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SOZIALISTISCHE MITTEILUNGEN

News for German Socialists in England

This newsletter is published for the information of Social Democratic
refugees from Germany who are opposing dictatorship of any kind.

Nr. 73 / 74 - 1945

April - Mai 1945

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Der totale Krieg, den Hitler begann, hat mit Deutschlands totaler militärischer Niederlage geendet. Das nationalsozialistische Regime ist zerfallen. Die Führer der deutschen Wehrmacht haben die bedingungslose Kapitulation unterzeichnet.[1]

Millionen Toter, Verwundeter und Obdachloser, verwüstete Städte, Chaos und weltweiter Hass gegen alles Deutsche sind das Ergebnis des Krieges, Elend und Verlust der Selbständigkeit Deutschlands sind seine Folgen.

Die Schuld an diesem Krieg tragen das nationalsozialistische Regime und der deutsche Militarismus. Beide müssen für immer verschwinden und die Schuldigen bestraft werden. Wann immer das deutsche Volk die Abrechnung mit den Schuldigen vornehmen kann, sie sollen sich nicht der Folgen der Tatsache, dass das deutsche Volk dieses Regime nicht verhindert und es nach seiner Errichtung nicht gestürzt hat, lasten auf uns allen. Diese Mitverantwortung verpflichtet das deutsche Volk, seinen Beitrag an der Wiedergutmachung der durch den Hitlerkrieg angerichteten Schäden zu leisten.

Deutschland ist besetzt, geraume Zeit wird es seine Geschicke nicht selbst entscheiden können. Das deutsche Volk steht vor einer fast übermenschlichen Aufgabe. Es kann nicht abtreten. Es muss weiterleben. Es muss sich eine neue Lebensbasis erarbeiten. Lebensmittelversorgung, Ingangsetzung der öffentlichen Dienste, Wiederaufbau des Transportwesens, Schaffung von Wohnstätten, Wiederaufnahme und Umstellung der Produktion, das sind die vordringlichen Aufgaben. An ihrer Lösung mitzuarbeiten, in loyalem Zusammenwirken mit den Besatzungsbehörden, ist

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Pflicht jedes deutschen Demokraten und Sozialisten.

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Die neue deutsche soziale Demokratie, die unser Ziel ist, kann uns nicht von aussen gebracht werden. Sie kann nur durch das deutsche Volk selbst erarbeitet und sie muss gegen ihre politischen und wirtschaftlichen Gegner erkämpft werden.

Wir erstreben ein Deutschland, das über seine Geschicke selbst entscheiden kann und das getragen wird von einer entschlossenen demokratischen Mehrheit unseres Volkes. Der erste Schritt auf diesem Wege ist die Entwicklung eines lebendigen demokratischen Bewusstseins im Volke. Die Wiederherstellung einer freien Presse und freier beruflicher und politischer Organisationen der auf dem Boden der Demokratie stehenden Kräfte des Volkes sind wesentliche Vorbedingungen. Wir hoffen, dass unsere Bruderparteien in allen Ländern ihren Einfluss geltend machen, damit eine freie deutsche Arbeiterbewegung so bald als möglich wieder hergestellt werden kann.

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Wir deutschen Sozialdemokraten sind entschlossen, ein neues friedliches, demokratisches und soziales Deutschland aufzubauen. Diese Aufgabe ist schwer, aber es gibt für das deutsche Volk nur einen Weg in eine hellere Zukunft: eine entschlossene Politik des Friedens und der Umgestaltung der gesellschaftlichen Verhältnisse in Deutschland, die den nationalistischen und militaristischen Kräften im deutschen Volk für immer die Grundlagen ihrer Macht entzieht.

Der Erfolg dieser Politik wird nicht nur durch unsere Anstrengungen bestimmt. Er hängt auch ab von der Entwicklung einer neuen sozialen Ordnung in Europa. Es ist unser Wunsch, an dieser Entwicklung gemeinsam mit allen fortschrittlichen Kräften, vor allem mit der sozialistischen Arbeiterbewegung, mitzuhelfen.

Der Sieg über die Hitlerdiktatur hat die Welt vor einer grossen Gefahr bewahrt. Dieser Sieg kann aber nur Früchte tragen, wenn ihm ein Friede folgt, der allen Völkern ein lebenswertes Dasein und auch Deutschland seine Einheit erhält und die Möglichkeit seiner Wiedereingliederung in die Gemeinschaft der Völker gibt.

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Für die deutsche Arbeiterbewegung beginnt jetzt ein neuer Abschnitt ihrer Geschichte. Die deutsche Sozialdemokratie hat einen ununterbrochenen Kampf gegen die Hitlerherrschaft geführt. Wir warnten das deutsche Volk vor 1933: "Hitler bedeutet Krieg." Wir blieben allein. Die Diktatur erstickte die Stimme der Freiheit in den Konzentrationslagern. Die Welt schwieg. Nur die Tapfersten kämpften weiter. Sie opferten Freiheit und Leben.

Vom ersten Kriegstage an haben wir uns als Verbündete der demokratischen Kräfte im Kampf gegen Hitler betrachtet. Unsere Parole war: "Stürzt Hitler, rettet das Volk, beendet den Krieg." Deutsche Sozialdemokraten haben auch im Krieg ihren Kampf gegen Hitler fortgesetzt, sie waren führend beteiligt an der Friedensbewegung vom 20. Juli 1944.

Jetzt müssen wir uns die Instrumente unseres Kampfes neu schaffen und unsere Arbeit unter Bedingungen beginnen, die beispiellos in der Geschichte unserer Bewegung sind. Wir haben aber in der harten Prüfung, die unsere Ideen und ihre Anhänger bestanden haben, eine neue Bestätigung der unzerstörbaren Lebenskraft unserer Ideen erhalten.

Die Männer und Frauen, die im Kampf gegen den Nationalsozialismus ihr Leben hingaben, stellten diese Ideen höher als ihr Leben. Sie sind nicht umsonst gestorben. Die Männer und Frauen, die jetzt aus den Konzentrationslagern und Gefängnissen in die Freiheit zurückkehren, sind in ihrer Ueberzeugung nur gefestigt worden. Die Männer und Frauen, die das verhängnisvolle Experiment eines totalen Staates als denkende Menschen miterlebten, gehen mit neuer Entschlossenheit an die Aufgabe, eine politische und soziale Ordnung zu schaffen, die die Freiheit und die Würde des Menschen als die höchsten Güter achtet und schützt.

Gemeinsam mit allen, die guten Willens und von freiheitlichem Geist und demokratischen Idealen erfüllt sind, wollen wir wirken für Frieden, Freiheit, Recht und Sozialismus.

 

Der Vorstand der
Sozialdemokratischen Partei Deutschlands
Hans Vogel, Vorsitzender

London, den 18. Mai 1945

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Die dänische Regierung, die nach der Befreiung des Landes von der deutschen Besetzung gebildet wurde, umfasst führende Vertreter aller politischen Parteien und der dänischen Widerstandsbewegung. Neben dem sozialdemokratischen Ministerpräsidenten Buhl[2] gehören dem neuen Kabinett auch der frühere Vorsitzende der Sozialdemokratischen Partei Dänemarks, der Genosse Hedtoft-Hansen, als Arbeitsminister und der frühere Generalsekretär unserer dänischen Partei, der Genosse H. C. Hansen[3], als Finanzminister an. Beide Genossen mussten nach der Besetzung des Landes ihre Funktionen in der Partei unter dem Druck der Besatzungsmacht niederlegen.

brachte seit Juni 1933 eine wertvolle Korrespondenz heraus, die unter dem Titel "Faschismus" - Tatsachen über die Diktaturen - erschien und in mutiger und überzeugender Weise wichtiges Tatsachenmaterial brachte, um die Weltöffentlichkeit laufend über den wirklichen Charakter der Nazimassnahmen und über die Lage der Arbeiterschaft unter dem Hakenkreuz und ihren illegalen Kampf und ihre Opfer zu unterrichten. Jahrelang erschien sie in 7 Sprachen - Deutsch, Englisch, Französisch, Holländisch, Schwedisch, Spanisch und Esperanto - und trug zusammen mit anderen Korrespondenzen, Zeitschriften und Veröffentlichungen der gewerkschaftlichen und sozialdemokratischen Organisation erheblich dazu bei, den Aufklärungskampf gegen den Faschismus zu steigern und den Gedanken der internationalen Solidarität zu erhalten. Die Korrespondenz hat nun ihr Erscheinen eingestellt, aber die ITF wird ihren Kampf weiterführen, denn der Kampf gegen den Faschismus wird mit dem Kriege nicht beendet sein.

[Hinweise]

"DIE ZEITUNG", das Londoner deutsche Wochenblatt, hat ihre Aufgabe erfüllt, sie stellt am 1. Juni 1945 ihr Erscheinen ein.

Deutsche Gewerkschafter in [den] USA

Unter dieser Ueberschrift brachten wir in Nr. 69 der "SM" eine Notiz, zu der uns die Gen. Albert Grzesinski und Wilh. Sollmann mitteilten, dass sie nach wie vor der Gewerkschaftsgruppe in [den] USA angehören.

