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Wirtschaft

Die Ostseeregion gehört zu den Regionen mit Zukunftschancen in Europa. Sie ergeben sich aus dem wirtschaftlichen Potential der Region und aus der Neuorientierung des Wirtschaftsraumes Ostsee auf die EU. In den nordischen Staaten verbinden sich traditionelle Produktionsbereiche wie Rohmetallverarbeitung, Baugewerbe, Schiffbau, Nahrungsmittelproduktion und Forstwirtschaft mit modernsten Fertigungen in den Bereichen Telekommunikation, Energiewirtschaft und Maschinenbau. Demgegenüber verfügen die Transformationsstaaten über ein beachtliches Know-how im technischen und wissenschaftlichen Bereich, das durch ihren ökonomischen Umgestaltungsprozeß bisher nur unzureichend für die eigene Wirtschaftsentwicklung genutzt wird.

Noch zerfällt die Ostseeregion in die hochentwickelten westlichen und in die östlichen Volkswirtschaften, die mit dem Transformationsprozeß, mit Schattenwirtschaft und organisierter Wirtschaftskriminalität zu kämpfen haben. Der Transformationsprozeß in den östlichen Ostseeanrainerstaaten geschieht jedoch mit unterschiedlicher Geschwindigkeit.

Polen gehört bei einer Osterweiterung der EU zu den Ländern, die eine Chance erhalten, in die EU aufgenommen zu werden. Estland hat nach vier Jahren staatlicher Unabhängigkeit den wirtschaftlichen Anpassungsschock überwunden. Lettland und Litauen haben demgegenüber, auch aufgrund ihrer mangelnder Rohstoffe, die Folgen des Umgestaltungsprozesses noch nicht bewältigt. Erst zu Jahresbeginn 1996 traten die gesetzlichen Bestimmungen für eine Wirtschaftssonderzone Kaliningrad in Kraft, die diesem Oblast einen größeren wirtschaftlicheren Bewegungsspielraum eröffnet.

Ein ganzes Bündel von Faktoren - das Erbe der Planwirtschaft - wirkt sich immer noch hemmend auf die ökonomische Entwicklung der Transformationsstaaten aus. Hierzu zählen die Produktionsschwächen vieler Unternehmen in den Transformationsstaaten sowie zu hohe Kosten bzw. das völlige Fehlen von Investitionen und die Behinderung bei grenzüberschreitendem Transport von Waren und Gütern. Negativ machen sich auch eine gewisse Zurückhaltung bei der Ausnutzung der Freihandelszone zwischen den Baltischen Staaten und Polen und die Ausgrenzung ausländischer Unternehmen bemerkbar. Wirtschaftskriminalität und die unzureichenden und instabilen wirtschaftspolitischen und rechtlichen Vorgaben durch die Regierungen ergänzen diesen Negativkatalog.

Die Überwindung dieser Wirtschafts- und Handelshemmnisse bleibt eine der entscheidenden Voraussetzungen für das wirtschaftliche Zusammenwachsen und den Erfolg der Ostseeregion. Änderungen müssen hier durch die Zunahme der Wirtschaftsbeziehungen im Ostseeraum und durch den Einfluß der EU-Mitgliedstaaten in der Region erreicht werden.

Eine Neuorientierung der Handelsströme in der Region seit den 90er Jahren ist unübersehbar. Inzwischen wächst der interregionale Handel schneller als der Außenhandel mit anderen Staaten. Die nordischen Staaten und Deutschland haben dabei Rußland als den wichtigsten Handelspartner abgelöst. Für die skandinavischen Staaten und Finnland öffnen sich insbesondere in den Baltischen Republiken Exportmärkte, während Polen vor allem an Deutschland und Dänemark orientiert ist. Der Handel in der Region hat beachtliche Zukunftschancen. Im Auftrag des Finnischen Ministeriums für Handel und Industrie wurde versucht, das Potential des interregionalen Handels im Ostseeraum abzuschätzen (Hannu Hernesniemi: Report for the Finnish Ministry of Trade and Industry: Barries Economic Cooperation of the Baltic Rim Countries, Etlatieto Ltd. 1969): Bei einem kontinuierlichen Wirtschaftswachstum in der Region kann der interregionale Handel von 100 Mrd. US-Dollar 1994 bis zum Jahr 2000 bis auf 300 Mrd. US-Dollar ansteigen. Bei anhaltend guten Bedingungen ist dann bis zum Jahr 2010 noch einmal eine Verdreifachung möglich (Tabelle 2). Diesem Szenario liegt das "Gravitationsmodell" zugrunde, das das Bruttosozialprodukt, Bevölkerungszahl, Bruttosozialprodukt pro Kopf und Nähe der Länder zueinander in Beziehung setzt sowie ein durchschnittliches Wachstums von 2,5 Prozent in den nordischen Staaten und Deutschland und 5 Prozent in den Transformationsstaaten unterstellt. Ob die Exportzahlen diese Szenarios erfüllen werden, bliebt offen, doch belegt diese Modellrechnung die Entwicklungspotentiale der Region.


© Friedrich Ebert Stiftung | technical support | net edition fes-library | April 1999

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