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Kurzfassung

Seitenzählung der Druckausg.: 7

Der Deutsche Bundestag hat eine Enquête-Kommission „Zukunft der Medien in Wirtschaft und Gesellschaft - Deutschlands Weg in die Informationsgesellschaft" unter meinem Vorsitz eingerichtet. Auf meine Bitte hat die Friedrich-Ebert-Stiftung einen Beirat aus Vertretern aus Wirtschaft und Medienpolitik zur Begleitung der Kommissionsarbeit eingesetzt. Die intensive, zweijährige Arbeit des Beirats wird in dem vorliegenden Gutachten zusammengefaßt. Der Masterplan ist eine systematische Sammlung von konkreten Politikempfehlungen auf den verschiedensten Politikfeldern.

Die Bedeutung von Informationsverarbeitung in Produktion, Dienstleistung, Politik und Verwaltung wird in den nächsten Jahren weiter zunehmen. Weitläufig unterschätzt wird jedoch, daß die Entwicklung zu einer Informationsgesellschaft, wenn sie mehr Chancen als Risiken bringen soll, kein Selbstläufer ist. Der „Marktplatz Multimedia" muß gebaut werden. Die Informationsgesellschaft muß informiert werden. Während Großbritannien („Government’s Vision"), Frankreich („Plan Jospin") und die USA („National Information Structure") Konzepte für den Strukturwandel entwickelten, blieb es in Deutschland bei verstreuten Initiativen, die zu einem „hektischen Stillstand" führten. Deutschland braucht einen Aktionsplan, der das Umsetzungsdefizit in der Gestaltung und Chancennutzung der Informationsgesellschaft überwindet.

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Medienpolitik

Der Sachverstand von Technik und Wirtschaft, Staat und gesellschaftlichen Gruppen auf dem Gebiet muß in ein „Innovationsprojekt" mit Lokomotivfunktion gebündelt werden.

  • Die Gestaltung der Informationsgesellschaft darf nicht auf Technik begrenzt sein, sondern braucht kulturelle Rahmenbedingungen, die unter dem Stichwort „Medienkompetenz von der Schule bis ins Seniorenalter" zusammengefaßt werden kann.
  • In der neuen Medienlandschaft des 21. Jahrhunderts hat der öffentlich-rechtliche Rundfunk weiter eine demokratie- und kulturstaatliche Aufgabe. Dabei muß dessen Bestands-, Entwicklungs- und Finanzierungsgarantie ein Standbein der Medienpolitik sein. Dies beinhaltet unter anderem digitale Angebote des öffentlich-rechtlichen Rundfunks.
  • Notwendig ist ein neuer kooperativer Förderalismus in der Medienpolitik: Die Medienaufsicht der Länder muß harmonisiert werden. Die 15 Landesmedienanstalten sollen in eine gemeinsame „Medienanstalt der Länder" zusammengefaßt werden. Die Abstimmung zwischen der Aufsicht des Bundes über die Teledienste und der Aufsicht der Länder über Rundfunk und Mediendienste soll durch ein
    medienpolitisches Bund-Länder-Gremium („Föderaler Kommunikationsrat") institutionalisiert werden.


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Schutz und Sicherheit in den neuen Netzen

  • Die Fortentwicklung der Informationsgesellschaft verlangt danach, Prinzipien des Datenschutz und der Sicherheit der Informationsverarbeitung zum integralen Bestandteil der Produkte, Dienstleitungen und Beratungen zu machen. Elektronischer Handel kann nur sicher funktionieren, wenn die freie Benutzung von kryptographischen Produkten und Dienstleistungen gewährleistet ist. Eine Beschränkung des Gebrauchs von Verschlüsselungstechniken ist daher abzulehnen. Kriminalität im Netz soll durch eine Internet-Professionalisierung bzw. Medienkompetenz der Polizei bekämpft werden.
  • Zeitgrenzen und Verschlüsselung bei der Ausstrahlung von jugendgefährdenden Program-men gewährleisten keinen hundertprozentigen Schutz. Unser Vorschlag ist die Selbstverpflichtung der Anbieter in Rundfunk und neuen Diensten auf einen jugendschützenden Verhaltenskodex.

Seitenzählung der Druckausg.: 8

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Technische Entwicklungen und Technologiepolitik

Die schnelle technische Entwicklung hat zu der falschen Annahme geführt, daß der technische Fortschritt auf den Gebieten der Mikroelektronik, der Informationstechnik und der Kommunikationstechnik „gegeben" ist. Ziel des Masterplan ist es, die infrastrukturellen Innovationen zügiger zu ermöglichen:

  • Gesucht wird eine deutsche Internetpolitik. Deutschland muß sich aktiv an der europäischen und internationalen Diskussion über die Nutzungsbedingungen globaler Informationsnetze beteiligen. Einigkeit muß erzielt werden in den Fragen der Namenssysteme, Sicherheit und Vertraulichkeit in den Netzen und des elektronischen Zahlungsverkehrs, Urheberschutz und Verschlüsselungssystemen.
  • Kabelfernsehnetz ist eine Innovationschance. Das in Deutschland errichtete Koaxialkabelnetz für TV-Programm kann mithilfe von Glasfaserheranführungen zu einem leistungsfähigen Netz für eine Vielzahl von Programmen und Internet-Zugriff ausgebaut werden. ISDN kann als Einstieg in die Multimediakommunikation genutzt werden.
  • Öffentliche Forschungseinrichtungen müssen neue Schwerpunkte setzen. Der Multimediaarbeitsplatz der Zukunft ist eine Chance für die deutsche Industrie, ein komplexes Endgerät weltmarktfähig zu entwickeln und zu exportieren. Neue Bildschirm- und Projektionstechniken (Ionik) und Simulation in Produktionsprozessen müssen schneller entwickelt werden.


