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SOZIALISTISCHE MITTEILUNGEN News for German Socialists in England | |
This newsletter is published for the information of Social Democratic
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Nr. 63/64 - 1944 |
Juni - Juli |
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Deutschland und Europa in der Nachkriegszeit
Die Londoner Gruppe deutscher Sozialdemokraten in England veranstaltete Freitag, den 16. Juni, einen sehr gut besuchten Vortragsabend. Der Vorsitzende der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands, Hans Vogel, sprach ueber aktuelle Probleme der internationalen Politik, vor allem im Zusammenhang mit Erklaerungen und Vorschlaegen ueber die Stellung Deutschlands in der Nachkriegswelt.
Die Versammlung wurde durch den Vorsitzenden der Londoner Gruppe, Wilhelm Sander, mit einer kurzen Ansprache eroeffnet, in der er auf die erfolgreiche Landung der Alliierten in der Normandie[1] hinwies und erneut die enge Solidaritaet der emigrierten deutschen Sozialdemokraten mit den Vereinten Nationen in ihrem grossen Ringen fuer die Niederlage und den Sturz der Hitlerdiktatur und ihrer Kriegsmaschine zum Ausdruck brachte. - Wir geben nachstehend die Grundgedanken des inhaltsreichen und bedeutsamen Vortrags des Genossen Hans Vogel wieder.
Hans Vogel verwies einleitend auf die verschiedenen Erklaerungen, die die SPD allein oder mit den anderen deutschen sozialistischen Gruppen in der "Union deutscher sozialistischer Organisationen" in Grossbritannien ueber ihre Stellung zum Krieg und zu den Nachkriegsproblemen bereits frueher veroeffentlicht hat.
In diesen Erklaerungen sind zahlreiche praktische Vorschlaege enthalten, die nach unserer Auffassung geeignet sind, eine zukuenftige aggressive Politik Deutschlands zu verhindern. Wir haben die schwerste Bestrafung dieser Verbrechen gefordert und uns verpflichtet, alles zu tun, um den Opfern Suehne und Wiedergutmachung zukommen zu lassen. Darueber hinaus sehen wir es als unsere Pflicht und unsere Aufgabe als internationale Sozialisten an, unseren Beitrag zu den internationalen Diskussionen ueber die Nachkriegsgestaltung Deutschlands und Europas zu leisten.
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Die Frage der Nachkriegsbehandlung Deutschlands
kann unmoeglich als isoliertes Problem behandelt werden. Es ist das wichtigste Teilproblem im Rahmen des gesamteuropaeischen Komplexes. Fuer uns ist das nichts Neues. Wir haben es immer als eine der vornehmsten Aufgaben der deutschen Sozialdemokratie betrachtet, unsere Anhaenger und das deutsche Volk als Ganzes zu guten Europaeern und darueber hinaus zu guten Weltbuergern zu erziehen. Unser Ziel war niemals ein von Deutschland beherrschtes Europa, sondern die Eingliederung Deutschlands in die Gemeinschaft der europaeischen Voelker. Die Befreiung und die Neugestaltung Europas ist auch jetzt das Hauptproblem. Hartes Denken und grosse Anstrengungen sind notwendig, um Europa zu heilen von unzaehligen inneren Spannungen und Spaltungen.
In der Diskussion ueber diese Frage zeigen sich zur Zeit deutlich zwei Gedankenrichtungen. Die eine sucht eine Loesung in der Richtung der Verstaendigung der drei Grossmaechte ueber die Herrschaft ueber Europa; die andere will ein neues Europa, basier[end] auf der Solidaritaet und den gemeinsamen Interessen der europaeischen Voelker. Vogel haelt die Zusammenarbeit der drei Grossmaechte auch nach dem Krieg fuer unerlaesslich, bekennt sich aber als Anhaenger der zweiten Loesung des europaeischen Problems.
Die uralte Konzeption des "Teile und herrsche", des "Gleichgewichts der Kraefte" und der Aufteilung Europas in Einfluss-, Macht- und Interessen-Sphaeren sollte in der kommenden Nachkriegswelt keinen Platz mehr haben. Die dauernde und befriedigende Loesung des europaeischen Problems kann unmoeglich darin bestehen, die Grenzen zwischen den verschiedenen europaeischen Staaten neu festzulegen und dabei etwa gar nach den Methoden Hitlers zu verfahren. Es sind im Grunde Hitlers Vorstellungen, das Problem der nationalen Minderheiten zu loesen durch territoriale Annexionen und durch die Beschraenkung des Buergerrechts in diesen Nationalstaaten auf die Mitglieder einer bestimmten Rasse oder Volksgruppe. Es ist Hitlers Praxis, grosse Masse der Bevoelkerung nach Belieben von einem Gebiet in ein anderes zu vertreiben, ohne Ruecksicht auf althergebrachte Kultur, Tradition und seelische Bindungen. Es ist Hitlers Ansicht, dass in jeder Weltenzone nur eine Grossmacht herrschen kann, der sich die schwaecheren und kleineren Nationen einfach zu fuegen haben.
Nicht neue Grenzen, sondern ein neues Europa
Das wirkliche Problem Europas besteht darin, wie Europa wieder vollkommener aufgebaut werden kann, wie Europa, eine kulturelle und historische Einheit und die Quelle der menschlichen Zivili-
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sation weit ueber Europa hinaus, zu neuem Leben und zu neuer Bluete erweckt werden kann. Das wirkliche Problem ist nicht, neue Grenzen zwischen den europaeischen Voelkern zu ziehen, sondern einen Weg zu finden, damit die nationalen Grenzen in Europa aufhoeren, Gefaengnismauern zu sein. Die gemeinsame positive Aufgabe aller Europaeer sollte sein, das soziale und kulturelle Leben Europas in neuen organischen und schoepferischen Einheiten zusammenzufassen und das Wirtschaftsleben in rationaler Weise zu organisieren. Die Aufgaben, die vor uns liegen, sind so ungeheuer gross, dass sie kein Land fuer sich allein loesen kann, ja, dass sie nicht nur ein geeintes Europa, sondern darueber hinaus eine allumfassende Weltorganisation erfordern.
In dem Kampf um eine neue und bessere Welt stehen wir Sozialisten erfreulicherweise nicht allein. Fuer die Schaffung eines neuen Europa, in dem die Menschenrechte fuer alle, auch fuer die besiegten Voelker gelten, haben sich unter anderem in der letzten Zeit englische Geistliche unter Fuehrung des Erzbischofs von Canterbury nachdruecklich eingesetzt. Ein Programm amerikanischer Gelehrter, das von zweihundert der besten Namen unterzeichnet ist, fordert, ueber die Ideen des alten Voelkerbundes hinausgehend, eine Organisation der Welt um das internationale Recht wiederherzustellen und die Grundlagen einer dauernden Friedenssicherheit in eine internationale Rechtsordnung zu legen.
Uns Sozialisten klingen die Stimmen dieser Geistlichen und Gelehrten bekannt und vertraut. Wir erkennen in ihnen das Echo von Reden, die frueher auf internationalen Sozialisten-Kongressen gehalten wurden. Lebten August Bebel, Jean Jaurès und Arthur Henderson noch, sie wuerden gewiss gern den Namen dieser Gelehrten ihre eigenen hinzufuegen. Sie haben immer den Bund der Arbeiter und der Wissenschaftler gefordert und die Versoehnung des Sozialismus mit einem wahren und echten Christentum als ein Zukunftsziel gesehen. Als ein weiteres ermutigendes Zeichen darf auch die Tatsache betrachtet werden, dass die sozialistische Untergrundbewegung aller besetzten Laender ohne Ausnahme im Geiste der Tradition der sozialistischen Arbeiterbewegung die neu erkannten Ziele und Aufgaben in wahrer sozialistischer Gesinnung zu erreichen versuchten.
Es zeigt sich vielfach Ungeduld darueber, dass die alliierten Maechte bisher noch keine konkreten Entscheidungen ueber die Nachkriegsloesungen getroffen haben. Das kann auch sein Gutes haben. Die Voelker Europas, die heute noch unterdrueckt sind, werden bei der Loesung dieser Fragen auch ein wenig mitreden wollen. Sie haben den Faschismus von innen her erlebt, und sie werden aus ihren Erfahrungen gewisse Schluesse gezogen haben.
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Dabei wird sich zeigen, dass sich auf dem europaeischen Kontinent neben vielen materiellen Veraenderungen auch eine Revolutionierung des Geistes vollzogen hat. Die Ueberlebenden dieses Krieges werden sich darum kuemmern, dass das Recht keine leere Phrase bleibt, dass das Wort Freiheit einen neuen Inhalt bekommt und dass unter Ordnung nicht gerade das verstanden wird, was die Machthaber der Vergangenheit wuenschen moegen. Das Chaos, das Hitler hinterlaesst, kann nur gebaendigt werden durch die Macht einer Idee, die neue Macht schafft, indem sie Herzen, Hirne und Haende in Bewegung setzt. dass diese Idee die Idee eines freiheitlichen und schoepferischen Sozialismus sein moege, ist unsere grosse Hoffnung und unser unerschuetterlicher Glaube.
