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[Essentails]
- Die Präsidentschaftswahlen im Dezember 1997 dominieren seit Monaten die Innenpolitik, dabei sind Personen wichtiger als Programme. Präsident KIM Young-Sam, Vorsitzender der Regierungspartei New Korea Party (NKP), kann nicht wieder kandidieren und kämpft gegen aufkommende lame duck-Einschätzungen. Sechs Premierminister wurden in den letzten vier Jahren verschlissen, die anfängliche Reformorientierung ist aufgezehrt. Der Kampf gegen Korruption und Nepotismus hat durch den die letzten Monate bestimmenden Hanbo-Skandal an Glaubwürdigkeit verloren.
- KIM Dae-Young mit dem 'National Congress for New Policy' (NCNP) und der Ex-Premierminister KIM Young-Pil mit der 'United Liberal Democrats' (ULD) reklamieren, wie die NKP, die wahrhaft konservativen Parteien zu sein und verzichten auf weitergehende programmatische Aussagen. Entsprechend dürr ist die Auseinandersetzung um Politikinhalte
- Eine erratische Nordkoreapolitik des Südens - mal Gesprächsbereitschaft und humanitäre Hilfe, dann ideologisch antikommunistische Unversöhnlichkeit - verunsichert Bevölkerung und internationale Partner. Nordkorea sucht nach Wegen aus der Isolation - an Südkorea vorbei. Die USA verfolgen ein regionales Befriedungskonzept, auch mit Druck auf Südkorea. Seoul fürchtet, Konfliktmüdigkeit und ökonomischer Egoismus der Freunde und Nachbarn könnten Nachgiebigkeit gegenüber Nordkorea fördern und Südkorea an den Rand drängen.
- Seit Ende 1996 ist Korea 29. Mitglied der OECD. Befriedigung über diese Anerkennung der Wachstumserfolge der letzten Dekaden mischt sich - insbesondere angesichts rückläufiger Wirtschaftsdynamik - mit der Furcht vor dem mit den Liberalisierungsforderungen verbundenen zu erwartenden Konkurrenzdruck z.B. im Banken- und Dienstleistungssektor.
- Eine den OECD-Anforderungen nicht genügende autoritäre Arbeitsgesetzgebung führte Anfang 1997 zu schweren sozialen und politischen Auseinandersetzungen, die die Fragilität der demokratischen Kultur des Landes offenlegten. Das daraufhin revidierte Gesetz bedeutet den Abschied vom aus Japan übernommenen paternalistischen, betriebszentrierten Konsensmodell zugunsten eines stärker verrechtlichten, flexibleren Arbeitsrechts eher neoliberaler, westlicher Prägung. Es wird von Wirtschaft und Gewerkschaften erhebliche Anpassungsleistungen fordern.
- Auffälliges Merkmal der Wirtschaftsstruktur ist die Dominanz der Oligopole (Chaebol"). Die 30 größten Unternehmen erwirtschaften über 16% des GNP, davon die führenden vier (Samsung, Hyundai, Daewoo, LG) etwa 60%. Damit bestimmen die Erfolge oder (wie inzwischen immer häufiger) die Mißerfolge der Chaebols die Bilanz der koreanischen Entwicklung.
- Koreas Wirtschaft befindet sich inzwischen in der ungemütlichen Position zwischen den Industrieländern, die ihrerseits um Aufrechterhaltung des Abstands bemüht sind, und in vielen Produktgruppen konkurrenzfähig nachrückenden Entwicklungsländern. Die Chaebols versuchen, sich vom bislang ausschließlichen Produktionsstandort Korea zu lösen. Über den Ankauf von Technologieunternehmen in Industrieländern wird neben erweiterten Marktchancen Zugang zu Know-how erhofft; Milliarden-Investitionen in Entwicklungsländern sollen Märkte sichern und Exporte stärken.
- Forschung und Entwicklung sind in den meisten Sektoren weiterhin unterentwickelt - mit Ausnahme des Elektronikbereichs. In vielen Unternehmen übersteigen die Ausgaben für Bewirtung den Forschungsetat. Ein innovativer, flexibler industrieller Mittelstand konnte im Schatten der Großkonzerne nicht entstehen. Das Bildungssystem fördert Konformität zu Lasten von Kreativität.
- Korea kauft Spitzentechnologie teuer ein und muß über die Steigerung der Exportmenge den Verfall der margins ausgleichen. Ein Exportzuwachs von 3,7% 1996 ist im Weltmaßstab ein ordentliches Ergebnis. Doch ein Importanstieg von über 11% und negativer Kapitaltransfer (Ausländer ziehen zunehmend Kapital ab von Börse und Kapitalmarkt, und Koreaner lernen Auslandsreisen zu schätzen) belasten Handels- und Zahlungsbilanz.
- Nach drei Jahren explosiven Wachstums (1995: 9%) belegen das 1996er Handelsbilanz- (- $ 20 Mrd.) und das Leistungsbilanzdefizit (-$ 23 Mrd.) sowie die Auslandsverschuldung (Zunahme um $ 26 Mrd. auf $ 104 Mrd.) strukturelle Schwächen der koreanischen Wirtschaft. Ein GDP-Wachstum 1996 von 6,8 % indiziert in Korea mit hoher Unternehmensverschuldung bei hohem Zinsniveau bereits eine Rezession.
- Wegen der unflexiblen Produktionsstruktur führt bei weiterhin hoher Produktionsauslastung um 80 % und gesteigerter Produktivität die Absatzkrise zu hohen Lagerbeständen, die jedoch als Investment in die Wachstumsbestimmung eingehen. Also bleibt die Wachstumsrate hoch - auch bei rückläufigen Verkäufen. Eine fatale Realitätsverzerrung.
© Friedrich Ebert Stiftung
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fes-library | Mai 1999
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