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[Essentials]
[Einleitung] Seit Mitte 1996 wird Griechenlands Bild im Ausland von einem nüchtern-pragmatischen und auf Europa ausgerichteten Politikstil gekennzeichnet. Der neue Ministerpräsident und Vorsitzende der PASOK-Sozialisten Konstantin Simitis hat Griechenland von dem von Andreas Papandreou geprägten Image befreit, in EU und NATO ein "widerspenstiger Partner" zu sein. Als Papandreou wegen seiner Erkrankung nicht mehr in der Lage war, die Amtsgeschäfte zu führen, hatte Simitis im Januar 1996 das Amt des Ministerpräsidenten übernommen. Nach lebhaften innerparteilichen Auseinandersetzungen wurde er dann im Juni 1996 auch Vorsitzender der PASOK. Er konnte sich gegen die Mitbewerber Akis Tsochatsopoulos, den heutigen Verteidigungsminister, und Gerassimos Arsenis, den derzeitigen Erziehungsminister, durchsetzen. Die Nachwirkungen der PASOK-internen Auseinandersetzungen sind bis heute spürbar, ohne daß allerdings die Position des Parteivorsitzenden und Ministerpräsidenten Simitis ernsthaft in Gefahr gerät. Wenn Griechenland seit 1996 "in ruhigerem Fahrwasser" steuert, dann betrifft dies vor allem das Verhältnis zur EU und seinen nördlichen Nachbarn. Einzelgänger-Aktionen, wie sie unter Papandreou üblich waren, gibt es unter Simitis in der griechischen Europapolitik nicht mehr. Auch im Verhältnis zu dem ehemals jugoslawischen Mazedonien hat sich die Lage entspannt, seit in einem Interims-Abkommen vom September 1995 Regelungen zur Lösung der bestehenden bilateralen Streitfragen vereinbart worden sind. Auch im Verhältnis zu Albanien bemüht sich Athen um Ausgleich. Außen- und sicherheitspolitisch stehen allerdings wieder die klassischen Themen Türkei und Zypern oben auf der Tagesordnung. Gegenüber der Türkei sind die Beziehungen so belastet wie eh und je. Um so mehr horchte die Weltöffentlichkeit auf, als sich in Madrid anläßlich einer NATO-Tagung im Juli 1997 der Ministerpräsident Griechenlands und der Staatspräsident der Türkei auf einen Prinzipienkatalog zur Verbesserung des bilateralen Verhältnisses geeinigt hatten. Deutet sich hier die Lösung, zumindest aber Eindämmung der griechisch-türkischen Streitfragen an? Der zweite von Simitis gesetzte zentrale Akzent in der griechischen Politik ist das Bemühen um wirtschaftliche und finanzpolitische Konsolidierung. Simitis hat seine Regierung und das gesamte Land auf das Ziel der Konvergenz verpflichtet, wie es der Vertrag von Maastricht mit seinen Bestimmungen zur Europäischen Währungsunion verankert hat. Was früher in Griechenland kaum denkbar schien: Der Ministerpräsident richtet seine Europapolitik nicht allein darauf aus, möglichst viele Finanztransfers aus Brüsseler Kassen nach Griechenland zu leiten, sondern verordnet dem Land Sparsamkeit und rigide Haushaltsführung, damit sich Griechenland wenigstens in der zweiten Gruppe für die Europäische Währungsunion qualifiziert. Griechenland hat sich also vom Kohäsions- zum Konvergenzland weiterentwickelt. Dies und die neueren Entwicklungen im Verhältnis zur Türkei sind die bedeutendsten Entwicklungen in Griechenland in der jüngsten Vergangenheit, sie sind deshalb auch ausführlicher zu würdigen. © Friedrich Ebert Stiftung | technical support | net edition fes-library | April 1999 |