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Der Untergang des Hitler-Regimes, den wir 12 Jahre lang ersehnt und für den wir 12 Jahre lang gewirkt, gekämpft und geopfert haben, ist Tatsache geworden. Der Machtkoloss, den der deutsche Faschismus erst im eigenen Lande und dann mit Hilfe seiner Vasallen in ganz Europa errichtet hatte, ist den wuchtigen Schlägen der alliierten Armeen und dem Freiheitswillen der unterdrückten Völker erlegen. Der mörderische Krieg, der länger als 5 Jahre in Europa und Nordafrika wütete, ist beendet. Hitler ist verschollen, angeblich tot, und mit ihm sind die Gestalten verschwunden oder gefangen, die mehr als ein Jahrzehnt hindurch der lebendige Inbegriff des Bösen in der Welt waren: die Himmler, Göring, Goebbels, Streicher [und] Ley. Und um den Spruch des Weltgerichts vollständig zu machen, ist an Mussolini das Urteil des von ihm vergewaltigten und ins Unglück gehetzten italienischen Volkes vollstreckt worden.

Die Kerker in Deutschland beginnen sich zu öffnen, in denen Hunderttausende vom Faschismus Verfolgte qualvoll zugrunde gegangen sind. Aber viele Zehntausende haben namenlose Misshandlungen und Entbehrungen überlebt und sehen die Freiheit wieder.

Es sind in dem gewaltigen Ringen, das nun in Europa seinen Abschluss gefunden hat, zu viele Opfer gefallen, um eine Stimmung unbeschwerten Jubels zu rechtfertigen. Es bleiben so viele Probleme übrig, dass wir das Furchtbare, das geschah, keinen Augenblick vergessen können. Aber tiefe Genugtuung erfüllt uns über das Ende der blutigen Tyrannei, die im Begriffe stand, die Welt zu versklaven, tiefe Dankbarkeit gegenüber allen, die zu ihrer Vernichtung beigetragen haben, und Freude über jeden, der aus ihren Klauen gerettet werden konnte.

Wenn sich unsere Blicke jetzt auf Deutschland richten, wird uns der Ernst der Lage voll bewusst. Die Nacht, die 12 Jahre lang unser Heimatland bedeckte, ist gewichen. Aber im Dämmer des neuen Tages erkennen wir nicht viel mehr als die Leichensteine, die vom mörderischen Walten des Hitlerismus übrigbleiben, die Ruinen einst blühender Städte, die der Krieg zertrümmert hat, und ein durch viele Jahre von Furcht gebändigtes [und] verzweifelndes Volk, das einem ungewissen Schicksal entgegensieht.

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Wir wissen, dass viele Tausende im deutschen Volk, vor allem in der Arbeiterschaft, in Opposition zum Hitler-Regime gestanden haben und dass sie furchtbarer gelitten haben als alle anderen. Ihre Macht hat nicht ausgereicht, um das Regime zu beseitigen, bevor es den militärischen Schlägen von Westen und Osten erlag. Auch die Millionen ausländischer Arbeiter in Deutschland haben diese Macht nicht gehabt. Aber wenn einmal die volle Wahrheit über die innerdeutschen Vorgänge in den 12 Jahren der Hitler-Diktatur bekannt wird, wird die Welt erfahren, wieviel Widerstand versucht und geleistet worden ist und wie gross die Zahl derer war, die dafür mit ihrem Leben, ihrer Freiheit und Gesundheit haben zahlen müssen. Es sollte nicht vergessen werden, dass die Konzentrationslager, deren Oeffnung der Welt ein Bild der Hölle zeigte, schon 6 Jahre lang Deutsche beherbergt hatten, bevor Opfer aus den besetzten Ländern in sie kamen. Wir können in dieser Stunde nur der ernsten Hoffnung Ausdruck geben, dass man zwischen denen, die Hitler zur Macht verhalfen, ihn förderten und priesen, und denen, die seine Gegner waren, einen Unterschied machen wird. Nicht nur um der Gerechtigkeit willen, sondern auch um der Aufgabe willen, aus den Trümmern ein neues, besseres, friedliches Deutschland erstehen zu lassen. Die ersten Schritte zur Bildung freier deutscher Gewerkschaften und zu einer von deutschen Antifaschisten geleiteten lokalen Selbstverwaltung bestärken uns in dieser Hoffnung.

Noch wissen wir nicht, ob und wann uns deutschen Sozialisten im Exil politische Arbeit in der Heimat ermöglicht wird. Alles, was wir tun können, ist, uns für den Augenblick bereitzuhalten, in dem die Voraussetzungen für neues Handeln existieren werden. Die neuen Aufgaben, die uns erwarten, werden schwer und ohne Beispiel sein. Der Uebergang von einer totalen Diktatur, die jedes organisierte politische Leben gründlich zerstört hat, zu einer neuen Demokratie und der Wiederaufbau der Wirtschaft in einem zertrümmerten und von drei oder mehr Armeen besetzten Lande werden ebenso schwer sein wie Deutschlands Wiedereingliederung in die europäische Gemeinschaft, nachdem es 12 Jahre lang von den Einflüssen der Umwelt abgeriegelt war und jetzt von einer Mauer der Feindseligkeit umgeben ist. Hier sind Probleme, die den grössten Einsatz von allen verlangen, die an ihrer Lösung teilnehmen wollen.

Wenn wir uns für diese Aufgabe rüsten, dann geschieht es

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in dem Bewusstsein, dass der Wiederaufbau einer freien Arbeiterbewegung in einem friedlichen Deutschland und die Beseitigung der sozialen und wirtschaftlichen Grundlagen des Faschismus und Militarismus wesentliche Voraussetzungen für eine gedeihliche Entwicklung Europas sind. dass die Lage unseres Erdteiles nach dem Ende dieser jahrelangen, furchtbaren Selbstzerfleischung noch nicht völlig gesichert und gefahrenlos ist, haben die Ereignisse der letzten Zeit erneut gezeigt. Die Entwicklung der polnischen Frage hat einen schweren Schatten auf die Einigkeit der 3 Grossmächte geworfen. Die politische Lage in nahezu allen osteuropäischen und südosteuropäischen Ländern ist ungewiss. Und die Tatsache, dass die mit Russlands Zustimmung gebildete Regierung Renner in Wien die Anerkennung der Westmächte nicht gefunden hat[4], hat auch für Mitteleuropa Fragen aufgeworfen, auf die noch keine Antwort erfolgt ist. Ziehen wir in Betracht, dass auch in Westeuropa Länder wie Spanien und Portugal schwere politische Zukunftsprobleme stellen, und dass die Zukunft weder in Griechenland noch in Italien geklärt ist, dann kommen wir zu dem Schluss, dass noch vieles geschehen muss, um Europa die Grundlagen für einen neuen Aufstieg zu geben. Die Vergangenheit hat bewiesen, dass dieser Aufstieg nur durch friedliche und gleichgesinnte Zusammenarbeit aller Völker möglich ist. Jedes europäische Volk wird aus eigener Kraft dazu beitragen müssen, und Deutschlands Beitrag wird, wie wir hoffen, nicht der geringste sein.

Bei der Besetzung von Bayreuth durch USA-Truppen wurde unser Genosse Walter Maschke[5], bis 1933 Sekretär im Bundesvorstand des ADGB, Berlin, befreit. Während der Naziherrschaft gehörte Maschke zu den aktivsten Trägern der illegalen Bewegung in Deutschland. Aus einem Bericht, den Norman Clark[6] über ein Interview mit Walter Maschke gegeben hat [und] der im "NEWS CHRONICLE" vom 26. April veröffentlicht wurde, geht hervor, dass W. M[aschke] in Bayreuth eine Strafe wegen seiner Beteiligung am Umsturzversuch vom 20. Juli 1944 verbüsste. Seine Schilderung über die Vorbereitungen und die Umstände, die zum Attentat vom 20. Juli führten, deckt sich mit dem Bericht, den wir kürzlich auf Grund der Informationen eines ebenfalls an dem Komplott beteiligten Sozialdemokraten veröffentlichen konnten. Wir grüssen den mutigen Freund!

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Unter den Tausenden von politischen Gefangenen, die durch die alliierten Armeen aus den Konzentrationslagern der Nazis befreit wurden, befinden sich auch führende Genossen der sozialistischen Arbeiterbewegung in den westeuropäischen Ländern. Zu denen, die bereits in ihre befreiten Heimatländer zurückkehren konnten, gehören vor allem der Führer der französischen Sozialisten, der Ministerpräsident der französischen Volksfrontregierung im Jahr 1936, der Genosse Léon Blum, und der Generalsekretär des Französischen Gewerkschaftsbundes, der CGT, der Gen. Jouhaux[7]. Die SPD hat am 14. Mai folgendes Begrüssungstelegramm an den Gen. Blum nach Paris gesandt:

"Der sozialdemokratische Parteivorstand sendet Ihnen herzliche Glückwünsche. Die deutschen Sozialdemokraten begrüssen mit Freude Ihre Befreiung nach bewunderungswerter Ueberwindung so schwerer Prüfung. H. Vogel"

Bei Abschluss dieser Nummer erfahren wir, dass auch der Vorsitzende der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei Hollands, der Genosse Koos Vorrink, befreit worden ist und sich auf dem Wege nach Holland befindet. Wir teilen aus ganzem Herzen die Freude der Sozialisten Frankreichs und Hollands über diese glückliche Rettung ihrer führenden Funktionäre aus den Kerkern des Dritten Reiches.

Bei Redaktionsschluss dieser "SM" teilt der Londoner Rundfunk eine erste Namensliste bekannter Deutscher mit, die im Konzentrationslager Buchenwald von alliierten Truppen befreit wurden. Es handelt sich vornehmlich um Abgeordnete des Deutschen Reichstages und der Landtage für Baden, Sachsen, Thüringen und Preussen, meist Sozialdemokraten und Kommunisten, die seit vielen Jahren von der Gestapo in Buchenwald festgehalten wurden.