Die Atlantik-Charter und Deutschland
Im Laufe dieses Krieges gab es bereits neben allen seinen Verheerungen, seiner Not und seinen Schrecken auch erhebende und zukunftsweisende Ereignisse. Ein solches Ereignis war die Verkuendung der Atlantik-Charter durch Churchill und Roosevelt. Der Sinn, der ihr gegeben, die Feierlichkeit, mit der sie proklamiert wurde, die Ankuendigung, dass alle ihre Teile fuer die grossen wie die kleinen Voelker, fuer Sieger wie fuer Besiegte gelten wuerden, machten sie zu einem Ereignis von historischer Groesse. Sie wurde von der ganzen Welt als das Grundgesetz der Nachkriegswelt und eines dauernden und gerechten Friedens betrachtet. Diese Bedeutung wurde noch ganz besonders von Mr. Maisky[2], dem russischen Botschafter in London, bei der Unterzeichnung der Charter durch die Vertreter der Vereinten Nationen am 24. September 1941 unterstrichen.
Dann aber kam fuer die Welt die grosse Ueberraschung in der Unterhausrede Mr. Churchills am 22. Februar 1944, in der er mitteilte, dass er auf der Teheran-Konferenz dem Verlangen Stalins zugestimmt habe, Gebiete des Vorkriegspolens abzutreten und Polen fuer den Verlust seiner Ostgebiete durch Kompensationen im Norden und Westen zu entschaedigen. Im Augenblick sieht es so aus, als ob die Welt wieder einmal mit einem altmodischen Frieden bedacht werden soll, einem Frieden, ausgehandelt von den "Grossen" auf Kosten der "Kleinen" und bei dem die "Kleinen" entschaedigt werden sollen auf Kosten der Besiegten. Gegen diese Grossmachtpolitik zeigt sich schon jetzt der Widerstand der kleinen Laender, wie u.a. aus einer am 31. Mai 1944 veroeffentlichten Erklaerung des hollaendischen Aussenministers, Mr. van Kleffens[3], sehr klar hervorgeht.
In seiner Rede vom 22. Februar 1944 erklaerte Mr. Churchill auch, dass die Formel der "bedingungslosen Kapitulation" nicht
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bedeute, dass das deutsche Volk versklavt oder vernichtet werden solle. Sie bedeute aber, dass die Alliierten Deutschland gegenueber im Augenblick der Übergabe durch keinen Vertrag und keine Verpflichtung gebunden sein werden. Auch die Atlantik-Charter sei daher nicht als das Resultat einer gemeinsamen Abmachung anzusehen, die die Alliierten gegenueber Deutschland binde. Gegen diese Auslegung des rechtlichen Verhaeltnisses zwischen den Alliierten und Deutschland laesst sich keine ernsthafte Einwendung erheben. Natuerlich kann es keinen Vertrag und keine Abkommen mit Hitler und seinen Generalen geben. Es kommt aber darauf an, ob der urspruengliche Geist der Atlantik-Charter auf die Gestaltung Nachkriegsdeutschlands sinngemaess Anwendung finden soll. Wuerden alle Plaene ueber die Behandlung Deutschlands beim Friedensschluss und alle Geruechte, die darueber im Lager der Alliierten im Umlauf sind, Wirklichkeit werden, dann wuerde die zukuenftige Stellung Deutschlands einer Versklavung und Vernichtung sehr nahe kommen.
Annexionen und Aufteilung als Friedenssicherung?
Ueber die Erklaerung Churchills hinaus werden viel weitergehende Plaene eroertert und propagiert. Die "Liga polnischer Patrioten" in Moskau begnuegt sich nicht mit der zwischen Churchill und Stalin getroffenen Vereinbarung ueber die Abtrennung von Ostpreussen von Deutschland. Sie fordert ausserdem Schlesien und den groessten Teil der Provinz Pommern.
Der polnische Ministerpraesident, Mr. Mikolajczyk[4], erklaerte in einem am 2. Juni 1944 veroeffentlichten Interview, dass die Frage der polnischen Westgrenze nicht eine Frage der Kompensationen, sondern eine Frage der Sicherheit Polens sei. In den kuenftigen polnischen Gebieten duerften sich keine Deutschen befinden. Der von der deutschen Armee, der Gestapo, den Beamten und Gerichten ausgeuebte Terror wuerde von den Polen nicht einer Partei oder der deutschen Armee angerechnet, sondern Deutschland und dem deutschen Volk. Polen muss aus Sicherheitsgruenden den Anschluss Ostpreussens und Schlesiens an das polnische Staatsgebiet fordern. Schlesien mit seiner alten polnischen Vergangenheit sei durch die Verlegung von Teilen der deutschen Schwerindustrie einschliesslich der synthetischen Oelproduktion nach dort, zu einem Hauptgefahrenherd fuer Polen geworden. Die durch die neue Grenzziehung ausserhalb der Reichsgrenzen verbleibende deutsche Bevoelkerung soll ausgesiedelt werden. Je nach der endgueltigen Festlegung der Grenzen wuerden davon drei bis elf Millionen Deutsche betroffen, die in das verbleibende, verkleinerte und in seiner Produktionskapazitaet geschwaechte Reichsgebiet abgeschoben werden sollen.
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In der Presse ist von einem Plan des russischen Professors Verga berichtet worden, nach dem Deutschland nicht nur geradezu maerchenhafte finanzielle Reparationen leisten soll. Deutsche Betriebe sollen abgebrochen oder eines grossen Teils ihres Maschinenparks beraubt werden, der an Russland ausgeliefert werden soll. Nach dem gleichen Plan sollen - wiederum nach Presseberichten - Millionen deutscher Arbeiter zur Zwangsarbeit nach Russland verschickt werden.
Schliesslich wird auch immer wieder von einer Aufteilung Deutschlands in fuenf unabhaengige, selbstaendige Laender, von einer Jahrzehnte dauernden militaerischen Besetzung und von der Einsetzung einer zivilen Verwaltung durch die alliierten Besatzungsmaechte gesprochen. Ja, nach gewissen Plaenen soll sogar die neue deutsche Gewerkschaftsbewegung einer alliierten Aufsicht unterstellt werden. Man koenne, wie Sir Walter Citrine auf der Internationalen Arbeitskonferenz in Philadelphia ausfuehrte, in Deutschland nicht zwischen Schuldigen und Unschuldigen unterscheiden. Mit den Fuehrern muessten auch Millionen deutscher Arbeiter bestraft werden, weil sie Hitler bei den Wahlen zur Macht verholfen und mindestens durch ihr duldendes Stillschweigen Deutschlands Verhalten ermoeglicht haetten.
Zu allen diesen Auffassungen ueber die Kollektivschuld des deutschen Volkes am Hitlerkrieg sei nur eine Bemerkung gemacht. Handelt es sich beim Faschismus wirklich nur um eine rein deutsche Erscheinung und nicht um eine geistig-politische Erkrankung, die auch mehr oder weniger grosse Schichten in allen Voelkern erfasst hat?
Ist, wie auch behauptet wird, Deutschland wirklich der einzige Friedensstoerer des letzten Jahrhunderts? Im letzten halben Jahrhundert gab es zwei Kriege, bei denen Deutschland im Mittelpunkt stand. Ueber die Schuld Hitlerdeutschlands am Ausbruch des jetzigen Krieges ist nicht zu diskutieren. Beim Ersten Weltkrieg teilten sich das kaiserliche Deutschland, die Habsburger und das zaristische Russland in der Verantwortung an seinem Ausbruch. Es gab in der gleichen Zeit aber auch vier Balkankriege, zwei russisch-polnische, einen russisch-finnischen und einen italienisch-tuerkischen Krieg. Ferner waren in dieser Zeit europaeische Maechte mit ausser-europaeischen Maechten in Kriege verwickelt, wie England mit den Burenrepubliken, Spanien mit den Vereinigten Staaten und Russland mit Japan, von den ungezaehlten kleineren Kolonialkriegen ganz abgesehen. Die Vorstellung, dass es genuege, eine einzelne Macht zu entmachten, um den Frieden zu sichern, ist vor der Geschichte nicht aufrecht zu erhalten. Ebenso unhaltbar ist die Vorstellung, man koenne den Frieden durch strategische Grenzen sichern. Russland begruendet seinen
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Anspruch auf die ost-polnischen Gebietsteile mit
Diese Begruendung hat sich auch der polnische Ministerpraesident in der Forderung auf Abtretung Ostpreussens und Schlesiens zu eigen macht. In dem Streitfall Russland-Polen geht es um die sogenannte Curzon-Linie, die 1919 faktisch nichts anderes war als eine Anregung des englischen Aussenministers Lord Curzon[5] fuer eine Waffenstillstands-Demarkationslinie zwischen zwei kaempfenden Heeren. Der Friedensvertrag von Riga vom 18. Maerz 1921 sprach jene heute umstrittenen Gebietsteile Polen zu. Im Jahre 1939 hat Stalin sie sich von Hitler vertraglich sichern lassen. Waehrend der ganzen Zeit von 1921 bis 1939 hat sich Russland durch diese Grenzziehung nicht beschwert gefuehlt. 1932 schloss Russland mit Polen feierlich und freiwillig einen Nichtangriffspakt, der nochmals diese Grenze auf die Dauer verankerte.
Am 30. Juli 1941, kurz nach dem Ueberfall Hitlers auf Russland, erklaerte die russische Regierung in einem Vertrag, dass die deutsch-russischen Vertraege von 1939 und die damit verbundenen territorialen Aenderungen in Polen ihre Gueltigkeit verloren haetten. Dieser Vertrag wurde 1943 auf Moskaus Veranlassung auf weitere zehn Jahre verlaengert.