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Wirtschaftliche Chancen

Es muß ein neues Kapitel in der deutschen Wirtschaftspolitik geschrieben werden, um die Chancen der Informationsgesellschaft für die Erzeugung von neuen Produkten und Dienstleistungen in lukrativen Wachstumsmärkten zu nutzen.

  • Vor allem kleine und mittlere Unternehmen des Maschinenbaus können von den Möglichkeiten des Teleservices profitieren und so ihre Stärken, wie Kundennähe, Schnelligkeit und Flexibilität über räumlich große Entfernungen, entfalten. Rechtliche und bildungspolitische Rahmenbedinungung müssen die Verbreitung des Electronic Commerce, eine allgemein akzeptierte elektronischen Chipkarte als Electronic Cash und neue Bereiche, wie zum Beispiel Telemedizin, systematisch fördern.


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Chancen für Wandel in der Arbeitswelt

Neben den Gefahren einer weiteren Rationalisierung und Arbeitsplatzvernichtung durch neue Medien, sind vor allem die Chancen auf neue Arbeitsplätze und neue Qualifizierungen zu sehen. Die Politik muß so ausgestaltet sein, um die Chancen konsequent zu nutzen, die Risiken zu sehen und zu minimieren.

  • Ein „Bündnis für Arbeit in der Informationsgesellschaft" soll Teil der Beschäftigungs- und Industriepolitik werden. Die Stärkung der Marktposition von deutschen Unternehmen der Medien- und Telekommunikationswirtschaft bringt zukunftssichere Arbeitsplätze. Die Telearbeit muß durch gesetzliche Regelungen in den Bereichen Haftung, Zutrittsrechten zu Telearbeitsplätzen und durch den Abbau des Informationsdefizits über Telearbeit bei Arbeitnehmern, Betriebsräten, Mittelstand und Telearbeitern so gefördert und gestaltet werden, daß Telearbeit nicht zu unqualifizierten Billigjobs werden, sondern zu einer sozial abgesicherten, zukunftsfähigen neuen Form der Erwerbsarbeit.
  • Dazu gehört die Modernisierung des Arbeits- und Sozialrechts. Erweitert werden müssen die gesetzlichen Definitionen von Betrieb und Arbeitnehmer (Erwerbstätige, welche weder in persönlicher noch in wirtschaftlicher Hinsicht selbständig sind). Die sozialen Sicherungssysteme sind an neue Formen von Beschäftigungsverhältnisse anzupassen.


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Bildung für die Informationsgesellschaft

Der Strukturwandel hin zur Informationsgesellschaft macht grundlegende Reformen im Bildungs- und Ausbildungssystem notwendig. Die Informationsgesellschaft kann die Gesellschaft in „information rich and information poor" spalten.

Seitenzählung der Druckausg.: 9

  • Wichtigste Forderung ist daher, Medienkompetenz als zentrales Bildungsziel zu etablieren. Dies beinhaltet, den Umgang mit dem PC als normalen Bildungsstandard in allen Schulen, auch Hauptschulen, Universitäten, Berufsschulen und in der Lehrergrundausbildung aufzubauen und anzuwenden.
  • Die Berufsbildung muß „Lebenslanges Lernen" als Leitbild entwickeln. Neue Möglichkeiten zur berufsbegleitenden Qualifizierung müssen geschaffen werden. Der Erwerb des Europäischen Computerführerschein muß gefördert bzw. vorausgesetzt werden. Geschenke eines PC durch den Arbeitgeber an seine Arbeitnehmer dürfen nicht als geldwerte Leistung versteuert werden müssen. Archive und Bibliotheken müssen digitalisiert werden.


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Bürger, Staat und Gesellschaft

Die politischen Rahmenbedingungen für die Gestaltung der Informationsgesellschaft müssen sicherstellen, daß allen Bürger der Zugang zu neuen Medien offensteht. Internetzugänge in der Form von öffentlichen Terminals soll es in Rathäusern, Schulen, Verwaltungsgebäuden und Bibliotheken geben.

Wenn der Staat Rahmenbedingungen für die Informationsgesellschaft setzen soll, dann muß er selbst Teil der Informationgesellschaft sein. Beamte und öffentliche Verwaltung müssen ans Netz. Bürger sollen Verwaltungsvorgänge (Bsp. Antragsstellungen) über die Netze erledigen können. Informations- und Kommunikationstechnologien müssen systematisch und flächendeckend für die Optimierung interner Organisations- und Verfahrensabläufe der öffentlichen Verwaltung genutzt werden.


© Friedrich Ebert Stiftung | technical support | net edition fes-library | Juni 1999

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