äussert sich Victor Gollancz in einer mit sittlicher Leidenschaft und klarer Logik geschriebenen Schrift "What Buchenwald really means" (Preis 3d, Verlag Victor Gollancz). Er weist auf die Geschichte der Konzentrationslager und auf die Haltung weiter Kreise des Auslandes gegenüber früheren Enthüllungen der Zustände in den Lagern hin und wendet sich gegen die Behauptung einer gewissen Propaganda, dass die Konzentrationslager die Schuld aller Deutschen beweisen. Jeder SM-Leser erhält diese Schrift!

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Vom 3. bis 5. März 1945 fand eine Konferenz europäischer sozialistischer Parteien statt, an der Vertreter Grossbritanniens, Frankreichs, Belgiens, der Tschechoslowakei, Hollands, Norwegens, Polens, Islands, Italiens, Spaniens, Schwedens und Palästinas teilnahmen. Deutsche und österreichische Sozialisten waren nicht geladen, Vertreter der Schweiz, Dänemarks, Ungarns und der Balkanländer nahmen nicht teil. Die Konferenz beschloss eine

In ihr wurde erneut der Wille der europäischen Sozialisten zum Ausdruck gebracht, den Krieg bis zum Aufhören des deutschen und japanischen Widerstandes zu führen, und die Forderung ausgesprochen, dass der Sieg "ein Sieg des Volkes" sein muss. Der Faschismus muss überall ausgerottet werden, nicht nur in der Form des Hitlerismus, sondern auch in seinen getarnten Formen, den autokratischen Regierungen "gewisser neutraler Länder".

Auch der Friede müsse ein "Friede des Volkes" sein. Deshalb muss eine stabile Organisation für die Aufrechterhaltung des Friedens geschaffen werden. Jedes Land solle eine Urkunde über die Rechte und Pflichten der Nationen annehmen, die im Geiste der Atlantic Charter die Verpflichtung ausspricht, die grundlegenden Freiheiten in jedem Lande zu respektieren und alle Zurücksetzungen aus Gründen des Geschlechts, der Farbe, der Rasse oder des Glaubens für ungesetzlich zu erklären. Die Verpflichtung, sich an diese Grundsätze zu halten, sollte in die Verfassung jedes Landes und Strafbestimmungen gegen die Verletzung dieser Grundsätze in die Gesetze der Länder aufgenommen werden. Die Erklärung begrüsst die Vorschläge von Dumbarton Oaks und ihre Abänderungen durch die Jalta-Konferenz, aber spricht die Meinung aus, dass die dort geplante internationale Sicherheitsorganisation noch verbesserungsfähig ist.

Zunächst wird auf die Wichtigkeit der öffentlichen Meinung hingewiesen, deren Unterstützung für die internationale Organisation notwendig ist. Weiter wird auf die Notwendigkeit einer "Erweiterung der Verfassungsgrundsätze des Internationalen Arbeitsamtes" hingewiesen, "die weitere Beratung erfordern". Dann wird die Einsetzung eines wirtschaftlichen und eines sozialen Rates durch die Internationale Ratsversammlung gefordert. Die letzte Entschei-

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dung über wirtschaftliche und soziale Fragen solle bei der Versammlung liegen.

Es wird betont, dass die Bestimmung, nach der die Vertreter kleinerer Länder nur auf zwei Jahre in den Sicherheitsrat gewählt werden, die Gefahr eines Mangels an Stabilität mit sich bringt. Deshalb soll entweder die Zeit, für die sie gewählt werden, verlängert werden, oder es soll die Möglichkeit geschaffen werden, dass Staaten, die zu einer bestimmten Region gehören, sich zu Gruppen zusammenschliessen, die gemeinsame Delegierte wählen, welche wiedergewählt werden können. Es wird gesagt, dass der internationale Sozialismus den Gedanken regionaler Gruppen befürwortet, unter der Bedingung, dass die Gruppen nicht gegeneinander arbeiten und im Rahmen der internationalen Weltorganisation und unter ihrer Aufsicht bleiben.

Der Beschluss von Jalta, dass im Falle eines Streites eine Mehrheitsentscheidung beim Schiedsspruch den Ausschlag geben soll, wird begrüsst. dass für Sanktionen Einmütigkeit der Grossmächte verlangt wird, mag zunächst eine unvermeidliche Lösung sein. "Aber wir bleiben überzeugt, dass der Friede nur dann endgültig und sicher stabilisiert werden kann, wenn alle Staaten, ob gross oder klein, sich Beschlüssen unterwerfen, die von einer Mehrheit gefasst sind."

Weiter wird Kritik an der Bestimmung geübt, dass militärische Sanktionen von besonderen Vereinbarungen darüber abhängen sollen, die Streitkräfte der Länder der internationalen Organisation zur Verfügung zu stellen. Es sollten Vorkehrungen getroffen werden, sofort einen Apparat zur internationalen Kontrolle privater und öffentlicher Rüstungsproduktion und zur schnellen Schaffung eines Kerns einer internationalen Polizeimacht einzusetzen. Diese internationale Polizeimacht sollte in "Gefahrenzonen" eingesetzt werden und Luft- und Panzerkräfte umfassen. Auch sollten Vorschläge für die Herabsetzung der Rüstungen im Einklang mit der fortschreitenden Entwicklung internationaler Einrichtungen und der internationalen Polizeimacht in die Urkunde der Weltorganisation aufgenommen werden. In diesem Zusammenhang wird auf die amerikanisch-britisch-russische Erklärung von Moskau am 1. November 1943 verwiesen.

Am Schluss heisst es: "Diese Organisation wird aber nur funktionieren, soweit die in ihr zusammengeschlossenen

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Nationen entschlossen und imstande bleiben, ihre Verpflichtungen zu respektieren und, wenn es Zeit ist, alle Risiken übernehmen, die notwendig sein mögen, um einen Angriff abzuwehren, sobald er droht. Sie können das nur tun, wenn sie von einer aufgeklärten öffentlichen Meinung unterstützt werden, die ihrer Verantwortung bewusst ist. Deshalb hängt der Weltfriede in letzter Instanz von dieser öffentlichen Meinung ab. Völker der Welt: Der Sieg der Vereinten Nationen gibt euch die Möglichkeit, eure eigene Befreiung zu erreichen und den Frieden ein für allemal zu sichern. An euch liegt es, diese Gelegenheit zu ergreifen, um eine wahre Demokratie innerhalb der Grenzen jeder Nation zu errichten."

Auf dieser Konferenz europäischer sozilistischer Parteien wurde auch die folgende wichtige Erklärung beschlossen.

"Von allen Problemen, die sich ergeben werden, wenn wir endgültig eine Weltorganisation eingesetzt haben, ist die deutsche Frage eine der brennendsten, nicht zuletzt deshalb, weil die empörten Gefühle der Menschheit befriedigt werden müssen. Keine Lösung des deutschen Problems könnte dauernden Wert haben, wenn die neue internationale Organisation nicht mit der Handlungsmöglichkeit ausgestattet wäre, die es ihr erlauben, dafür zu sorgen, dass ihre Beschlüsse aufgeführt werden. Es ist aber ebenso sicher, dass die neue Weltorganisation den gefährlichsten Erschütterungen ausgesetzt wäre, wenn Deutschland nicht unfähig gemacht würde, einen neuen Krieg anzufangen.

Da Hitler-Deutschland, der neuste und barbarischste Ausdruck des traditionellen deutschen Militarismus und Imperialismus, sein Recht darauf verkündet, Verbrechen zu begehen, diesen Grundsatz systematisch und beharrlich bei seiner Behandlung von Nationen wie Individuen angewandt hat, alles verachtet und mit Füssen getreten hat, was menschliche Zivilisation nach jahrhundertelangen Kämpfen als Grundsätze internationalen Rechts aufgestellt hat, und Mord und Massentötung zum Instrument der Nationalpolitik gemacht hat, hat es das Recht der deutschen Nation verwirkt, freie Selbstbestimmung zu üben.

Während der gesamten Hitler-Periode hat das Volk Deutschlands tatsächlich eine kollektive Schuld auf sich geladen, die grösser ist, als sie je ein Volk in der Geschichte auf sich lud. Wir vergessen zwar nicht die Tatsache, dass,

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bevor Hitler zur Macht kam, grosse Mengen Deutscher gegen ihn waren und dass viele dieser Gegner Opfer ihrer Unterdrücker wurden, aber wir sehen nicht, wie es heute möglich ist, andere Massnahmen ins Auge zu fassen als solche, die für Deutschland als ganzes gelten, denn das deutsche Volk als ganzes muss die Folgen seiner Handlungen tragen.

Es ist nicht das geringste Verbrechen, an denen der Hitlerismus schuld ist, dass seine allgemeine Lehre und seine Kriegsmethoden die zivilisierte Welt dazu gezwungen haben, um sich gegen Deutschland, so wie es heute ist und wie es morgen vielleicht sein wird, zu verteidigen, das Recht der Selbstbestimmung, das bisher von der zivilisierten Welt angenommen wurde, aufzugeben, soweit es Deutschland betrifft. Damit Deutschland eines Tages fähig sei, die Grundsätze der Humanität und Zivilisation, wie wir sie sehen, wieder zu entdecken, wird es nötig sein, noch einmal zu Methoden zu greifen, die auf Gewalt basieren und die unsere Staatsmänner zu beseitigen imstande waren.

Werden die Massnahmen, welche die siegreichen Nationen Deutschland aufzuerlegen verpflichtet sind, bedeuten, dass das deutsche Volk für immer aus der Gemeinschaft der Nationen ausgeschlossenen wird? Das wird von der künftigen Haltung der Deutschen selbst abhängen.