Bei Ausbruch des Ersten Weltkrieges lag die russische Grenze noch weiter westlich, als die, die Stalin jetzt verlangt. Als Hitler 1941 Russland ueberfiel, besass Russland alles, was es jetzt fordert. In keinem der beiden Faelle war der Besitz "strategischer Grenzen" eine Garantie gegen einen Ueberfall. Das Beispiel zeigt, dass wirkliche Sicherheit nicht erreicht werden kann durch grundsatzlosen Laenderschacher unter der Begruendung, strategische Grenzen schaffen zu wollen. - In enger Verbindung mit den Gebietsabtretungen steht
die Frage des Bevoelkerungs-Austausches.
Er wird heute sehr oft unter Hinweis auf den griechisch-tuerkischen Austausch von Jahre 1923 gerechtfertigt. Es wird behauptet, dass mit ihm selbst die griechische Regierung und der grosse Menschenfreund Fritjof Nansen einverstanden gewesen seien. Die Griechen stimmten aber in Wirklichkeit nur notgedrungen zu, weil sie keine andere Moeglichkeit sahen, die griechische Minderheit in der Tuerkei vor dem Schlimmsten zu schuetzen, und Nansen schilderte das grauenhafte Elend der entwurzelten Menschen vor dem Voelkerbund in ergreifender Weise. Auch der engl[ische] Aussenminister, Lord Curzon, erklaerte das Abkommen als eine ganz schlechte, von Fehlern strotzende Loesung, die er aufs tiefste bedaure.
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Wirtschaftsnot und Nationalismus als Friedensgaranten?
Ueber die Folgen einer systematischen Zerstoerung des industriellen Potenzials Deutschlands und der Zwangsarbeit von Millionen deutscher Arbeiter in den heute besetzten Laendern braucht man im einzelnen nicht zu sprechen. Zwangsarbeit ist erfahrungsgemaess die unproduktivste und verschwenderischste Form der Arbeit. Die Methode, eingearbeitete Betriebe abzubrechen und gebrauchte Maschinen zu transferieren, waere nur als ein Verzweiflungsschritt zu rechtfertigen, wenn es keine anderen Wege der Wiedergutmachung gaebe. Die Durchfuehrung dieser beiden Massnahmen wuerde bedeuten, im Herzen Europas ein Volk von siebzig Millionen Menschen zu einem niedrigen Lebensstandard zu verurteilen und dieses Volk als Kaeufer und Verkaeufer weitgehend auszuschalten. Sie wuerde Deutschland hindern, seinen Beitrag fuer die rasche Zurueckgewinnung des europaeischen Wohlstandes zu leisten. Da die deutschen Arbeiter zu den qualifiziertesten der Welt gehoeren, wuerde ihr Ausschalten den Verlust an wirtschaftlichem Wohlergehen fuer alle noch verstaerken.
Auf der anderen Seite kann ein Volk, dessen Lebenshaltung auf ein Minimum herabgedrueckt ist, keine politische Stabilitaet zurueckgewinnen. Es wird, auch fuer seine Umgebung, immer ein[en] Unruhe- und Gefahrenherd darstellen. Damit wuerde ein wesentliches Ziel des kommenden Friedens, Deutschland an weiteren Aggressionen zu hindern - ein Ziel, fuer das auch wir deutsche Sozialisten alle unsere Kraefte einsetzen -, schon im ersten Stadium der Nachkriegsentwicklung wieder gefaehrdet.
Jeder Deutschland von den Alliierten auferlegte Friede bedarf auf deutscher Seite eines Partners, der nicht nur bereit ist, zu unterschreiben, sondern der sich auch fuer die loyale Einhaltung und Durchfuehrung des Vertrags verbuergt. Dorothy Thompson, eine fuehrende Persoenlichkeit des amerikanischen Journalismus, schrieb gelegentlich einer Besprechung des Planes der Aufteilung Deutschlands in fuenf selbstaendige und unabhaengige Laender, dass sich ein solcher Friede nur auf die Schultern von Quislingen stuetzen koenne und dass er nur auf den englisch-amerikanisch-russischen Bajonetten aufrecht erhalten werden koenne. In einem solchen Deutschland sei eine demokratische Regierung unmoeglich. Ein deutscher Nationalismus mit Untergrundbewegung wuerde sein schaedliches Unwesen treiben und die Durchfuehrung solcher Plaene wuerde fuer einen sehr langen Zeitraum die voellige Einheit unter den Alliierten und unermessliche Opfer fuer die Alliierten voraussetzen. - Noch ist keine der wesentlichen Fragen der Gestaltung des kommenden Nachkriegseuropa endgueltig entschieden. Es befindet sich noch alles im Fluss.
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Dauernder Friede durch ein demokratisches Europa
Wir sind nach wie vor ueberzeugt, dass der einzige Weg, den Krieg und den Frieden wirklich zu gewinnen, die Schaffung einer kaempfenden Demokratie in allen europaeischen Laendern ist. Dieser Krieg hat nach unserer Ueberzeugung immer noch den Charakter eines ideologischen Krieges, eines erbitterten Kampfes fuer die Freiheit gegen die Tyrannei. Das Hitlersystem wird nur dann endgueltig verschwinden und sein Geist fuer immer vernichtet werden koennen, wenn mit ihm seine gesellschaftlichen Grundlagen und Stuetzen zerstoert werden. Eine solche Ueberwindung des Nationalismus ist einem revolutionaeren Ereignis gleichzustellen. Daher kann aber auch die Welt, die nach Hitler kommt, nicht wieder die alte Welt der Vorkriegszeit sein.
Das Schicksal Europas ist die seinen Voelkern gestellte Aufgabe. Sie kann nicht geloest werden ohne die Mitwirkung der europaeischen Voelker und innerhalb der einzelnen Voelker nicht ohne die aktive und fuehrende Teilnahme all der Maenner und Frauen, die wegen ihrer Opposition zu den Faschisten und ihren Doktrinen die berufenen Repraesentanten eines neuen Europa sein werden. Wir deutschen, im Exil lebenden Sozialisten sind uns der auf Deutschland fallenden Last und der grossen Verantwortung, die [auf] uns zukommt, durchaus bewusst. Wir koennen nur immer wieder unsere Entschlossenheit zum Ausdruck bringen, in einem vom Hitlerismus und Militarismus befreiten Nachkriegs-Deutschland und im Rahmen einer europaeischen und internationalen Friedenspolitik mit allen Kraeften an der Sicherung eines kuenftigen Dauerfriedens mitzuarbeiten. Die Gewinnung der Mehrheit des deutschen Volkes fuer eine solche Politik wird in hohem Mass davon abhaengen, dass dem deutschen Volk Gelegenheit gegeben wird, in der Gestaltung seiner inneren politischen, sozialen und kulturellen Angelegenheiten seiner eigenen Initiative zu folgen. Viel, unendlich viel haengt davon ab, ob die Alliierten bei der Festsetzung der Lebensmoeglichkeiten fuer ein kommendes demokratisches Deutschland sich bewusst sind, dass die staerkste Sicherung gegen eine neue Aggression und gegen jede neue Friedensstoerung die Sicherung der wirtschaftlichen und der nationalen Lebensmoeglichkeiten und der vollen inneren politischen Freiheit fuer alle Voelker ist.
Moege eine wirklich grosse Aufgabe auch ein wirklich grosses Geschlecht finden. Moege sich dabei auch eine geistig erneuerte und in ihrer Aktivitaet verjuengte, einheitliche und geschlossene internationale sozialistische Bewegung ihrer grossen geschichtlichen Aufgabe bewusst sein.
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Ueber obiges Thema hielt der bekannte sozialistische Schriftsteller H. N. Brailsford am 26. Mai 1944 im Rahmen des von der Londoner SPD veranstalteten "Sozialistischen Gemeinschafts-Abends" eine wichtige Ansprache, deren Grundgedanken wir unseren Leser mitteilen moechten. Am gleichen Abend sprach auch der offizielle Vertreter der franzoesischen Sozialistischen Partei, der bis 1943 aktiv an der Untergrundbewegung in Frankreich beteiligt war, zu den deutschen Sozialdemokraten in London. Diese Ansprache des Genossen Haas-Picard - in deutscher Sprache gehalten - gestaltete sich zu einem wuerdigen und wichtigen Bekenntnis einer Verstaendigung zwischen Frankreich und Deutschland. Wir bringen deshalb auch den Wortlaut dieser Ansprache in vorliegender Nummer der "SM". Der Besuch des Abends - urspruenglich als erste Veranstaltung der Wochenendtagung der SPD in England geplant - war sehr stark. Genosse Sander konnte zahlreiche Gaeste der der "UNION" angehoerenden Organisationen und Mitglieder Sozialistischer Bruderorganisationen, darunter die Genossen Jim und Lucy Middleton begruessen. Drei Musikstuecke von Haendel, Marpurg [!] und Debussy, von Hertha Polemann mit grossem Koennen auf dem Klavier zum Vortrag gebracht, brachten eine festliche Stimmung in die gesamte Veranstaltung.
