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[Essentials]

  • Die in der Binnenwirtschaft dokumentierte Kraft des Mittelstandes (99,6 aller steuerpflichtigen Unternehmen, 80 % der Ausbildungsleistung, 64 % der Arbeitnehmer, 52 % der Bruttowertschöpfung der Unternehmen, 46 % der steuerpflichtigen Umsätze, 44 % der Bruttoinvestitionen) schlägt sich nur unzureichend in der Außenwirtschaft nieder. Dieser Sachverhalt stellt einen besonderen Aspekt der Standortproblematik dar, da der exportierende Sektor anderer wichtiger Handelsnationen stärker von durchsetzungsfähigen Großunternehmen geprägt ist.
  • Die Konzentration der Unternehmensführung auf den Firmenchef, unzureichende Management-, Organisations- und vor allem Finanzierungspotentiale, aber auch eine geringe Risikofähigkeit und -bereitschaft begrenzen die Internationalisierungsmöglichkeiten der KMU. Grundsätzlich bedarf Internationalisierung einer bestimmten Mindestgröße des Unternehmens.
  • Öffentliche Hilfen, z.B. staatliche Übernahme der Transaktionskosten (Außenwirtschaftsberatung, Messen) bedürfen einer engeren Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern. Die unmittelbare KMU-Förderung durch die EU scheint wenig praktikabel und droht, die Bundes- und Länderförderung auf Unternehmensgrößen zurückzudrängen, die eventuell zu klein sind, um auf dem Weltmarkt langfristig bestehen zu können.
  • Industriepolitisch inspirierte Kooperation zwischen KMU sowie Vereinfachungen beim Unternehmenswachstum und ein zwischen Bund, Ländern, Großunternehmen und KMU entwickeltes Außenwirtschaftskonzept vergrößern die Chancen auch von KMU, im Globalisierungsprozeß mithalten zu können.


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Unternehmensgröße als Standortproblem

Der Anteil Deutschlands am Welthandel ist von (1988) 12,2 % auf 10,1 % in 1995 geschrumpft. Seit 1991 sind die deutschen Ausfuhren nur um durchschnittlich 6,2 % und damit schwächer als der Welthandel (8,1 %) gewachsen. Wichtige Wettbewerber konnten dagegen ihren Anteil am Welthandel halten. Ist daraus für Deutschland eine Abkoppelung von den Wachstumspotentialen des Welthandels abzuleiten? Oder nimmt die deutsche Wirtschaft nur eine Verschnaufpause, um sich dann mit neuen Energien den Herausforderungen der Internationalisierung zu stellen?

Es gibt Anhaltspunkte dafür, daß sich die Stellung Deutschlands auf den Weltmärkten tatsächlich verschlechtert hat, daß Länder wie die USA und Japan die Herausforderungen globaler Märkte erfolgreicher aufgegriffen haben. Deutschland hat demnach wichtige Positionen eingebüßt. Wie es diese zurückerobern kann, wurde in den letzten Jahren unter dem Stichwort "Standortdebatte" diskutiert. Die schon als "klassisch" zu bezeichnenden Themen der Standortdebatte sind die Abgabenlast, gesetzliche Regulierungen und bürokratische Hemmnisse, die staatlicherseits auf die Unternehmen einwirken. Darüber hinaus wird über Lohn(neben)kosten sowie Managementfehler im allgemeinen und unzureichende F&E-Aktivitäten der Unternehmen im besonderen diskutiert.

Ein in der Standortdebatte bislang unzureichend gewürdigtes Problem ist die mittelständische Struktur der deutschen Wirtschaft, die sich in Zahlen recht vielfältig darstellt. Auf kleine und mittlere Unternehmen (KMU, bis zu 500 Mitarbeiter) entfallen:

* 99,6 aller steuerpflichtigen Unternehmen

* 80 % der Ausbildungsleistung,

* 64 % der Arbeitnehmer,

* 52 % der Bruttowertschöpfung der Unternehmen,

* 46 % der steuerpflichtigen Umsätze,

* 44 % der Bruttoinvestitionen.

Die KMU sind jedoch weit unterproportional an den Exporten beteiligt. Die KMU im Bergbau und im produzierenden Gewerbe exportieren nur 27 % der Erzeugnisse dieses Wirtschaftsbereichs. Beim produzierenden Gewerbe insgesamt entfallen auf die KMU rund 10 % der Exporte. So betrug 1990 (jüngere Daten liegen nicht vor) die Exportquote des produzierenden Gewerbes insgesamt 29,2 %, die der darin enthaltenen Großbetriebe 37,4 %, die der mittelständischen Unternehmen dieses Sektors jedoch nur 18,4 %. (Es gibt Anzeichen dafür, daß sich diese Anteile insgesamt noch etwas verringert haben.) Zudem hat nur rund ein Prozent der KMU im Ausland investiert.

Die in der Binnenwirtschaft dokumentierte Kraft des Mittelstands schlägt sich somit nur unzureichend in der Außenwirtschaft nieder. Dieser Sachverhalt - von Politik, Kammern und Verbänden in den letzten Jahren zunehmend problematisiert - stellt somit einen besonderen Aspekt der Standortproblematik dar, da der exportierende Sektor anderer wichtiger Handelsnationen stärker von durchsetzungsfähigen Großunternehmen geprägt ist. Will ein Unternehmen als "global player" im Sinne eines kostendegressiven Massenexporteurs auftreten und am global sourcing auf den internationalen Rohstoff- und Faktormärkten teilhaben sowie von der Kreditwirtschaft als potenter Partner akzeptiert werden, dann braucht es (je nach Branche unterschiedlich) eine gewisse Mindestgröße. Diese erbringen deutsche KMU häufig nicht. Dies gilt für alle Formen der Internationalisierung, vom reinen Exportgeschäft bis hin zu Direktinvestitionen im Ausland.


© Friedrich Ebert Stiftung | technical support | net edition fes-library | April 1999

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