Nur ein Deutschland, dessen wirtschaftliche und politische Struktur die weitreichenden Veränderungen durchgemacht hat, dessen Weltanschauung und Haltung eine völlige Umwandlung erlebt haben, wird wieder die Weltanschauung und die Ziele anderer Nationen teilen können.

Damit Deutschland, wenn der Hitlerismus auf dem Schlachtfeld besiegt ist und das Regime sein Ende gefunden hat, fortan weder die Mittel noch den Antrieb haben soll, neue Pläne zur Weltherrschaft durch einen neuen Angriffskrieg zu schmieden, erklärt die Konferenz der europäischen sozialistischen Parteien die folgenden Massnahmen für unerlässlich:

1. Eine lange und totale militärische Besetzung durch die Vereinten Nationen.

Eine gewisse Zeit lang, deren Dauer nur bestimmt werden kann, wenn es möglich ist, direkte Zeugnisse über den Zustand Deutschlands und des deutschen Volkes zu haben, muss Deutschland von den Vereinten Nationen verwaltet werden. Dann wird eine Periode folgen, in der Deutschland von Deutschen unter Aufsicht der Vereinten Nationen verwaltet

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werden kann und auch soll. Die totale militärische Besetzung Deutschlands soll von einer Armee durchgeführt werden, die aus amerikanischen, britischen, Sowjet- und französischen Truppen besteht und, falls sie das wünschen, aus belgischen, holländischen, polnischen, norwegischen und tschechoslowakischen.

2. Strenge Bestrafung der Verbrecher.

Alle Kriegsverbrecher, ob Führer oder nicht, müssen vor Gericht gestellt und entsprechend der Schwere der Verbrechen, die sie begangen haben, bestraft werden.

3. Demokratisches Regime.

Die ersten Massnahmen, die ergriffen werden müssen, sind die Abschaffung des Verwaltungsapparats und der politischen Grundgesetze des Dritten Reiches und die Annullierung aller sogenannten 'neuen deutschen Gesetze', die auf Hitlers Befehl zustande kamen. Zwischen dem Ende des Hitler-Regimes und dem erhofften neuen demokratischen Regime wird es eine Uebergangsperiode geben, die durch die Abwesenheit eines rein deutschen Regierungssystems und die Militärherrschaft der siegreichen Länder charakterisiert ist. Es ist zu hoffen, dass diese Periode so kurz sein wird, wie es die Umstände gestatten. Jeder Versuch einer Rückkehr zu einem nicht-demokratischen Regime in Deutschland muss als Vorbereitung eines neuen Angriffs gegen den Frieden betrachtet werden.

4. Totale Abrüstung Deutschlands.

Alle Streitkräfte - Land-, See- und Luftstreitkräfte - müssen verboten werden, und Deutschland muss veranlasst werden, sein gesamtes Kriegsmaterial auszuliefern und alle Befestigungen zu zerstören. Niemand, der zu irgend einer Nazi-Organisation gehört (SS, SA, Gestapo), und kein Offizier der regulären Armee darf in die Polizei oder in ein anderes Staatsamt zugelassen werden.

Die wichtigsten Flusssysteme, darunter nicht nur der Rhein und seine Nebenflüsse, der Neckar und der Main, sondern auch die Donau, die Oder, die Elbe, die Weser, die sie verbindenden Kanäle oder der Kieler Kanal müssen unter internationale Verwaltung gebracht werden.

5. Entschädigung und Wiedergutmachung.

Was man nach dem letzten Kriege Reparationen nannte, muss diesmal vorwiegend durch Transfer von Gütern und durch Dienstleistungen durch Vermittlung eines internationalen Verteilungsausschusses bezahlt werden, ähnlich dem,

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den der sozialistische Plan 1922 vorsah.[8]

Ausserdem muss Deutschland gezwungen werden, soweit möglich, entweder in Form der betreffenden Artikel oder gleichwertiger, alles Gestohlene und Beschlagnahmte (Vieh, landwirtschaftl[iche] und industrielle Produkte, Eisenbahnmaterial, Möbel und Einrichtungen aus Privathäusern, Museen, Kirchen, Bibliotheken, Universitäten, Schulen, Hospitälern usw.) zurückzugeben.

6. Errichtung einer besonderen Sicherheitszone im Rheinland.

Die militärische Besetzung der Gebiete des Rheinlands, der Ruhr und der Saar muss besonders stark sein. Deutschland muss durch Verwaltungsmethoden, aber nicht durch Annexion, an jeder Möglichkeit gehindert werden, diese Länder und ihre Reichtümer für Angriffsziele zu verwenden. Die Sozialistische Konferenz verlangt auch, dass im Falle anderer Teile Deutschlands erst alliierte Truppen und später Kontingente der Internationalen Armee, wie sie in den Vereinbarungen von Dumbarton Oaks vorgesehen wurde, einen beträchtlichen Anteil an dieser Besetzung haben sollen, sobald die Internationale Armee geschaffen ist.

7. Enteignung preussischer [und] anderer Grossgrundbesitzer.

Eine der wesentlichen Bedingungen der Umwandlung eines kriegerischen in ein friedliches Deutschland ist die Zerstörung der wirtschaftlichen Macht dieser Klasse und die Aufteilung der Güter des preussischen Adels.

8. Kontrolle des deutschen Industrie- [und] Kriegspotentials.

Alle Produktion von Kriegsmaterial muss in Deutschland verboten werden. Die Magnaten der deutschen Schwerindustrie müssen enteignet werden. Die Schwerindustrie der Ruhr und des Rheinlands muss internationalisiert werden und von einer kooperativen Organisation (sowohl in der Produktion wie in der Verteilung) verwaltet werden, die von den Staaten eingesetzt ist, deren Industrien zerstört worden sind und die hauptsächlich an der künftigen Organisation dieses Teils von Deutschland interessiert sind. Delegierte der Weltgewerkschaftsorganisation müssen an der Verwaltung teilhaben. Die Internationale Sozialistische Konferenz betont die Notwendigkeit zu verhindern, dass die Internationalisierung der westdeutschen Schwerindustrie zur Bereicherung gewisser Welt-Trusts führt, die den Triumph privatkapitalistischer Interessen über alle Grenzen hinweg und innerhalb aller Grenzen darstellen. Nur um die deutsche Schwerindustrie daran zu

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hindern, ein Kriegsinstrument zu sein und sie in ein Friedensinstrument zu verwandeln, verlangt die sozialistische Konferenz ihre Internationalisierung und ihre Verwaltung durch eine kooperative internationale Organisation. Der gleiche Grundsatz sollte bei der Verwaltung der Zivilluftfahrt in Deutschland und der deutschen Handelsschiffahrt gelten. Andere Industrien, die in Kriegsindustrien verwandelt werden können, müssen strenger Ueberwachung unterliegen, ob diese Industrien nun in Deutschland liegen oder in anderen Ländern getarnt sind.

9. Finanzkontrolle.

Die Kontrolle der deutschen Finanzen, darunter der staatlichen, Provinz- und Gemeindebudgets als ganzes und des Steuersystems und der Banken, ist unerlässlich.

10. Kontrolle der Presse, des Radios und [der] Kinos

11. Kontrolle der Erziehung

Eine der delikatesten und schwierigsten, aber dennoch dringenden Aufgaben, welche die Vereinten Nationen auszuführen haben werden, wird die methodische Ueberwachung allen privaten und öffentlichen Unterrichts in Deutschland sein. Wir werden nicht nur alle nazistischen, militaristischen und nationalistischen Elemente aus der Lehrerschaft aller Stufen, an Universitäten, Gymnasien, Volksschulen und technischen Schulen, zu entfernen haben, sondern auch die Grundprinzipien ändern müssen, die allem Unterricht in Hitler-Deutschland zugrunde lagen, darunter auch die Lehrgegenstände, die angewandten Methoden und den Lehrzweck selbst, die der deutschen Jugend eingeimpfte 'Moral'.

12. Kontrolle der Sportorganisationen.

Es ist von grösster Bedeutung, dass alle künftigen deutschen Sportorganisationen vom Nazi-Einfluss gereinigt werden.

13. Freie und demokratische Gewerkschaften.

Massnahmen sollten ergriffen werden, um in Deutschland freie und demokratische Gewerkschaften zu entwickeln, die mit dem Ziel einer schliesslichen Mitgliedschaft in der neuen Weltgewerkschaftsorganisation organisiert werden sollten.

14. Keine Aufteilung Deutschlands.

Die Konferenz bekundet ihre Opposition gegen irgendeine Aufteilung Deutschlands in mehrere Staaten. Das schliesst nicht notwendige Grenzänderungen oder die Errichtung eines besonderen Regimes für das Rheinland, die Ruhr und die Saar aus. Deutschland darf nicht gestattet werden, irgend-

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eins der Gebiete zu behalten, die es annektiert hat, wie z. B. Oesterreich und das sogenannte Sudetenland. Die Internationale Sozialistische Konferenz gibt nicht die Hoffnung auf, nach einem Zeitraum, den wir heute noch nicht ermessen können, die Geburt eines neuen Geistes in einem erneuerten und in der Struktur umgewandelten Deutschland zu sehen, in dem es Aufgabe der demokratischen Elemente und der arbeitenden Massen sein wird, eine humane und friedliche Nation aufzubauen."