Professor H. N. Brailsford erinnerte in seiner Ansprache an seine Eindruecke von der deutschen Arbeiterbewegung vor Hitler und wies auf die europaeischen Probleme hin, die jetzt, am Vorabend der Befreiung des Kontinents, dringend der Loesung harren. Brailsford sprach sein Bedauern darueber aus, dass der aussenpolitische Entwurf, der dem Jahreskongress der Labour Party vorgelegt werden sollte, diese Probleme weitgehend ignoriert und kein Wort ueber die Politik sagt, die gegenueber Frankreich, Jugoslawien und Griechenland getrieben werden soll. Brailsford kritisierte auch den Mangel an internationaler Solidaritaet, der in der Stellungnahme des Entwurfs zum deutschen Problem zum Ausdruck kommt.
Die Lage der deutschen Sozialisten, sagte Brailsford, ist zur Zeit aeusserst schwierig, aber er forderte sie auf, nicht zu verzweifeln. Er gab der Ueberzeugung Ausdruck, dass die Masse der britischen Arbeiter und des britischen Volkes aehnlich denken wie er selbst. Sie lehnen einen Annexionsfrieden ab und halten die Prinzipien der Atlantic Charter fuer Voraussetzungen eines gerechten und dauernden Friedens. Br[ailsford] wies auf die Notwendig-
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keit internationaler Zusammenarbeit nach dem Kriege hin, die durch eine Zerstueckelung und Verelendung Deutschlands nur gefuehrdet werden koenne. Andererseits, erklaerte er, muesse Deutschland das Seinige zur Wiedergutmachung der Verwuestungen beitragen, die Hitlers Angriffskrieg angerichtet hat. Die deutschen Sozialisten sollten ihrerseits Vorschlaege darueber machen, welche Wiedergutmachungen Deutschland anbieten koenne. Br[ailsford] selbst erklaerte, dass ausser der Herausgabe gewaltsam in den besetzten Laendern angeeigneter Werte und Zahlung eines Teils des deutschen Nationaleinkommens fuer Reparationszwecke in verwuesteten Laendern der Vorschlag zu diskutieren sei, deutsche Arbeiter nach den Wiederaufbau-Gebieten, besonders in Russland, zu senden, dass aber diese Arbeiter als freie Menschen dorthin gehen sollten und fuer ihre Arbeit entsprechend entlohnt werden muessten.
Auf die Ansprachen von Brailsford und Haas-Picard, die wiederholt lebhaften Beifall fanden, erwiderte
Gen. Gerhard Gleissberg Dankesworte namens der deutschen Genossen.
Er betonte - zum Teil in franzoesischer und englischer Sprache - , dass die deutschen Sozialisten keinen Grund zur Verzweiflung sehen, solange sie in Genossen wie Brailsford und Middleton die besten Traditionen der Labour Party verkoerpert sehen und dass der Geist der internationalen Solidaritaet, der von Brailsford und Haas-Picard zum Ausdruck gebracht wurde, ihnen Zuversicht und Hoffnung fuer die Zukunft Europas gibt.
Vom Standpunkt des deutschen Sozialisten bemerkte Gleissberg zu der Anregung Brailsfords, Vorschlaege zur Wiedergutmachung auszuarbeiten, dass solche Vorschaege zur Wiedergutmachung" wenn Deutsche sie machten, Gefahr liefen, entweder als nicht ehrlich gemeinte Uebertreibungen oder als boeswillige Kaerglichkeit kritisiert zu werden. Die angerichteten Verwuestungen und die heraufbeschworenen Leiden, sagte er, sind so grauenhaft, dass eine wirkliche Wiedergutmachung nicht moeglich scheine; es sei an den Opfern des Angriffskrieges, die Forderungen zu stellen, die sie fuer notwendig und fuer erfuellbar halten. Die Hauptaufgabe der deutschen Sozialisten sei, die Massnahmen zu erwaegen, die nach dem Sturze Hitlers in Deutschland noetig sein werden, um ein Wieder-Erstarken des Nationalismus zu verhindern, insbesondere die Massnahmen zur Wiedererziehung der unter dem Hitler-Regime aufgewachsenen Jugend. Es sei fuer das Schicksal der Menschheit lebenswichtig, diese Arbeit der deutschen Sozialisten in der Heimat nicht durch eine Politik zu gefaehrden, die den Anhaengern des Gewaltprinzips neue Schlagworte und Chancen geben koennte. Der Abend schloss mit dem gemeinsamen Gesang der Internationale.
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Die Verstaendigung zwischen Frankreich und Deutschland
und ihre Bedeutung fuer die Zukunft Europas, stand im Mittelpunkt der Ansprache, die das Mitglied der Exekutive der franzoesischen Sozialistischen Partei Haas-Picard vor deutschen Sozialisten in London hielt. Der Redner sagte:
"Genossen, als ich dieser Tage ersucht wurde, vor deutschen Sozialdemokraten zu sprechen, habe ich diesen Vorschlag mit Freuden angenommen. Ich fuegte sogar spontan hinzu, dass ich vielleicht deutsch sprechen koennte.
Allzu lange schon, leider, hat die deutsche Sprache fuer mich nur die Sprache bedeutet, die Hitlers Soldaten reden, die mein Land besetzen. Es ist in dieser Sprache, dass die Truppen sangen, die ich durch die Strassen der franzoesischen Staedte stolz marschieren sah. Deutsch ist in Frankreich gewissermassen eine halbtote Sprache geworden: eine Sprache, die man bestreitet sprechen zu koennen, der man aber aufmerksam lauscht, um zu versuchen, aus irgendeinem ueberhoerten Gespraech eine wichtige Mitteilung entnehmen zu koennen.
Heute Abend aber, zum ersten Male seit vier Jahren, bin ich in der Lage, vor Freunden deutsch zu reden. Es ist dies eine der groessten Tugenden des Sozialismus, dass er mitten im Kriege solch einen aufrichtigen Meinungsaustausch ermoeglicht, bei dem man ueber die Schlachtfelder hinweg auf die Zukunft blickt, wo sich das Europa von morgen gestaltet. Manche moegen vielleicht von sozialistischen Regimes traeumen, die in sich selbst zurueckgezogen leben, innerhalb der verschiedenen nationalen Grenzen. Die Anwesenheit in diesem Raume von Sozialisten aus verschiedenen Laendern beweist gluecklicherweise, dass die grosse Mehrheit der Genossen diese Ansichten nicht teilt. Ein Sozialismus, der seine internationalen Traditionen verleugnen wuerde, wuerde schnell in einen nicht allein politischen, sondern vor allem wirtschaftlichen Chauvinismus abgleiten, aus dem nur neue Konflikte entstehen koennten.
Aber es ist gerade deshalb, weil wir alle hier ueberzeugt sind von der Notwendigkeit eines internationalen Sozialismus, dass wir freimuetig den Schwierigkeiten aller Art ins Auge blicken muessen, die wir auf unserem Wege vorfinden.
Ich habe gewiss nicht die Anmassung, hier das Problem der deutsch-franzoesischen Beziehungen nach dem Kriege behandeln zu wollen. Viele Faktoren dieses Problems entziehen sich noch unserer Kenntnis. Andere Faktoren, die wir schon jetzt feststellen zu koennen glauben, koennen in den kommenden Monaten Veraenderungen erfahren.
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Meine Absicht ist einfacher. Eine internationale Verstaendigung, wie wir sie auffassen, kann nur auf dem aufrichtigen Einverstaendnis der betreffenden Voelker beruhen. Ich weiss nicht, welche die gegenwaertigen Gefuehle des deutschen Volkes gegenueber dem franzoesischen Volke sind. Ich habe indessen mein Land vor einem Jahr verlassen und es sind die Gefuehle meiner Landleute, die ich jetzt darlegen moechte.
Erwarten Sie nicht von mir, dass ich die Wahrheit schminke. Gerade weil wir Sozialisten sind, sind wir uns selber verpflichtet, den Hindernissen ins Gesicht zu blicken. Das Bild, das ich jetzt versuchen werde, hier schnell aufzuzeigen, enthaelt viele Schattenseiten. Ist es nicht viel besser, diese Schattenseiten zu kennen, als ihre Existenz zu bestreiten?
Einen Punkt moechte ich zunaechst klarstellen. Meiner Auffassung nach - allerdings koennen auf diesem Gebiete Eindruecke nur rein subjektiv sein - hat die franzoesische Niederlage als solche keine eigentliche Rankuene in Frankreich gegen das deutsche Volk erweckt. Der Zorn hat sich nicht so sehr gegen den Sieger gerichtet als gegen die wirklichen Verantwortlichen der mangelhaften militaerischen Vorbereitung und gegen die Verraeter, die aus dem Sieg der Nazis die Konsolidierung ihrer Vorrechte zu ernten glaubten.
Manche sogar in Frankreich, obwohl sie die Bitternis der Niederlage voll empfanden, setzten trotz alledem ihre Hoffnung auf den 'Frieden in Ehren', von dem Pétain gesprochen hatte. Die einzige Entschuldigung dieser Patrioten - deren Augen uebrigens bald geoeffnet wurden - war, dass sie noch nicht die ganze Unaufrichtigkeit des Nazi-Regimes kannten.
Die Vichy-Regierung versuchte, solange wie moeglich der franzoesischen oeffentlichen Meinung die Geheim-Klauseln des Waffenstillstands-Vertrages zu verheimlichen, der noch vor jedem Friedensvertrag Elsass und Lothringen preisgab.
