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[Essentials]

  • Die durch Wahlen abgelöste Links-Regierung konnte insgesamt eine positive Bilanz vorweisen: Wirtschaftswachstum bis 7%, Anstieg der Realeinkommen und der Produktivität, Senkung der Inflationsrate von 34% auf unter 14% und der Arbeitslosenquote von 16% auf weniger als 11%. Auch die Reduktion des Haushaltsdefizits auf unter 3% und der Staatsschulden von 86% auf knappe 50% des BIP sind beachtlich.
  • Die Aufnahme Polens in die OECD, die Einladung zur NATO, Klärung von Minderheitenproblemen und Aussöhnungsprozesse mit seinen Nachbarn, vor allem Litauen und Ukraine, positiver EU-Avis usw. sind auf der politischen Habenseite zu buchen. Allerdings verlangsamte die alte Regierung notwendige Strukturreformen und verfestigte einen großen Staatssektor in der Wirtschaft.
  • Die neue Regierungskoalition aus Wahlaktion Solidarnosc (AWS) und Union der Freiheit (UW) unter Premierminister Buzek verkündete eine „zweite Etappe der Transformation" mit tiefgreifenden Strukturreformen, Dezentralisierung, Privatisierung, Renten-, Gesundheits- und Bildungsreform. Familienorientierte Wahlversprechen und notwendige Reformen, insbesondere in den weiterhin staatseigenen Hochburgen der Gewerkschaft „Solidarnosc", werden die Koalition belasten.
  • Die „Cohabitation a la Polonaise" zwischen „linkem" Staatspräsidenten und „rechter" Regierungskoalition bringt vor allem den nach einer Verfassungsreform weniger mächtigen Präsidenten in ein Dilemma. Auch als konsensverpflichteter „Präsident aller Polen" kann er es sich – mit Blick auf die Präsidentschaftswahlen im Jahr 2000 – nicht leisten, seine eigene Basis, das SLD, zu enttäuschen.
  • Die polnische Linke, vor allem das Bündnis der Demokratischen Linken (SLD), das trotz 7% Stimmengewinn die Regierungsmacht verlor, sucht nach neuen Einigungsformeln. Die im Sommer 1998 anstehenden Kommunalwahlen, ein wichtiger Test für das sich sozialdemokratisch verstehende „linke Lager", könnten das SLD zu populistischem Wählerfang und damit zu destruktiver Oppositionspolitik verleiten.
  • Der beschlossene NATO-Beitritt Polens überwindet die geostrategische Isolation des Landes, bringt die lange gesuchte Sicherung durch die Schutzmacht USA und konstituiert – was in Polen betont wird – zum ersten Mal seit 1000 Jahren eine Bündnisgemeinschaft mit Deutschland.
  • Im April 1998 beginnen die EU-Beitrittsverhandlungen. Die seit 1992 anhaltende Wachstumsdynamik hat sich auch 1997 mit ca. 6,9% fortgesetzt. Mit einem Pro-Kopf-Einkommen – nach Kaufkraftparitäten – von etwa 7.000 US-$ Ende ‘97, damit ca. 32% des EU-Durchschnitts, bleibt der Abstand aber selbst zu den ärmsten EU-Ländern groß.
  • Verbesserung der Funktionsweise der Märkte, Privatisierung, Deregulierung, mikroökonomische Restrukturierung, institutionelle und administrative Reformen und eine feste Orientierung auf Westeuropa sind für den Modernisierungsprozeß unabdingbar.
  • Deutschland ist Polens wichtigster Handelspartner und zweitgrößter Auslandsinvestor. Beide Länder betonen das gute wechselseitige Verhältnis. Dennoch ist Polen für viele Deutsche eine stereotypenbesetzte terra incognita, und in Teilen der polnischen Bevölkerung besteht die geschichtlich begründete Angst vor einem zu starken deutschen Einfluß. Weder in Polen noch in Deutschland scheinen die Konsequenzen einer Öffnung der EU ausreichend und – vor allem – ehrlich diskutiert zu werden.

© Friedrich Ebert Stiftung | technical support | net edition fes-library | Juni 1999

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