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Regionale Identität

Ostseezusammenarbeit ist eine regionale Initiative, die von unten gewachsen ist. Die Landesregierung Schleswig-Holstein unter dem damaligen Ministerpräsidenten Björn Engholm hat hierzu am Beginn der 90er Jahre entscheidende Impulse gegeben, um die die historischen Gemeinsamkeiten in der Region, die seit dem Zweiten Weltkrieg durch den Ost-West-Konflikt verschüttet wurden, wieder zu beleben.

Seit 1990 hat diese Zusammenarbeit einen überraschenden Aufschwung genommen. Über siebzig Initiativen und Organisationen in der Region widmen sich heute der interregionalen Vernetzung und Kooperation. Zu den wichtigsten Trägern zählen die Union of the Baltic Cities mit 62 Mitgliedsstädten, die Konferenz der Subregionen, die die über einhundert regionalen Gebietskörperschaften im Ostseeraum vertritt, und die Baltic Sea Chambers of Commerce Association mit 43 Mitgliedskammern. Schwerpunkt bildet eindeutig die Zusammenarbeit mit Partnern in den östlichen Anrainerstaaten, aber auch die Netzwerke in Nordsüdrichtung zwischen den nordischen Staaten und Deutschland gewinnen an Bedeutung. Allein die schwedischen Landkreistage haben zwischen 1992 und 1996 163 Projekte mit den Baltischen Republiken und Polen durchgeführt. Schleswig-Holstein verfolgt gegenwärtig 61 Kooperationsprojekte mit seinen Partnern im Ostseeraum. Dieser "People-to-people" Kontakt, der vor allem von den Städten und den regionalen Gebietskörperschaften als den praktischen Trägern der Ostseekooperation ermöglicht wird, ist ein wichtiges Element zur Stärkung eines regionalen Bewußtseins.

Die Felder dieser projektbezogenen Zusammenarbeit sind breit gefächert. Sie reichen von wirtschaftlichen und raumordnerischen Vorhaben über den Aus- und Weiterbildungssektor, die Vermittlung und den Austausch von "Know-how" bis zur Kooperation im Bildungs-, Forschungs- und Entwicklungsbereich, von Sport- und Jugendbegegnungen bis zum Kultursektor und zum Künstleraustausch. Zusammenarbeit im technologischen Bereich, gemeinsame Vorhaben auf dem Umwelt- und Energiesektor sind hier ebenso zu nennen wie Hilfestellung beim Aufbau demokratischer Institutionen, Verwaltungsaustausch zwischen Regionalgebietskörperschaften und die Zusammenarbeit von Polizei und Grenzschutz. Priorität im Aktionsprogramm für den Ostseeraum haben vor allem Maßnahmen, die die Wirtschaftsdynamik der Region fördern und der Verankerung von demokratischen Beratungs- und Entscheidungsstrukturen und dem Kultur- und Bildungsaustausch dienen.

Gerade für Staaten mit zentralistischen Verwaltungstraditionen ist es eine neue Erfahrung, daß regionale Gebietskörperschaften - die Subregionen im Sprachgebrauch der Ostseeregionen - durch ihre grenzüberschreitende und interregionale Kooperation einen Beitrag zur Gesamtentwicklung der Region leisten. Dies gilt nicht nur für die neuen Demokratien, sondern auch für die nordischen Staaten, die sich erst langsam von ihrer zentralistischen Verwaltungsstruktur lösen. EU-Mitgliedschaft und Ostseekooperation haben den Subregionen in Finnland und Schweden einen spürbaren Auftrieb gegeben. Die Diskussion über Dezentralisierung und Aufwertung der gewählten regionalen Gebietskörperschaften gewinnt an Präzision und Bedeutung. In Finnland vollzieht sich gegenwärtig eine regionale Strukturreform, Schweden steht am Beginn einer Reform seiner Gebietskörperschaften.


© Friedrich Ebert Stiftung | technical support | net edition fes-library | April 1999

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