Die Nazis selbst versuchten waehrend einiger Monate nach dem Waffenstillstand, sich die gute Stimmung des franzoesischen Volkes zu sichern. Strengste Befehle legten allen Soldaten der deutschen Okkupations-Armee eine moeglichst korrekte Haltung gegenueber der Bevoelkerung auf. Vielleicht nie zuvor hatte das Nazi-Ungeheuer sich so sehr bemueht, seine wirklichen Gefuehle gegenueber Frankreich zu verheimlichen.
Aber das franzoesische Volk liess sich durch so plumpe Tricks nicht taeuschen. Es begriff schnell, dass diese anbefohlene Korrektheit schlecht das wirkliche Ziel der Nazis verbarg, das darin bestand, politisch und moralisch Frankreich zu hitlerisieren und es wirtschaftlich zu ruinieren und es zum Sklaven der Wirt-
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schaft des Reichs zu machen. Nun setzte zwischen dem franzoesischen Volke und den Okkupations-Truppen ein zunaechst stummer Krieg ein, der dann mehr und mehr offen gefuehrt wurde. Merkmale dieses Krieges waren die Deportierungen nach Deutschland, die Einsperrungen, die Folterungen, die Geisel-Erschiessungen.
Ich werde bei diesen schmerzhaften Ereignissen nicht verweilen. Ihr wisst besser als ich, mit welcher Mischung von Schlauheit, Heuchelei und Grausamkeit die Nazi sich bemuehen, ihre Ziele zu erreichen. Aber Ihr koennt Euch wohl vorstellen, wie die franzoesischen Frauen reagieren, die sehen, wie ihre Kinder und ihre Maenner von der Gestapo eingesperrt oder erschossen werden; und wie die franzoesischen Arbeiter, unsere Genossen, reagieren, die [in die] deutschen Fabriken deportiert werden, um dort fuer die Kriegsmaschine Hitlers zu arbeiten.
Lange Zeit hat eine Propaganda, die nicht immer klug war, die Franzosen hoffen lassen, dass das deutsche Volk sich eines Tages gegen seine Nazi-Herrschaft erheben werde. Viele meiner Landsleute hofften, dass, ebenso wie in Frankreich, auch in Deutschland Widerstands-Bewegungen den Freiheitswillen der gegenwaertig versklavten Voelker der Welt beweisen wuerden. Kann man den Franzosen, die schon seit vier Jahren unter der Nazi-Herrschaft leiden, es veruebeln, wenn sie auf diesem Gebiete einige Enttaeuschungen erlitten haben?
Die Gefahr, das muss ich schon sagen, fuer die Zukunft zwischen unseren beiden Laendern besteht darin, dass das franzoesische Volk das deutsche Volk mit seinen Nazi-Herrschern identifiziere. Es ist gegen diese Tendenz, die lange auf den Beziehungen zwischen unseren beiden Laendern zu lasten droht, gegen die wir kaempfen muessen.
Aber ich moechte Sie nicht bei diesem pessimistischen Eindruck lassen. Das Bild enthaelt viele Schattenseiten, - es enthaelt auch zum Glueck einige Licht-Ecken [!].
Wenn man vermag, sich von den blutigen Tages-Ereignissen loszuloesen, ist es klar, dass die Zukunft Europas abhaengt von einer Verstaendigung zwischen Frankreich und Deutschland. Es sind nicht Wirtschafts-Abkommen von der Art, wie sie gegenwaertig zwischen deutschen und franzoesischen Kartellen abgeschlossen werden, die diese Verstaendigung besiegeln werden. Um aufrichtig und fruchtbar zu sein, muss die Verstaendigung aus dem gemeinsamen frei ausgesprochenen Willen der beiden Voelker entstehen.
Es ist gewiss zu frueh, wo ja noch die Kanonen das Wort haben, um auch nur in grossen Zuegen zu diskutieren, wie diese
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Verstaendigung aussehen wird. Aber es ist jetzt schon moeglich, gewisse Bedingungen aufzuzeichnen, ohne die die Atmosphaere nicht geschaffen werden kann, die eine solche Verstaendigung vorbereiten muesste.
Die erste Bedingung finde ich ausgefuehrt in dem Manifest, das der Vorstand der franzoesischen Sozialistischen Partei im illegalen 'Populaire' vom Juni 1943 veroeffentlicht hat:
'Die Sozialistische Partei unterstreicht den ideologischen Charakter des gegenwaertigen Krieges und koennte nicht zulassen, dass ein Rachefrieden dem von Hitler und den Nazis unterdrueckten deutschen Volk auferlegt werde.'
Die zweite Bedingung ist in dem gleichen Manifest aufgestellt, denn es waere zwecklos, an eine Verstaendigung zu denken, wenn das deutsche Volk nur von einer Revanche traeumen und nur an die Vorbereitung eines anderen Krieges denken wuerde.
Deshalb sagt das Manifest:
'Es ist indessen Tatsache, dass das Preussentum bei vielen Deutschen die Neigung zur Gewalt und die Bewunderung der Gewalt erzeugt hat. Die demokratische Erziehung in Deutschland ist stets ungenuegend gewesen. Der Nazismus, an dessen Geburt die Westmaechte einen wichtigen Schuld-Anteil tragen, hat eine Generation von jungen Ungeheuern geschaffen, die man wiederzuerziehen haben wird.'
Wie lange wird diese moralische Wiedererziehung einer Generation in Anspruch nehmen, die nur die Religion der Gewalt gelernt hat? Sie sind sicher besser in der Lage als ich, diese Frage zu beantworten.
Die dritte Bedingung ist uns gemeinsam: Diese Verstaendigung zwischen unseren Voelkern kann nur erfolgreich herbeigefuehrt werden in einem Europa, in dem der sozialistische Einfluss vorherrscht. Was alle Abkommen zwischen Schwerindustrie und Comité des Forges[6] nicht vermocht haben, - ich habe die feste Ueberzeugung, dass allein der Sozialismus es schaffen kann.
Ich glaube, dass nach dem Kriege Frankreich sich kuehn auf den Weg einer sozialistischen Wirtschaft begeben wird. Es existiert irgendwo in Frankreich ein illegaler Rat, in dem alle Widerstandsbewegungen, Gewerkschaften und politische Parteien vertreten sind. Dieser Rat, der sich Conseil national de la Résistance[7] nennt, hat einstimmig ein Wirtschafts-Programm angenommen, aus dem ich die folgenden Absaetze zitiere.
Der Nationale Widerstandsrat verlangt
'Die Einfuehrung einer wirklichen wirtschaftlichen und sozialen Demokratie, was die Ausschaltung der grossen wirtschaftlichen und finanziellen Machtgruppen aus der Leitung
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der Wirtschaft voraussetzt';
'eine rationelle Organisation der Wirtschaft, die die Unterordnung der Privat-Interessen [unter das] Gesamtwohl sicherstellt und die den faschistischen Regimes nachgeahmte Diktatur der Staende abschafft';
'die Rueckfuehrung in das nationale Eigentum der grossen monopol-artigen Produktionsmittel, der Energiequellen der Bergwerke, der Versicherungs-Gesellschaften und der grossen Banken';
'das Recht fuer die Arbeiter mit den noetigen Qualifikationen, an die leitenden und verwaltungstechnischen Funktionen zu gelangen und die Anteilnahme der Arbeiter an der staatswirtschaftlichen Fuehrung'.
Obgleich dieses Programm einstimmig von den Widerstandsorganisationen und republikanischen Parteien angenommen wurde, bin ich mir darueber im Klaren, dass es oft zwischen einem Programm und seiner Verwirklichung einen weiten Weg gibt. Die wirtschaftlichen Machtgruppen, die jetzt Vichy verraten, nachdem sie die Republik verraten haben, werden sich nicht kampflos niederwerfen lassen. Aber die Arbeiter Frankreichs, die durch die Pruefung der Résistance gestaehlt worden sind, werden schon nach der Wiederkehr des Friedens die Erfuellung der Versprechen durchzusetzen wissen, die zu der Zeit des Kampfes gemacht wurden.
Wie wird zu diesem Zeitpunkt die Lage in Deutschland aussehen? Ich verkenne nicht die drohenden Gefahren, die, wenn sie sich verwirklichen wuerden, die Wiederherstellung einer wirklichen Demokratie in Deutschland wohl unmoeglich machen wuerden. Ich begreife Ihre Besorgnisse darueber und teile sie. Seien Sie jedenfalls versichert, dass die franzoesische Sozialistische Partei, waehrend sie mit Recht die Zerstoerung des deutschen Militaer-Apparates verlangt, ihre Unterstuetzung solchen Loesungen nicht gewaehren wird, die wieder einmal den naechsten Friedensvertrag in eine blosse Waffenruhe verwandeln wuerden.
Viele Hindernisse trennen uns noch von diesem Ziele. Aber wir wissen, dass dieses gemeinsame Werk nur wird verwirklicht werden koennen durch die enge und bruederliche Zusammenarbeit zwischen franzoesischen und deutschen Sozialisten."
[Veranstaltungshinweis]
V O R T R A G S - A B E N D der "U N I O N"
Im Austrian Labour Club, 31, Broadhurst Gardens, London N.W.6
spricht Freitag, den 14. Juli (franzoesischer Nationalfeiertag)
der franzoesische Gen. Haas-Picard.