Ueber 70 frühere deutsche Gewerkschaftsmitglieder haben in Aachen den "Freien deutschen Gewerkschaftsbund" gegründet, die erste derartige Organisation, die nach 12 Jahren der Unterdrückung in Deutschland gegründet werden konnte und sich auf die Worte des Generals Eisenhower stützt:

"Die deutschen Arbeiter werden sich, sobald die Umstände es gestatten, zu demokratischen Gewerkschaften zusammenschliessen dürfen." Berichte über die Gründungsversammlung brachten die "Mitteilungen"[9], "Aachener Nachrichten"[10], "Kölnischer Kurier"[11], "Frankfurter Presse"[12] und die deutschsprachige Sendung des Londoner Rundfunkes. Wir berichten etwas ausführlicher über diesen ersten bedeutsamen Schritt auf dem Wege zur Schaffung einer Arbeiterbewegung in Deutschland und die grundlegenden 13 Punkte der Aachener Konferenz, weil sie sicher typisch sind für den weiteren Gang der Ereignisse auf diesem Gebiete.

Der neue Gewerkschaftsbund ist eine rein wirtschaftliche Organisation, in der alle Gewerkschaftsgruppen in einem einzigen grossen Bund zusammengefasst werden sollen. In freien, nach demokratischem Prinzip durchgeführten Wahlen wurden bereits ein aus fünf Mitgliedern bestehender Vorstand sowie ein Sprecher und verschiedene Ausschüsse gewählt. Der neugegründete Freie Deutsche Gewerkschaftsbund soll "die Keimzelle für die zukünftige Demokratische Gewerkschaftsorganisation in Deutschland" sein. Bei der ersten Versammlung des Bundes wurde eine Resolution verlesen, die forderte, dass allen wegen Nazi-Tätigkeit aus der Verwaltung entlassenen Beamten und Angestellten das Recht abgesprochen werde, untätig zu sein; sie mögen mit Hacke und Schaufel am Wiederaufbau der Stadt teilnehmen. Die erste Versammlung wurde von dem ältesten der anwesen-

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den Gewerkschaftsführer mit folgenden Worten begrüsst: "Wir müssen alle politischen und religionspolitischen Elemente aus der Gewerkschaft fernhalten. Das Ziel unserer Tätigkeit muss darin bestehen, Vertrauen zu gewinnen, damit wir den Kameraden in der Welt die Bruderhand wieder reichen können." Der Versammlungsleiter führte in einer Ansprache aus: "Zurzeit stellen wir nur eine Lokalorganisation dar, aber wir müssen den Weg zur Zentralorganisation der Gewerkschaften beschreiten. Parteipolitische Tendenzen sind grundsätzlich aus der Gewerkschaft auszuschalten. Die Gewerkschaft soll eine Wirtschaftsorganisation sein."

Für die neuen Gewerkschaften gelten die folgenden 13 grundlegenden Punkte:

Eine ehemalige Stadtverordnete erklärte: "Nach zwölf Jahren Terror und ständiger Verfolgung können wir wieder, ohne Gestapo im Nacken zu haben, unter uns Arbeitern zusammentreten. Alle, die zu feige waren, dem Nazismus zu trotzen, sind schuldig am Elend der Unschuldigen. Alle Nazischuldigen sollen deshalb spüren, was sie angerichtet haben. Deshalb müssen wir alle zur Rechenschaft ziehen, die daran schuldig sind." - Mehrere andere der aktiven Gewerkschaftsmitglieder betonten, dass Nazis zur Aufbauarbeit herangezogen werden sollten, da diese für die Zerstörung der Stadt

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hauptsächlich verantwortlich sind.

Der Leiter der ersten Versammlung wurde zum Sprecher des neuen Gewerkschaftsbundes gewählt. Ferner wurden folgende Ausschüsse bestimmt: ein Bauausschuss, Steuerausschuss, Finanzausschuss, Wohlfahrtsausschuss, Krankenausschuss und ein Rückkehr- und Wohnungsausschuss.

Der Präsident der Handwerkskammer in Aachen betonte die unmittelbare Verbindung zwischen der Handwerkskammer und der Gewerkschaft und erklärte ferner: "Der Aufbau ist nur möglich, wenn der Arbeiter sieht, dass der Arbeitgeber selbst arbeiten kann." Ein Gewerkschaftsführer sagte zum Schluss: "Nun liegt eine schwere Arbeit vor uns. Wir wollen sie freudig auf uns nehmen. Alles ist uns genommen, aus dem Nichts müssen wir Neues schaffen."

In der sozialdemokratischen Bewegung gibt es heute keine gemeinsame, planmässige Forschung. dass sie lebenswichtig ist, sollte Binsenwahrheit sein. Stattdessen sind nicht einmal Ansätze dazu vorhanden.

Die Hochschätzung der Grundlagenforschung, des Suchens nach dem Wahren und Wirklichen in Natur- und Geisteswissenschaften, besteht zumindest traditionell. Aber es fehlt in die Tat umgesetztes Verständnis dafür, dass heute für jede um Macht ringende Volksbewegung auch Zweckforschung notwendig ist und dass sie gemeinsamer, geplanter Anstrengungen bedarf.

Vor einer Generation, als organisierte Massen grösseres Gewicht hatten und organisierte Forschung in der Politik kaum vorhanden war, mag es unwichtiger gewesen sein. Heute erfordern auch politische und wirtschaftlichen Aktionen in steigendem Umfang generalstabmässige Vorarbeiten, und mangelnde Kenntnis der Gegenkräfte, Geschehnisse und Möglichkeiten bedeutet gefährliches Handikap.

Während in aller Welt Unternehmerverbände, gegnerische Bewegungen und Regierungen die Zweckforschung in ihren Dienst stellen und in planmässiger Gemeinschaftsarbeit bemerkenswerte Resultate erzielen, sind die Vertreter des wissenschaftlichen Sozialismus ohne eine zentrale Forschungsgemeinschaft, die anregt und empfängt, plant und koordiniert.

Wir können Hitler verantwortlich machen für die Vernich-

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tung des organisatorischen Zusammenhalts in Deutschland; für die nicht erreichte geistige Zusammenarbeit in der Emigration sind nur die Sozialisten selbst verantwortlich. Zu den Ursachen unserer gegenwärtigen Einflusslosigkeit gehört nicht nur, dass die Bataillone fehlen, es fehlen auch der Generalstab, die Aufklärungsflugzeuge und Artilleriebeobachter, die Landkarten und die Archive.

Monopolbetriebe und Industriellenvereinigungen sind uns in der Zusammenarbeit mit der Forschung um Jahrzehnte voraus. Die totalitären Parteien - ungeachtet ihrer Verneinung freier Forschung - haben Planung und Zusammenfassung der Forschung für ihre Zwecke, mit ihren Methoden, ins Extreme getrieben. Und erst dieser Krieg lehrte, wie weit Gemeinschaftsforschung gesteigert werden kann: 750 höchstqualifizierte Ingenieure haben zwei Lebensjahre daran gesetzt, ein einziges Flugzeug zu bauen, die B-29. Niemand, hoffentlich, ausser Anhängern totalitärer Ideen, wagt zu antworten: Gemeinschaftsforschung dieser Art wäre nur im Krieg, nur mit Geld oder nur mit Zwang möglich.

Wo stehen wir? Es gibt Ansätze, etwa Naphtalis[13] Forschungsstelle und Rinners "Deutschland-Berichte". Beide sind verschwunden. Geblieben sind Einzelne, verstreut über die Welt und ohne Kontakt. Es gibt kleine Arbeitskreise, um eine Zeitschrift da, um eine Persönlichkeit dort. Das organisierte Zusammenwirken fehlt, und ältere Sozialisten klagen wohl mit Recht über den Nachwuchsmangel unter unseren Wissenschaftsarbeitern.

Planvolle Zusammenarbeit der vorhandenen Kräfte ist notwendig. Der Einzelne oder der kleine Kreis kann Universalität heute nicht mehr erreichen; wo es versucht wird, führt die Begrenztheit zu halbem Tun. Spezialisierung ist unvermeidlich, und die Arbeiten und ihre Ergebnisse müssen koordiniert werden, wenn sie von vollem Nutzen für die Bewegung sein sollen.

Isoliertes Forschen führt häufig zu Doppelarbeit, vor allem bei aktuellen Problemen. Als 20 Sozialisten kürzlich in einer befreiten Stadt zum ersten Mal wieder zusammenkamen, brachte jeder ein Regierungsprogramm mit.[14] Es kann nützlich sein, mehrere Fachleute an eine Aufgabe zu setzen, - wenn genug Kräfte vorhanden sind. Wir müssen haushalten, wir haben viele Aufgaben, wenig Kräfte, kein Geld.

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Wichtige Bereiche des öffentlichen Lebens, über die wir gut unterrichtet sein sollten, werden gar nicht oder nicht systematisch untersucht: weil Fachreferenten fehlen, die Materie spröde oder ihre Bedeutung nicht so augenscheinlich ist. Die Emigration produzierte wohl hundert Bücher über Konzentrationslager, kaum eines über Erbhofrecht. Bestünde im sozialistischen Sektor eine planvolle Forschung, solche Mängel könnten nicht entstehen.

Was heute in vielen kleinen Arbeitskreisen erreicht wird, kann vor allem für den Selbstunterricht der Teilnehmer höchst nützlich sein. Als Rüstzeug für die Gesamtbewegung reichen die so gewonnenen Erkenntnisse meist nicht aus. Jeder Arbeitskreis, auf sich gestellt, muss viel Zeit für die Beschaffung elementarer Kenntnisse und Informationen verwenden. Für weiterreichende Forschungen bleibt wenig Zeit. Um die wirklichen und wesentlichen Fakten zu finden, die sicheres Urteil ermöglichen, ist Quellenmaterial unerlässlich, viel und gutes Quellenmaterial. Zur heutigen politischen Kriegsführung - auch im Frieden - gehört aber, den möglichen und tatsächlichen Gegnern den Einblick in eben dieses Material zu verwehren, sei es durch Entstellung oder Geheimhaltung. Das und die "normalen" Schwierigkeiten der Quellenbeschaffung machen die Tatsachenfeststellung für den Einzelnen oder den kleinen Kreis so schwer. Nur Zusammenarbeit im ganzen, Austausch und vergleichende Betrachtung können befriedigende Resultate sichern.

