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[Essentials]

  • Die These, die hohe Arbeitslosigkeit in Deutschland und anderen europäischen Ländern sei eine Folge unflexibler Arbeitsmärkte, wohingegen das amerikanische „Beschäftigungswunder" der Lohn für Arbeitsmarkt-Flexibilität sei, zeichnet ein stark verzerrtes Bild der Realität.
  • Der Übergang von der Vollbeschäftigung zur Massenarbeitslosigkeit ist vielmehr eine Folge des makroökonomischen „Krisensyndroms", das seit Mitte der 70er Jahre das vorangegangene „Prosperitätssyndrom" abgelöst hat. Das „Prosperitätssyndrom" ist gekennzeichnet durch Primat der Realkapitalbildung, das „Krisensyndrom" durch Primat der Finanzkapitalanlage.
  • Das „Krisensyndrom" brachte in den USA stagnierende Löhne und ein Abgleiten in die Armut für große Teile der Arbeitnehmerschaft, während es in den europäischen Wohlfahrtsstaaten Massenarbeitslosigkeit und einen Rückgang der Lohnquote bei weiterhin steigenden Reallöhnen für die Mehrheit der Arbeitnehmer bewirkte.
  • Entscheidend für den Unterschied zwischen dem amerikanischen und dem deutschen/europäischen Modell ist die Arbeitsproduktivität: sie stieg bereits in der Prosperitätsphase in Europa signifikant schneller als in den USA und nahm auch während der Krisenphase ständig zu, während sie in den USA nahezu stagnierte.
  • Die USA brauchen massenhaft arbeitsintensive Jobs von sehr geringer Produktivität, weil ihr Ausbildungssystem massenhaft unqualifizierte Arbeitskräfte hervorbringt. Das leistungsfähige deutsche/europäische Ausbildungssystem hingegen begünstigt kapitalintensive Produktion mit hochproduktiven Jobs, deren Anzahl aber geringer ist.
  • In Übereinstimmung mit dieser Sichtweise - und entgegen weitverbreiteter Meinung - ist der Anteil der Unqualifizierten unter den Arbeitslosen in den „flexiblen" USA höher als in Deutschland und ist die Arbeitslosigkeit unter den besser Qualifizierten in Deutschland seit den 70er Jahren stärker gestiegen als unter den Unqualifizierten.
  • Die Lösung des Problems liegt nicht im Übergang zum flexiblen „Niedrigproduktivitätsmodell" der USA, sondern in der Rückkehr zum „Prosperitätssyndrom".
  • Die Rückkehr zum Prosperitätssyndrom erfordert, daß die Realkapitalbildung wieder Vorrang vor den Finanzkapitalanlagen bekommt, wie es in den 50er und 60er Jahren weltweit der Fall war. Die Abschwächung des „Krisensyndroms" in den USA seit Anfang der 90er Jahre weist den richtigen geldpolitischen Weg.

© Friedrich Ebert Stiftung | technical support | net edition fes-library | Mai 1999

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