Naehere Mitteilungen durch die der "UNION" angeschl[ossenen] Organisation[en].
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Die Ideologie des Sowjetpatriotismus
wird von Walter Kolarz in dem soeben erschienenen Buche "Stalin and Eternal Russia" behandelt.[8]
Dieses Buch ist keine blosse Uebersetzung der vor ueber zwei Jahren erschienenen deutschen Broschuere "Stalin und das ewige Russland", sondern enthaelt viel neues Material, vor allem bezueglich der Entwicklung in den Jahren 1941/43. Auch die aus der deutschen Broschuere uebernommenen Teile wurden weitgehend umgearbeitet. Der Verfasser zeigt die Auswirkungen der "ideologischen Revolution Stalins" auf dem Gebiete der Religion, der Literatur, der Geschichtsauffassung. Zum Abschluss des Kapitels ueber die neue patriotische Geschichtsauffassung wird die Rolle dargelegt, die dem Marxismus im Rahmen der neuen Ideologie zukommt:
"Waehrend britische oder franzoesische Marxisten niemals auf den Gedanken kaemen, Marx und Engels zum Ruhme der eigenen Nationen zu zitieren, werden in Russland alle positiven Aeusserungen, die die Begruender des modernen Sozialismus ueber Tatsachen und Personen der russischen Geschichte gemacht haben, mit Begeisterung aufgelesen. Ein beliebtes Marx-Zitat im patriotischen Russland ist z.B.: 'Keine Grossmacht kann vom Meere abgeschnitten existieren, wie es Russland zu Beginn der Regierung Peter des Grossen war ... In dieser Hinsicht hat Peter nur erobert, was zur natuerlichen Entwicklung des Landes absolut notwendig war.' Die politische Bedeutung dieses Zitates besteht darin, dass Stalin dieselben Gebiete an der Meereskueste fuer Russland sicherte, die Peter der Grosse 200 Jahre frueher zum ersten Male annektiert hatte.
Was Engels anbelangt, so ist es nur verstaendlich, dass seine militaerischen Schriften ausserordentlich populaer sind, besonders seine Feststellung, dass Russland 'unverletzbar' ist und seine Einschaetzung des Alpen-Ueberganges von Suvorov[9]"
Die russischen Vorlaeufer des Bolschewismus werden mehr und mehr als russische Patrioten interpretiert. Der utopische Sozialist Chernishevsky[10], den die Sowjetenzyklopaedie nur als "grossen russischen Revolutionaer" kannte, wird jetzt als "grosser Patriot und treuer Sohn des Vaterlandes" apostrophiert. Man zitiert jetzt gern seinen Ausspruch, wonach Peter der Grosse[11] das Ideal jedes Russen sein muesste, der einen gesunden Verstand und ein wirkliches Herz besitzt.
Belinsky[12], der von orthodoxen Bolschewiken stets hoch fuer seine materialistische Konzeption geschaetzt wurde, wird jetzt wegen seiner patriotischen Aeusserungen ueber das geniale russische Volk, den Kaukasus, den Kreml und wiederum ueber Peter den Grossen popularisiert.
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Das letzte Kapitel des Buches behandelt die juengsten Veraenderungen im Sowjetstaate, die soviel Aufsehen erregten, die Aufloesung der Komintern, die Aenderung der Nationalhymne und gewisser Verfassungsbestimmungen. Die Aufloesung der Komintern ist zweifelsohne ein logisches Ergebnis der Entwicklung zum Sowjet-Patriotismus, sie bedeutet jedoch nicht das Ende der Anziehungskraft Russlands auf die nichtrussische Umwelt:
"Viele Menschen werden die Russen als die Retter der Welt betrachten mit Ruecksicht auf deren grosse Leistungen und riesige Opfer, genauso wie manche Leute nach den Napoleonischen Kriegen Alexander I.[13] als 'Befreier vom korsischen Ungeheuer' feierten. Selbst ein Bolschewismus, der offen seinen russischen Charakter bekennt, wuerde Anhaenger und Bewunderer ueberall in der Welt finden, denn es wird immer Menschen geben, die messianische Ideen unterstuetzen werden, auch wenn diese klar als russisch, deutsch, spanisch oder italienisch gekennzeichnet sind. Theoretisch kann die Moeglichkeit nicht ausgeschlossen werden, dass die ideologische Revolution in der Sowjetunion ueber einen gesunden Ausgleich zwischen 'altem' und 'neuem' Russland hinausgehen wird, da die Gefahr einer Uebertreibung ja bei jeder Art von Patriotismus gegeben ist. Selbst in einem solchen Falle wuerden die internationalen Sympathien fuer Russland nicht verschwinden."
Zum Schluss wird unterstrichen, dass auch bezueglich der Aussenpolitik kein Bruch in der russischen Kontinuitaet besteht:
"Mit Ruecksicht auf unveraenderliche geographische Tatsachen muss Sowjetrussland zwangslaeufig gewissen Methoden der zaristischen Diplomatie folgen und auf gewissen Zielen dieser Diplomatie bestehen. Die Sowjetregierung ist sogar bemueht, zu zeigen, dass die sowjetischen Diplomaten sich genauso auf dem Pfade alter Traditionen bewegen wie die Kommandanten der Roten Armee. Diplomatische Traditionen sind jedoch nicht so klar und eindeutig wie militaerische Traditionen. Waehrend militaerische Siege niemals ihren Glanz in den Augen der Nachwelt verlieren, werden diplomatische Errungenschaften der Vergangenheit nach den Erfordernissen des Augenblicks interpretiert und der Nachdruck bald auf dieses, bald auf jenes Ereignis oder Buendnis gelegt. Waehrend der kurzen Periode des Ribbentrop - Molotow - Paktes wurden fruehere Epochen deutsch-russischer Zusammenarbeit ins Gedaechtnis gerufen, und Bismarck 'Gedanken und Erinnerungen' erschienenen in russischer Uebersetzung mit einem Vorwort des hervorragenden Sowjetgelehrten Jerussalimsky[14].
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In einer vollstaendig veraenderten diplomatischen Atmosphaere wurden bald darauf britisch-russische Beziehungen seit ihren ersten Anfaengen im 15. Jahrhundert ein Thema ausgedehnter und erschoepfender Studien gelehrter Sowjetpersoenlichkeiten. Im Augenblicke schliesslich, da die Beamten des sowjetischen Aussenamtes ihre Friedens- und Nachkriegsplaene ausarbeiten, wird ihnen von Professor Tarle[15] eine Geschichte der Diplomatie ueberreicht, die fuer sie nicht nur vergangene Geschichte, sondern auch Inspiration fuer die gegenwaertige Arbeit ist.
Stalins Diplomatie kombiniert jedoch Tradition mit einem neuen Element: Die aussenpolitischen Forderungen des zaristischen Russland waren auf einem unteilbaren Staat basiert - Stalin verleiht der alten Formel 'alle russischen Laender' eine neue Bedeutung. Ein Kleinrussland, ein Weissrussland, ein litauisches Russland, zahlreiche kaukasische und zentralasiatische 'Russlands' entstanden und fruehere imperialistische Forderungen konnten von neuem erhoben werden unter Berufung auf die nationalen Bestrebungen autonomer Voelker. Die zentrale Regierung ist nur ein grosses Zentrum der Koordinierung, aber manchmal auch die Urheberin lokaler nationaler Forderungen, die schliesslich doch der Staerkung der gesamten Union zu dienen haben.
Die Dezentralisierung der Sowjetdiplomatie macht die Liste der potentiellen russischen Forderungen nicht kuerzer, sondern laenger; eine litauische oder tadschikische Sowjet-Republik koennen aus 'nationalen Gruenden' sehr leicht Gebiete fordern, die jenseits der Ambitionen des zaristischen Russland waren. Die Dezentralisierung ist in Wirklichkeit nur eine scheinbare, denn das Wesen des Staates bleibt unveraendert. Es mag 16 Koepfe geben, aber es gibt nur einen Koerper, solange es nur eine Partei, einen Kreml und einen Leader gibt."
Das Buch, das viel zum Verstaendnis der Sowjetpolitik beitraegt, ist im Verlag Lindsay Drummond Ltd., London, erschienen. Der niedrige Preis von sh 6 ermoeglicht auch unseren Freunden die Anschaffung dieses wertvollen Buches.
[Spendenaufruf]
An unsere Leser und Freunde richten wir die Bitte, uns die weitere Herausgabe dieser news-letter durch die Einsendung freiwilliger Betraege zu ermoeglichen, die an folgende Adresse geschickt werden koennen:
Wilhelm Sander, 33, Fernside Ave., London N.W.7.
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Deutschland und die Atlantic Charter
Fuehrende Sozialisten verschiedener Laender haben folgende Erklaerung erlassen:
"In einem Zeitpunkte, da die Niederlage Hitlers und seiner Spiessgesellen nicht nur gewiss ist, sondern vielleicht unmittelbar bevorsteht, ist es eine dringende Notwendigkeit, dass die sozialistische Auffassung von den grossen Problemen, vor denen wir am Ende des Krieges stehen werden, sich Gehoer verschafft, denn von ihrer Loesung kann das Schicksal vieler Generationen abhaengen.