Unsere planmässige Forschung wird kein Gebiet auslassen können. Die totalitären Regierungen und der Zweite Weltkrieg - in dem selbst Aegyptologen Fachverwendung fanden - haben deutlich gemacht, dass es keine wirklich neutralen Forschungs- und Lebensbereiche mehr gibt. Diese Entwicklung wird auch in der Nachkriegszeit wohl nicht mehr rückgängig gemacht werden. Man mag das bedauern: und vielen wird die Forderung zu weit gehen, die Beobachtung der Vorgänge in allen Disziplinen aufzunehmen. Trotzdem muss sie erhoben werden. Was heute ein wissenschaftliches Problem und morgen im Experimentalstadium ist, kann übermorgen ein Massenprodukt sein, die Lebensbedingungen von Millionen umwälzend. Wer es heute nicht beachtet, kann in Zukunft der Auswirkungen peinlich gewahr werden.

Gegenwärtig haben wir zweifellos weder Kräfte noch Mittel genug dafür. Planung ist daher umso notwendiger, nicht nur um Doppelarbeit auszuschalten und Kräfte für andere Aufgaben freizubekommen, sondern auch, um Prioritäten festzustellen.

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Berufenere werden zu untersuchen haben, welche Themen in welcher Reihenfolge Vorrang haben. Sicher stehen für die politische Bewegung politische Fragen: Aussen-, Innen-, Wirtschafts-, Sozial- und Kulturpolitik neben sozialistischer Theorie voran. Gegnerbeobachtung im weitesten Sinne, eigene Aktion, Massenpsychologie, Propaganda- und Organisationsprobleme sollten, vom Standpunkt des praktischen Politikers aus gesehen, einen wichtigen zweiten Platz haben. Das ist bereits eine lange Liste von Fragen, die heute nur teilweise unter Beobachtung gehalten und bei denen die Ergebnisse häufig nicht oder nicht genügend ausgenutzt werden.

Gemeinsame und geplante Arbeit soll selbstverständlich nicht Gleichschaltung heissen. Wer mit "Fraktions"-Vorstellungen an die Aufgabe geht, kann nur schaden. Auf solcher Basis hätte eine Zusammenfassung keinen Bestand oder wäre Bruchstück von Anbeginn. Zur Verminderung dieser Gefahr könnte vereinbart werden, dass Tatsachenfindung, nicht Meinungsbildung vorangeht, dass weitgehende Toleranz im Rahmen sozialistischer Vorstellungen geübt wird und dass Untersuchungsergebnisse zunächst nur den Verfasser, nicht die Gesamtheit binden.

Zwei andere Bedenken: kein Geld, und "ungeeigneter Zeitpunkt", zu früh für Deutschland, und zu spät für die Emigration. Sicherlich wäre es besser gewesen, vor 10 oder 20 Jahren zu beginnen. Das lässt sich nicht mehr ändern. Mit Planung und Zusammenarbeit noch weiter zu warten, hilft gar nichts. Worauf warten? Auf "bessere Zeiten"? Man muss sie schaffen, nicht darauf warten. Es gibt mehr und bessere Gründe dafür, jetzt und am jeweiligen Standort mit solcher Zusammenarbeit zu beginnen, als dagegen: Rückkehr nach Deutschland mag für viele später oder gar nicht kommen; und für die Tatsachenfeststellung etwa über die Relation zwischen Nachtarbeit und Betriebsunfall oder über die nationalsozialistische Fernostpolitik ist es ziemlich gleichgültig, ob sie in M. oder W. erfolgt. Wichtig ist nur, dass sie geschieht. Kein Geld? Wir haben es heute nicht und werden es auch in Zukunft nicht haben, wenn wir nichts dazu tun. Wäre Geldmangel Grund genug, eine als notwendig erkannte Aufgabe nicht zu beginnen, dann hätte es - neben anderem - nie eine Millionenorganisationen der Arbeiterbewegung gegeben. Was tun? Ziel sollte sein:

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1. die Sozialisten, die neben- oder hauptberuflich Forschungsarbeit im weiteren Sinne auf irgendeinem Wissensgebiet leisten, zu gegenseitiger Hilfe, Austausch der Erfahrungen und - wo das angängig ist - zu gemeinsamer oder aufeinander abgestimmter Forschung zusammenzubringen;

2. einen Generalplan für die Tätigkeit dieses Kreises aufzustellen, der rationelle Verteilung und Erweiterung der Aufgaben, Vermeidung überflüssiger Doppelarbeit und universalere Ergebnisse ermöglicht;

3. die so gewonnenen Erkenntnisse und Erfahrungen auszuwerten, um der sozialistischen Bewegung mehr und besseres geistiges Rüstzeug für den Kampf zu geben.

Eine solche [Wir]-Gemeinschaft könnte auch Vorteile für die einzelnen Beteiligten bringen: Erleichterung der Beschaffung oder Vermittlung von Quellenmaterial, ev[tl]. durch zentrale Verhandlungen mit Bibliotheken, Institutionen, Aemtern: Empfehlungen an Verleger, Stiftungen usw. und Beratung und Hilfe in praktischen Fragen bei der Auswertung der Arbeitsergebnisse. - Eine Utopie? Sicher ist es nicht leicht, einen Haufen sozialistischer Theoretiker und Wissenschaftsarbeiter unter einen Hut zu bringen. Wer davor zurückschreckt, - mit welchem Recht und mit welcher Aussicht auf Erfolg -, bemüht er sich dann um die weit schwierigere Aufgabe, ein 60- oder 70-Millionenvolk zu gemeinsamer, planvoller Aufbauarbeit zusammenzuführen?

Es wird Aufgabe der interessierten Wissenschaftsarbeiter selbst sein, die geeignete Form der Zusammenarbeit zu finden. Bis dahin ist Genosse B. F. Heine, 67 Station Road, London N.W.4., bereit, als Briefstelle für den Meinungsaustausch zu dienen.

deren Mitglieder in der Vorhitler-Aera in der freien Arbeiterbewegung Deutschlands und im öffentlichen Leben der deutschen Demokratie tätig waren, hat zu der Frage Stellung genommen, unter welchen Voraussetzungen die Demokratie in Deutschland nach dem Siege der Vereinten Nationen wiederhergestellt werden kann. Sie bringt ihre Auffassung in einem Dokument zum Ausdruck, das die freie deutsche Arbeiterbewegung als Hauptstütze der Demokratie unterstreicht, die Bestrafung der Naziverbrecher, die völlige Vernichtung des Nazisystems und die vollständige Entwaffnung Deutschlands

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fordert, zum Problem der Naturalleistungen als Reparationen, zur Frage des Arbeiterschutzes und der Besetzung Deutschlands, der Frage der Gebietsabtretungen und der Erziehung zur Demokratie und zum Problem der europäischen Zusammenarbeit Stellung nimmt. Die Erklärung ist entstanden aus der Zusammenarbeit zwischen denjenigen Mitgliedern der "Labor Delegation", die nach Deutschland zurückzukehren beabsichtigen, und denjenigen Mitgliedern, die amerikanische Bürger geworden sind und es bleiben wollen. Die in der Erklärung niedergelegten Gedanken und Vorschläge werden von unseren Freunden in den USA auch als die beste Grundlage für die amerikanische Nachkriegspolitik betrachtet. Die Erklärung ist im englischen Text den Mitgliedern des Kongresses und der Regierung zugänglich gemacht worden und in den Kreisen der amerikanischen Gewerkschaftsbewegung verbreitet worden. Interessenten können die Erklärung bei der Geschäftsstelle der "German Labor Delegation", Room 403-A, 41 Union Square, New York 3, N.Y., USA, anfordern. Das Dokument ist von folgenden Genossen unterzeichnet: Dr. Alfred Braunthal, Gustav Ferl, Richard Hansen, Dr. Fritz Karsen, Paul Lynn[15], Martin Plettl, Gerhart H. Seger, Willy Snell, Friedrich Stampfer, Friedrich Wilhelm Wagner, H. Wickel[16].

Die in Paris, Toulouse, Lyon, Marseille, Bordeaux, Limoges-Périgueux, Avignon-Valence und Montluçon lebenden SPD-Flüchtlinge haben sich zu einer SPD-Landesgruppe zusammengeschlossen und nach ausführlicher Diskussion zu folgenden Auffassungen bekannt:

1. Sie halten es für ihre Aufgabe, das Gedankengut der SPD und die in der "Union deutscher sozialistischer Organisationen" getroffenen Vereinbarungen den Bruderorganisationen der II. Internationale bekanntzugeben und ihnen gegenüber zu vertreten. Sie sehen darin einen bedeutsamen Schritt auf dem Wege des Einbaus einer zukünftigen deutschen Arbeiterbewegung in die Politik der Sozialistischen Internationale.

2. Sie sind der Auffassung, dass der Standpunkt deutscher Sozialisten über die zukünftige Gestaltung einer wirklichen deutschen Demokratie den alliierten Mächten unterbreitet werden soll. Es darf kein Zweifel darüber herrschen, dass die demokratischen Kräfte Deutschlands gewillt sind, an der Schaffung und Er-

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haltung eines dauernden Friedens tatkräftig mitzuarbeiten und den Nationalsozialismus und Militarismus mit Stumpf und Stiel auszurotten.

