesellschaft. Neue Ungleichheiten infolge einer Wissenskluft müssen bekämpft, feste Arbeitsplätze durch lebenslanges Lernen flexibilisiert werden. Die Telekommunikation ermöglicht und fördert diese Neuausrichtung.

6. STANDORT DEUTSCHLAND

Über eine "Wissensoffensive" können die Standortbedingungen in der Bundesrepublik Deutschland verbessert werden. Hierzu sind visionäre Vordenkerschaft sowie eine Deregulierung des deutschen Bildungswesens notwendig. Sie müssen Hand in Hand mit der erfolgreichen Entwicklung der

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Telekommunikationsmärkte der Zukunft gehen. Nur so erhöhen sich die Chancen für die Schaffung neuer, zukunftssicherer Arbeitsplätze.

Die Informationsgesellschaft entsteht nicht von selbst; Politik, Wirtschaft und Wissenschaft müssen aktiv die Rahmenbedingungen hierfür gestalten. Ausgangspunkt ist der Telekommunikationsmarkt.


© Friedrich Ebert Stiftung | technical support | net edition fes-library | Juli 1999

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