Die Unterzeichneten gehoeren verschiedenen Nationen an, aber sie sind verbunden durch die gleiche sozialistische Ueberzeugung, das gleiche Verlangen nach Freiheit, Demokratie und Frieden und das gemeinsame Bewusstsein, dass ihr Ideal nur verwirklicht werden kann durch die Einheit der Arbeiter in aller Welt und dass nichts anderes als diese Einheit den Rueckfall in wirtschaftliche Zerruettung, geistigen Verfall und Krieg verhindern kann. Sie haben in der vorliegenden Erklaerung ihren Standpunkt zum deutschen Problem formuliert, das juengst durch gewisse politische Vorfaelle in besonders konkreter Form gestellt wurde. Sie beabsichtigen, bei spaeteren Gelegenheiten ihre Anschauungen auch ueber andere wesentliche Probleme zum Ausdruck bringen.
Wenn es auch dringend geboten ist, dass der Kampf mit einem entscheidenden militaerischen Siege endet, so muss es unsere staendige Sorge sein, dass ein gerechter und dauernder Friede gesichert wird. In der Zwischenzeit sollte nichts unterlassen werden, was die Verluste der Verbuendeten verringern und die Leiden der versklavten Voelker abkuerzen koennte. Ob die Deutschen bis zur letzten Patrone im Kampfe ausharren, wird von ihrer Vorstellung der Zukunft abhaengen, die wir ihnen als einer besiegten Nation in Aussicht stellen.
Unsere negativen Absichten sind mit aeusserster Klarheit festgestellt worden. Jeder Deutsche versteht, dass es unser Entschluss [!] ist, die militaerische Macht des Dritten Reiches zu vernichten, den Angreifern dauernde Entwaffnung aufzuerlegen, die Kriegsverbrecher zu bestrafen und der national-sozialistischen und faschistischen Tyrannei ein Ende zu bereiten. Bis vor kurzem haben wir geglaubt, dass die positiven Absichten der Vereinigten Nationen in der Atlantic Charter niedergelegt seien. Wenn aber, wie jetzt erklaert wird, ihre Grundsaetze fuer die Verbuendeten in ihrem Verhalten den Feinden gegenueber nicht verbindlich sind, bleibt keine allgemein anerkannte Erklaerung der politischen Ziele bestehen.
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Niemand behauptet, dass die Charter in erster Reihe [!] an den Feind gerichtet war. Sie war an die ganze Menschheit gerichtet. Sie legte, wie es in der Einleitung heisst, 'gewisse gemeinsame Grundsaetze' dar, auf welche der Praesident der Vereinigten Staaten und der Ministerpraesident des Vereinigten Koenigreiches 'ihre Hoffnungen auf eine bessere Zukunft der Welt stuetzen'.
Wenn diese Grundsaetze gegenueber welchem Volke [auch] immer verletzt wuerden, koennten diese Hoffnungen nicht verwirklicht werden und der Leidtragende waere die ganze Menschheit, nicht Deutschland allein. Das Ideal, dass 'alle Menschen in allen Laendern ihr Leben frei von Furcht und Not zu Ende leben koennen', koennte fuer keinen von uns erfuellt werden, wenn wir vielen Millionen Europaeern und Asiaten seine Geltung versagten.
Der erste Artikel der Charter ('Ihre Laender streben nicht nach Vergroesserung, weder an Gebiet noch sonstwie') ist sinnlos, wenn er nicht fuer die Feinde gilt. Auf wessen Kosten, wenn nicht auf ihre, koennten wir Gebietszuwachs suchen?
Der entscheidende zweite Artikel: 'Sie wuenschen keine Gebietsveraenderungen, die nicht mit den frei ausgesprochenen Wuenschen der betroffenen Voelker in Einklang stehen', er fliesst aus der demokratischen Einstellung des ganzen Dokuments. Er ist stillschweigend auch in der Erklaerung des letzten Absatzes enthalten, wonach 'alle Nationen der Welt ... dazu kommen muessen, auf den Gebrauch von Gewalt zu verzichten': Wenn, wie jetzt vorgeschlagen wird, unbestreitbar von Deutschen bewohnte Gebiete 'im Weg der Entschaedigung' fuer anderweitige Gebietsverluste an Polen angeschlossen werden sollen - ja, wenn irgend eine Bevoelkerung gezwungen werden soll, ihre Staatszugehoerigkeit gegen ihren Willen zu wechseln - , dann, so warnt uns die Geschichte mit vielen Beispielen, wird die Herrschaft der Gewalt verewigt. Den Anspruch der Polen, dass das grausame Unrecht, das sie erlitten haben, gutgemacht wird, wuerden wir als erste verkuenden, aber mit diesem Unrechte hat das vorgeschlagene Tauschgeschaeft nichts zu tun.
Diese Vorschlaege auf Abtrennung und Aufteilung von Gebieten, die von Rechts wegen deutsch sind, erwecken unsere schwersten Besorgnisse fuer die Zukunft. Ihre Annahme kann alle Anstrengungen deutscher Demokraten zunichte machen, den ueberspitzten Nationalismus in ihrem Lande auszutilgen.
Die einfachen Grundsaetze der Demokratie sind nicht das Ende, sondern erst der Anfang einer guten Regelung. Aber wenn sie verletzt werden, sei es auf Kosten der Polen oder der Deutschen, wird unser Weg in eine gluecklichere Zukunft ernstlich gefaehrdet. Als Sozialisten wollen wir weit ueber die Verheissungen
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dieser Charter hinausgehen. Wir hoffen auf eine straffe Organisation des Wirtschaftslebens in einem vereinheitlichten Europa fuer das gemeinsame Wohl aller seiner Voelker. Freiheit von Furcht und Not kann nicht anders gesichert werden als durch das gemeinsame Streben nach voller Beschaeftigung und voller Produktion. Diese Absichten koennen nicht erfuellt werden, wenn nicht die Kontrolle der Gesamtheit an die Stelle des Willens des Monopolkapitals tritt. Nur dann koennen wir hoffen, dieses Ziel zu erreichen, wenn wir zu seiner Verfolgung alle Voelker, Bauern wie Arbeiter, fruehere Feinde wie Verbuendete in aller Welt vereinen. Wir wollen daher sowohl in der Fuehrung des Krieges wie in den Bedingungen seiner Beendigung jeden Grund zur Verbitterung vermeiden. Das war der Zweck der Atlantic Charter, wie wir sie verstehen. Es darf nicht preisgegeben werden.
Karl Ausch[16] (Oesterreich), H.N. Brailsford (England), Julius Braunthal (Oesterr.), Louis de Brouckère (Belgien), George Chester[17] (Engl.), Karl Czernetz (Oesterr.), Lord Faringdon (Engl.), Victor Gollancz (Engl.), J. F. Horrabin[18] (England), Wenzel Jaksch (Tschechoslowakei), Harold J. Laski (England), Louis und Marthe Lévy (Frankreich)[19], Hector McNeill (Engl.), Lucy Middleton (Engl.), A. Rames Oliveira (Spanien), Erich Ollenhauer (Deutschl.), Oskar Pollak (Oesterr.), Paul Sering[20] (Deutschl.), G. R. Strauss (Engl.), Paola Treves (Italien), Hans Vogel (Deutschl.), Leonard Woolf[21] (England).
Eine Wiederbelebung der Sozialistischen Internationale
forderte kuerzlich der schwedische Minister fuer soziale Angelegenheiten Moeller. "Die intensiven Diskussionen ueber die Gestaltung der Nachkriegswelt", sagte er, "erfordern gebieterisch die Wiederherstellung der Sozialistischen Internationale. Als ich den Entwurf der britischen Labour Party fuer den Wiederaufbau nach dem Kriege sah, konnte ich mein Erstaunen nicht verbergen. Ich fand nur eine Erklaerung, und zwar, dass die Labour Party jetzt viel zu isoliert ist und nicht den noetigen Kontakt mit der sozialistischen Bewegung in Skandinavien und grossen Teilen des Kontinents hat. Sozialdemokraten aller Laender sollten sich zusammenschliessen und ein gemeinsames Programm fuer den Weltfrieden ausarbeiten."
Gen. Friedrich Adler hat sich von organisatorischen Arbeiten des Austrian Labour Committee in New York zurueckgezogen, um sich wieder theoretischen Aufgaben, insbesondere der Arbeit an der Klaerung internationaler sozialistischer Probleme, zu widmen.
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Die Landesgruppe deutscher Gewerkschafter in Gross-Britannien
diskutierte in den Versammlungen der letzten Monate in London, Leeds, Manchester, Glasgow und Birmingham den veroeffentlichten Jahresbericht fuer 1943. Anfang des Jahres begann in London die Beratung eines Sofort-Programms, das dem Zweck dienen soll, der Gewerkschaftsarbeit auf moeglichst breiter Basis Richtlinien zu geben. Zugleich sollte dieses Programm eine Zusammenfassung der Punkte enthalten, ueber die sich Gewerkschaftskollegen auch dann zu einigen vermoegen, wenn sie in politischen Fragen weitgehende Meinungsverschiedenheiten haben. Da die Sozialisten aller Richtungen die "Freien Deutschen Bewegungen" ablehnen, die kommunistischen Gewerkschaftskollegen jedoch bei jeder Gelegenheit auf sie hinweisen wollen, erwiesen sich die Beratungen keinesfalls als einfach. Das Beratungsergebnis hat logischerweise alle Schwaechen eines Kompromisses. Es stellt aber einen Fortschritt insofern dar, als es auf einer Reihe von Gebieten die Moeglichkeiten gemeinsamer Arbeit von Gewerkschafts-Kollegen verschiedenster politischer Auffassungen klarstellt.