3. Sie sind von der Notwendigkeit der Einigung aller antifaschistischen Kräfte und besonders auch von der Notwendigkeit der Zusammenarbeit der SPD und der KPD überzeugt. Sie vertreten aber die Auffassung, dass Einheitsbestrebungen nur dann erfolgversprechend sind, wenn sie von Partei zu Partei und deren mandatierten Vertretern geführt werden.

Um die Zusammenfassung aller Kräfte und die Zusammenarbeit in jeder Beziehung zweckdienlich zu gestalten, übernehmen die nachstehend verzeichneten Genossen einstimmig die Funktion einer Exekutive: Ernst Roth[17], Präsident, Cohen-Reuss[18], Vizepräsident, Markscheffel[19], Generalsekretär, Berlowitz[20], Alfred Frisch[21], Kiesel[22], Ludwig[23], Mommer[24] und Rubner[25] Beisitzer.

Eine Sonderkommission für Gewerkschaftsfragen besteht aus den Gen. Müller-Solingen[26], Rubner und Albert[27]. Die erste Sitzung der Exekutive hatte u.a. folgenden Beschluss gefasst:

"Genossen, die Funktionäre in der Landesgruppe der SPD Frankreich sind, können keiner parteifremden Organisation angehören." - Die "INFORMATIONEN der SPD-Gruppe Frankreich"[28] teilen in ihrer Nummer 7 vom März 1945 mit, dass von der Gestapo folgende Genossen verschleppt wurden: Bergas[29], verhaftet in Montauban, Blank, Thomas[30], Bleibtreu, Louis[31], Fuchs[32], Gericke, Ernst[33], Haefner, H.[34], Kirchner, Hanna, Kirn, Richard, Klein, Fritz[35], König, H.[36], Petri, Hermann[37], Petri, Sohn von Hermann[38], Pfeiff, Georg[39], Schäfer[40], Schulte, Gg.[41], Steinschneider, Adolf[42], Veldman[43] und Wildnagel[44].

Die "INFORMATIONEN" der SPD in Frankreich berichten den Tod folgender Genossen: Bruno Süss[45], gestorben in Montauban, Einstein[46], von der Gestapo in Clermont-Ferrand ermordet, Dr. Lentschner[47], von der Gestapo in Bordeaux ermordet, Fink[48] im Lager Les Milles einem Herzschlag erlegen. - Die deutsche Gewerkschaftszeitung in Schweden[49] widmet ausführliche Gedenkartikel dem Tode des Genossen Georg Ucko[50], Vorstandsmitglied der AFA, Mitgründer des ZdA, der nach Lungenentzündung am 16. März in Eskilstuna eintrat, und dem Tode des Gen. Simon Katzenstein[51], Redakteur, durch einen Unglücksfall im 78. Lebensjahr in Stockholm.




Issued by the London Representative of the German Social
Democratic Party, 33, Fernside Avenue, London N.W.7.






Editorische Anmerkungen


1 - Am 7. Mai 1945 unterzeichneten die Deutschen im Hauptquartier des westlichen Oberbefehlshabers in Reims die Gesamtkapitulation. Am 9. Mai 1945 wurde die Unterzeichnung der Kapitulation im Sowjetischen Hauptquartier in Berlin-Karlshorst wiederholt.

2 - Vilhelm Buhl (1881 - 1954), 1937-1942 Finanzminister, von Mai bis November 1942 und von Mai bis Ende Oktober 1945 dänischer Ministerpräsident.

3 - Hans Christian Hansen (1906 - 1960), Generalsekretär des Socialdemokratisk Forbund i Danmark (SDF) 1939-1941 und 1945-1953, Finanzminister 1945 und 1947-1950; 1955-1960 Ministerpräsident.

4 - Karl Renner (1870 - 1950), österreichischer sozialdemokratischer Politiker, 1918-1920 Staatskanzler der Ersten Republik, 1945 Bundeskanzler der Zweiten Republik, 1945-1950 Bundespräsident.

5 - Walter Maschke (1891 - 1980), Handlungsgehilfe, Sozialdemokrat und Gewerkschafter, 1922-1933 Jugendsekretär des ADGB, während des NS-Regimes dreimal verhaftet und jahrelang in KZ und Gefängnissen. 1946 im Sekretariat des Bundesvorstands des Freien Deutschen Gewerkschaftsbundes (Ost), ab 1950 Zentralsekretär der Deutschen Volksbühne.

6 - George Norman Clark (geb. 1890), Historiker, Professor in Cambridge; arbeitete 1939-1945 für die Regierung.

7 - Léon Jouhaux: Siehe SM 82, Jan. 1946, Anm. 13.

8 - Eine Konferenz der II. Internationale und der Internationalen Arbeitsgemeinschaft Sozialistischer Parteien hatte im Februar 1922 gefordert, die Reparationsfrage so zu lösen, dass die Wiederherstellung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit Deutschlands ermöglicht wird.

9 - Es dürfte sich um das (amtliche) "Mitteilungsblatt der Stadt Aachen" handeln.

10 - Die "Aachener Nachrichten" waren eine Zeitung der SPD, die zweimal wöchentlich erschien; später überparteilich.

11 - "Kölnischer Kurier", erschien von April 1945 bis Februar 1946 als amtliche Zeitung, die von der Amerikanischen Armee herausgegeben wurde.

12 - "Frankfurter Presse", erschien 1945 als alliiertes Nachrichtenblatt der amerikanischen 12. Heeresgruppe für die deutsche Zivilbevölkerung.

13 - Fritz Naphtali (1888 - 1961), Kaufmann, dann Wirtschaftsjournalist, Sozialdemokrat und Gewerkschafter, 1927-1933 Leiter der Forschungsstelle für Wirtschaftspolitik des ADGB, 1933 Emigration nach Palästina, Dozent für Wirtschaftswissenschaften in Haifa und Tel Aviv, 1951-1959 verschiedene Ministerfunktionen.

14 - Schon im Mai 1945 trafen sich zunächst ohne Zustimmung der Besatzungsmächte an vielen Orten Sozialdemokraten, um die SPD wieder aufzubauen. Auf welches Treffen hier angespielt wird, ist nicht zu klären. Es könnte sich um die Konferenz sozialdemokratischer Hannoveraner Funktionäre mit Kurt Schumacher handeln, die am 6.5.1945, also vor der deutschen Kapitulation, stattgefunden hatte.

15 - Paul Lévi nannte sich in den USA "Lynn".

16 - Helmut Wickel (1903 - 1970), sozialdemokratischer Redakteur, 1933 KZ, 1934 Flucht in die CSR, 1938 Frankreich, 1941 USA. 1950 Rückkehr nach Deutschland, ab 1954 Chefredakteur der "Gewerkschaftlichen Umschau" und der "Gewerkschaftspost", später Leiter der Wirtschaftsabteilung der IG Chemie.

17 - Ernst Roth (1901 - 1951), sozialdemokratischer Journalist und Politiker, seit 1920 SPD-Mitglied, 1932-1933 MdR, 1934 Exil in Frankreich, 1939 ausgebürgert, nach Kriegsausbruch interniert in Afrika, 1942 nach Frankreich, dort Anschluss an die Armée Secrète. 1945 Rückkehr nach Deutschland (Saargebiet), Gründungsmitglied der Sozialdemokratischen Partei des Saarlandes und zeitweise Chefredakteur der "Volksstimme", 1948 als SPS-Oppositioneller aus dem Saargebiet ausgewiesen, 1949 bis zu seinem Tod SPD-MdB.

18 - Max Cohen-Reuss (1876 - 1963), sozialdemokratischer Politiker, 1912-1918 MdR (SPD), 1934 Exil in Frankreich, 1939 ausgebürgert; 1947-1951 Vertreter des SPD-Parteivorstandes in Frankreich.

19 - Günter Markscheffel (1908 - 1989), sozialdemokratischer Journalist, 1933 Flucht ins Saargebiet, 1935 Frankreich, Grenzarbeit für die SPD-Grenzstelle Forbach, 1938 ausgebürgert, 1939 interniert, 1940 Flucht ins unbesetzte Frankreich, lebte im Untergrund, 1944 nach Paris. 1945 Rückkehr nach Deutschland (Mainz), 1947-1957 Chefredakteur von "Die Freiheit", 1950-1957 SPD-MdL Rheinland-Pfalz, 1957-1970 Chefredakteur des "Sozialdemokratischen Pressedienstes" und des "Parlamentarisch-Politischen Pressedienstes" ("PPP"), 1970-1974 Persönlicher Referent des Bundespräsidenten Gustav Heinemann.

20 - Zu Kurt Berlowitz konnten keine biographischen Angaben ermittelt werden.

21 - Alfred Frisch (geb. 1913), deutscher Journalist und Sozialdemokrat, ab 1933 im Ausland, ab 1936 in der CSR, Mitarbeit bei der Sopade, 1939 trotz zeitweiliger Inhaftierung Emigration nach Frankreich, dort bis 1942 interniert, dann Anschluss an die Résistance. Nach dem Krieg Korrespondententätigkeit in Paris für deutsche Blätter.

22 - Zu Karl Kiesel konnten keine biographischen Angaben ermittelt werden.

