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Die wirtschaftspolitische Strategie eines emerging market

Der latecomer Brasilien konnte sich aus der Krise, die durch die internationale Schuldenkrise Anfang der 80er Jahre ausgelöst worden war, erst Mitte der 90er Jahre lösen. Fernando Henrique Cardoso, der jetzige Präsident, erreichte 1994 mit dem Stabilisierungsprogramm Plano Real, woran seine Vorgänger bis dahin immer wieder gescheitert waren: den Kampf gegen die chronische und über lange Zeit extrem hohe Inflation zu gewinnen. Die niedrigen Preissteigerungsraten - dieses Jahr werden es etwas mehr als fünf Prozent werden - sind auch das Erfolgssignal schlechthin seiner Regierung. Auf diese Weise wurden endlich die Perspektiven eröffnet, über die Stabilitätspolitik hinaus eine Vielzahl aufgestauter Reformprojekte anzugehen.

Kernpunkt dieser Reformpolitik ist die verstärkte Liberalisierung des Binnenmarktes, der bis Ende der 80er Jahre hochgradig abgeschottet war. Die vom Weltmarkt ausgehende Konkurrenz soll, so die Logik des Programms, heilsamen Druck auf die Wettbewerbsdefizite der einheimischen Industrie ausüben. Zusätzlich verstärkt wird dieser Druck durch einen quasi-fixen Wechselkurs, der einen Stabilitätsimport bewirkt. Damit verbunden ist jedoch, so wird allgemein anerkannt, eine Überbewertung der Währung, die sich trotz einer vorsichtigen Abwertungspolitik während der letzten zwei Jahre nach Schätzungen auf annähernd 20 Prozent beläuft.

Natürlich wirkt sich eine solche Strategie erst einmal nachteilig auf die Wettbewerbsfähigkeit aus, was deutlich im Außenhandel abzulesen ist: Seit Einführung der neuen Währung ist das Importvolumen um 140 Prozent angestiegen, von etwa US$ 25 Mrd. im Jahr 1993 auf über 60 Mrd. im Jahr 1997. Die Exporte dagegen wuchsen im gleichen Zeitraum nur gerade einmal um etwa ein Drittel. Damit ist die Handelsbilanz, die aus dem Zwang der Schuldenkrise heraus über ein Jahrzehnt lang hohe Überschüsse erbrachte, abrupt defizitär geworden. Die Leistungsbilanz, die zu Beginn der 90er Jahre annähernd ausgeglichen war, hat sich damit ebenfalls sukzessiv verschlechtert und erreicht inzwischen ein Defizit von über vier Prozent des BIP.


© Friedrich Ebert Stiftung | technical support | net edition fes-library | Mai 1999

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