Die Beratungen dieses Programms wurden verbunden mit Vorbereitungen fuer die Neuwahl des Arbeitsausschusses der Landesgruppe. Nach langen Auseinandersetzungen kam schliesslich ein Wahlvorschlag zustande, der eine Erweiterung der Koerperschaft von 10 auf 14 Kollegen vorsieht. Vorgeschlagen waren die 10 bisherigen Mitglieder der Koerperschaft (Anna Beyer, Willi Derkow, Willi Eichler, Hans Gottfurcht, Herta Gotthelf, Heinrich Kamnitzer, Fritz Kramer, Wilh. Sander, Erwin Schoettle, Paul Walter), ferner der Kollege Helmut Rauschenplat und die 3 kommunistischen Kollegen Karl Becker[22], Hans Schilde[23] und Friedr. Weidmann[24]. Die zentrale Delegierten-Konferenz kann jetzt nicht stattfinden. Darum wurde beschlossen, die Wahl provisorisch in den Ortsgruppen durchzufuehren. In London wurde am 9. Juni bei 176 Anwesenden dem Vorschlag mit allen gegen 7 Stimmen zugestimmt. Glasgow und Birmingham stimmten geschlossen dafuer, von Leeds und Manchester liegen die Berichte noch nicht vor. Die juengeren Kollegen waehlen demnaechst ihren Vertreter. Alle Ortsgruppen entsenden je einen Delegierten in einen neu gebildeten Beirat.
An der Arbeit der Landesgruppe wurde kaum Kritik geuebt. Entlastung wurde ueberall erteilt. - Diese Zusammenfassung aller Kraefte in der Gewerkschaftsarbeit ist keineswegs der Ueberwindung politischer Schwierigkeiten gleichzusetzen.
GEWERKSCHAFTS-BEWEGUNG IN DEUTSCHLAND, Vergangenheit - Gegenwart - Zukunft. Unter diesem Titel hat die Landesgruppe soeben eine Vervielfaeltigung herausgebracht (1/3d), die H. Gottfurcht verfasste.[25]
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Die Krise in der "Freien Deutschen Bewegung"
in England hat zu weiteren Auseinandersetzungen und zu weiteren Austritten in London, Manchester und Glasgow gefuehrt. Aus einer 10-seitigen Vervielfaeltigung "SUMMARY OF FACTS AND DEVELOPMENTS" von Fritz Wolff, dem ehemaligen Herausgeber der "Pariser Tageszeitung", herausgegeben, ist zu ersehen, dass u.a. auch die Schriftsteller Heinr. Fraenkel und Irmgard Litten aus der FDB ausgeschieden sind. Die Monatsschrift "Der Sozialdemokrat"[26] schreibt unter der Ueberschrift "Kommunisten als Verhandlungspartner" u. a.:
"Im Februar d. J. einigte man sich in der FDB auf bestimmte, alle ihre Angehoerigen verpflichtende Grundsaetze, zu denen auch das Eintreten fuer die Integritaet des Reichsterritoriums in den Grenzen von 1933 gehoerte. Die Kommunisten stimmten grossherzig zu. Wenige Tage spaeter schwenkten sie um, da die englische kommunistische Presse ohne Vorbehaltung [!] fuer die Abtretung der deutschen Ostgebiete, ja sogar fuer die Aufteilung Deutschlands ueberhaupt, eintrat. Die deutschen Kommunisten machten sich die Sache einfach, indem sie erklaerten, sie haetten einen Fehler gemacht, als sie den im Rahmen der FDB beschlossenen Grundsaetzen zustimmten."
"The Left News", die Monatsbeilage des "Left Book Club", behandelt einige Hintergruende dieser Krise in einer Zuschrift Jürgen Kuczynskis an H. N. Brailsford und einer Antwort Paul Serings.
Aussenminister Eden beantwortete eine Anfrage im House of Commons nach der Stellung des Foreign Office zu den verschiedenen Freien Deutschen Bewegungen in England, den Vereinigten Staaten, und Russland laut "Times" vom 8. Juni mit der Erklaerung, dass die Regierung des Vereinigten Koenigreiches eine solche Bewegung weder anerkannt habe, noch die Absicht habe, sie anzuerkennen, weder in England noch irgendwo.
Ein Landesausschuss deutscher demokratischer Organisationen[27],
der die Zusammenfassung aller demokratischer deutscher Organisationen des Landes herbeifuehrte, wurde in Bolivien geschaffen. In den Richtlinien fuer die Zusammenarbeit heisst es u.a.:
" ... Als grundsaetzliche demokratische Politik wird anerkannt der Kampf fuer geistige Freiheit, persoenliche Gleichheit, die Ablehnung der Diktatur, der Schutz des Individuums in religioeser und weltanschaulicher Hinsicht, die Erziehung gegen Krieg und Militarismus, die Beseitigung der sozialen Reaktion ...".
Issued by the London Representative of the German Social
Democratic Party, 33, Fernside Avenue, London N.W.7., MIL 3915
Editorische Anmerkungen 2 - "Maisky": Iwan M. Maiski, vgl. SM 6, 15. März 1940, Anm. 1 . 3 - Eelco Nicolaus van Kleffens (1894 - 1983), niederländischer Diplomat und Politiker, 1929-1939 Leiter der Politischen Abteilung im Niederländischen Außenministerium, Außenminister von 1939-1946. 4 - Stanislaw Mikolajczyk, siehe SM 63/64, Juni/Juli 1944 (Beil. "Germany and Europe"), Anm. 1. 5 - Georg Curzon (1859 - 1925), britischer konservativer Politiker; bemühte sich als Außenminister 1919-1924 um eine polnisch-russische Grenzregelung (Curzon-Linie). 6 - 1864 gegründetes Syndikat der französischen Eisen- und Stahlindustrie; 1940 aufgelöst. 7 - Der Conseil national de la Résistance (C.N.R.) wurde von dem französischen Widerstandskämpfer Jean Moulin (1899 - 1943) 1943 ins Leben gerufen. 8 - Walter Kolarz: Stalin and Eternal Russia, London 1944. 9 - Alexander Suvorov (1730 - 1800), russischer Feldmarschall, 1799 sein spektakulärer Übergang über den Sankt Gotthard während des Koalitionskrieges Russland, Österreich, Neapel u.a. gegen Frankreich in Italien. 10 - "Chernishevsky": Nikolai Tschernyschewskij (1828 - 1889), russischer Schriftsteller, der radikalsozialistische Ideen vertrat. 11 - Peter der Große (1672 - 1725), Zar seit 1682. 12 - Wissarion Belinskij (1811 - 1848), Literaturkritiker und Philosoph, forderte eine sozialkritische Literatur. 13 - Alexander I. (1777 - 1825), Zar seit 1872. 14 - "Jerussalimsky": Arkadij S. Jerussalimskij, sowjetischer Historiker und Publizist. 15 - Jewgenij Tarle (1875 - 1955), sowjetischer Historiker. 16 - Karl Ausch (1893 - 1976), sozialdemokratischer Journalist und Politiker, 1938 Emigration nach Großbritannien, 1946 Rückkehr nach Österreich, Tätigkeit bei Zeitungen, dann bei der Österreichischen Nationalbank und bei der Girozentrale der österreichischen Sparkassen. 17 - George Chester (1886 - 1949), englischer Gewerkschafter. 18 - James Francis Horrabin (1884 - 1962), Publizist und Labour-Politiker, 1929-1931 MP. 19 - Marthe Lévy (1892 - 1964), Journalistin, in der sozialistischen Frauenbewegung tätig. Wahrscheinlich mit Louis Lévy familiär verbunden. 20 - Paul Sering = Richard Löwenthal. 21 - Leonard Woolf (1880 - 1969), Publizist. 22 - Karl Becker (1896 - 1961), von Beruf Schmied, 1930-1933 KPD-MdR, 1933 Emigration in die CSR, 1938 ausgebürgert, Februar 1939 Ausweisung nach Polen, dort festgenommen und nach Großbritannien ausgewiesen, 1941-1945 Mitglied der Exekutive der Bergarbeiter-Internationale, 1946 Rückkehr nach Deutschland, bei der IG Bergbau angestellt. 23 - Hans Schilde (geb. 1910), von Beruf Werkzeugmacher, Instrukteur des Kommunistischen Jugend-Verbandes Deutschlands (KJVD), 1933 Haft, 1934 UdSSR, ab 1935 Kurier für die KPD, 1938 in Großbritannien, im selben Jahr ausgebürgert, 1945 Rückkehr nach Deutschland (SBZ), SED-Funktionär. 24 - Friedrich Wilhelm Weidmann (geb. 1902), 1940 ausgebürgert. 25 - Hans Gottfurcht: Gewerkschaftsbewegung in Deutschland. Vergangenheit - Gegenwart - Zukunft, London 1944. 26 - "Der Sozialdemokrat" (Untertitel: Halbmonatsschrift der Sudetendeutschen Sozialdemokratie) erschien von 1940 bis 1951 in England. 27 - Landesausschuss deutscher demokratischer Organisationen in Bolivien = LADDOB, gegründet Januar 1944. |