23 - Adolf Ludwig (1892 - 1962), arbeitete als Schuhfabrikarbeiter, seit 1910 Mitglied der SPD und des Zentralverbandes der Schuhmacher, Weltkriegsteilnehmer, 1918 Vorsitzender des Arbeiter- und Soldatenrates in Pirmasens, ab 1919 hauptamtlicher Gewerkschaftssekretär des Zentralverbandes der Schuhmacher, 1920 Stadtverordneter und dritter Bürgermeister in Pirmasens, 1924 Ausweisung aus der Pfalz als Separatistengegner durch französische Besatzungsmacht, 1932-1933 MdL Bayern, 1933 mehrfach verhaftet, im selben Jahr Flucht ins Saargebiet, 1935 nach Frankreich emigriert, 1935-1939 Sopade-Grenzarbeit für die Pfalz, 1936 mit Familie ausgebürgert, 1939 in Südwestfrankreich als Landarbeiter tätig, 1942 in der Illegalität lebend, Volksfrontaktivität, vorübergehend in der Bewegung Freies Deutschland, ab Februar 1945 in der Landesgruppe deutscher Sozialdemokraten in Frankreich. 1945 Rückkehr nach Deutschland und ab Oktober 1945 führend in der rheinland-pfälzischen SPD, 1946-1949 SPD-MdL Rheinland-Pfalz, 1949-1958 Vorsitzender des DGB-Landesbezirks Rheinland-Pfalz, 1949-1962 SPD-MdB.

24 - Karl Mommer (1910 - 1991), Sozialwissenschaftler, 1930 Mitglied der KPD, Widerstandstätigkeit, 1934 Verhaftung und Gefängnisstrafe, November 1935 illegale Ausreise nach Belgien, 1938 Eintritt in die SPD, ab Mai 1940 in Frankreich, bis 1941 interniert, bis 1944 landwirtschaftliche Tätigkeit, Verbindung zur Résistance. 1946 Rückkehr nach Deutschland, 1948-1949 Mitglied des Wirtschaftsrats (MdWR), 1949-1959 SPD-MdB.

25 - Karl Rubner (geb. 1901), Bergarbeiter, SPD-Mitglied, ab 1933 fünf Jahre Widerstandstätigkeit, dann Exil in Belgien, später Frankreich. Nach dem Krieg Mitglied der Aachener Gemeinschaft politisch verfolgter Sozialdemokraten.

26 - Karl Müller (1890 - 1968), Facharbeiter in der Metallindustrie, seit 1908 SPD-Mitglied, ab 1933 illegale Tätigkeit, Flucht vor Verhaftung in die Niederlande, 1936 Belgien, 1940 Frankreich, interniert, dann Anschluss an die Résistance. 1945 Rückkehr nach Deutschland, 1946/1947 Mitglied des ersten ernannten Landtags von NRW, 1946-1955 ÖTV-Funktionär.

27 - Zu Kurt Albert konnten keine biographischen Angaben ermittelt werden.

28 - Vollständiger Titel: "Informationen der SPD-Gruppe in Frankreich"; Erscheinungsdatum der ersten Nr. der hektographierten "Informationen" nicht bekannt. Erschien zumindest bis Dezember 1945.

29 - Bergas, deutscher Gewerkschaftsfunktionär, lebte im Exil in Frankreich, 1943 in Montauban verhaftet, 1945 aus dem KZ Buchenwald befreit.

30 - Thomas Blank (1895 - 1967), Bergmann, vor 1935 führender sozialdemokratischer Funktionär im Saarland, nach der Saarabstimmung Emigration nach Frankreich, 1938 ausgebürgert, mehrfach interniert, 1943 in Südfrankreich verhaftet, 1943-1945 im Zuchthaus Landsberg/Lech. 1945 Rückkehr ins Saargebiet, Eintreten für eine Angliederung des Saarlandes an Frankreich.

31 - Louis Bleibtreu, April 1943 in Frankreich verhaftet und an Deutschland ausgeliefert; weitere biographische Angaben konnten nicht ermittelt werden.

32 - Walter Fuchs, als deutscher Emigrant von der Vichy-Regierung an Deutschland ausgeliefert; weitere biographische Angaben konnten nicht ermittelt werden.

33 - Zu Ernst Gericke konnten keine biographischen Angaben ermittelt werden.

34 - "Haefner": Heinrich Häfner (geb. 1898), Schweißer, Mitglied des DMV und der SPD, 1933 Flucht ins Saargebiet, 1935 nach Frankreich, 1940 dort verhaftet und an Deutschland ausgeliefert, zu 15 Jahren Zuchthaus verurteilt, 1945 in die USA.

35 - Fritz Klein, 1943 verhaftet und nach Deutschland ausgeliefert; weitere biographische Angaben konnten nicht ermittelt werden.

36 - Heinrich König (1886 - 1943), Ruhrknappschaftsangestellter, seit 1918 Mitglied der SPD und des Allgemeinen freien Angestelltenbundes (AfA), in der Bochumer Kommunalpolitik tätig, März 1933 durch die SA misshandelt, dann Flucht ins Saargebiet, 1935 nach Frankreich, 1939/1940 interniert, 1940-1943 Landwirt, Februar 1943 verhaftet und nach Deutschland verbracht, in der Bochumer Haft nach Misshandlungen gestorben.

37 - Hermann Petri (1883 - 1957), Bergarbeiter, seit 1917 Mitglied der SPD, seit 1919 Bezirkssekretär im Bergarbeiterverband (Neunkirchen/Saar), 1935 nach Frankreich, 1943 verhaftet und vom Volksgerichtshof zu 6 Jahren Zuchthaus verurteilt. 1945 Gründungsmitglied des Sozialdemokratischen Partei Saar (SPS), 1947-1956 MdL Saar, seit 1952 Vorsitzender der IG Bergbau Saar.

38 - Karl Petri (1913 - 1983), Sohn von H. P.(Anm. 37), seit 1932 SPD-Mitglied, 1935 nach Frankreich, dort 1941 verhaftet, bis 1943 KZ Sachsenhausen und Strafbataillon im Balkangebiet. Nach dem Krieg SPS-Mitglied, 1952 Austritt, 1965-1970 SPD-MdL Saarland.

39 - Georg Pfeiff: In einer Sonderfahndungsliste der Gestapo (wahrscheinlich von 1940, "Nur für den Dienstgebrauch!") wird ein Mann namens Georg Pfeiff (Arbeiter aus Pirmasens, geb. 31.7.1885) aufgeführt. Im Jahrbuch der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands 1960/61, Hannover - Bonn o. J., auf S. 397 steht unter "Unsere Toten": "Georg Pfeif, geb. 31.7.1885, gest. 14.10.1960, 1. Vorsitzender des Ortsvereins Pirmasens."

40 - Laut Korrespondenz im Sopade-Bestand des Archivs der sozialen Demokratie (Günter Markscheffel, Brief an den Exilparteivorstand der SPD vom 12.2.1945) handelt es sich um Theodor Schäfer. In der unter Anmerkung 39 genannten Gestapo-Sonderfahndungsliste wird ein Theodor Schäfer (Arbeiter aus Köln, geb. 4.11.1906) aufgeführt; weitere biographische Angaben konnten nicht ermittelt werden.

41 - Georg Schulte (1903 - 1976), Journalist sozialdemokratischer Zeitungen, zuletzt "Volksstimme" (Saarbrücken), 1935 nach Frankreich, 1942 Festnahme durch die Gestapo, nach Einstellung eines Verfahrens wegen Landesverrats bis 1945 unter Polizeikontrolle. Nach Kriegsende Mitinitiator beim Aufbau der SPS, 1947-1952 MdL Saar.

42 - Adolf Steinschneider (geb. 1894), Rechtsanwalt, Juni 1939 ausgebürgert, Autor von "Der wirtschaftliche Vernichtungskampf gegen die Juden im Dritten Reich", Paris, Genf, New York 1937; weiteres Schicksal unbekannt.

43 - Zu Veldmann konnten keine biographischen Angaben ermittelt werden.

44 - Ernst Wildnagel (1891 - 1951), von Beruf Lehrer, 1919-1923 Mitglied des Zentrums, 1924-1930 SPD-Mitglied, danach KPD, 1933 Emigration nach Frankreich, wahrscheinlich 1944 verhaftet. Ab 1945 Aufbau der Berliner Schulverwaltung im Ostteil der Stadt.

45 - Bruno Süß (1876 - 1940 oder 1941), Holzarbeiter und kaufmännischer Angestellter, SPD- und Gewerkschaftsfunktionär, 1933 Flucht nach Saarbrücken, 1935 in die Niederlande, später nach Frankreich, dort (deutsche) Gewerkschaftsarbeit, 1939 ausgebürgert, starb in einem französischen Internierungslager.

46 - Albert Einstein, nach Evelyn Lacina ("Emigration 1933-1945", Stuttgart 1982) SPD-Funktionär, von der Vichy-Regierung an Deutschland ausgeliefert; weitere biographische Angaben konnten nicht ermittelt werden.

47 - Zu Lentschner konnten keine biographischen Angaben ermittelt werden.

48 - Zu Fink konnten keine biographischen Angaben ermittelt werden.

49 - (a) Auslandsvertretung der deutschen Gewerkschaften. Landesgruppe Schweden. Rundbrief, (b) Landesvertretung der deutschen Gewerkschaften. Landesgruppe Schweden. Rundbrief, (c) Mitteilungsblatt (erschien bis Dezember 1945).

50 - Georg Ucko (1880 - 1945), Handlungsgehilfe, SPD-Mitglied, Mitbegründer des Zentralverbandes der Angestellten (ZdA).

51 - Simon Katzenstein (1868 - 1945), von Beruf Jurist und Journalist, seit 1889 SPD-Mitglied, auch führendes Mitglied des Deutschen Arbeiter-Abstinentenbundes (DAAB), 1919-1920 Mitglied der Nationalversammlung, 1933 nach Saarbrücken, 1935 nach Schweden, 1940 ausgebürgert.




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